Landgericht Hildesheim
Urt. v. 07.02.2001, Az.: 2 O 205/99
Bibliographie
- Gericht
- LG Hildesheim
- Datum
- 07.02.2001
- Aktenzeichen
- 2 O 205/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 34135
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHILDE:2001:0207.2O205.99.0A
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt,
- a)
an den Kläger 94,255,66 DM nebst 4 % Zinsen seit 15. Juni 1999 zu zahlen,
- b)
an den Kläger monatlich 293,00 DM, beginnend am 01. Januar 2001, zu zahlen.
c)
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 70 % und die Beklagte zu 30 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung von 110.000,00 DM und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung von 9.000,00 DM.
Tatbestand
Der am 27. April 1940 geborene Kläger war im l Polizeidirektors (Besoldungsgruppe A 15).
Der Kläger befuhr am 15. November 1993 als Beifahrer eines Dienstfahrzeugs, amtliches Kennzeichen ... die Bundesstraße von ... in Richtung ... Auf der Kreuzung zur ... kam ihm ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter Lkw Mercedes-Benz, amtliches Kennzeichen ... entgegen. Der Fahrer des Lkw wollte nach links abbiegen. Er übersah dabei den vorfahrtberechtigten Dienst-Pkw, so dass es zur Kollision beider Fahrzeuge kam. Der Unfall war für den Fahrer des Dienstfahrzeugs weder räumlich noch zeitlich vermeidbar.
Der Kläger erlitt infolge des Unfalls ein Polytrauma mit Schädel-Hirn-Trauma III. Grades, eine Subarachnoidalblutung, eine contusio cerebri, eine Hirnstammeinblutung sowie eine Orbitadach- und -bodenfraktur links. Ferner erlitt er mehrere Frakturen der linken oberen Extremität. Er wurde bis März 1994 stationär behandelt. Es folgten mehrere Aufenthalte in Rehabilitationskliniken. 1997 und 1998 hielt sich der Kläger für je 6 Wochen in den ... Kliniken auf. Der Kläger ist seit dem Unfall zu 100 % dienstunfähig. Er steht unter Betreuung. Er wurde zum 31. Oktober 1996 vorzeitig pensioniert. Er wäre ohne den Unfall mit Ablauf des Monats April 2000 in den Ruhestand getreten.
Die Bundesrepublik Deutschland zahlt ihm seit dem Unfalltag einen Unfallausgleich (§ 35 Beamtenversorgungsgesetz). Dieser belief sich bis 30. Juni 1994 auf monatlich 1.074,00 DM; seither beträgt er 1.107,00 DM. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben des ... vom 22. Juni 1994 (Bl. 179 und 180 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte hat zur Abgeltung des immateriellen Schadens des Klägers insgesamt 200.000,00 DM gezahlt. Auf von den Parteien als solche bezeichneten Nebenkosten hat sie 40.000,00 DM gezahlt. Auf den infolge der vorzeitigen Pensionierung entstandenen Verdienstausfall hat sie 33.660,00 DM gezahlt.
Mit Schreiben vom 20. Januar 1998 teilte die Beklagte dem Kläger u.a. mit, dass sie bereit sei, zukünftige unfallbedingte materielle und immaterielle Schäden zu übernehmen, soweit diese Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen seien. Insoweit verzichte sie auf die Einrede der Verjährung; der Kläger werde damit so gestellt, als hätte er ein Feststellungsurteil erlangt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Bl. 76 der Akte Bezug genommen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Zahlung eines weiteren Schmerzengeldes sowie Ersatz seiner materiellen Schäden für Vergangenheit und Zukunft.
Der Kläger behauptet, er habe neben den bereits aufgeführten Unfallfolgen noch weitere gesundheitliche Schäden davon getragen. Insoweit wird zur näheren Sachdarstellung auf Ziff. I. des Beweisbeschlusses vom 06. Oktober 1999 (Bl. 140 d.A.) verwiesen. Der Kläger hält deshalb ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 200.000,00 DM für gerechtfertigt. Hilfsweise begehrt er eine Schmerzensgeld-Rente von monatlich 1.000,00 DM.
Ferner begehrt der Kläger Ersatz weiteren Verdienstausfalls für den Zeitraum 01. November 1996 bis 30. April 2000. Er hat diesen Schaden auf monatlich 1.911,76 DM abzüglich von der Beklagten gezahlter 765,00 DM beziffert. Insoweit wird zur näheren Sachdarstellung auf Seite 14 und 15 der Klageschrift (Bl. 14 und 15 d.A.) verwiesen.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte müsse die Leistungen vergüten, die seine Ehefrau im Rahmen der täglichen Betreuung und Pflege aufbringe. Bei einem Betreuungsaufwand von 16,5 Stunden und einem Stundensatz von 20,00 DM errechne sich ein Anspruch von 330,00 DM wöchentlich. Zumindest beliefen sich die ersatzfähigen Kosten auf monatlich 1.064,25 DM. Die Betreuungsbedürftigkeit bestehe seit Juli 1994.
Hilfsweise stützt der Kläger die Klage wegen der materiellen Schäden auf Ersatzansprüche wegen entgangener Dienste. Er behauptet dazu, er sei neben seiner Berufstätigkeit auch zur Mithilfe im Haushalt verpflichtet gewesen. Da er dazu nicht mehr in der Lage sei, seien wöchentlich mindestens 3 Stunden für entgangene Dienste in Ansatz zu bringen; der Stundensatz möge mit 15,00 DM berechnet werden.
Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend in Höhe eines Betrages von 6.885,00 DM für erledigt erklärt. Es handelt sich dabei um die Zahlungen der Beklagten auf den Verdienstausfall des Klägers für den Zeitraum viertes Quartal 1994 bis zweites Quartal 2000.
Der Kläger beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen abzüglich bereits gezahlter 200.000,00 DM,
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht dem Kläger einen weitergehenden Schmerzensgeldanspruch nicht zubillige, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellte Schmerzensgeld-Rente, beginnend mit dem Monat Februar 1999, zahlbar 14-jährlich im Voraus, zu zahlen,
II. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 100.229,60 DM nebst 4 % Zinsen auf 98.705,52 DM ab Rechtshängigkeit sowie auf 1.524,08 DM seit 11. August 1999 zu zahlen,
III. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger von Oktober 1999 bis April 2000 monatlich 1.911,76 DM abzüglich gezahlter 6.885,00 DM sowie ab Februar 1999 monatlich 1.064,25 DM, zahlbar 1/4-jährlich im Voraus, zu zahlen,
IV. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren zur Zeit nicht bezifferbaren Schaden aus dem Unfall vom 15. November 1993 in der Gemarkung Hänigsen zu erstatten, soweit diese Ansprüche nicht auf öffentlich-rechtliche Versicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, der immaterielle Schaden des Klägers sei mit der Zahlung der 200.000,00 DM angemessen abgegolten. Der Kläger habe bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung ein Gehalt von 6.889,75 DM bezogen. Dieses sei in Höhe von 5 % wegen ersparter berufsbedingter Aufwendungen zu kürzen. Die monatliche Pension des Klägers belaufe sich auf 5.780,22 DM, so dass als Differenzbetrag 765,00 DM erstattungsfähig seien. Da der Kläger weder pflegebedürftig sei noch ständig von seiner Ehefrau betreut werden müsse, sei ein Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse nicht gegeben. Im Übrigen seien auf diesen Anspruch die Zahlungen wegen des Unfallausgleichs anzurechnen. Der Feststellungsantrag sei im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 20. Januar 1998 unzulässig.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 06. Oktober 1999 (Bl. 140 und 141 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten der Universität vom 07. Januar, 29. Mai, 13. Juli, 26. Juli und 19. September 2000 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet.
1. Anspruch auf Schmerzensgeld:
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von 50.000,00 DM (§ 847 BGB in Verbindung mit § 3 Nr. 1 PflVersG). Die Kammer hält zur Abgeltung des vom Kläger erlittenen unfallbedingten immateriellen Schadens einen Gesamtbetrag von 250.000,00 DM für angemessen.
Die Kammer hat bei der Bemessung dieser Summe in erster Linie den schweren Verletzungen des Klägers Rechnung getragen, die dieser infolge des Unfalls erlitten hat und an deren Folgen er zeitlebens zu leiden haben wird. Die Verletzungen haben nicht nur zu erheblichen physischen Schäden geführt; noch gravierender sind die psychischen Störungen, die der Kläger davon getragen hat. Aufgrund des übereinstimmenden Parteivorbringens steht fest, dass der Kläger die im Tatbestand näher aufgeführten unfallbedingten Verletzungen erlitten hat. Darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Aufgrund dieser Verletzungen leidet der Kläger an folgenden gesundheitlichen Schäden, wobei eine entscheidende Verbesserung der Symptomatik nicht zu erwarten ist:
- Minderung der Gebrauchsfähigkeit des linken Arms um ein Drittel,
- starke Einschränkung des Gesichtsfeldes links,
- mittel- bis schwergradige Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen,
- massive Zeitgitterstörungen,
- deutliche Beeinträchtigung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses,
- deutliche Minderung der Kritik- und Urteilsfähigkeit,
- Abhängigkeit von Dritten bei der Verrichtung täglicher Arbeiten,
- knapp durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Entwicklung des vorausschauenden Denken, der Erfassung und des Organisierens von sozialen Handlungsabläufen,
- Probleme bei der räumlichen Orientierung,
- ausgeprägte Perseverationstendenzen,
- Distanzminderung,
- adäquat gehobene Stimmungslage,
- leichte Unruhe,
- vermehrte Reizbarkeit,
- Beeinträchtigung der Selbstwahrnehmung und Krankheitseinsicht (deutliche Diskrepanz zwischen tatsächlichen Fähigkeiten und Selbstbild),
- leichtgradige neuropsychologische Beeinträchtigung hinsichtlich kognitiver Störungen.
Eine völlige Zerstörung der Persönlichkeit des Klägers - wie von diesem behauptet - liegt hingegen nicht vor. Ebenso wenig sind seine intellektuellen Fähigkeiten infolge des Unfalls auf die eines 10jährigen Kindes reduziert worden. Auch das völlige Fehlen einer emotionalen Reaktionsfähigkeit hat die Beweisaufnahme nicht bestätigt. Nicht geklärt werden konnte, ob, der Kläger infolge des Unfalls an einer psychisch bedingten impotentia coeundi leidet.
Die Kammer hat bei der Bemessung des Schmerzensgeldes weiter berücksichtigt, dass der Kläger seit dem Unfall nicht mehr in der Lage war, seinen Dienst beim Bundesgrenzschutz zu versehen. Wegen der geschilderten Beeinträchtigungen war die Einrichtung einer Betreuung (§ 1896 BGB) erforderlich. Der Kläger bedarf darüber hinaus der ständigen Aufsicht und Kontrolle durch seine Ehefrau, auch soweit es die Verrichtungen und Tätigkeiten im Alltag betrifft. Der Kläger kann wegen seiner Defizite im Kommunikationsverhalten nicht mehr in der Weise am gesellschaftlichen Leben teilhaben, wie er es vor dem Unfall tat. Er musste sich aufgrund seiner schweren Verletzungen monatelang stationärer Krankenhausbehandlungen unterziehen. Er wäre an diesen Verletzungen ohne sofortige medizinische Versorgung verstorben; es bestand also Lebensgefahr. Zudem musste er bis 1998 jeweils mehrwöchige Rehabilitationsmaßnahmen absolvieren.
Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass den Versicherungsnehmer der Beklagten ein erhebliches Verschulden trifft. ... hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in objektiv schwerwiegender Weise verletzt, indem er den Abbiegevorgang einleitete, obwohl das entgegenkommende Dienstfahrzeug ohne weiteres erkennbar war. Er hätte deshalb den Unfall leicht vermeiden können. Das Fahrverhalten verstieß in krasser Weise gegen die Sorgfaltspflichten aus §§9 Abs. 4 und 1 Abs. 2 StVO. Ein solcher Verstoß hätte ihm schlechthin nicht unterlaufen dürfen. Sein Verschulden ist daher als grobe Fahrlässigkeit zu qualifizieren.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält die Kammer ein Schmerzensgeld von 250.000,00 DM für angemessen. Da die Beklagte bereits 200.000,00 DM gezahlt hat, stehen dem Kläger noch weitere 50.000,00 DM zu.
2. Schmerzensgeld-Rente:
Ein Anspruch auf Zahlung einer solchen Rente besteht nicht. Ein Schmerzensgeld ist grundsätzlich als Kapitalentschädigung zu entrichten. Folgerichtig begehrt der Kläger mit dem Klagantrag I. Zahlung eines Kapitalbetrages. Wie dargelegt hält die Kammer eine Entschädigung in Höhe von 250.000,00 DM für angemessen. Da mit dieser Zahlung der immaterielle Schaden für Vergangenheit und Zukunft vollständig abgegolten ist, kann dem Kläger darüber hinaus nicht ein Schmerzensgeld in Rentenform zugesprochen werden.
3. Verdienstausfall vom 01. November 1996 bis 30. April 2000:
Insoweit stehen denn Kläger noch 16.740,00 DM zu (§§ 842, 843 BGB, 3 Nr. 1 PflVersG).
Der Verdienstausfall (ohne die Kosten der privaten Krankenversicherung und ohne den Verlust von vermögenswirksamen Leistungen) beläuft sich nach Schätzung der Kammer (§ 287 Abs. 1 ZPO) auf 50.400,00 DM. Die Kammer hat insoweit die Gehaltszahlungen des Klägers im letzten Jahr vor seiner Pensionierung (November 1995 bis Oktober 1996) sowie dessen Bezüge im ersten Jahr nach seiner Pensionierung (November 1996 bis Oktober 1997) herangezogen, daraus den jeweiligen durchschnittlichen Monatsbetrag ermittelt und den Differenzbetrag ihren Berechnung zugrunde gelegt. Ausweislich der als Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 18. Oktober 1999 überreichten Gehaltsbescheinigungen erzielte der Kläger zwischen November 1995 und Oktober 1996 folgendes Nettoeinkommen:
- November 1995: 6.955,95DM
- Dezember 1995: 12.326,50DM
- Januar 1996: 7.002,75DM
- Februar 1996: 7.002,75DM
- März 1996: 7.002,75DM
- April 1996: 7.002,75DM
- Mai 1996: 7.002,75DM
- Juni 1996: 7.002,75DM
- Juli 1996: 7.297,71 DM August 1996: 7.002,75DM
- September 1996: 7.002,75DM
- Oktober 1996: 7.002,75 DM
Summe: 89.604,91 DM
davon 1/12: 7.467,01 DM
abzüglich 5 % ersparte berufsbedingte Aufwendungen: 373,35 DM
zu berücksichtigendes Gehalt: 7.093,73 DM
Im ersten Jahr seiner Pensionierung erhielt der Kläger folgende Bezüge:
- November und Dezember 1996: 11.661,71DM
- Januar 1997: 5.432,42DM
- Februar 1997: 7.418,22DM
- März 1997: 5.780,22DM
- April 1997: 5.780,22DM
- Mai 1997: 5.932,67DM
- Juni 1997: 5.831,03DM
- Juli 1997: 5.831,03DM
- August 1997: 5.831,03DM
- September1997: 5.831,03DM
- Oktober 1997: 5.831,03DM
Summe: 70.890,61 DM
davon 1/12: 5.907,55DM
Damit errechnet sich ein monatlicher Verdienstausfall von 1.186,18 DM = aufgerundet 1.200,00DM.
Der Kläger ist unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung verpflichtet, sich berufsbedingte Mehraufwendungen, der er infolge seiner vorzeitigen Pensionierung erspart hat, anrechnen zu lassen. Die Höhe dieser Aufwendungen schätzt die Kammer auf 5 % des Nettoeinkommens (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 7. Aufl., Rdnr. 50 und Fußnote 100, wonach nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Stuttgart und Nürnberg sogar ein pauschaler Abzug von 10 % gerechtfertigt sein soll).
Die Beklagte schuldet daher Ersatz für 42 Monate zu je 1,200,00 DM = 50.400,00 DM. Darauf hat sie 33.660,00 DM gezahlt, so dass der Kläger noch 16.740,00 DM zu beanspruchen hat.
4. Kosten der privaten Krankenversicherung:
Dem Kläger stehen insoweit 12.206,46 DM zu (§§ 843 BGB, 3 Nr. 1 PflVersG).
Der Kläger hatte - wie gerichtsbekannt ist - bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung Anspruch auf freie Heilfürsorge, also auf vollständige Übernahme von Krankheitskosten durch den Dienstherrn. Seit November 1996 ist er nur noch zu 70 % beihilfeberechtigt; die verbleibenden 30 % der Krankheitskosten muss er durch eine private Krankenversicherung abdecken. Er hat durch Vorlage der Versicherungsscheine (Bl. 259 bis 265 d.A.) im Einzelnen belegt, welche Zahlungen er seit November 1996 geleistet hat. Die Summe der Zahlungen beläuft sich auf 12.719,22 DM. Der Kläger hat insoweit allerdings nur Ansprüche in Höhe von 12.206,46 DM (42 Monate x 290,63 DM) geltend gemacht. Da die Kammer nicht mehr zusprechen darf, als seitens des Klägers beantragt wird (§ 308 Abs. 1 ZPO), könnendem Kläger nicht mehr als 12.206,46 DM zugesprochen werden.
5. Verlust von vermögenswirksamen Leistungen:
Infolge der vorzeitigen Pensionierung hat der Kläger insoweit einen Vermögensschaden von 546,00 DM (42 Monate x 13,00 DM) erlitten.
6. Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse:
Insoweit hat der Kläger hinsichtlich des Zeitraums 01. Juli 1994 bis 31. Dezember 2000 Anspruch auf Zahlung von 14.763,20 DM.
Die Kammer hat aufgrund der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger aufgrund seiner zahlreichen Behinderungen der Kontrolle und Betreuung durch eine Aufsichtsperson bedarf, weil er seine Angelegenheiten nicht allein zu regeln vermag. Wie dargelegt leidet der Kläger u.a. an einer deutlichen Beeinträchtigung seines Kurzzeitgedächtnisses. Er ist bei der Verrichtung täglicher Arbeiten auf die Hilfe Dritter angewiesen, weil seine Fähigkeit zu vorausschauendem Denken, Erfassen und Organisieren von sozialen Handlungsabläufen nur knapp durchschnittlich bis unterdurchschnittlich entwickelt ist. Ferner hat er Probleme bei der räumlichen Orientierung. Es ist deshalb erforderlich, dass der Kläger ständiger Betreuung bedarf. Eine Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI ist dagegen nicht gegeben.
Auch insoweit folgt die Kammer dem überzeugenden Gutachten Prof. Dr. ... vom 19. September 2000. Konsequenterweise hat die Krankenversicherung es mit Schreiben vom 03. Juli 1998 (Bl. 105 d.A.) abgelehnt, dem Kläger Leistungen aus der Pflegeversicherung zu gewähren. Die Kammer hält - ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen - einen wöchentlichen Betreuungsaufwand von 16,5 Stunden für erforderlich. Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei den Betreuungsleistungen der Ehefrau des Klägers nicht um Tätigkeiten, die diese aufgrund ihrer Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§§ 1353, 1360 BGB) und damit kraft Gesetzes schuldet. Ehegatten schulden einander zwar Beistand und Hilfe. Jedoch darf es die Beklagte nicht entlasten, wenn der Kläger die Hilfeleistungen durch seine Ehefrau erbringen lässt, statt insoweit eine Pflegekraft einzustellen., Würde der Kläger dies tun, müsste die Beklagte die dabei entstehenden Kosten tragen, die über den vom Kläger angesetzten 20,00 DM pro Stunde lägen. Wenn stattdessen die Ehefrau die Betreuung übernimmt, so schuldet die Beklagte dafür in angemessenem Umfang Ersatz (vgl. dazu Küppersbusch, a.a.O., Rdnr. 184).
Die Kammer schätzt die Kosten der Betreuung auf monatlich 1.400,00 DM. Bei der Bemessung dieses Betrages ist zu berücksichtigen, dass die Ehefrau keine pflegerischen Leistungen zu erbringen hat. Ihre Tätigkeit besteht im Wesentlichen in der Aufsicht, Kontrolle und Anleitung des Klägers bei der Verrichtung der Dinge des Alltags. Eine besondere Ausbildung ist dafür ebenso wenig erforderlich wie eine besondere Sachkunde. Die Kammer hält daher einen Stundensatz zwischen 18,00 DM und 19,00 DM für angemessen, so dass sich ein monatlicher Betrag von 1.400,00 DM errechnet (vgl. die Beispiele aus der Rechtsprechung bei Küppersbusch, a.a.O., Rdnr. 184 Fußnote 15).
Damit hat der Kläger Anspruch auf Ersatz seiner vermehrten Bedürfnisse von monatlich 1.400,00 DM seit 01. Juli 1994. Die Summe der Ansprüche bis einschließlich Dezember 2000 beläuft sich auf 109.200,00 DM (78 Monate x 1.400,00 DM). Von dieser Summe sind die Leistungen abzuziehen, die der Dienstherr des Klägers gemäß § 35 Beamtenversorgungsgesetz vom 15. November 1993 bis 31. Dezember 2000 erbracht hat (vgl. zur Kongruenz zwischen Unfallausgleich und den vermehrten Bedürfnissen Küppersbusch, a.a.O., Rdnr. 547). Die Bundesrepublik Deutschland hat folgende Zahlungen erbracht:
- 15. bis 30 November 1993: 572,80DM
- 01. Dezember 1993 bis 30. Juni 1994: 7.518,00 DM
- 01. Juli 1994 bis 31. Dezember 2000: 86.346,00 DM
Summe: 94.436,80 DM.
Damit stehen dem Kläger noch restliche 14.763,20 DM zu.
7. Anspruch auf Ersatz der vermehrten Bedürfnisse für den Zeitraum ab Januar 2001:
Auch dieser Anspruch ist nicht in der geltend gemachten Höhe begründet. Der Kläger hat insoweit zunächst 1.064,25 DM gefordert, wobei er einen Stundensatz von 15,00 DM zugrunde gelegt hat. Nunmehr (vgl. S. 4 des Schriftsatzes vom 30. Oktober 2000, Bl. 224 d.A.) setzt er 20,00 DM an, ohne indessen den monatlichen Anspruch betragsmäßig zu beziffern. Wie dargelegt hat der Kläger Anspruch auf monatlich 1.400,00 DM. Davon sind wiederum die Zahlungen abzuziehen, die der Kläger gemäß § 35 Beamtenversorgungsgesetz erhält, also 1.107,00 DM monatlich. Somit verringert sich der Anspruch auf monatlich 293,00 DM.
8. Anspruch auf Ersatz wegen entgangener Dienste:
Dieser Anspruch, den der Kläger hilfsweise geltend macht, besteht nicht. Der Kläger hat die tatsächlichen Voraussetzungen des § 845 BGB nicht schlüssig dargetan. Er war und ist einem Dritten zur Leistung von Diensten im Sinne dieser Vorschrift nicht verpflichtet. Ein Ehegatte erbringt durch die Haushaltsführung keine Dienste im Sinne des § 845 BGB, sondern erfüllt seine Unterhaltspflicht (Palandt/Thomas, BGB, 58. Aufl., § 845 Rdnr. 2). Der Kläger kann den Anspruch auch nicht auf § 843 Abs. 1 BGB stützen. Zwar zählt zum Begriff der Erwerbstätigkeit auch die Arbeitsleistung im Haushalt, soweit sie der Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht dient (Palandt/Thomas, a.a.O., § 843 Rdnr. 2). Dies gilt jedoch nicht, wenn - wie hier der Kläger - ein voll erwerbstätiger Ehemann im Haushalt lediglich Hilfeleistungen von geringem Umfang erbringt (vgl. auch Küpersbusch, a.a.O., Rdnr. 129).
9. Feststellungsantrag:
Insoweit ist die Klage unzulässig. Es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Dieser hat kein rechtlich geschütztes Interesse an der begehrten Feststellung. Die mit der Klage insoweit angestrebten Rechtswirkungen, insbesondere die Verlängerung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre (§ 218 Abs. 1 S. 1 BGB), können auch durch ein außergerichtliches und insoweit konstitutiv wirkendes Anerkenntnis des Schuldners herbeigeführt werden (OLG Gelle, ZfS 1988, 346). Ein solches Anerkenntnis hat die Beklagte vorgerichtlich abgegeben, nämlich mit Schreiben vom .20. Januar 1998 (Bl. 76 d.A.). Sie hat darin u.a. erklärt, sie sei unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung bereit, zukünftige unfallbedingte materielle und immaterielle Schäden des Klägers zu übernehmen. Die Beklagte hat den Kläger damit so gestellt, als hätte er ein Feststellungsurteil und die damit verbundenen Rechtswirkungen erzielt.
10. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB.
11. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 a, 92 Abs. 1 und 709 ZPO.