Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.04.2006, Az.: 14 K 98/03

Vorliegen einer "gesonderten gewerblichen Tätigkeit" bei Betreiben eines Kinderheims unter der Bezeichnung "Therapeutische Gruppe"; Begriff des Gewerbebetriebs; Unterbringung der Kinder in sogenannten Familienwohngruppen; Bestehen einer "freiberuflichen Tätigkeit" bei Mithilfe durch fachlich vorgebildete Arbeitskräfte; Subunternehmer als fachlich vorgebildete Arbeitskräfte; Begriff der "Eigenverantwortlichkeit" bei einer erzieherischen Tätigkeit

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
06.04.2006
Aktenzeichen
14 K 98/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 26309
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2006:0406.14K98.03.0A

Fundstellen

  • EFG 2006, 1772-1774 (Volltext mit amtl. LS)
  • NWB direkt 2006, 6-7
  • ZKF 2007, 47
  • Jurion-Abstract 2006, 228615 (Zusammenfassung)

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Betreibt ein Diplom-Sozialarbeiter unter der Bezeichnung "Therapeutische Gruppe" ein Kinderheim und bringt er daneben bis zu 15 Kinder/Jugendliche in sog. Familienwohngruppen unter, wobei er die Verwaltung beider Bereiche von seinem Wohnsitz aus vornimmt, so handelt es sich bei den Familienwohngruppen um eine gesonderte gewerbliche Betätigung.

  2. 2.

    Ein Angehöriger eines freien Berufes ist zwar auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Das setzt aber voraus, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.

  3. 3.

    Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, nach außen hin die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrages zu tragen. Da der Kernbereich erzieherischer Tätigkeit in der täglichen Einflussnahme von Bezugspersonen auf das jeweilige Kind im Hinblick auf das angestrebte Erziehungsziel liegt, reicht die bloße Verwaltung und Planung von sog. Familienwohngruppen für eine freiberufliche Tätigkeit nicht aus. Auch sporadische Besuche oder Telefonate können die tägliche Erziehungsarbeit nicht ersetzen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger in vollem Umfang eine freiberufliche Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG oder in einem Teilbereich eine gewerbliche Betätigung i.S.d. § 15 EStG ausübt und mit dieser der Gewerbesteuerpflicht unterliegt.

2

Der Kläger ist Diplom-Sozialarbeiter und betreibt unter der Bezeichnung "Therapeutische Gruppe" ein Kinderheim in W. mit 12 Plätzen. Daneben hat er bis zu 15 Kinder/Jugendliche in sog. Familienwohngruppen untergebracht. Die Verwaltung beider Bereiche erfolgt vom Wohnsitz des Klägers in R. aus. Für seine gesamte Tätigkeit hat der Kläger eine einheitliche Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG erstellt und die so ermittelten Einkünfte als solche aus freiberuflicher (erzieherischer) Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG gegenüber dem Beklagten deklariert. Der Beklagte folgte zunächst dieser Einschätzung und erließ demzufolge auch keine Gewerbesteuermessbescheide. Im Zuge einer in 2001/2002 für die Streitjahre durchgeführten Außenprüfung (Ap) stellte der Prüfer fest, dass die vom Kläger betriebene Einrichtung im Prüfungszeitraum folgende Bereiche umfasste:

  • Kinderheim in W.

  • Familienwohngruppen

  • Betreutes Wohnen.

3

Im Einzelnen traf er folgende Feststellungen: Die Familienwohngruppen sind in einer Entfernung von ca. 50 bis 80 km zum Kinderheim W. über mehrere Landkreise verteilt. In ihnen werden regelmäßig ein, manchmal auch zwei Kinder in den Haushalten der Betreuer aufgenommen. Ausweislich der vom Kläger herausgegebenen Leistungsbeschreibung für 1999 und des ebenfalls von ihm verfassten "Konzepts 2001" handelt es sich bei den Leitern der Kleingruppen um pädagogische Fachkräfte (Erzieher und Sozialpädagogen), die in der Regel als Selbstständige arbeiten. Jede Familienwohngruppe wird von einem Familienbetreuer (Angestellter des Kinderheimes) und einem Psychologen (externe Kraft) einmal monatlich besucht. Diese Besucher sollen nach Angaben des Klägers lediglich beratende Funktion haben, da die Leiter der Familiengruppen selbstständig seien. Die Gruppenleiter sind weisungsunabhängig und arbeiten nach eigenem Konzept. Ein Dienstplan existiert für sie nicht; Zeit und Art ihrer Tätigkeit können sie nach pflichtgemäßem Ermessen selbst bestimmen, wobei die Tag- und Nachbetreuung der aufgenommenen Kinder gewährleistet sein muss. Sie können frei am Markt auftreten. Das Erziehungsziel wird von beiden Parteien festgelegt; die Entscheidung, mit welchen Mitteln das Ziel erreicht wird, obliegt den Honorarkräften.

4

Die Heimleitung ist für das Wohl der Kinder verantwortlich und ausschließlich Auftragnehmer und Kontaktstelle gegenüber den Jugendämtern und sonstigen Behörden. Der Aufenthalt der Kinder in den Familiengruppen kann jederzeit durch die Heimleitung beendet werden. Nach den Angaben des Klägers bestimmt die Heimleitung den Umgang des Kindes, Familienheimfahrten, Ferienmaßnahmen, externe Therapien, Schul- und Berufsentscheidungen. Insoweit will der Kläger ständigen Kontakt zu den Familiengruppen haben.

5

Nach den Feststellungen der Ap umfasst die Tätigkeit des Klägers im Wesentlichen folgende Bereiche:

  • tägliche Fahrten vom Wohnort R. nach W. zwecks Austausch mit Mitarbeitern und Kindern

  • jeden Montag mehrstündige Dienstbesprechungen

  • Führen von Aufnahmegesprächen

  • Verhandlungen mit Jugend- und Sozialämtern

  • Erstellung von Hilfeplänen

  • allgemeine Verwaltungsarbeiten

  • Besuche von Familiengruppen.

6

Der Prüfer war der Auffassung, dass es sich bei den Familienwohngruppen um eine gewerbliche Betätigung des Klägers handele und sonderte diesen trennbaren Teil von dem (eigenen "stationären") Kinderheim in W. ab, aus dem der Kläger nach Ansicht des Prüfers unverändert freiberufliche Einkünfte erzielte. Insoweit teilte er die Einnahmen und Ausgaben unter Mitwirkung des Klägers auf beide Betriebe auf. Der Beklagte folgte dem Prüfer und erließ unter dem 12. Juli 2002 erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb mangels Begründung erfolglos. Der Beklagte wies in der Einspruchsentscheidung darauf hin, dass der Kläger in den Familienwohngruppen zwar leitend, aber bzgl. der Betreuung der Kinder nicht eigenverantwortlich i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG tätig sei. Es gehöre zu den Wesensmerkmalen der selbstständigen Tätigkeit, dass sie in ihrem Kernbereich auf der eigenen persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruhe. Kernbereich einer Erziehung sei die tägliche Einflussnahme einer/mehrerer Kontakt-/Bezugsperson(en) auf das jeweilige Kind im Hinblick auf das angestrebte Erziehungsziel. Folglich erfordere eine eigenverantwortliche erzieherische Tätigkeit, dass der Berufsträger selbst in ausreichendem Umfang an der Erziehung jedes einzelnen Kindes persönlich maßgeblich beteiligt sei.

7

Im vorliegenden Fall erfolge die Erziehung der Kinder in den örtlich entfernten Familiengruppen jedoch im Wesentlichen durch die Familiengruppenleiter als Hauptbezugspersonen. Hierbei handele es sich jeweils um pädagogische Fachkräfte, die i.d.R. selbstständig und weisungsunabhängig tätig seien. Nach dem Honorarvertrag sei es Aufgabe der Betreuer, "das Kind in seiner geistigen, seelischen und körperlichen Entwicklung zu fördern". Diese Kräfte übten also nicht nur eine bloße Hilfstätigkeit von untergeordneter Bedeutung aus, sondern erbrächten die eigentliche tägliche Erziehungsarbeit. Demgemäß werde auch in einer Leistungsbeschreibung für die LVA besonders auf die individuelle Ausrichtung der Familiengruppen hingewiesen, die ein alternatives therapeutisches Angebot der Einrichtung darstellten. Die erzieherische Leistung werde also selbst nach der eigenen Darstellung des Klägers von den Familienleitern erbracht. Ferner sei auch aufgrund der räumlichen Entfernung der Familiengruppen und der täglichen Anwesenheit im Kinderheim W. eine zeitliche ausreichende Betreuung der Kinder in den Familiengruppen durch den Kläger nicht möglich. Monatliche Betreuungsbesuche, soweit diese tatsächlich durch den Kläger und nicht von Angestellten seines Kinderheimes erfolgten, reichten nach alledem für eine Eigenverantwortlichkeit in der Person des Klägers nicht aus.

8

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung der Kläger folgendes vorträgt: Der Beklagte habe bei seiner Entscheidung den Begriff der eigenverantwortlichen Tätigkeit und denjenigen der Erziehung in unzulässiger Weise verkürzt. Professionelle Erziehung setzte sich zusammen aus

  • dem Erkennen vorhandener Defizite

  • der Erstellung eines hierauf abgestimmten erzieherischen Handlungskonzepts und

  • dessen Umsetzung.

9

Der Beklagte habe mit seiner Definition in sehr abstrakter Art und Weise lediglich den Bereich der Umsetzung umschrieben, wobei gerade dieser letztere Bereich oftmals (aus pädagogischer Sicht) aus untergeordneten Hilfstätigkeiten bestehe. Nach der Rechtsprechung des BFH sei es für eine freiberufliche Tätigkeit erforderlich, dass die Arbeitsleistung den Stempel der Persönlichkeit des Steuerpflichtigen trage. Dies sei vorliegend der Fall, da es der Kläger sei, der die vorhandenen Defizite eines ihm anvertrauten Kindes erkenne, hierauf aufbauend eine Erziehungsplanung erstelle und für deren Umsetzung zumindest Sorge trage. Dem stehe nicht entgegen, dass ein Dritter gemäß Honorarvertrag sich gegenüber dem Kläger verpflichte, die aufgenommenen Kinder in ihrer geistigen, seelischen und körperlichen Entwicklung zu fördern. Denn hiermit sei insbesondere die Einbindung der Kinder in ihr soziales Umfeld sowie deren schulische Unterstützung gemeint. Dies seien aber nur Teilbereiche erzieherischer Tätigkeit, ebenso die im Vertrag geregelte Aufsichtspflicht oder die Vorstellung beim Arzt. Ausweislich der Honorarverträge schulde der Dritte dem Kläger insbesondere keinerlei Erziehungsplanung bzw. erzieherische Entscheidungen. Dies sei ausschließlich Sache des Klägers. Er entscheide darüber, ob das Kind überhaupt familial betreubar sei, wann es in eine familiale Betreuung gegeben werde und welche Familienwohngruppe strukturell für das Kind geeignet sei. Hierzu seien eine eingehende Anamnese sowie ein Genogramm erforderlich, die dann Grundlage des aufzustellenden Erziehungsplans seien.

10

Soweit hiernach die Aufnahme in eine Familienwohngruppe angezeigt sei, wähle der Kläger anschließend die entsprechende Familienwohngruppe aufgrund der ihm bekannten strukturellen Gegebenheiten aus. Dem Betreiber der jeweiligen Wohngruppe werde dann bei Aufnahme in diese Gruppe die vom Kläger erstellte Erziehungsplanung erläutert. Hierbei würden zumindest die Ausgangsregeln, Besuche bei Freunden bzw. Übernachtungen, Schularbeitenhilfe, Bekleidungswünsche, Familienheimfahrten des Betreuten, Schul- und Berufsentscheidungen, Anmeldungen in Vereinen, Ferienmaßnahmen, externe Therapien sowie die Aufsichtspflicht abgestimmt. Die Abstimmung werde sodann laufend den aktuellen Bedürfnissen und Notwendigkeiten angepasst. Hierfür gebe es aufgrund der Individualität der Betreuten bzw. ihres Entwicklungsstandes keinen starren zeitlichen Rahmen. Bei den Betreuten handele es sich regelmäßig um schulpflichtige Kinder und Jugendliche, die sich vormittags ohnehin nicht im Hause befänden. Die Beköstigung der Kinder erfolge dann allerdings im Hause der Familienwohngruppe. Diese stelle jedoch keine erzieherische Tätigkeit, sondern lediglich eine untergeordnete Hilfstätigkeit dar. Die Freizeitgestaltung der Kinder richte sich nach der Erziehungsplanung des Klägers, der insoweit den entsprechenden Rahmen vorgebe. Durch fachlich-inhaltliche (persönliche und telefonische) Kontrollen beim Auftragnehmer und beim Betreuten überprüfe der Kläger, ob sich der Auftragnehmer absprachegemäß verhalte und ob das vom Kläger vorgesehene Erziehungsziel erreicht werde. Hierdurch halte er sich auch gegenüber den Betreuten als Bezugsperson präsent.

11

Der jeweilige Auftragnehmer habe in Abstimmung mit dem Kläger Arbeitsmappen für jedes Kind zu führen. In diesen Mappen würden alle wesentlichen Beobachtungen vermerkt, die dem Kläger sowohl der fachlich-inhaltlichen Kontrolle der Wirksamkeit der bisherigen Maßnahmen dienten, als auch die Grundlage für die von ihm verfolgte kontinuierliche Erziehungsplanung darstellten. Für jedes Kind werde in den mindestens einmal monatlich stattfindenden Fallbesprechungen der jeweilige neue Erziehungsplan erstellt. Die Betreiber der Familiengruppen seien zur Teilnahme an diesen Fallbesprechungen verpflichtet. Überdies hätten sie den Kläger bei besonderen Vorkommnissen unverzüglich zu benachrichtigen, damit dieser die erzieherischen notwendigen Maßnahmen vorgeben könne. In halbjährlichen Abständen nehme auch der Kläger an der gesetzlich vorgeschriebenen Hilfeplanung gem. § 36 Abs. 2 S. 2 SGB VIII teil. In den Hilfeplangesprächen werde unter Beteiligung des Klägers der weitere Hilfebedarf für das jeweilige Kind mit dem Jugendamt festgelegt, wobei die Erstellung des Hilfeplans dem Jugendamt obliege und dieser Hilfeplan Bestandteil des (gegenüber dem Betreuten ergehenden) Leistungsbescheides werde. Die hierbei dem Jugendamt darzulegende Erziehungsplanung des Klägers sei insoweit integraler Bestandteil des Hilfeplans. Nach alledem sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger mit der Aufnahme eines Kindes in eine von ihm gewählte Familiengruppe seine Erziehungstätigkeit aufgebe bzw. auf Dritte übertrage. Vielmehr ändere sich lediglich die Form der Umsetzung, wobei der Kläger der familialen Betreuung aufgrund der individuellen Befindlichkeit des jeweiligen Betreuten bewusst den Vorzug gebe, jedoch nach wie vor maßgeblich planvoll handelnd auf die Entwicklung des Kindes Einfluss nehme. Der Erziehungserfolg trage auch in dieser Betreuungsform den Stempel der Persönlichkeit des Klägers, so dass es sich insgesamt bei der von ihm ausgeübten Tätigkeit um eine erzieherische Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG handele.

12

Entgegen der Auffassung des Beklagten berührten die vom Kläger zu treffenden Entscheidungen (bspw. welche Schule das Kind besuche, welchen Umgang es habe, die Ausgehzeiten, insbesondere aber die Erziehungsplanung) den Kernbereich der Erziehung und stellten für sich gesehen "Erziehung" und nicht nur leitende Tätigkeit dar. Auch der Umstand, dass die Betreuer weisungsungebunden seien, schließe nicht aus, dass der Kläger weiterhin auf die Erziehung der Betreuten Einfluss nehme, insbesondere auch direkten Kontakt mit ihnen aufrechterhalte. Der Kläger sei für die Gruppenleiter auch direkt jederzeit telefonisch erreichbar. Letztlich sei er es, der das Arbeitsergebnis bewirke, wenn auch unter Zuhilfenahme fachlich vorgebildeter Dritter. Das gewünschte Arbeitsergebnis sei die körperliche, geistige und charakterliche Formung junger Menschen. Ob dieses Ziel erreicht werde, sei an der bezweckten Verhaltensänderung der verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen abzulesen. Diese wiederum sei auf das planvolle Handeln vor allem des Klägers zurückzuführen. Soweit die gewünschte Verhaltensänderung in der Familiengruppe nicht eintrete, erfolge die Rückführung in das Heim des Klägers. Auch dies ein starkes Indiz dafür, dass der Kläger derjenige sei, der auch nach Aufnahme eines Kindes in eine Familiengruppe die erzieherischen Fäden in den Händen halte, die Wirksamkeit seiner Maßnahmen fortlaufend überprüfe und ggf. korrigiere.

13

Der Kläger beantragt,

die Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre in Gestalt des Einspruchsbescheids vom 24. Januar 2003 ersatzlos aufzuheben.

14

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Er bleibt bei seiner bisherigen Rechtsauffassung, wonach die vom Kläger erzielten Überschüsse aus den Familienwohngruppen mangels eigenverantwortlicher Tätigkeit als gewerbliche Einkünfte einzustufen seien. Die Ausführungen des Klägers im steuerlichen Verfahren stünden im Widerspruch zu eigenen Beschreibungen, die er zu anderen Zwecken (vor Kenntnis der gewerbesteuerlichen Problematik) abgegeben habe. Sein "Konzept 2001" enthalte folgende Aussagen: "Unsere Familiengruppen werden von Erziehern/Sozialpädagogen geleitet, die 1 oder 2 Kinder in ihre Familien aufnehmen. Diese kleinen Wohngruppen zeichnen sich durch eine besonders stabile Betreuungssituation aus, da die Hauptbezugsperson mit den Kindern in einem Haushalt lebt". Auch in einer vom Kläger am 12. Juli 2001 selbst verfassten "Aufgabenstellung der Honorarkräfte, die im Auftrage der therapeutischen Gruppe Kinder in ihrem Haushalt betreuen" sei die Rede davon, dass die außerhalb der Einrichtung praktizierenden Sozialarbeiter/Erzieher eine umfassende, eigenständige Dienstleistung im eigenen Haushalt in Form einer therapeutischen Ganztagsbetreuung (Familienbetreuung) erbringen. Sie arbeiteten weisungsungebunden nach eigenem Konzept, seien konzeptionell individuell ausgerichtet und böten ein alternatives, therapeutisches Angebot, welches von der Einrichtung (dem Kläger) gerne als entwicklungsfördernd für die Kinder/Jugendlichen in Anspruch genommen werde. Auch nach dem Inhalt der mit den jeweiligen Gruppenleitern abgeschlossenen Honorarverträge leisteten diese nicht nur "Hilfsdienste", wie die Unterhaltung und Beherbergung, sondern auch die pädagogische Betreuung und die familiengleiche Versorgung. Hierzu gehöre insbesondere die Einbindung des Kindes in sein soziales Umfeld und die schulische Unterstützung.

16

Wesensmerkmal einer selbstständigen Tätigkeit sei, dass sie in ihrem Kernbereich auf der eigenen persönlichen Arbeitskraft des Berufträgers beruhe. Nehme die Tätigkeit einen Umfang an, der die ständige Beschäftigung von Angestellten oder Subunternehmern/freien Honorarkräften erfordere und würden den Vorgenannten nicht nur untergeordnete, insbesondere vorbereitende oder mechanische Arbeiten übertragen, so beruhe sie nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers und sei deshalb steuerrechtlich als eine gewerbliche zu qualifizieren (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 56/00, BStBl II 2002, 402). Die vom Kläger genannten Tätigkeiten, wie die Entscheidung, ob das Kind in eine Familiengruppe gegeben werde, oder die Erstellung eines Erziehungsplanes falle unstreitig noch unter dessen leitende Tätigkeit. Sowohl hierdurch als auch durch monatliche Besuche, soweit sie tatsächlich vom Kläger selbst erfolgten, oder durch gelegentliche Telefonate mit den Kindern/Jugendlichen werde jedoch keine Eigenverantwortlichkeit im Kernbereich der von ihm ausgeübten freiberuflichen Erziehungstätigkeit begründet. Der Kernbereich der erzieherischen Tätigkeit bestehe vielmehr in der täglichen Einflussnahme einer/mehrerer Kontakt-/Bezugspersonen auf das jeweilige Kind im Hinblick auf das angestrebte Erziehungsziel. Dieser Kernbereich werde im Bereich der Familienwohngruppen im Wesentlichen von den fachlich vorgebildeten und weisungsungebundenen Gruppenleitern wahrgenommen, die der Kläger selbst in seinem "Konzept 2001" als Hauptbezugspersonen für die Kinder bezeichne. Solchen Fachkräften würde es nicht bedürfen, wenn in den Familiengruppen nur Hilfsdienste ausgeübt würden. Vielmehr werde in ihnen neben der Beköstigung und Unterbringung gerade die erzieherische Tagesarbeit erbracht, wobei bei jeglicher Erziehungsarbeit aufgrund der Individualität jedes Betreuten "mechanische" Arbeiten ausgeschlossen seien. Gerade hier sei auch der Unterschied zu den im Kinderheim betreuten Kindern und Jugendlichen zu sehen, die eben mit "ihren" Gruppenleitern und Erziehern nicht dauernd in einem familiengleichen Umfeld wohnten. Dort sei auch dem Kläger aufgrund seiner täglichen Anwesenheit ein jederzeitiges Eingreifen möglich, so dass ihm insoweit auch die Eigenverantwortlichkeit nicht abzusprechen sei.

17

Hieran fehle es jedoch, soweit es die Betreuung der Kinder in den jeweiligen Familienwohngruppen betreffe. Die vom Kläger insoweit aufgeführten Arbeiten fielen nahezu ausschließlich in den Bereich der "Leitung" und nur unwesentlich in den Bereich der "eigenverantwortlichen Umsetzung". Da der Kernbereich der praktischen Erziehung im Bereich der - von seinem Kinderheim z.T. weit entfernten und örtlich verstreuten - Familienwohngruppen im Wesentlichen von deren Leitern wahrgenommen werde, sei der Kläger insoweit nicht mehr in genügendem Maße eigenverantwortlich tätig.

18

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf Blatt 26-37, 70-87, 90-105 sowie 118-123 einschl. der beigefügten Anlagen (insb. das "Konzept 2001", die "Leistungsbeschreibung 1999", die "Aufgabenstellung der Honorarkräfte, die im Auftrage der therapeutischen Gruppe Kinder in ihrem Haushalt betreuen" vom 12. Juli 2001 sowie das Muster eines Honorarvertrages zwischen dem Kläger und einem Gruppenleiter) verwiesen.

19

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihre Zustimmung zu einer Entscheidung durch den Berichterstatter gem. § 79 a Abs. 3, 4 FGO erteilt.

Gründe

20

Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte die Tätigkeit des Klägers im Hinblick auf die Familienwohngruppen als gewerbliche Tätigkeit angesehen und die hieraus erzielten - als von den Einkünften des Klägers aus dem Betrieb des Kinderheimes trennbare - Einkünfte der Gewerbesteuer unterworfen.

21

1.

Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Nach § 15 Abs. 2 S. 1 EStG ist eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Arbeit anzusehen ist. Da vorliegend die übrigen Merkmale eines Gewerbebetriebs im Streitfall erfüllt sind, wäre die Tätigkeit des Klägers vorliegend nur dann nicht als gewerblich einzustufen, wenn sie sich als Ausübung eines freien Berufs i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG darstellen würde. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG u.a. die selbstständig ausgeübte erzieherische Tätigkeit. Ein Angehöriger eines freien Berufs ist i.d.S. auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird (§ 18 Nr. 1 S. 3 EStG).

22

a)

Fachlich vorgebildete Arbeitskräfte i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind nicht nur Angestellte, sondern auch Subunternehmer (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. Mai 1984 I R 122/81, BStBl II 1984, 823; Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 18 EStG Rdnr. 226; Steinhauff in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 18 EStG Rdnr. 253). Dem Charakter der selbstständigen Tätigkeit i.S. des § 18 EStG entspricht es, dass sie durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen geprägt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. März 1995 XI R 85/93, BStBl II 1995, 732, m.w.N.). Fehlt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen der "Stempel seiner Persönlichkeit", so ist sie keine freiberufliche. Auf die steuerliche oder arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Qualifizierung der Tätigkeit der Mitarbeiter kommt es daher nicht an. Fachlich vorgebildet ist sowohl der Mitarbeiter, der dieselbe berufliche Qualifikation wie der Betriebsinhaber erworben hat, als auch derjenige, der eine weniger qualifizierte Berufsausbildung aufzuweisen hat (z.B. BFH-Urteil XI R 85/93, a.a.O.). Dies folgt aus Sinn und Zweck des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, die darin liegen, die von der Rechtsprechung seinerzeit als schädlich angesehene Beschäftigung jeglicher qualifizierter Mitarbeiter zu entschärfen (vgl. z.B. zur sog. Vervielfältigungstheorie BFH-Urteil vom 7. November 1957 IV 668/55 U, BStBl III 1958, 34 ).

23

b)

Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortliche Tätigkeit liegt nur vor, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrags zu tragen. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr dem Steuerpflichtigen selbst und nicht den qualifizierten Mitarbeitern zuzurechnen sein. Es genügt daher nicht eine gelegentliche fachliche Überprüfung der Mitarbeiter (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1. Februar 1990 IV R 140/88, BStBl II 1990, 507; XI R 85/93, a.a.O.). Dies gilt für alle freiberuflichen Tätigkeiten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. Juni 1995 IV R 80/94, BStBl II 1995, 776; vom 11. Mai 1976 VIII R 111/71, BStBl II 1976, 641 ). Die Tatbestandsmerkmale "leitend" und "eigenverantwortlich" stehen selbstständig nebeneinander (vgl. Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; z.B. auch BFH-Urteil vom 25. November 1975 VIII R 116/74, BStBl II 1976, 155 ). Auch eine besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der u.a. die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse gehören, vermag daher die eigenverantwortliche Tätigkeit nicht zu ersetzen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. September 1999 V R 56/97, BFH/NV 2000, 284; vom 5. Juni 1997 IV R 43/96, BStBl II 1997, 681; vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00, BStBl II 2002, 478). Diese kann nur angenommen werden, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist.

24

Nach der Rechtsprechung des BFH sind z.B. die Anforderungen an eine eigenverantwortliche Tätigkeit bei Heilberufen unterschiedlich je nach der Art der Betätigung zu bestimmen. Während etwa bei einem Laborarzt ein Großteil der Praxistätigkeit in technischen Untersuchungsvorgängen und seine Arbeit an jedem einzelnen Auftrag in der geistigen Erfassung und der abschließenden Auswertung des Befundes besteht, schuldet ein Krankenpfleger eine höchstpersönliche individuelle Arbeitsleistung am Patienten. Sie ist immer dann geleistet, wenn der Pflegedienstbetreiber den wesentlichen Teil der Pflegearbeiten selbst übernimmt. Ein eigenverantwortliches Tätigwerden kann aber auch dann angenommen werden, wenn der Pflegedienstbetreiber aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Pflegetätigkeit der Mitarbeiter bei jedem einzelnen Patienten Einfluss nimmt. Denn die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss dem Berufsträger selbst und nicht den qualifizierten Mitarbeitern, den Hilfskräften, den technischen Hilfsmitteln oder dem Unternehmen als ganzem zuzurechnen sein (BFH-Urteil IV R 43/96, a.a.O.). Dem folgt das Gericht.

25

c)

Die vom BFH insoweit aufgestellten Grundsätze sind nach Auffassung des Gerichts auch auf eine erzieherische Tätigkeit übertragbar. Erziehung ist die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen, mündigen Menschen. Dabei wird unter Mündigkeit die Fähigkeit verstanden, selbstständig und verantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen (BFH-Urteil vom 21. November 1974 II R 107/68, BStBl II 1975, 389). Bei Beachtung dieser Rechtsgrundsätze kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in den Streitjahren im Bereich der Familienwohngruppen in diesem Sinne erzieherisch tätig gewesen ist.

26

aa)

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG tätig gewesen ist. Hierzu zählen etwa die vom Kläger geführten Aufnahmegespräche, die Verhandlungen mit den Jugend- und Sozialämtern sowie anderen Behörden, die Erstellung von Hilfeplänen, die Besuche der Familiengruppen und die allgemeinen Verwaltungsarbeiten.

27

bb)

Nicht zu folgen vermag das Gericht jedoch der Auffassung des Klägers, der auch in der Umsetzung seiner überwiegend planerischen und leitenden Tätigkeit eine eigenverantwortliche erzieherische Tätigkeit i.S.d. Gesetzes sieht. Das Gericht teilt die Auffassung des Beklagten, wonach der Kernbereich erzieherischer Tätigkeit in der täglichen Einflussnahme von entsprechenden Bezugspersonen auf das jeweilige Kind im Hinblick auf das angestrebte Erziehungsziel liegt. So verstanden leisten jedoch nur die Gruppenleiter der jeweiligen Familiengruppen, in denen die zu betreuenden Kinder/Jugendlichen leben, die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung der jungen Menschen. Dem Kläger hingegen ist diese Einflussnahme bereits aufgrund seiner räumlichen Entfernung und der anderen zahlreichen oben aufgeführten Verwaltungsarbeiten verwehrt. Hiergegen spricht bereits die Tatsache, dass der Kläger eigenverantwortlich das Kinderheim in W. führt und bereits diese Tätigkeit seine tägliche Anwesenheit dort erforderlich macht. Bei der vom Kläger angestellten Betrachtungsweise wäre jedenfalls die Qualifizierung dieser Tätigkeit als freiberuflich in Frage gestellt (vgl. Nds. FG, Urteil vom 20. März 1984 VIII 2/81, EFG 1984, 550). Das Gericht ist im Übrigen der Auffassung dass sporadische Besuche des Klägers oder Telefonate mit den Gruppenleitern und/oder Kindern/Jugendlichen die tägliche Erziehungsarbeit nicht ersetzen können. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass für jedes Kind Arbeitsmappen geführt werden, an Hand derer der Entwicklungsstand der Kinder verfolgt werden kann.

28

aaa)

Es ist gerichtsbekannt, dass Erziehung nicht nur in der Beköstigung und Beherbergung von Kindern besteht. Hierzu bedarf es des individuellen Eingehens auf den jeweiligen Charakter des Kindes, das in ein entsprechendes soziales Umfeld eingebunden sein muss. Dieses soziale Umfeld vermag jedoch einzig und allein die jeweilige Familiengruppe, in der das Kind/der Jugendliche aufwächst, zu gewährleisten, nicht hingegen der Kläger. Hierfür spricht bereits die vom Kläger konzipierte Form der professionellen Betreuung: So heißt es etwa in dem vom Kläger entworfenen "Konzept 2001": "Diese kleinen Wohngruppen zeichnen sich durch eine besonders stabile Betreuungssituation aus, da die Hauptbezugsperson mit den Kindern in einem Haushalt lebt". Bereits diese Aussage zeigt nach Ansicht des Gerichts deutlich, dass die für die alltägliche Betreuungssituation des Kindes maßgebende Bezugsperson der Gruppenleiter der Wohngruppe und nicht der Kläger ist. Jede andere Deutung wäre lebensfremd und würde der Lebenssituation der Kinder/Jugendlichen nicht gerecht.

29

bbb)

In gleicher Weise heißt es in der "Aufgabenstellung der Honorarkräfte, die im Auftrage der therapeutischen Gruppe Kinder in ihrem Haushalt betreuen" vom 12. Juli 2001: "Die außerhalb unserer Einrichtung praktizierenden Sozialarbeiter/Erzieher bieten eine umfassende, eigenständige Dienstleistung im eigenen Haushalt in Form einer therapeutischen Ganztagsbetreuung an (Familiengruppen). Sie arbeiten nach eigenem Konzept und sind weisungsungebunden. Ihre individuelle konzeptionelle Ausrichtung bietet unserer Einrichtung ein alternatives, therapeutisches Angebot, das wir gerne als entwicklungsfördernd für unsere Kinder/Jugendliche in Anspruch nehmen". Auch diese Aussage belegt die Priorität der jeweiligen Familiengruppen für das Kind/Jugendlichen in der erzieherischen Alltagsarbeit.

30

ccc)

Dem entsprechen auch die Regelungen in den mit den Gruppenleitern der jeweiligen Familiengruppen abgeschlossenen Honorarverträgen, wenn es dort etwa in § 2 heißt: "Aufnahme im Sinne dieses Vertrages ist die pädagogische Betreuung, familiengleiche Versorgung, Unterhaltung und Beherbergung von einem Kind durch den Auftragnehmer (Gruppenleiter) in dessen Haushalt". § 4 lautet weiter: "Das Kind ist in seiner geistigen, seelischen und körperlichen Entwicklung zu fördern. Hierzu gehört insbesondere die Einbindung des Kindes in sein soziales Umfeld und die schulische Unterstützung. Die Beaufsichtigung des Kindes muss sowohl tags- als auch nachtsüber gewährleistet sein. Der Auftragnehmer (Gruppenleiter) übernimmt die Aufsichtspflicht und sichert ausdrücklich zu, geeignete Maßnahmen zur Einhaltung seiner Aufsichtspflicht zu treffen". Des Weiteren heißt es in dem Vertrag, dass die Vertragsbeteiligten davon ausgehen, dass der Auftragnehmer (Gruppenleiter) diesen Vertrag als Selbstständiger durchführt.

31

Hieraus ergibt sich nach Auffassung des Gerichts eine klare Aufgabenstellung der Honorarkräfte, die im Auftrag des Klägers Kinder in ihrem Haushalt betreuen. Nach dem Vertragsinhalt schulden sie eine umfassende, eigenständige Dienstleistung in Form einer therapeutischen Ganztagsbetreuung innerhalb ihrer Familie. Da sie hierbei nach ihrem eigenen Konzept arbeiten und von Weisungen des Klägers unabhängig sind, sind sie vom therapeutischen Ansatz her in der Ausgestaltung ihrer erzieherischen Tätigkeit frei. Zwar haben sie nach Absprache mit dem Kläger an einmal monatlich stattfindenden Kinderbesprechungsterminen teilzunehmen und halbjährlich einen Entwicklungsbericht vorzulegen; dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass sie ihre Erziehungstätigkeit an den Kindern höchstpersönlich und individuell erbringen und diese selbstständig übernehmen. Bei dieser Art der Ausgestaltung kann nach Auffassung des Gerichts keine Rede davon sein, dass der Kläger durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Erziehungstätigkeit seiner Honorarkräfte bei jedem einzelnen Kind Einfluss nehmen kann. Bei Würdigung aller Gesamtumstände ist daher die Ausführung der Erziehung der Kinder/Jugendlichen nicht dem Kläger selbst, sondern den von ihm beauftragten Honorarkräften als Ganzem zuzurechnen mit der Folge, dass es vorliegend an der eigenverantwortlich erzieherischen Tätigkeit des Klägers i.S.d. Gesetzes mangelt.

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2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.