Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 06.03.1986, Az.: 1 U 164/85

Missbräuchliche Ausübung einer Widerspruchsmöglichkeit im Einzugsermächtigungsverfahren zum Nachteil einer Bank; Bezahlung von Warenlieferungen im Einzugsermächtigungsverfahren; Unwirksamkeit einer Aufrechnung wegen Kenntnis von einer Vorausabtretung; Geltendmachung von Kaufpreisforderungen aus Lieferungen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
06.03.1986
Aktenzeichen
1 U 164/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1986, 23468
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1986:0306.1U164.85.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 21.06.1985 - AZ: 8 O 2582

Fundstellen

  • NJW 1987, 655-657 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1987, 365 (amtl. Leitsatz)
  • VersR 1987, 673 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Kaufpreisforderung und Schadensersatzes

In dem Rechtsstreit
...
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 1986
unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht xxx und
der Richter am Oberlandesgericht xxx und xxx
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 21. Juni 1985 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.161,14 DM nebst 5% Zinsen seit dem 22. November 1983 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zinsanspruches wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 19.161,14 DM.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte ihre Widerspruchsmöglichkeit im Einzugsermächtigungsverfahren zum Nachteil der klagenden Bank mißbräuchlich ausgeübt hat und der Klägerin deshalb ersatzpflichtig ist.

2

Die Firma xxx unterhielt (auch) bei der Klägerin ein Konto in laufender Rechnung, über das sie ihre geschäftliche Tätigkeit abwickelte. Mit ihren Kunden, so auch der Beklagten, hatte die xxx die Bezahlung von Warenlieferungen im Einzugsermächtigungsverfahren vereinbart.

3

Aus der Lieferung von jeweils zwei Partien Schinken an die Beklagte vom 9.11. und 14.11.1983 mit Rechnungen vom jeweils selben Tag gab die xxx der Klägerin am 15.11.1983 zwei auf das Konto der Beklagten bei deren Hausbank - der xxx - lautende Lastschriften über den Gesamtbetrag von DM 19.161,14 herein.

4

Die Klägerin hat nach ihrem Vorbringen am 17.11.1983 Verfügungen der xxx über diesen Gesamtbetrag zugelassen. Sie reichte die Lastschriften am 17.11.1983 der xxx zwecks Belastung des dortigen Kontos der Beklagten weiter. Sie erhielt jedoch keine Zahlung, da die xxx am 22.11.1983 für die Beklagte aufgrund fernmündlicher Anweisung vom 17.11.1983 Widerspruch gegen die Belastung erhob. Die Ware wurde nicht beanstandet.

5

Anlaß für den Widerspruch war, daß die Landwirtschaftliche Fleischzentrale xxx am 15.11.1983 der Beklagten Forderungen gegen die xxx abgetreten hatte, mit denen die Beklagte, wie sie vorträgt, mit Schreiben vom 21.11.1983 an die xxx dieser gegenüber die Aufrechnung erklärt hat.

6

Hintergrund der Abtretung war, daß sich in Fleischerkreisen zumindest schon zum 10.11.1983 die ungünstige wirtschaftliche Lage der xxx herumgesprochen hatte und die xxx ihre Forderungen gegen die xxx "unter Deckung bringen" wollte. Mit Schreiben vom 15.11.1983 bedankte sich die xxx bei der Beklagten für "Ihre freundschaftliche Hilfe beim Einzug unserer Forderung gegen die xxx" und wiederholte "unsere ausdrückliche Zusage, daß wir Sie selbstverständlich von sämtlichen Ansprüchen freistellen werden, die seitens der xxx oder von irgendeiner anderen Seite wegen obiger Abtretung und Verrechnung gegen Sie gestellt werden sollten."

7

Die Klägerin fiel mit ihrem Anspruch auf Rückbelastung des Kontos der inzwischen zahlungsunfähig gewordenen xxx aus, über deren Vermögen am 14.12.1983 der Konkurs eröffnet wurde. Für ihren Schaden macht sie die Beklagte verantwortlich.

8

Die Klägerin hat vorgetragen:

9

Die Abtretung der Forderungen der xxx gegen die xxx an die Beklagte sei ohne einen in den Geschäftsbeziehungen zur xxx liegenden Anlaß willkürlich und nur zu dem Zweck erfolgt, der xxx eine vollwertige Befriedigung ihrer Forderungen zu verschaffen, was sonst nicht möglich gewesen wäre.

10

Die Beklagte und die seien bereits am 10./15.11.1983 über die drohende Illiquidität der xxx unterrichtet gewesen. Somit habe die Beklagte den Widerspruch in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der xxx erhoben und gewußt, daß die Klägerin mit der Rückbelastung ausfallen würde.

11

Eine eindeutige Aufrechnung habe die Beklagte der xxx gegenüber erstmalig im Schriftsatz vom 26.9.1984 - nicht schon im Schreiben vom 21.11.1983 - erklärt, jedoch " dem falschen Gegner gegenüber", da wegen Nr. 44 der zwischen der Klägerin und der xxx vereinbarten xxx der Banken bereits sie, und nicht mehr die xxx Inhaberin der Forderung gewesen sei.

12

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 19.161,14 nebst 11,25% Zinsen seitdem 22.11.1983 zu zahlen.

13

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Sie sei nicht passiv legitimiert. Seitdem 10.5.1983 bestehe lediglich die Fa. xxx.

15

Sie habe erst am Nachmittag des 17.11.1983 von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der xxx erfahren und darauf sofort die Raiffeisenbank xxx veranlaßt, alle von jener Firma eingehenden Lastschriften zurückgehen zu lassen.

16

Mit den ihr von der xxx abgetretenen Forderungen habe sie mit Schreiben vom 21.11.1983 gegenüber der xxx wirksam aufgerechnet und somit anerkennenswerte Gründe für den Widerspruch gegen die Lastschriften gehabt. Sie habe nicht angenommen, daß ein anderer Gläubiger dadurch zu Schaden kommen werde, namentlich nicht, daß eine Inkassobank der xxx mit der Rückbelastung von deren Konto leer ausgehen würde.

17

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen xxx damals Verkaufsstellenleiter der xxx.

18

Es hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe ihr Widerspruchsrecht nicht mißbräuchlich ausgeübt. Sie habe in Unkenntnis der Vorausabtretung gem. Nr. 44 und des Ausfallrisikos der Klägerin mit den von der xxx abgetretenen Gegenforderungen wirksam aufgerechnet.

19

Die Klägerin trägt mit der Berufung vor:

20

Gem. Nr. 44 AGB stehe ihr die Kaufpreisforderung aus den Schinkenlieferungen der xxx gegen die Beklagte zu. Die angebliche Aufrechnung der Beklagten sei auch nach § 55 Nr. 3 KO unzulässig und der darauf gestützte Lastschrift-Widerruf der Beklagten rechtsmißbräuchlich; diese habe eine Schädigung der Klägerin zumindest in Kauf genommen.

21

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 19.161,14 nebst 11,25% Zinsen seit dem 22.11.1983 zu zahlen.

22

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie habe keine Kenntnis von den Vereinbarungen der Klägerin mit der xxx gehabt, da trotz gleichlautender xxx der Banken Sonderregelungen für Großkunden wie die xxx denkbar seien.

24

Kurz nach dem 21.11.1983, jedoch vor Konkurseröffnung habe Herr xxx von der xxx namens und in Vollmacht der Beklagten die Aufrechnung gegenüber Herrn xxx von der xxx fernmündlich wiederholt.

25

Im Falle ihrer Verurteilung müsse die Klägerin ihr deren Ansprüche gegen die xxx aus diesem Geschäftsvorfall abtreten; dazu hat sich die Klägerin bereit erklärt.

26

Wegen der Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Parteien verwiesen.

27

Der Senat hat den Abteilungsdirektor xxx der Klägerin als Zeugen vernommen zu den Buchungs- und Belastungsvorgängen dort und dem der Klägerin daraus entstandenen Schaden.

Entscheidungsgründe

28

Die Berufung ist im wesentlichen begründet.

29

Zu Recht hat das Landgericht die Passivlegitimation der Beklagten bejaht. Dies ergibt sich aus § 164 Abs. 2 BGB, dann nach außen hin war das Erlöschen der Einzelfirma nicht zweifelsfrei erkennbar. Die Beklagte trat nämlich auch nach dem 10.5.1983 im Geschäftsverkehr noch als "xxx Schinkenvertrieb" ohne den Zusatz xxx auf. Es sei nur auf die Abtretungsvereinbarung mit der xxx vom 15.11.1983 verwiesen, wo sogar nur von "Herrn xxx" die Rede ist.

30

Der Klägerin steht die geltend gemachte Hauptforderung aus §§ 433 Abs. 2, 398 BGB i.V.m. Nr. 4 AGB-Banken (a) wie auch nach § 826 BGB (b) zu. Die Beklagte konnte zum einen gem. § 406 BGB wegen ihrer Kenntnis der Vorausabtretung nicht mehr wirksam gegenüber der xxx aufrechnen (a). Zum anderen bilden die nur zur Abwälzung des Ausfallrisikos abgetretenen Forderungen keinen anerkennenswerten Grund für einen Widerspruch gegen die Lastschriften (b). Eine bloße Zug um Zug-Verurteilung kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen nach §§ 255, 273 BGB nicht vorliegenden (c).

31

(a)

Die Klägerin kann die Kaufpreisforderungen der xxx gegen die Beklagte aus den Lieferungen von zwei Partien Schinken vom 9. und 14.11.1983 gem. § 433 Abs. 2 BGB geltend machen, da ihr die Forderungen wirksam nach § 398 BGB i.Vm. Nr. 44 AGB-Banken abgetreten worden und nicht durch Aufrechnung seitens der Beklagten erloschen sind.

32

Nach den eindeutigen und glaubhaften Bekundungen des Zeugen xxx steht es zur Überzeugung des Senats fest, daß zwischen der Klägerin und der xxx die Geltung der xxx-Banken in der jeweils gültigen Fassung für den Geschäftsverkehr vereinbart worden war.

33

Gemäß Nr. 44 i.V.m. § 398 BGB gingen die Kaufpreis-Forderungen der xxx gegen die Beklagten am 15.11.1983 im Wege der Vorausabtretung auf die Klägerin über, dann unter der Formulierung "erhalten" in Nr. 44 ist das Einreichen der Lastschriften zu verstehen.

34

Die Forderungen sind auch nicht gem. § 389 BGB durch Aufrechnung der Beklagten mit den von der xxx erworbenen Gegenansprüchen erloschen, da wegen der Kenntnis der Beklagten von der Vorausabtretung der Forderungen der xxx an die Klägerin die Aufrechnung gegenüber der xxx ausgeschlossen war, §§ 406, 407.

35

Zwar ist die Forderungsabtretung von der xxx auf die Beklagte wirksam.

36

Jedoch greift der Ausschlußtatbestand des § 406 BGB ein, da von der erforderlichen - jedenfalls laienhaften - Kenntnis der Beklagten von der Vorausabtretung aller Forderungen der xxx an die Klägerin gem. Nr. 44 xxx-Banken i.V.m. § 398 BGB auszugehen ist. Hierfür ist eine genaue rechtliche Würdigung nicht erforderlich, sondern es genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände (RGZ 102, 385, 387; Palandt-Heinrichs, 45. Aufl., § 406, 2, § 407, 3). Diese war bei der Beklagten am 15.11.1983 zur Überzeugung des Senats vorhanden, da ihr als am Wirtschaftsleben und namentlich am Lastschriftverfahren Teilnehmender bewusst gewesen ist, daß im Geschäftsverkehr mit Banken stets deren - im ganzen Bundesgebiet, also auch bei ihrer Hausbank, gleichlautende - Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrundegelegt werden, von denen auch bis auf ganz wenige Ausnahmen keine Abweichungen vereinbart werden. Dem steht nicht die von der Beklagten behauptete Vereinbarung mit der xxx entgegen, daß die Lastschriften erst 10 Tage nach Lieferung der xxx vorgelegt werden dürfen. Denn das besagt nichts über den Zeitpunkt der Vorlage der Lastschriften an die Klägerin als 1. Inkassostelle.

37

Gerade weil die Beklagte auf Grund eines anderweitigen Telefonats mit der xxx vom 10.11.1983 von der äußerst angespannten Situation der xxx wußte, ging sie zur Überzeugung des Senats jedenfalls mit "bedingtem Vorsatz" von einer umgehenden Weitergabe der Lastschriften durch die xxx an die Klägerin aus, wie das auch den Tatsachen entsprach. Wenn die Beklagte die theoretische Möglichkeit zwischen der Klägerin und der xxx vereinbarter, von den Allgem. Bankbedingungen abzeichnender Sonderregelungen mit der xxx anführt, ohne dafür irgendwelche konkreten Anhaltspunkte zu haben, so gesteht sie damit implizit zu, daß sie selbst von der Geltung der xxx-Banken ausgegangen ist. Diese ihre Annahme reicht hin, da eine völlig sichere Kenntnis nicht zu fordern ist (vgl. BGH LM § 407 BGB Nr. 7).

38

Die Klägerin ist auch nicht durch den Widerspruch der Beklagten gegen die Lastschriften daran gehindert, sich auf die auf sie übergangenen Kaufpreisforderungen zu stützen. Der Widerspruch ist nämlich aufgrund des eben dargelegten Ausschlusses der Aufrechnung ohne rechtlichen Grund erfolgt. Für diesen Fall eines unbegründeten Widerspruches besteht Einigkeit darüber, daß die Lastschriftforderung analog § 162 Abs. 2 BGB wieder auflebt (Denck, Der Mißbrauch des Widerspruchsrechts im Lastschriftverfahren, ZHR 144, (1980), 171, 184 m.w.N.).

39

(b)

Der Widerspruch der Beklagten gegen die Lastschriften ist eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin i.S.d. § 826 BGB. Dies auch dann, wenn man - entgegen den obigen Ausführungen etwa mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach den §§ 406, 407 BGB - die von der Beklagten erklärte Aufrechnung gegenüber der xxx für wirksam hält.

40

Die Klägerin hat durch den Widerspruch einen Schaden in Höhe des Klagebetrages erlitten. Sie hat nämlich bereits am 17.11.1983 der xxx diesen Betrag gutgeschrieben und Verfügungen in dieser Höhe zugelassen, (vgl. BGH NJW 1979, 2146 [BGH 25.06.1979 - II ZR 253/78]), wie durch die auch in diesem Punkt klare Aussage des Zeugen xxx nachgewiesen ist. Da die Klägerin wegen der Nichteinlösung aufgrund des Widerspruches einerseits keine Zahlung von der Raiffeisenbank xxx erhielt und andererseits die xxx zur Rückzahlung nicht mehr in der Lage war, hat die Klägerin diesen Betrag effektiv aus ihrem Vermögen weggegeben (vgl. BGH NJW 1983, 220, 222 [BGH 20.09.1982 - II ZR 186/81][BGH 20.09.1982 - II ZR 186/81]. Darüberhinaus hat die Klägerin auch aus der abgetretenen Kausalforderung bisher keine Befriedigung erlangt, die einen Schaden entfallen ließe.

41

Für den Vorsatz der Beklagten genügt der hier vorliegende bedingte Vorsatz, daß irgendein(e) Gläubiger(-Bank) der xxx durch den Widerspruch auf Grund der herbeigeführten "Aufrechnung" eines Schadens erleiden könne (Palandt/Thomas, § 826 BGB, Anm. 3a m.w.N.).

42

Der Widerspruch der Beklagten ist sittenwidrig, da sie zuvor bewußt zusammen mit der xxx die Aufrechnungslage ohne "anerkennenswerten Grund" und damit rechtmißbräuchlich herbeigeführt und das Risiko eines Forderungsausfalls auf andere, hier: die Klägerin, abgewälzt hat.

43

Zwar ist dem Landgericht zuzugeben, daß im Verhältnis der ersten Inkassostelle ein Schuldner nicht sittenwidrig handelt, wenn er gegen eine Lastschrift Widerspruch einlegt, um mit einer eigenen(nicht übernommenen) Gegenforderung aufzurechnen. In diesem Fall soll die Gläubigerbank das Schadensrisiko, von ihrem Kunden die Rückvergütung nicht mehr zu erlangen, tragen (BGHZ 74, 305 f.[BGH 28.05.1979 - II ZR 85/78] Hier liegt es aber anders, weil die Beklagte mit der xxx die Aufrechnungslage durch kollusives Zusammenwirken ohne anerkennenswerte Gründe auf ihrer Seite und damit rechtsmißbräuchlich herbeigeführt hat, um das von beiden erkannte Risiko eines Forderungsausfalles der xxx auf die Klägerin abzuwälzen. Dies geht aus dem Schreiben der xxx an die Beklagte vom 15.11.1983 deutlich hervor.

44

Eine solche zweckwidrige Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Schuldner ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 74, 300, BGH NJW 1985, 847 m.w.N.) sittenwidrig. Denck (a.a.O., S. 180 ff.) will zwar einen unberechtigten Widerspruch zulassen als symbolischen Ausgleich für die Nachteile des Schuldners aus dem Lastschriftverfahren. Ihm ist aber mit Münchener Komentar-Mertens, Bd. 3, 2. Halbband, 2. Aufl. 1986, § 826 Rn. 190 entgegenzuhalten, daß der Widerspruch nur die Abwehr einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme des Schuldners bezweckt und Überlegungen dazu, wer aus dem Lastschriftverfahren den größten Vorteil zieht, seine funktionswidrige Handhabung nicht rechtfertigen. Zwar verweist BGHZ 74, 300, 305[BGH 28.05.1979 - II ZR 85/78] beispielhaft auf eventuelle Leistungsverweigerungs-, Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsrechte des Schuldners, die ihm nicht genommen werden sollen. Dabei ist jedoch ersichtlich an dem Schuldner bereits originär zustehende, nicht hingegen an nachträglich ("künstlich") beschaffte Gegenrechte gedacht. Und immer ist entscheidend, ob die Gründe, die den Schuldner im Zeitpunkt der Kenntnis der Lastschrift davon abgehalten hätten, seine Schuld zu begleichen, anerkennenswert waren. Dies ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (BGHZ 74, 300, 305[BGH 28.05.1979 - II ZR 85/78], bestätigt im BGH NJW 1985, 847, 848 [BGH 27.11.1984 - II ZR 294/83]) [BGH 27.11.1984 - II ZR 294/83].

45

Danach muß die Schaffung der Aufrechnungslage im vorliegenden Fall als sittenwidrig angesehen werden. Die Beklagte hatte nämlich keine eigenen, in den Geschäftsbeziehungen zu xxx angelegten Gegenrechte, mit denen sie hätte aufrechnen können. Sie verschaffte sich diese erst durch die Abtretungsvereinbarung mit der xxx vom 15.11.1983. Aus dieser geht eindeutig hervor, daß hier lediglich eine Möglichkeit konstruiert wurde, die Forderungen der xxx angesichts der drohenden Zahlungsunfähigkeit der xxx "unter Deckung zu bringen". Die Worte "Ihre freundschaftliche Hilfe zur Einziehung unserer Forderung" bringen dies zum Ausdruck. Auch die Zusage, daß "wir Sie selbstverständlich von sämtlichen Ansprüchen freistellen werden, die seitens der xxx oder von irgendwelcher anderen Seite wegen obiger Abtretung und Verrechnung gegen Sie gestellt werden sollten", spricht dafür, daß hier ein Versuch zur Rettung der Forderungen der xxx unternommen werden sollte, für den der Beklagte nur Ausführender sein sollte, ohne ein eigenes Risiko zu tragen.

46

Wenn man dieses Vorgehen als anerkennenswerten Grund zum Widerspruch gelten ließe, wäre es jedem Lastschriftschuldner möglich, beliebig Forderungen gegen einen wirtschaftlich angeschlagenen Geschäftspartner - oft " unter Preis" - zu erwerben, damit aufzurechnen und die 1. Inkassostelle auf die Konkursquote zu verweisen. Daß vorliegend die Beklagte die ihr von der xxx abgetretenen Forderungen " unter Preis" erworben haben könnte, liegt nicht ganz fern. Nach ihrem eigenen Vorbringen im Zusammenhang mit Forderungsanmeldungen der xxx zum Konkursgericht hat sie dieser nicht den vollen Nominalbetrag bezahlt. Solches zu tolerieren, widerspricht Sinn und Zweck des Lastschrifteneinzugs-Widerspruches, der nur als Abwehrmaßnahme eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Schuldners (= Beklagte) verhindern soll (vgl. auch LG Münster WM 1985, 412 ff).

47

(c)

Entgegen der in der Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung der Parteien kommt eine Zug-um Zug-Verurteilung der Beklagten nicht in Betracht. Es liegen weder die Voraussetzungen nach § 255 BGB noch die nach § 273 BGB vor.

48

Die Klägerin hat- nach Zahlung durch die Beklagte - keinen Anspruch gegen die xxx bzw. deren Konkursverwalter als "Dritten". Denn die xxx hat durch die Abbuchung der Klagsumme, die mit ihrer Kaufpreisforderung gegen die Beklagte aus den Schinkenlieferungen der Höhe nach identisch war, nur das erhalten, was ihr, da die Beklagte ihr gegenüber nicht rechtswirksam aufgerechnet hat, von Rechts wegen zustand. Sie schuldet - nach Zahlung durch die Beklagte - der Klägerin mithin nichts, so daß auch diese keinen Anspruch gegen die xxx bzw. deren Konkursverwalter hat, dessen Abtretung die Beklagte verlangen könnte. Da die xxx bzw. deren Konkursverwalter nichts schuldet, kommt auch eine bloße gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten (zusammen mit dem Konkursverwalter der xxx nicht in Betracht, was die Beklagte im übrigen auch nicht ausdrücklich beantragt hat.

49

Der Zinsanspruch ist nach §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 286 Abs. 1, 284 Abs. 1 Satz 1 BGB gerechtfertigt, da wegen des Widerspruchs der Beklagten auf Grund unberechtigter Leistungsverweigerung eine Mahnung der Klägerin gem. § 242 BGB entbehrlich ist, jedoch nur in Höhe von 5% gem. § 352 HGB. Die begehrte Verzinsung von 11,25% war der Klägerin nicht zuzusprechen, da weder sie noch der Zeuge xxx einen Zinsschaden der Klägerin in dieser Höhe substantiiert dargetan hat; deswegen kam auch eine Beweiserhebung durch den von ihr benannten Zeugen xxx nicht in Betracht. Hinsichtlich dieser Zinsdifferenz war daher Klage und Rechtsmittel der Erfolg zu versagen, ohne daß sich dies indessen kostenmäßig zu Lasten der Klägerin auswirkt (§ 92 Abs. 2 ZPO).

50

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 ZPO.

51

Dem Antrag der Beklagten, die Revision zuzulassen, war nicht zu entsprechen; die Voraussetzungen nach § 546 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor.