Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 27.04.2001, Az.: 5 T 175/01

Verzinsung von Ansprüchen eines Betreuers auf Vergütung und Aufwendungsersatz; Fehlen einer gesetzlichen Regelung zur Fälligkeit der Vergütungsansprüche; Erstattung von Sachverständigenkosten für die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
27.04.2001
Aktenzeichen
5 T 175/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 32847
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHILDE:2001:0427.5T175.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Burgdorf - 12.02.2001 - AZ: 2 XVII E 21

Fundstelle

  • FamRZ 2001, 1642-1643 (Volltext mit red. LS)

In dem Betreuungsverfahren
...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim
auf die sofortige Beschwerde vom 28. Februar 2001
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Burgdorf vom 12. Februar 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...
die Richterin am Landgericht ... und
den Richter ...
am 27. April 2001
beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung nach Maßgabe der folgenden Gründe an das Amtsgericht Burgdorf zurückverwiesen.

Gründe

1

Auf die Anträge des früheren Betreuers setzte das Amtsgericht Burgdorf die Vergütungsansprüche durch die. Beschlüsse Vom 07.04.2000 und vom 21.06.2000 zunächst gegen das Vermögen des Betreuten fest. Die mitbeantragte Erstattung von Sachverständigenkosten aus der Landeskasse für die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens wurde darin nicht festgesetzt.

2

Die hiergegen erfolgreich gerichtete sofortige Beschwerde des Betreuers führte zur Aufhebung und Rückgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Burgdorf zur Prüfung, ob der Betroffene vermögend oder vermögendlos ist.

3

Im Verlauf der neuerlichen Prüfung stellte der Betreuer mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2000 gegenüber dem Amtsgericht Burgdorf Verzugszinsen ab dem 01. April 2000 in Höhe von 8,42 % und ab dem 01. September 2000 in Höhe von 9,26 % in Rechnung.

4

Das Amtsgericht Burgdorf änderte durch Beschluss vom 20. Dezember 2000 die ursprünglichen beiden Vergütungsbeschlüsse schließlich dahingehend, dass nunmehr wegen Mittellosigkeit des ehemaligen Betreuten die Landeskasse der Kostenschuldner ist. Die beantragten Auslagen für das erstellte Verkehrswertgutachten in Höhe von 2.737,00 DM wurden im übrigen von der Landeskasse am 24. Januar 2001 angewiesen.

5

Durch Beschluss vom 12. Dezember 2001 wies das Amtsgericht Burgdorf den Antrag des Betreuers vom 13.

6

Dezember 2000 auf Verzinsung seiner Vergütung aufgrund Verzugs ab. Zur Begründung führte die Rechtspflegerin an, eine Vergütung sei im Berufsvormündervergütungsgesetz nicht vorgesehen und ein Fälligkeitstermin nach BGB sei überdies nicht ermittelbar.

7

Mit seiner sofortigen Beschwerde wehrt sich der Beschwerdeführer gegen diesen abweisenden Beschluss mit der Begründung, dass die Vergütungsansprüche teilweise als Vergütungsansprüche gemäß § 1836 BGB und teilweise als Aufwendungsersatzansprüche gemäß § 1835 BGB zu werten seien. Der Beschwerdeführer meint insoweit, dass hinsichtlich des Aufwendungsersatzes eine Verzinsung vom Zeitpunkt des Entstehens an mit 4 % zu bejahen sei. Bezüglich der weiteren Vergütungsansprüche sei zwar eine gesetzliche Verzinsungspflicht ausdrücklich nicht erkennbar. Allerdings müsse der Anspruch mit Vornahme der Tätigkeit auch fällig werden, wodurch mit seiner Mahnung vom 13. Dezember 2000 der Verzug und damit eine Verzinsung ab Verzugseintritt eingetreten sei.

8

Die sofortige Beschwerde gemäß § 56 g Abs. 5 FGG ist zulässig. Insbesondere ist unter Berücksichtigung des Zinsantrages des Beschwerdeführers vom 13. Dezember 2000 der Beschwerdewert von 300,00 DM erreicht.

9

Bei der Entscheidung, ob die Ansprüche auf Vergütung und Aufwendungsersatz zu verzinsen sind, muss zunächst eine strikte Trennung zwischen diesen Begriffen vorgenommen werden. Unter einer Vergütung ist dabei das Entgelt für die Führung der Betreuung zu sehen, allerdings nicht im Sinne einer schuldrechtlichen Gegenleistung, vielmehr als Entschädigung für die im Interesse des Betreuten aufgewendete Mühe und Zeitversäumnis (siehe KG, NJW-RR 1998, S. 436 [KG Berlin 08.07.1997 - 1 W 7404/95]). Demgegenüber sollen die Ansprüche auf Aufwendungsersatz bzw. Entschädigung für die von dem Betreuer selbst für den Betreuten verauslagten Geldbeträge und sonstigen erbrachten Geldwertenleistungen gesondert zu ersetzen sein (Palandt-Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1835, Rz. 1).

10

Entscheidend kommt es hier auf die Frage an, ob eine Verzinsung bei Vergütungsansprüchen stattfindet. Die Kammer geht im Ergebnis von einer solchen Verzinsungspflicht aus.

11

Der Bezirksrevisor verneinte im Rahmen einer Stellungnahme eine Verzinsung der Vergütungsansprüche mangels gesetzlicher Regelungen. Im übrigen verwies er auf das Fehlen einer Regelung zur Fälligkeit dieser Ansprüche als Grundvoraussetzung für eine etwaige Verzinsungspflicht.

12

Zwar trifft es zu, daß eine gesetzliche Verzinsung für die Betreuervergütung nicht vorgesehen ist. Diese Regelungslücke führt aber nicht dazu, daß eine Verzinsung von vornherein ausscheidet. Nach Auffassung der Kammer kommt nämlich allenfalls ein Zinsanspruch dann in Betracht, wenn der Betreute mit der Zahlung der Vergütung nach den allgemeinen Vorschriften in Verzug ist (vgl. LG Stuttgart, BtPrax 1999, S. 158; Palandt-Diederichsen, a. a. O., Rz. 2).

13

Ein Zinsanspruch im Sinne von §§ 284, 285 BGB setzt jedoch auch voraus, dass u. a. eine fällige Forderung gegeben ist.

14

Hinsichtlich der Fälligkeit der Vergütung eines Berufsvormunds besteht eine Regelungslücke. Insoweit geht die Kammer jedoch davon aus, dass die Vergütung mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Kostenschuldners von der Festsetzung fällig wird. Da sich die Vergütungsbeschlüsse des Amtsgerichts Burgdorf vom 07. April 2000 und vom 21. Juni 2000 zunächst gegen den Betroffenen (nicht etwa gegen die Landeskasse) als Kostenschuldner richteten, kann insofern ein fälligkeitsbegründender Zeitpunkt noch nicht angenommen werden.

15

Vielmehr ist erst auf den amtsgerichtlichen Beschluss vom 20. Dezember 2000, in dem die Landeskasse als Kostenschuldnerin bestimmt ist, abzustellen. Mit dessen Kenntnisnahme. auf Grund (fingierter.) Zustellung nach § 187 ZPO am 10. Januar 2001 tritt demgemäß die Fälligkeit ein. Es bedurfte der Zustellung des Beschlusses vom 20.12.2000 an die Landeskasse, da nämlich erst die Tatsache der Bekanntgabe - unabhängig von der Frage etwaiger Rechtsmittel - Rechte aus den Verzugsvorschriften begründet, mithin eine Frist in Lauf setzt (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, 22. Aufl., vor § 166, Rz. 1). Diese gebotene Zustellung ist hier dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Allerdings wird der Zustellungsmangel gemäß § 187 ZPO geheilt. Denn die Heilung erfolgt mit dem Zeitpunkt des Zugangs an den Adressaten und knüpft hier an den Zeitpunkt an, in dem der Beschluß indessen Hände gelangt ist (siehe BGH, NJW 1984, S. 926, 927 [BGH 21.12.1983 - IVb ZB 29/82]). Da der Bezirksrevisor bei dem Landgericht eine Stellungnahme am 10. Januar 2001 zu der Vorlageverfügung vom 20.12.2000 abgegeben hat, ist spätestens zu diesem Zeitpunkt der Beschluss zugegangen.

16

Die Kammer weist im übrigen vorsorglich darauf hin, daß der Beschwerdeführer seine Zinsansprüche mit Schreiben vom 13. Dezember 2000, mithin vor Eintritt der Fälligkeit, gegenüber dem Amtsgericht Burgdorf anmeldete. Eine verzugsbegründende Wirkung kommt diesem Schreiben folglich nicht zu.

17

Im weiteren bedurfte es zum Verzugseintritt keiner Mahnung, da der Schuldner einer Geldforderung gemäß § 284 Abs. 3 BGB 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung in Verzug kommt. Damit trat der Verzug auf Seiten der Kostenschuldnerin am 10. Februar 2001 ein.

18

Die zu ersetzenden Verzugszinsen richten sich nach 288 Abs. 3 BGB.

19

Demgegenüber steht dem Beschwerdeführer ein Zinsanspruch hinsichtlich des Aufwendungsersatzes nicht zu. Der Auslagenersatz des Betreuers ist zwar von der Zeit der Aufwendung an in Höhe von mindestens 4% gemäß §§ 246, 256 BGB auch von der Staatskasse zu verzinsen (vgl. BayObLG, BtPrax 2001, S. 42). Vorliegend hat der Beschwerdeführer jedoch die Kosten für das Verkehrswertgutachten des Sachverständigen ... in Höhe von 2.737,00 DM tatsächlich nicht gemäß §§ 256, 670 BGB aufgewandt. Dies folgt insbesondere aus seinen schriftsätzlichen Ausführungen vom 31.08.2000. Darin stellt er nämlich klar, daß er niemals behauptet habe, die Sachverständigenkosten verauslagt zu haben. Vielmehr habe er diese auf Vorschlag der Rechtspflegerin auf seinen Vergütungsantrag gesetzt, um nach Erstattung aus der Landeskasse den Sachverständigen zu bezahlen. Im übrigen hat die Landeskasse diese Gutachterkosten am 24. Januar 2001 zur Zahlung angewiesen.

20

Der angefochtene Beschluß war nach alldem aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht Burgdorf zurückzugeben.