Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 08.10.2013, Az.: 1 A 1676/12

Begründung eines gesetzlichen Verbots des Grünlandumbruchs auf Moorstandorten durch § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
08.10.2013
Aktenzeichen
1 A 1676/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 55502
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2013:1008.1A1676.12.0A

Fundstellen

  • NuR 2014, 147-149
  • ZUR 2014, 57-60

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG begründet ein gesetzliches Verbot des Grünlandumbruchs auf Moorstandorten.

  2. 2.

    Grünlandumbruch im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG ist die Ausschaltung der etablierten Grasnarbe durch wendende Bodenbearbeitung auch dann, wenn anschließend eine Neuansaat von Gras erfolgt.

[Tatbestand]

Der Kläger wendet sich gegen eine naturschutzrechtliche Verfügung und begehrt die Feststellung, dass sich auf seinem Grundstück kein Biotop befunden hat.

Er ist Eigentümer des Grundstücks Flurstück 4/2, Flur 7, der Gemarkung D.. Teil des Flurstücks war eine ca. 2,296 ha große Grünlandfläche. Am 26. Januar 2012 stellte der Beklagte fest, dass der Kläger mit dem Umbruch dieser Grünlandfläche begonnen hatte und zwar führte er einen Tiefumbruch mittels Bagger durch. Der Beklagte untersagte am gleichen Tag mündlich die weiteren Arbeiten.

Mit Bescheid vom 30. Januar 2012 untersagte der Beklagte dem Kläger schriftlich den Umbruch der Grünlandfläche. Nach seinen Feststellungen handele es sich bei dem Teil der Fläche, der in dem anliegenden Luftbild grün markiert sei, um Hochmoor. Ein Umbruch sei gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 5 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege - BNatSchG - zu unterlassen, so dass dieser auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V. mit § 2 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz - NAGBNatSchG - zu untersagen gewesen sei. Der Beklagte drohte dem Kläger für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verfügung ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 € an. Er wies weiter auf die Möglichkeit einer Befreiung nach § 67 BNatSchG hin.

Ebenfalls am 30. Januar 2012 wandte sich der Kläger an den Beklagten und bat um Prüfung, ob ein Tiefumbruch zur Bodenverbesserung tatsächlich genehmigungspflichtig sei. Er wolle auch künftig eine Grünlandnutzung vornehmen; der Tiefumbruch diene der Verbesserung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit der Grünlandfläche. Nach seiner Auffassung sei die Maßnahme nicht verboten. § 5 Abs. 2 BNatSchG sei keine unmittelbar anwendbare Norm, da die Vorschrift weder hinreichend bestimmt sei noch für eine Ableitung von Rechtsfolgen im Einzelfall geeignet sei. Dies ergebe sich aus einem Vermerk des Bundesumweltministeriums vom 16. April 2011. Hilfsweise beantragte der Kläger die Befreiung von dem Verbot des Grünlandumbruchs. Das Flurstück sei überwiegend von der Bodenart "Sand" und werde als Acker/Grünland genutzt. Lediglich im mittleren Bereich des Flurstückes sei eine gewisse Moorauflage vorhanden, die die Bewirtschaftung des gesamten Flurstückes erheblich erschwere. Mit der Durchführung der Bodenverbesserungsmaßnahme in dem mittleren Bereich könne das gesamte Flurstück erheblich besser bewirtschaftet werden. Die Maßnahme sei aus agrarstruktureller Sicht auch als sehr sinnvoll einzustufen, da die landschaftlichen Ertragspotentiale unter Schaffung betriebswirtschaftlich mindestens erforderlicher Schlaggrößen erschlossen würden. Aus agrarstruktureller Sicht komme in der Region D. hinzu, dass durch die starke Flächenkonkurrenz gewerblicher Flächenkäufer, insbesondere aus der Torfindustrie, die vor Ort ansässigen Landwirte auf eine gute Nutzbarkeit ihrer landwirtschaftlichen Flächen angewiesen seien, um den Viehbestand mit qualitativ hochwertigem Futter zu versorgen und die landwirtschaftlichen Betriebe in ihrer Existenz zu sichern. Die Bodenverbesserung diene auch dem Ausgleich einer Verschlechterung der Entwässerungssituation des Flurstückes, die durch den Radwegebau an der E. Straße entstanden sei. Die beantragte Befreiung sei aus Gründen eines überwiegenden öffentlichen Interesses zur Verbesserung der Agrarstruktur notwendig. Darüber hinaus führe ein Verbot der Bodenverbesserungsmaßnahme zu einer unzumutbaren Belastung. Die beabsichtigte Maßnahme sei mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar.

Am 23. Februar 2012 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 30. Januar 2012 Widerspruch und bezog sich zur Begründung auf die bisher von ihm vorgetragenen Erwägungen.

Am 1. März 2012 fand auf dem Grundstück des Klägers erneut eine Ortsbesichtigung durch die Mitarbeiter des Beklagten statt. Im Anschluss daran teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass sich auf der Fläche, die bislang noch nicht umgebrochen sei, ein gesetzlich geschütztes Biotop in Gestalt einer seggenreichen Nasswiese befinde.

Mit Bescheid vom 6. März 2012, der dem Kläger am 8. März 2012 zugestellt wurde, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Am 1. März 2012 seien weitere Bodensondierungen zur Moormächtigkeit vorgenommen worden. Diese habe bei allen sechs Bohrstellen mehr als 1 m betragen. Es habe sich demnach bestätigt, dass es sich bei der bisher bezeichneten Fläche um einen Moorstandort handele. Zudem sei festgestellt worden, dass sich auf der Fläche kleinflächig seggenreicher Flutrasen befinde. Dieser Bereich sei gemäß § 30 BNatSchG gesetzlich geschützt, so dass seine Zerstörung durch Flächenumbruch verboten sei.

Im Mai 2012 stellte der Beklagte fest, dass der süd-westlich gelegene Teil der umstrittenen Fläche, den der Kläger im Januar 2012 bereits umgebrochen hatte, ebenso als Maisacker genutzt wird, wie der nord-östlich an die verbliebene Grünlandfläche angrenzende Teil des Flurstückes.

Am 10. April 2012 hat der Kläger erhoben. Zur Begründung trägt er vor:

Die Feststellung des Beklagten, dass es sich bei dem von dem Beklagten im Luftbild gekennzeichneten Teil des Grundstückes um Hochmoor handele, sei zum Teil unrichtig. Der bereits umgebrochene südwestliche Teil sei als sonstiger Acker einzustufen. Dort finde sich kein Hochmoor, sondern Sandboden. Das Gelände sei deutlich höher gelegen als die Grünlandfläche. Hochmoor habe sich in diesem Bereich nicht entwickelt. Die Unterlagen des Beklagten ließen nicht erkennen, an welchen Stellen die Moormächtigkeit genau ermittelt worden sei. Die Bilder seien nicht bestimmten Punkten auf der Grünlandfläche zuzuordnen. Bei den nicht umgebrochenen Grünlandflächen handele es sich hingegen um Moorböden. Für das Verbot, diese Grünlandfläche umzubrechen, könne sich der Beklagte nicht mit Erfolg auf § 5 Abs. 2 Nr. 5 i.V. mit § 3 Abs. 2 BNatSchG stützen. Ergänzend zu der bereits vorgelegten Rechtsauffassung des Bundesumweltministeriums ergebe sich dies auch aus einer Antwort der Niedersächsischen Landesregierung auf eine kleine Anfrage im Niedersächsischen Landtag vom 1. Februar 2012. § 17 Abs. 8 BNatSchG finde ebenfalls keine Anwendung. Da es sich lediglich um eine Maßnahme zur Bodenverbesserung und zur Grünlanderneuerung handele, sei der Umbruch nicht genehmigungsbedürftig gewesen. § 17 Abs. 3 BNatSchG sei wegen § 7 Abs. 1 NAGBNatSchG nicht anwendbar.

Der Beklagte könne sich auch nicht auf ein gesetzliches Umbruchverbot nach § 30 BNatSchG stützen, weil ein gesetzlich geschütztes Biotop nicht vorliege. Bei den Unterlagen des Beklagten befinde sich nichts, was die These eines Biotopes nachvollziehbar untermauere. Das Gegenteil ergebe sich aus einem von ihm, dem Kläger, in Auftrag gegebenen Gutachten der Planungsgruppe grün GmbH.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2012 aufzuheben,

  2. 2.

    festzustellen, dass auf dem Flurstück 4/2 der Flur 7 der Gemarkung D. der von dem Beklagten behauptete gesetzlich geschützte Biotop "seggenreiche Nasswiese" nicht, jedenfalls nicht in dem vom Beklagten behaupteten Umfang vorhanden gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, auch bei dem süd-westlichen Teil der umstrittenen Fläche habe es sich um Hochmoor gehandelt. Dies ergebe sich aus den im Rahmen der Ortsbesichtigung vom 1. März 2012 gefertigten Fotografien. Diese zeigten einen ausgeprägten Hochmoorhorizont. Sand habe sich ca. 70 cm unter dem Hochmoor befunden. Das Sachverständigengutachten, das der Kläger vorlege, beschreibe den Zustand am 14. Mai 2012; zuvor habe der Kläger den Boden durchmischt und planiert. Es habe sich auf dem Flurstück entgegen der Auffassung des Klägers auch ein gesetzlich geschütztes Biotop befunden. Es bleibe unklar, weshalb die von dem Kläger beauftragten Gutachter bei ihrer Kartierung nicht annähernd dieselbe Artenzusammensetzung gefunden hätten, wie er, der Beklagte, obwohl sie nur fünf Tage später auf der Fläche gewesen seien. Allein der Umstand, dass Wiesen-Segge mit zahlreichen Exemplaren vorhanden gewesen sei, reiche zur Einstufung als seggenreiche Nasswiese aus. Wenn sich das Gutachten der Planungsgruppe grün GmbH ausführlich mit Rohrglanzgras-Röhricht befasse, sei darauf hinzuweisen, dass dies nicht Gegenstand des vorgefunden Biotoptyps sei. Mittlerweile befinde sich allerdings tatsächlich kein Biotop mehr auf der Fläche des Klägers. Der seggenreiche Flutrasen sei nach einer Besichtigung des Grundstückes im September 2013 nicht mehr feststellbar.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Vorgelegen hat auch die Gerichtsakte 1 A 2305/12 nebst Beiakte. In diesem Verfahren wendet sich der Kläger gegen Anordnungen, die der Beklagte im Hinblick auf die künftige Bewirtschaftung des Grundstückes getroffen hat; weiter begehrt er eine Befreiung von dem Umbruchverbot.

Entscheidungsgründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Das mit Ziffer 1. des Klageantrages verfolgte Begehren des Klägers ist unzulässig, soweit es sich auf den südwestlichen Teil des Flurstückes bezieht, der von dem Kläger im Januar 2012 bereits umgebrochen wurde. Soweit diese Fläche von der Verfügung betroffen ist, ist die Sache erledigt, weil der Umbruch hier abgeschlossen ist. Nach den unstreitigen Feststellungen des Beklagten nutzt der Kläger diese Fläche seit Mai 2012 für den Maisanbau. Ob bzw. in welchem Umfang dieser bereits umgebrochene Teil des Flurstückes Moor oder Hochmoor war, muss deswegen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht entschieden werden.

Im Übrigen ist die mit dem Antrag zu 1. erhobene Klage unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dabei ist Gegenstand des Bescheides allein das Verbot, das Flurstück weiter umzubrechen. Eine eigenständige feststellende Regelung im Hinblick auf das Biotop, das nach Auffassung des Beklagten auf dem Grundstück des Klägers vorhanden war, hat der Beklagte nicht getroffen. Dieser Umstand wurde lediglich als ergänzende und ersichtlich nachrangige Begründung des ausgesprochenen Umbruchsverbotes herangezogen.

Der Beklagte hat dem Kläger zu Recht untersagt, die restliche Grünlandfläche des Flurstücks 4/2, Flur 7, der Gemarkung D. umzubrechen. Er kann sich dabei sowohl auf § 3 Abs. 2 BNatSchG (i. d. F. d. Gesetzes v. 29.7.2009, BGBl. I 2542, geändert durch Gesetz v. 6.2.2012, BGBl. I 2012) im Verbindung mit § 2 Abs. 1 und Abs. 2 NAGBNatSchG (v. 19.2.2010, Nds.GVBl S. 104) stützen, als auch auf § 17 Abs. 8 BNatSchG. In welchem Verhältnis beide Ermächtigungsgrundlagen im Einzelnen zueinander stehen (vgl. hierzu z.B. Fischer-Hüftle in Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG § 17 Rn. 45; Messerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, Stand September 2011, § 17 Rn. 79), kann deswegen hier offen bleiben.

Nach § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden - hier der Beklagte - die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die Vorschrift ist eine als Generalklausel ausgestaltete Befugnisnorm, die einmal eine präventive Gefahrenabwehr erlaubt und weiter zu Anordnungen ermächtigt, die auf Wiederherstellung des rechtswidrig veränderten Zustandes gerichtet sind (vgl. z.B. Fischer-Hüftle a.a.O., § 3 Rn. 3). Landesrechtlich wird die Vorschrift durch § 2 NAGBNatSchG ergänzt, wonach die Naturschutzbehörde u.a. nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen trifft, um die Einhaltung der Rechtsvorschriften sicherzustellen (§ 2 Abs. 2 NAGBNatSchG).

Nach § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG soll die zuständige Behörde die weitere Durchführung eines Eingriffs untersagen, wenn ein Eingriff im Sinne des § 14 BNatSchG ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen wird. § 17 Abs. 8 BNatSchG begründet eine Kompetenz für die jeweils zuständige (Fach)Behörde im Rahmen von zulassungs- bzw. anzeigebedürftigen Vorhaben (vgl. Messerschmidt a.a.O., § 17 Rn. 7 ff; Fischer-Hüftle a.a.O., § 17 Rn. 43 ff). Soweit die erforderliche Zulassung von der Naturschutzbehörde zu erteilen wäre, kommt § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG dabei neben § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V. mit § 2 NAGBNatSchG als Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung weiterer Maßnahmen in Frage (vgl. Messerschmidt a.a.O., § 17 Rn. 79; Fischer-Hüftle a.a.O., § 17 Rn. 45). Dabei ist auch die Entscheidung darüber, ob eine Befreiung von einem Verbot des BNatSchG zu erteilen ist, ein Zulassungsverfahren Sinne des § 17 BNatSchG (vgl. z.B. Messerschmidt a.a.O., § 17 Rn. 28; Möller, Umweltrecht und Landnutzungsrecht, Band IV, Naturschutzrecht, 5. Aufl. 2013, S. 204).

Hier sind die Voraussetzungen sowohl des § 3 Abs. 2 BNatSchG als auch des § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG dafür gegeben, dem Kläger die von ihm geplanten Maßnahmen auf dem Flurstück 4/2 zu untersagen. Dabei ist unerheblich, ob sich auf dem Grundstück ein Biotop befunden hat. Der Tiefumbruch mittels Bagger auf der restlichen Grünlandfläche dieses Flurstückes ist mit Bundesnaturschutzrecht bereits deswegen nicht vereinbar, weil er einen Verstoß gegen das in § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG aufgestellte Verbot eines Grünlandumbruches darstellt, der einer Befreiung nach § 67 BNatSchG bedurft hätte, über die der Kläger nicht verfügt. Der geplante Umbruch der Fläche ist dabei weiter ein Eingriff im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG, der nicht dem sog. Landwirtschaftsprivileg des § 14 Abs. 2 BNatSchG unterfällt.

Nach § 5 Abs. 2 BNatSchG sind bei der landwirtschaftlichen Nutzung neben den Anforderungen, die sich aus den für die Landwirtschaft geltenden Vorschriften und aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes ergeben, insbesondere die in den Nrn. 1 - 6 genannten Grundsätze der guten fachlichen Praxis zu beachten. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG ist auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ein Grünlandumbruch zu unterlassen.

Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG begründet dabei ein gesetzliches Verbot, dessen Einhaltung durch die zuständige Naturschutzbehörde auf der Grundlage von § 17 Abs. 8 BNatSchG bzw. von § 3 Abs. 2 BNatSchG durchgesetzt werden kann (so auch Agena, Der Vollzug der landwirtschaftlichen Grundsätze der guten fachlichen Praxis nach § 5 Abs. 2 BNatSchG, NuR 2012, 297; Fischer/Hüftle, in Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 5 Rn. 16; Vagedes in Lütkes/Ewer, BNatSchG, § 5 Rn. 15; Möller, Umweltrecht und Landnutzungsrecht, Band IV, Naturschutzrecht, 5. Aufl. 2013, S. 88; Louis, Das neue Bundesnaturschutzrecht, NuR 2010, 77 ff). Dies folgt aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift, wonach ein Grünlandumbruch auf den genannten Standorten "zu unterlassen ist" in Verbindung mit dem Umstand, dass sich diese Vorgabe nunmehr - anders als noch § 5 Abs. 4 BNatSchG a.F. - direkt an den Normanwender richtet (vgl. insbesondere Agena, a.a.O). Die entgegenstehende Auffassung (Messerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, § 5 Rn. 30; wohl auch Gellermann, Naturschutzrecht nach der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes, NuR 2010, 73), wie sie auch von dem Bundesumweltministerium in dem Vermerk vom 16. April 2011 sowie von dem Niedersächsischen Ministerium für Umwelt und Klimaschutz vertreten wird (hierzu: LT-Drs. 16/0000 S. 40) überzeugt vor diesem Hintergrund nicht.

§ 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG regelt die sich hieraus ergebenden Verhaltenspflichten auch hinreichend bestimmt, denn die darin enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe können mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden ausgelegt und konkretisiert werden; auch ist es möglich, die notwendige räumliche Abgrenzung vorzunehmen (vgl. Agena, a.a.O., S. 306.).

Die Maßnahmen, die der Kläger beabsichtigt hat, sind mit § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG nicht vereinbar. Zunächst ist die umstrittene Fläche eine Grünlandfläche, hierzu gehören Wiesen und Weiden, die als solche dauerhaft genutzt werden (Kolodziejcok/Reken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, Landschaftspflege, Stand 1/12 zu § 5 BNatSchG Rn. 27). Es ist zwischen den Beteiligten weiter unstreitig, dass sich die noch vorhandene Grünlandfläche auf einem Moorstandort, nämlich im Hochmoor befindet. Als Moorboden wird dabei - unabhängig vom Wasserstand - Boden mit einer Torfschicht von mehr als 30 cm im Oberboden definiert (hierzu: Umweltgutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen für das Jahr 2012; SRU 2012, Rn. 401 m.w.N.).

Der Tiefumbruch des Bodens mittels eines Baggers stellt auch einen Grünlandumbruch im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG dar. Der Kläger beruft sich insoweit ohne Erfolg darauf, er wolle die Fläche nach Neueinsaat mit Gras erneut als Grünlandfläche nutzen. Angesichts des Umstands, dass der Kläger den bereits umgebrochenen Teil des Flurstücks im Süd-Westen seit Mai 2012 als Maisacker nutzt, ebenso wie den auf der anderen Seite der Grünlandfläche gelegenen Teil des Flurstücks, glaubt die Kammer dieses Vorbringen nicht. Im Übrigen läge ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG auch dann vor, wenn der Kläger tatsächlich nur eine sog. Grünlanderneuerung beabsichtigt hätte. Anders als im Rahmen der Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland (v. 6.10.2009, Nds.GVBl. S. 362), die lediglich die Umwandlung von Grünland zu Ackerland als "Grünlandumbruch" im Sinne der Verordnung ansieht, kann im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG auch die Grünlanderneuerung "Grünlandumbruch" sein (so auch Vagedes, in Lütkes/Ewer, BNatSchG, § 5 Rn. 29). Dafür spricht zunächst der Wortlaut, denn § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG benennt mit der Formulierung "Grünlandumbruch" eine Tätigkeit ohne Hinweis auf die Zwecksetzung. "Umbruch" bedeutet dabei eine grundlegende Änderung bzw. Umwandlung, wobei auch eine "Neugestaltung" oder "Erneuerung" einen Umbruch darstellen können (Duden online, http://www.duden.de/rechtschreibung/Umbruch). Weiter verfolgen § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG einerseits und die Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland andererseits unterschiedliche Ziele. Während die Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland die Erhaltung der Gesamtgrünlandfläche in der Förderregion (Niedersachsen und Bremen) bezweckt und dementsprechend den "Umbruch" erlaubt, wenn sich der Betroffene verpflichtet, im gleichen Umfang neues Dauergrünland in der Förderregion anzulegen (§ 2 Abs. 2 der Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland, vgl. auch VG Stade, Urt. v. 15.12.2011 -6 A 1546/10-) soll § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG auch Bestandsschutz für einzelne Grünlandflächen bewirken (hierzu Kolodziejcok/Reken/Apfelbacher/Iven, Naturschutz, Landschaftspflege, Stand 1/12 zu § 5 BNatSchG Rn. 27).

Grund ist die besondere Bedeutung von Grünlandflächen für den Natur- und Landschaftsschutz. Durch das Verbot des Grünlandumbruches nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG sollen einmal Lebensräume für bestimmte Tier- und Pflanzenarten gesichert werden, zum anderen sollen stoffliche Umweltbelastungen vermieden werden, die mit dem Umbruch einhergehen (vgl. die Begründung zum BNatSchG a.F., BT-Drs. 14/6378 S. 39). Derartige stoffliche Umweltbelastungen entstehen aber nicht allein durch die Folgenutzung der Fläche als Acker, sondern bereits durch die Beseitigung der Grasnarbe an sich, die zu Mineralisationsschüben und dadurch zur Nitratfreisetzung führt, was zu einer Belastung für das Grundwasser führen kann (vgl. hierzu Landwirtschaftskammer Niedersachsen, "Grünlandbewirtschaftung, ein Beitrag zum Wasserschutz", Stand 2007 sowie "Grünlanderneuerung ordnungsgemäß und effizient durchführen", Stand 19.7.2013, www.lwk-niedersachsen.de). Gerade in Mooren wird schon durch die Bodenbearbeitung und die Beseitigung der Grasnarbe selbst ein Teil des im Boden gespeicherten Kohlenstoffes freigesetzt (vgl. hierzu NABU, "Position Grünlandschutz", Stand 2009, www.nabu.de). Mit Blick auf Wortlaut und Zweck des Gesetzes ist deswegen ein Grünlandumbruch im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG jedenfalls die Ausschaltung der etablierten Grasnarbe in Verbindung mit einer wendenden Bodenbearbeitung, auch wenn anschließend eine Neueinsaat von Gras erfolgt. Inwieweit der Einsatz von Totalherbiziden zum Abtöten der Grasnarbe mit anschließender Direktsaat oder eine Grünlanderneuerung durch Fräsen einer Grünlandfläche mit Rücksicht auf den beabsichtigten Lebensraumschutz einen Grünlandumbruch nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG darstellt, kann hier offen bleiben, denn der Kläger hat auf dem streitigen Flurstück unstreitig mit einer wendenden Bodenbearbeitung begonnen.

Der von dem Kläger beabsichtigte Umbruch stellt zugleich eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts durch eine Veränderung der Gestalt von Grundflächen dar, die nicht nach § 14 Abs. 2 BNatSchG privilegiert ist und damit als Eingriff im Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG anzusehen ist. Da der Kläger nicht über eine Befreiung im Sinne des § 67 BNatSchG verfügt und Gründe, von einer Anwendung des § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG abzusehen, nicht ersichtlich sind, hat der Beklagte den weiteren Eingriff zu Recht untersagt (§ 17 Abs. 8 BNatSchG). Auch gemessen an § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V. mit § 2 NAGBNatSchG ist das Einschreiten des Beklagten nicht zu beanstanden, insbesondere ist die Anordnung, den weiteren Umbruch zu unterlassen, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Auf die Frage, ob der Kläger eine Befreiung von dem Verbot des § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG verlangen kann, kommt es hier nicht an, weil sowohl § 3 Abs. 2 BNatSchG als auch § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG allein an die formelle Rechtswidrigkeit der durchgeführten Maßnahme anknüpfen. Im Übrigen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Befreiung. Dies hat die Kammer mit Urteil vom heutigen Tag (1 A 2305/12) entschieden.

Die Zwangsgeldfestsetzung beruht auf §§ 65, 67, 70 Nds.SOG; Gründe, sie zu beanstanden, gibt es nicht.

Ohne Erfolg bleibt die Klage auch, soweit der Kläger mit Ziffer 2. des Klageantrages die Feststellung begehrt, dass auf seinem Grundstück kein Biotop gewesen ist. Für diesen Antrag fehlt es an dem nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderlichen Feststellungsinteresse. Ein solches Interesse bestünde allenfalls für eine in die Zukunft gerichtete Feststellung, weil nur eine solche sich auf die künftige Nutzbarkeit des Grundstückes auswirken könnte (vgl. hierzu Nds.OVG, Urt. v. 10.3.2005 -8 LB 4072/01-, [...]). Insoweit besteht zwischen den Beteiligten aber kein Streit mehr, denn auch nach der Einschätzung des Beklagten ist ein Biotop auf den umstrittenen Flächen des Klägers nicht mehr vorhanden. Die Vorgaben zur Bewirtschaftung der umstrittenen Fläche, die der Beklagte im Hinblick auf den von ihm angenommenen Biotopschutz mit Bescheid vom 13. März 2012 getroffen hatte, und die u.a. Gegenstand des Verfahrens 1 A 2305/12 waren, hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung dementsprechend aufgehoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung wird nach §§ 124a Abs. 1 Nr. 3, 124 Abs. 1 VwGO zugelassen, weil die Frage, ob es sich bei § 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG um eine Verbotsnorm handelt, grundsätzliche Bedeutung hat.