Landgericht Stade
Urt. v. 08.01.2015, Az.: 4 O 81/14

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
08.01.2015
Aktenzeichen
4 O 81/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44816
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

Der Kläger beteiligte sich am 11.09.2007 mit einem Nennbetrag von 15.000,00 GBP zuzüglich eines Agios von GBP 750,00 (5 %) an der ... (im Folgenden: ...) gemäß Beitrittserklärung (Anlage K 1). Sein Konto wurde daraufhin mit einem Eurobetrag von € 22.258,34 belastet. Er erhielt an Ausschüttungen am 30.04.2008 € 87,38 und am 30.10.2008 € 511,09, was einen zurzeit aufgebrachten Betrag von € 21.659,87 ergibt.

Der Kläger war seit geraumer Zeit Kunde der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin. Er erhielt am 11.09.2007 einen Anruf der bei der Beklagten tätigen Beraterin, ..., die ihm den streitgegenständlichen Fond anbot. Der Kläger unterzeichnete den Zeichnungsschein gemäß Anlage K 1 zunächst durch Stellvertretung seiner Ehefrau am 11.09.2007 und sodann nochmals selbst. Die Beklagte versandte sodann nachfolgend den Anlageprospekt (Anlage K 3), den der Kläger – insoweit mittlerweile unstreitig – nach der vorangegangenen Zeichnung erhielt. Die Mitarbeiterin der Beklagten erläuterte dem Kläger die Anlage anhand des ihr vorliegenden Prospektes telefonisch, wobei die Einzelheiten dazu streitig sind.

Der Kläger behauptet, neben weiteren Pflichtverletzungen anlässlich der Beratung, dass er nicht über die Rückvergütung an die Beklagte vor Zeichnung aufgeklärt worden sei. Dabei belaufe sich die Rückvergütung – insoweit unstreitig – auf bis zu 12 %, mindestens aber 11 % der Nominalbeteiligung.

Hätte der Kläger Kenntnis von dieser Rückvergütung sowie den weiteren behaupteten Pflichtverletzungen gehabt, so hätte er den Fonds nicht gezeichnet.

Der Kläger beantragt,

wie tenoriert.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, über die Rückvergütungen nicht aufgeklärt zu haben. Sie trägt dazu vor, dass die Mitarbeiterin ... dem Kläger die von der Beklagten aus der Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligung erzielten Provisionen und damit die Erträge der Beklagten in ihrer konkreten Höhe offengelegt habe. Jedenfalls im August 2009 sei der Beklagte über die aus der Vermittlung geschlossener Beteiligungen erzielten Erträge aufgeklärt worden durch die Mitarbeiterin ... im Hinblick auf die im Jahre 2009 in der Presse dargestellte Rückvergütungsrechtsprechung. Beim Aufklärungsgespräch vom 11.09.2007 habe sie sich des ihr vorliegenden Emissionsprospektes bei der telefonischen Erläuterung bedient.

Sie erhebt die Einrede der Verjährung. So habe sie den Beklagten zwischenzeitlich nach Zeichnung wiederholt über den Umstand aufgeklärt, dass sie aus dem Vertrieb von Geldanlagen Erträge erwirtschafte, und zwar im September 2007 durch eine Broschüre „Informationen zum Wertpapiergeschäft“ und im August 2009 anlässlich der Beteiligung an einem anderen Fond, dem geschlossenen Fond ... . Dabei habe sie die Erträge in der konkreten Höhe offengelegt und darüber aufgeklärt, dass die Beklagte das Agio von 5 % und eine Vertriebsprovision von weiteren 5,12 % vereinnahme. Dies sei auch bei einem weiteren Fonds im Februar 2012 sowie bei einer weiteren Beteiligung im November 2012 entsprechend geschehen. Dies zeige zudem, dass die Risikoaufklärung und die Frage der Rückvergütung nicht anlageentscheidend für den Kläger gewesen sei, wenn er sich auch bei folgenden Anlagen trotz einer solchen Aufklärung für diese entschieden habe. Schließlich sei dem Kläger damit wenigstens im August 2009 eine solche Rückvergütung generell bekannt gewesen, so dass etwaige Ansprüche der Klägerseite bereits vor Eingang der Klage am 01.04.2014 und Zustellung vom 22.04.2014 verjährt gewesen seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die bis zum Schluss in der mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat den Kläger persönlich gemäß § 141 ZPO in mündlicher Verhandlung angehört.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 278 BGB in Verbindung mit dem Beratungsvertrag Anspruch auf Erstattung der erbrachten Einlagen nebst gezahlten Agio abzüglich der Ausschüttungen in Höhe der Klagforderung von € 21.659,87.

Die Beklagte hat nicht zureichend auf die erforderlichen Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten hingewiesen. Dies ist nach gefestigter Rechtsprechung notwendig, um den Kunden einer Bank einen bestehenden Interessenkonflikt der Bank offenzulegen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (BGH, NJW 2007, 1876, 1877). Dabei hat der vermeintlich geschädigte Kunde zunächst darzulegen, dass er über eine solche Rückvergütung nicht im Konkreten aufgeklärt wurde. Dies hat der Kläger schriftsätzlich bereits anfänglich vorgetragen und auch plausibel im Rahmen seiner Anhörung bestätigt. In der insoweit der Beklagten obliegen sekundären Darlegungslast hat die vermeintlich aufklärende Bank dieses Aufklärungsgespräch dazu im Einzelnen näher darzulegen und insbesondere die konkrete Höhe der Rückvergütungen zu benennen. Diesem ist die Beklagte indes nicht nachgekommen, wobei die Klägerseite auf diese mangelnde Substantiierung bereits zutreffend vorab hingewiesen hat. Auch in mündlicher Verhandlung gelang dazu kein näherer konkretisierender Vortrag durch die Beklagte. Letztlich ist die Beklagte auch dabei daran festzuhalten, dass die Mitarbeiterin bei dem telefonischen Gespräch vom 11.09.2007 anhand des Prospektes den Kläger aufgeklärt hat. Der Kammer erscheint es zwar sehr unwahrscheinlich, dass eine solche Aufklärung anlässlich eines Telefonates zu diesen doch sehr weitreichenden Komplexen ausreichend erfolgt sein kann, was jedoch dahinstehen kann. Denn selbst auf Grundlage dieses angeblich der Aufklärung zugrunde liegenden Prospektes in seiner auszugsweisen mündlichen Wiedergabe, wäre dies nicht ausreichend. So enthält der Prospekt auf Blatt 89 unter Ziffer 2.1 allgemeine Hinweise auf Vergütungen und auf Seite 86 eine summenmäßige Aufstellung dieser Vergütungen im Einzelnen. Dass hier und in welcher Höhe konkret Rückvergütungen direkt an die beratende Bank geflossen sind, ergibt sich daraus gerade nicht (vgl. auch dazu BGH, NJW 2011, 3227, 3228 [BGH 09.03.2011 - XI ZR 191/10]; zuvor OLG Celle vom 21.04.2010, 3 U 202/09, zitiert nach Juris).

Die mangelnde Aufklärung über diese Rückvergütung war auch ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers, wobei dieses nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes jedenfalls bei Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung grundsätzlich vermutet wird, mithin Gegenteiliges vom Schuldner darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen ist. Der dazu gemäß § 141 ZPO angehörte Kläger konnte nachvollziehbar darlegen, dass er bei Aufdeckung eines solchen Rückflusses von Geldern von der Anlageentscheidung Abstand genommen hätte, diese zumindest in anderer Weise geschlossen hätte. Insbesondere hätte er bei einer Offenbarung die Möglichkeit gehabt, vergleichbare Angebote anderer Anbieter einzuholen und dadurch auf die gebotene Neutralität seitens der Beklagten hinzuwirken.

Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Der Fristbeginn für die Verjährung berechnet sich gemäß §§ 195, 199 BGB nach den dortigen subjektiven Voraussetzungen. Dabei handelt es sich nicht um grobe Fahrlässigkeit, wenn der Kläger nicht anhand des Prospektes oder gar bereits beim ersten Telefonat konkret nachgefragt hat, ob und in welcher Höhe irgendwelche Rückvergütungen bestehen. Die Kammer hält es auch für nachvollziehbar, dass der Kläger nicht im Jahre 2009 eine derartige Kenntnis bezüglich des im Jahre 2007 abgeschlossenen Fonds hätte besitzen müssen, selbst wenn die Behauptung zutrifft, dass die Beklagte den Kläger in Zusammenhang mit einem anderen Fond in diesem Jahr entsprechend auf solche Rückvergütungen hingewiesen habe. Die Kammer hält es nicht für vorwurfbar und demnach gänzlich naheliegend, dass ein Anleger daraus einen solchen Schluss für andere Fondsbeteiligungen zieht. Anhaltspunkte, dass der Kläger bereits vor dem Jahre 2011 eine solche Erkenntnis besaß bzw. grob fahrlässig nicht besessen hat, bestehen daher nicht.

Der Kläger ist demnach so zu stellen, wie er ohne den schuldhaften Aufklärungsverstoß stünde. Zu ersetzen ist das negative Interesse. Dabei sind die Eigenkapitalanteile zuzüglich Agio abzüglich erteilter Ausschüttungen Zug um Zug gegen Übertragung der Fondanteile zurückzuzahlen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet hinsichtlich etwaiger weiterer Schäden aus der Fondsbeteiligung. Denn eine Haftung des Klägers aus dieser Fondbeteiligung ist nicht gänzlich unwahrscheinlich.

Schließlich hat der Kläger gemäß §§ 256, 265 ZPO Anspruch auf Feststellung, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet. Jedenfalls im Prozessverlauf hat sie eine Rücknahme erkennbar abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.