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  • ab 01.07.2023 (aktuelle Fassung)

Abschnitt II RL Wolf-RdErl - Billigkeitsleistungen zur Minderung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen in Niedersachsen

Bibliographie

Titel
Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen in Niedersachsen (Richtlinie Wolf)
Redaktionelle Abkürzung
RL Wolf-RdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
28100

1. Gegenstand und Voraussetzungen der Billigkeitsleistung

1.1 Durch Wolfsübergriffe entstehen Tierhalterinnen und Tierhaltern im Regelfall wirtschaftliche Belastungen insbesondere durch Nutztierrisse. Das Land gewährt Billigkeitsleistungen nach § 53 LHO als freiwillige Zahlungen zum anteiligen Ausgleich der durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen. Auf die Gewährung der Billigkeitsleistung besteht kein Rechtsanspruch, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Mittel.

1.2 Billigkeitsleistungen werden gewährt für durch den Wolf verursachte Schäden an Tieren für Tierverluste (insbesondere direkte Tötung, Verluste aufgrund vorhergehender Verletzungen sowie Verluste durch Verwerfen [Fehlgeburten/Aborte]) oder Verletzungen einschließlich der erforderlichen Ausgaben für Tierarztkosten.

1.3 Zahlungen gemäß Nummer 1.2 erfolgen nur für Schafe, Ziegen, Gatterwild, Rinder, Pferde, Hütehunde sowie Herdenschutztiere.

1.4 Tierarztkosten werden maximal nur bis zur Höhe des jeweiligen Tierwertes einschließlich Kosten der Medikamente (Nachweis durch einzureichende Belege) gewährt.

1.5 Billigkeitsleistungen werden nicht für sonstige direkte oder indirekte Sach- und Personenschäden gewährt, die über die in den Nummern 1.2 bis 1.4 genannten wirtschaftlichen Belastungen hinausgehen.

2. Empfängerinnen und Empfänger der Billigkeitsleistung

2.1 Empfängerinnen und Empfänger der Billigkeitsleistung sind natürliche und juristische Personen des Privatrechts sowie Personengesellschaften.

2.2 Von einer Förderung ausgeschlossen sind:

2.2.1 Unternehmen in Schwierigkeiten i. S. des Teils I Kapitel 2.4 Randnr. 33 Nummer 63 der Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten (ABl. EU Nr. C 485 vom 21. 12. 2022 S. 1) (im Folgenden: Rahmenregelung), sofern diese finanziellen Schwierigkeiten nicht durch ein Schadensereignis gemäß Teil II Kapitel 1.2.1.1, 1.2.1.2., 1.2.1.3, 1.2.1.5 oder 2.8.5 dieser Rahmenregelung verursacht wurden, sowie

2.2.2 Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Europäischen Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind,

2.2.3 Unternehmen, die nicht die Voraussetzungen als Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gemäß Anhang I der Verordnung (EU) 2022/2472 der Kommission vom 14. 12. 2022 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. EU Nr. L 327 S. 1) erfüllen.

3. Voraussetzungen der Gewährung der Billigkeitsleistung

3.1 Amtliche Rissprotokollierung

3.1.1 Eine amtliche Protokollierung der beim Wolfsübergriff getöteten, verletzten oder anderweitig beeinträchtigten, in Nummer 1.3 genannten Tiere ist für jeden Einzelfall erforderlich.

3.1.2 Die Protokollierung erfolgt durch die Wolfsbeauftragte oder den Wolfsbeauftragten der Landesjägerschaft Niedersachsen e. V., die vom MU bestellte regionale Wolfsberaterin oder den bestellten regionalen Wolfsberater oder andere vom MU bestimmten Personen *).

3.1.3 Durch die Tiere haltende Person ist umgehend nach Feststellung des vermuteten Risses eine nach Nummer 3.1.2 befugte Person zur Protokollierung des Wolfsrisses einzuschalten. Die Kontaktdaten der regionalen Wolfsberaterinnen und Wolfsberater sowie der anderen von MU bestimmten Personen sind insbesondere auf der Internetseite des MU veröffentlicht unter https://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/im_fokus/der_wolf_in_niedersachsen/infoportal-wolf-in-niedersachsen-184735.html.

3.2 Amtliche Feststellung der Verursacherschaft

3.2.1 Eine amtliche Feststellung über den Wolf als Verursacher der Schäden an Tieren gemäß Nummer 1.2 ist für jeden Einzelfall erforderlich.

3.2.2 Die amtliche Feststellung erfolgt durch den NLWKN in seiner Funktion als Fachbehörde für Naturschutz. Die Billigkeitsleistung wird nur gewährt, wenn der Wolf als Verursacher mit hinreichender Sicherheit amtlich festgestellt wurde.

3.2.3 Die amtliche Feststellung über den Verursacher erfolgt in schriftlicher Form gegenüber der betroffenen Tierhalterin oder dem betroffenen Tierhalter.

3.3 Amtliche Wertermittlung

3.3.1 Die amtliche Wertermittlung für Tierverluste gemäß Nummer 1.2 i. V. m. Nummer 1.3 erfolgt durch die LWK.

3.3.2 Die amtliche Wertermittlung erfolgt auf Grundlage eines landesweit einheitlichen Berechnungsschemas. Der maximale Höchstbetrag ist auf 5 000 EUR pro Tier beschränkt.

3.4 Anforderungen an einen wolfsabweisenden Grundschutz

3.4.1 In der "Förderkulisse Herdenschutz" ist bei der Haltung von Schafen, Ziegen sowie Gatterwild nach Ablauf von sechs Monaten ein wolfsabweisender Grundschutz gemäß den Vorgaben in den Anlagen 1 und 2 Voraussetzung für die Gewährung von Billigkeitsleistungen gemäß Nummer 1.1. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Aufnahme der betreffenden Gebietskörperschaften in der "Förderkulisse Herdenschutz".

3.4.2 Die "Förderkulisse Herdenschutz" umfasst die Flächen des gesamten Landesgebietes.

3.4.3 (gestrichen)

3.4.4 Ausnahmen von Nummer 3.4.1 sind gegeben, sofern rechtliche Vorschriften die Umsetzung des wolfsabweisenden Grundschutzes nicht zulassen (z. B. Deichrecht).

3.4.5 Billigkeitsleistungen gemäß Nummer 1.1 werden für Pferde und Rinder ohne Anforderungen an einen besonderen wolfsabweisenden Grundschutz gewährt. Die Tierbestände sind jedoch entsprechend der Vorgaben der guten fachlichen Praxis zu halten und die daraus resultierenden Mindeststandards zur Einzäunung von Tieren umzusetzen.

3.5 Weitere Voraussetzungen

3.5.1 Bestehende Melde- und Kennzeichnungspflichten der Tiere sind ordnungsgemäß zu erfüllen.

3.5.2 Die Haltung der Tiere muss in Übereinstimmung mit den tierschutz- und tierseuchenrechtlichen Vorschriften stehen. Das Anbinden oder Anketten (Antüdern) von Tieren ist nicht zulässig.

3.5.3 Eine Nichteinhaltung der Anforderungen aus Nummer 3.5.1 oder 3.5.2 schließt die Gewährung einer Billigkeitsleistung aus.

4. Art und Umfang, Betragsobergrenze der Billigkeitsleistung

4.1 Art und Umfang

4.1.1 Für die gemäß Nummer 1.1 i. V. m. Nummer 3.3 berücksichtigungsfähigen Vermögensnachteile werden Billigkeitsleistungen wie folgt gewährt:

  • für den amtlich ermittelten Wert der Tierverluste gemäß Nummer 1.2 i. V. m. Nummer 3.3 bis zu 100 % (direkte Kosten);

  • für Tierarztkosten gemäß Nummer 1.2 i. V. m. Nummer 1.4 bis zu 100 % (indirekte Kosten).

4.1.2 Die Höhe der jeweiligen Billigkeitsleistung nach dieser Richtlinie und sonstigen Ausgleichszahlungen für die Schäden, einschließlich der Zahlungen, die im Rahmen anderer nationaler oder unionsweiter Maßnahmen oder Versicherungspolicen für die Schäden geleistet werden, dürfen 100 % der direkten Kosten und 100 % der indirekten Kosten der Schäden nicht übersteigen.

4.1.3 Die Billigkeitsleistung darf nicht zu einer Überfinanzierung des berücksichtigungsfähigen Vermögensnachteils führen. Im Antragsverfahren sind alle für den betreffenden Zweck erhaltenen, beantragten oder beabsichtigten Zuwendungen, Zahlungen oder sonstigen geldwerten Leistungen Dritter zu benennen.

4.2 Betragsobergrenze

Die Zahlung der Billigkeitsleistung an die jeweilige Tierhalterin oder den jeweiligen Tierhalter ist auf maximal 30 000 EUR pro Jahr unter Beachtung der Tierwertgrenze gemäß Nummer 3.3.2 begrenzt.

4.3 EU-beihilferechtliche Regelungen

4.3.1 Die Zahlung der Billigkeitsleistung gemäß Nummer 1.2 an ein Unternehmen im Haupt- oder Nebenerwerb der landwirtschaftlichen Primärproduktion erfolgt unter Beachtung des Teils II Abschnitt 1.2.1.5 der Rahmenregelung.

4.3.2 Billigkeitsleistungen unter Anwendung der Vorschriften der Rahmenregelung werden nur für Schäden binnen drei Jahren nach Eintritt des Schadensereignisses gewährt. Die Billigkeitsleistungen können gemäß Teil II Abschnitt 1.2.1.5 Randnr. 391 der Rahmenregelung nur binnen vier Jahren nach dem Zeitpunkt der durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen ausgezahlt werden.

4.3.3 Gemäß Teil II Abschnitt 1.2.1.5 Randnr. 394 der Rahmenregelung sind vom Betrag der Billigkeitsleistung etwaige Kosten abzuziehen, die der Beihilfeempfängerin oder dem Beihilfeempfänger nicht entstanden sind, ohne dass dies unmittelbar auf die durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen zurückzuführen wäre, und die anderenfalls angefallen wären.

4.3.4 Die Zahlung von Billigkeitsleistungen an ein Unternehmen im Haupt- oder Nebenerwerb außerhalb der landwirtschaftlichen Primärproduktion erfolgt als De-minimis-Beihilfe gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. 12. 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. EU Nr. L 352 S. 1), geändert durch Verordnung (EU) 2020/972 der Kommission vom 2. 7. 2020 (ABl. EU Nr. L 215 S. 3).

5. Antragsverfahren und Bewilligung

5.1 Bewilligungsbehörde ist die LWK.

5.2 Anträge auf Billigkeitsleistungen sind schriftlich bei der LWK zu stellen. Die beizufügenden Unterlagen ergeben sich aus dem Antragsvordruck, der bei der LWK und beim MU verfügbar ist. Weitere Unterlagen können von der Bewilligungsbehörde im Einzelfall angefordert werden.

5.3 Der Antrag auf Billigkeitsleistungen ist innerhalb von sechs Monaten nach der gemäß Nummer 3.2.3 erfolgten amtlichen Feststellung zu stellen.

5.4 Die Bewilligungsbehörde gewährt die Billigkeitsleistung durch schriftlichen Bescheid und veranlasst deren Auszahlung. Über die Verwendung der Billigkeitsleistung ist kein Nachweis vorzulegen.

5.5 Die Bewilligungsbehörde veranlasst die Veröffentlichung der Informationen zu den Förderungen, soweit die betreffenden Betragsschwellen überschritten sind (gemäß Teil I Kapitel 3.2.4 Randnr. 112 der Rahmenregelung).

5.6 Die Bewilligungsbehörde stellt die Aufbewahrung der vorgelegten Belege zur Ermittlung der Billigkeitsleistung für zehn Jahre sicher, beginnend ab dem Zeitpunkt der Bewilligung (gemäß Teil I Kapitel 3.2.4 Randnr. 114 der Rahmenregelung).

5.7 Der LRH ist berechtigt, bei den Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfängern zu prüfen.

Die Rissbegutachtung samt amtlicher Protokollierung erfolgt seit Februar 2022 durch die LWK.

Außer Kraft am 1. Januar 2025 durch Abschnitt IV Satz 1 des Runderlasses vom 15. Juni 2023 (Nds. MBl. S. 469)