Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 27.04.2006, Az.: 10 K 65/01
Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug bei mehrerlösbezogener Kartellbuße; Teilbarkeit des Bußgeldbescheids in einen Abschöpfungsteil und Ahndungsteil; Abgrenzung zwischen wirtschaftlichem Vorteil und Mehrerlös; Gewinnabschöpfung bei mehrerlösbezogener Kartellbuße
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 27.04.2006
- Aktenzeichen
- 10 K 65/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 26389
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2006:0427.10K65.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG
- § 17 Abs. 4 S. 2 OWiG
- § 81 Abs. 2 GWB
Fundstellen
- EFG 2006, 1737-1742 (Volltext mit amtl. LS)
- KÖSDI 2007, 15382 (Kurzinformation)
- NWB direkt 2006, 4
- PStR 2007, 151-152
- StuB 2007, 589
- Jurion-Abstract 2006, 228618 (Zusammenfassung)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Ob und in welchem Umfang eine wegen eines Wettbewerbsverstoßes festgesetzte Geldbuße des Bundeskartellamts als Betriebsausgabe abzugsfähig ist, beurteilt sich zunächst danach, ob und in welcher Größenordnung die festgesetzte Geldbuße (auch) der Abschöpfung des durch den Gesetzesverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteils diente und welcher Anteil hiervon eine (reine) Sanktion darstellte.
- 2.
Vorab ist danach zu unterscheiden, ob sich aus dem Bußgeldbescheid selbst die Aufteilung in einen Abschöpfungs- und Ahndungsteil ohne weiteres zahlenmäßig entnehmen lässt.
- 3.
Fehlt es an einer derartigen eindeutigen Aufteilung, schließt dies nicht von vornherein den Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der verhängten Geldbuße dem Grunde nach aus. Die Aufteilung ist dann im Schätzungswege vorzunehmen.
Tatbestand
Streitig ist, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine wegen eines Wettbewerbsverstoßes festgesetzte Geldbuße als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.
Die Klägerin, die A KG, ist die Rechtsnachfolgerin der .... KG (kurz: B KG). Letztere war wiederum durch Formwechsel zum 1. Januar 1999 Rechtsnachfolgerin der...GmbH (kurz: C GmbH) geworden. Sämtliche Gesellschaften sind bzw. waren im Bereich der Produktion und des Vertriebs von ...produkten...tätig.
Die C GmbH war neben anderen Gesellschaften in 1998 und im I. Quartal 1999 an verbotenen Quotenabsprachen von...-Herstellern beteiligt. Nach diesen Absprachen wurden bestimmte Anteile der beteiligten Unternehmen am Gesamtumsatz vereinbart. Zugleich verpflichteten sich die Unternehmen, die jeweilig vereinbarten Lieferanteile nicht zu überschreiten. Das anteilige Absprachevolumen für die C GmbH belief sich insoweit auf rd. ... . Nach Aufdeckung dieses Sachverhalts fanden Gespräche zwischen Vertretern des Bundeskartellamtes einerseits und den betroffenen Firmen andererseits statt. Hierin wurde u.a. der durch die Quotenabsprachen erzielte Mehrerlös auf (brutto)...DM pro produzierten...festgelegt. Die spätere Anregung der beteiligten Firmen, der so genannten "Nebenbetroffenen", von einer Brutto- auf eine Nettobetrachtung mit dem Ziel überzugehen, die steuerliche Belastung auf die erzielten Mehrerlöse zu berücksichtigen, wurde vom Bundeskartellamt unter Hinweis auf entgegenstehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) abgelehnt.
Mit Bußgeldbescheid der Ersten Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes vom 25. Oktober 1999 wurde in dem Kartellordnungswidrigkeitsverfahren gegen die C GmbH als Nebenbetroffene gemäß § 30 Abs. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) als Nebenfolge der von ihrem Geschäftsführer begangenen Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße in Höhe von ... DM festgesetzt. Dem Geschäftsführer wurde insoweit vorgeworfen, vorsätzlich gegen das Verbot des § 38 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Februar 1990 (GWB a.F.) sowie § 81 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der ab 1. Januar 1999 gültigen Neufassung (GWB n.F.) verstoßen zu haben, indem er sich als Geschäftsführer der C GmbH an der Durchführung wettbewerbsbeschränkender Absprachen mit Vertretern anderer...-Hersteller über die Absatzquoten für...zumindest von Januar 1998 bis März 1999 beteiligte.
Hinsichtlich des Bußgeldrahmens wurde im Bußgeldbescheid auf die Vorschriften des § 38 Abs. 4 GWB a.F. in Verbindung mit § 81 Abs. 2 GWB n.F. unter Beachtung von § 17 Abs. 1 bis 3 OWiG hingewiesen. Für die Bemessung des Bußgeldes war hiernach u.a. bedeutsam
der Zufluss erheblicher Mehrerlöse durch die Teilnahme an der Quotenabsprache
die Höhe der hierdurch auf etwa...geschätzten erzielten Mehrerlöse bei einem durchschnittlichen Preisniveau von etwa ... DM.
"... Als durch die Zuwiderhandlung erzielter Mehrerlös, bei dem es sich um einen Betrag vor Steuern handelt, ergibt sich damit ... ein Betrag von...DM ... Bei der Bemessung der Geldbußen ... wurde berücksichtigt, dass diese steuerlich nicht abzugsfähig sind ..."
Wegen der weitergehenden Einzelheiten des (rechtskräftigen) Bußgeldbescheides vom 25. Oktober 1999 wird auf Bl. 41 ff der Gerichtsakte Bezug genommen.
Der Berichterstatter des vorbezeichneten Kartellordnungswidrigkeitenverfahrens beim Bundeskartellamt - Herr X - teilte dem Bundesamt für Finanzen unter dem 3. April 2000 im Verfahren eines anderen betroffenen ...produzenten auf Anfrage mit, dass "... ebenso wie in allen anderen Fällen dieses Verfahrens ..." die Bußgeldhöhe anhand des erzielten (geschätzten) Mehrerlöses festgesetzt worden sei. Der "Mehrerlös" habe hierbei nur zur Abgrenzung des zur Verfügung stehenden Bußgeldrahmens und als Kriterium für die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit gedient. Weiter heißt es in diesem Schreiben:
"Nach Auffassung des Bundeskartellamtes, das sich hierbei auf die für sich maßgebliche Rechtsprechung des BGH stützt, ist in einer aufgrund des Mehrerlöses nach § 81 Abs. 2 GWB n.F. (§ 38 Abs. 4 GWB a.F.) festgesetzten Geldbuße kein Anteil enthalten, der der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 2 OWiG (bzw. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG) dient ... Die Beschlussabteilung ist demzufolge davon ausgegangen, dass die Geldbuße steuerlich nicht abzugsfähig ist und hat die sich hieraus ergebende im Vergleich zu einer abzugsfähigen Betriebsausgabe höhere effektive wirtschaftliche Belastung des Unternehmens bei der Bemessung der Geldbuße mindernd berücksichtigt."
Ein im Wesentlichen inhaltsgleiches Schreiben des Berichterstatters ist im September 2000 an das Finanzamt...gesandt worden.
In einem weiteren Schreiben des Berichterstatters beim Bundeskartellamt vom 19. Oktober 2000 hat dieser u.a. ausgeführt, dass die Geldbuße nur und ausschließlich der Ahndung der Tat und nicht der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils gedient habe und folglich steuerlich nicht abzugsfähig sei. In die Bußgeldbemessung sei kein Abschöpfungsteil eingeflossen und ein wirtschaftlicher Vorteil mit der Folge nicht abgeschöpft worden, dass die Geldbußen in vollem Umfang Sanktionen gemäß § 81 Abs. 2 GWB seien. Bei der Festsetzung der Geldbuße habe die Beschlussabteilung die Belastung durch Steuern nicht generell unberücksichtigt gelassen. Im Gegenteil seien zu Gunsten der Unternehmen die jeweils höchstmöglichen Steuersätze zu Grunde gelegt und die vorgesehenen Geldbußen entsprechend gemindert worden. Ohne Berücksichtigung der Steuerlast hätten die Bußen erheblich höher ausfallen müssen. Von den Vertretern des Bundeskartellamtes sei immer wieder zum Ausdruck gebracht worden, dass die Geldbuße keinen Abschöpfungsteil enthalte und steuerlich nicht abzugsfähig sei.
Wegen der diversen Schreiben des Berichterstatters X im Einzelnen wird auf Bl. 53 f, Bl. 55 ff sowie Bl. 78 f der Gerichtsakte Bezug genommen.
In ihrer für das Streitjahr 1999 abgegebenen Feststellungserklärung gab die B KG die gewerblichen Einkünfte (§ 15 Einkommensteuergesetz - EStG -) mit... DM an. Das vom Kartellamt verhängte Bußgeld über insgesamt ... DM wurde insoweit zu 1/3 (210.000 DM) als nichtabzugsfähige Betriebsausgabe behandelt. Demgegenüber stellte das beklagte Finanzamt...in dem für das Streitjahr unter dem 25. Januar 2001 ergangenen Feststellungsbescheid die gewerblichen Einkünfte mit...DM fest, weil es die Geldbuße in vollem Umfang für steuerlich nicht abzugsfähig hielt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer mit Schreiben vom 23. Februar 2001 erhobenen Sprungklage, der das beklagte Finanzamt innerhalb eines Monats nach der unter dem 3. April 2001 erfolgten Zustellung der Klageschrift mit Schriftsatz vom 24. April 2001 zugestimmt hat.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die gegenüber ihrer Rechtsvorgängerin verhängte Geldbuße in Höhe von insgesamt ... DM lediglich im Umfang eines Teilbetrages von ... DM nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig sei. Denn der darüber hinausgehende Betrag von ... DM stelle eine Bruttoabschöpfung eines wirtschaftlichen Vorteils ohne Berücksichtigung von Steuern auf den Mehrerlös dar. Insbesondere lägen im Streitfall die Voraussetzungen des Abzugsverbots nach § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG nicht vor. Es entspreche der durch diese Vorschrift umgesetzten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass, wenn der durch eine Ordnungswidrigkeit erlangte Gewinn nach einkommensteuerrechtlichen Regeln zu versteuern sei, in dem auf seine Abschöpfung gerichteten Teil des Bußgelds nur der um den abziehbaren Steueranteil verminderte Gewinn eingezogen werden dürfe oder wenn die Geldbuße anhand des Bruttobetrages des erzielten Gewinns ermittelt werde, deren Berücksichtigung als Betriebsausgabe in Höhe des Abschöpfungsbetrages nicht zu versagen sei. Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Geldbuße nach § 17 OWiG zwei Funktionen erfülle, nämlich den der Gewinnabschöpfung einerseits und den einer gerechten Sanktion für den Verstoß andererseits. Hierbei handele es sich um gesetzlich vorgeschriebene Bestandteile, von denen nicht abgewichen werden dürfe. In dem verhängten Bußgeldbescheid sei ausdrücklich ein Mehrerlös von...DM als ein "Betrag vor Steuern" als Ausgangspunkt gewählt worden. Dieser Mehrerlös stelle zugleich die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG dar. Denn beide Begriffe Mehrerlös und wirtschaftlicher Vorteil deckten sich in weiten Bereichen, ohne allerdings identisch zu sein.
Bei der Festsetzung der Geldbuße seien Steuern vom Bundeskartellamt nicht berücksichtigt worden, und zwar weder im Hinblick auf die Abschöpfung des Mehrerlöses noch bei der Bemessung des Bußgeldes. So hätten die Vertreter des Bundeskartellamtes in diversen Besprechungen stets darauf verwiesen, dass steuerliche Probleme mangels eigener Sachkunde außen vor blieben. Der in den Bußgeldbescheiden aufgenommene Hinweis auf eine mangelnde steuerliche Abzugsfähigkeit beinhalte die bloße Darlegung einer Rechtsansicht der Kartellbehörde.
Dass Steuern im Rahmen des Bußgeldbescheides in keiner Weise Berücksichtigung gefunden hätten, ergebe sich auch unter objektiven Gesichtspunkten, weil es ansonsten zu einer mehr als 3-fachen Abschöpfung des Mehrerlöses gekommen wäre. Für eine derartige Bemessung fänden sich im Bußgeldbescheid aber keine Anhaltspunkte. Insbesondere seien hierin der Sanktions- und Abschöpfungsteil nicht präzise getrennt und schon gar nicht begründet worden, weshalb das eigentliche kartellrechtliche Höchstmaß in § 81 Abs. 2 GWB n.F. (3-fache des Mehrerlöses) unter Anwendung des § 17 Abs. 4 OWiG überschritten worden sei. Letztere Vorschrift sei nicht einmal erwähnt worden. Vielmehr nehme der Bußgeldbescheid lediglich auf § 17 Abs. 1 bis 3 OWiG Bezug.
Das Bundeskartellamt habe erst im Nachhinein im Wege einer nacheilenden Verbesserung versucht, das für das Bundeskartellamt unbefriedigende Ergebnis dadurch zu retten, dass eine steuerliche Berücksichtigung im Verfahren behauptet werde. Dieses Verhalten habe seine Ursache in der Kenntnisnahme des BFH-Urteils vom 9. Juni 1999 I R 100/97, BStBl II 1999, 658.
Soweit im Streitfall ein wirtschaftlicher Vorteil in Höhe von...DM abgeschöpft worden sei, sei dieser nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG als Betriebsausgabe abzugsfähig. Lediglich in Höhe von...DM liege ein nichtabzugsfähiger Sanktionsteil vor. Denn in diesem Umfang sei eine Geldbuße gegenüber dem Geschäftsführer der C GmbH festgesetzt worden, der ein alleiniger Sanktionscharakter zukomme, weil keine Anhaltspunkte für den Zufluss eines wirtschaftlichen Vorteils beim Geschäftsführer vorlägen; die Mehrerlöse etc. seien lediglich der Gesellschaft zugute gekommen. Mangels sonstiger konkreter Hinweise im Bußgeldbescheid sei daher in dieser Höhe von einem Sanktionsanteil auch gegenüber der C GmbH auszugehen. Für die Verhängung einer höheren Geldbuße gegenüber der C GmbH seien keine Anhaltspunkte ersichtlich und auch im Bußgeldbescheid nicht deutlich gemacht worden. Die Bußgeldbehörde sei jedoch nach § 17 OWiG verpflichtet, einen gesonderten Abschöpfungsanteil der Geldbuße neben der Bestimmung einer gerechten Sanktion für den zu ahndenden Verstoß festzusetzen, um dem sich aus § 4 Abs. 5 Nr. 8 Satz 4 EStG ergebenden Verbot einer doppelten Belastung - nämlich der Besteuerung brutto abgeschöpfter Gewinne - Genüge zu tun. In dem unter dem 25. Oktober 1999 gegenüber der C GmbH ergangenen Bußgeldbescheid sei eine solche Differenzierung aber nicht präzise erfolgt, so dass diese nunmehr unter Berücksichtigung der Wertungen des Bundeskartellamtes im Bußgeldbescheid vorzunehmen sei.
Das Bundeskartellamt habe im Rahmen der Festsetzung der Geldbuße die typische Wirkungsweise von Quotenkartellen - wie den weitgehenden Ausschluss des Wettbewerbs unter gleichzeitiger Anhebung des Preisniveaus und Ausrichtung der Verkaufspolitik hierauf - zu Grunde gelegt und damit zugleich die mit einem Quotenkartell grundsätzlich einhergehenden weitreichenden Folgen für die interne Kostenstruktur der Kartellunternehmen mitberücksichtigt. Daraus folge zugleich, dass sich der im Bußgeldbescheid ausgewiesene "Mehrerlös" und der konkrete "wirtschaftliche Vorteil" im Streitfall nicht betragsmäßig entsprechen müssten. Vielmehr könnte sich für die C GmbH auch ein "wirtschaftlicher Vorteil" ergeben haben, der höher als der bloße "Mehrerlös" gewesen sei.
Für die Auffassung der Klägerin, der ganz überwiegende Anteil der gegen die C GmbH verhängten Geldbuße habe zur Abschöpfung des von dieser erlangten "wirtschaftlichen Vorteils" gedient, spreche auch der Sinn und Zweck einer Verbandsbuße, unrechtmäßige wirtschaftliche Vorteile abzuschöpfen und unlauterem Gewinnstreben vorzubeugen. Demgegenüber trete bei einer Verbandsbuße der Ahndungszweck deutlich zurück.
Während des Klageverfahrens ist für das Streitjahr ein geänderter Feststellungsbescheid ergangen, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden ist, und mit dem die gewerblichen Einkünfte (§ 15 EStG) mit...DM festgestellt worden sind.
Die Klägerin beantragt,
die für 1999 einheitlich und gesondert festgestellten negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) um weitere Betriebsausgaben in Höhe von ... DM zu erhöhen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, dass die Geldbuße in ihrer gesamten Höhe von ... DM nicht zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen sei. Grundlage dieser Entscheidung sei die Aussage des Bundeskartellamtes, bei der Bemessung der Geldbuße sei berücksichtigt worden, dass diese nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig sei. Dies komme auch in diversen Schreiben des Bundeskartellamts zum Ausdruck.
Zwar solle auf Seiten des Steuerpflichtigen keine Doppelbelastung des ungesetzlich erzielten Mehrerlöses durch die Besteuerung einerseits und das verhängte Bußgeld andererseits erfolgen. Entsprechend diesem Grundsatz sei im Streitfall auch verfahren worden. Zwar habe das Bundeskartellamt steuerliche Aspekte nicht dergestalt berücksichtigt, dass es die Belastung aus dem Mehrerlös errechnet habe. Nach den Angaben des Bundeskartellamtes wäre das Bußgeld jedoch wesentlich höher ausgefallen, wenn man bei dessen Bemessung von der steuerlichen Abzugsfähigkeit ausgegangen wäre. Damit sei eine Doppelbelastung des Mehrerlöses für die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerinnen nicht gegeben.
Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27. April 2006 durch Vernehmung der Zeugen...Beweis erhoben. Wegen des Beweisthemas und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte, insbesondere das Protokoll über den Termin zur mündlichen Verhandlung, verwiesen.
Gründe
Die nach § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO zulässige Sprungklage ist teilweise begründet.
Der von der B KG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, im streitigen Feststellungszeitraum 1999 erzielte Verlust aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) ist um weitere Betriebsausgaben in einem Umfang von ... DM zu erhöhen.
A.
Denn die gegenüber der Rechtsvorgängerin der KG - der C GmbH - mit Bußgeldbescheid vom 25. Oktober 1999 durch das Bundeskartellamt verhängte Geldbuße wegen kartellrechtswidriger Absprachen über insgesamt ... DM ist mit einem Teilbetrag von ... DM zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen. In diesem Umfang ist der von der C GmbH erlangte wirtschaftliche Vorteil durch die Geldbuße abgeschöpft worden, ohne dass ertragsteuerliche Aspekte berücksichtigt worden sind.
I.
1.
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung (im Folgenden: EStG) dürfen von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes festgesetzte Geldbußen den Gewinn nicht mindern. Dieses Abzugsverbot für Geldbußen gilt nach Satz 4 dieser Vorschrift jedoch nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind.
2.
Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang hiernach die vom Bundeskartellamt gegenüber der C GmbH verhängte Geldbuße dem Betriebsausgabenabzug unterliegt, beurteilt sich zunächst danach, ob und in welcher Größenordnung die festgesetzte Geldbuße (auch) der Abschöpfung des durch den Gesetzesverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteils diente und welcher Anteil hiervon eine (reine) Sanktion darstellte. Letzterer führte in keinem Fall zu einer abzugsfähigen Betriebsausgabe.
3.
a)
Hierbei ist vorab danach zu unterscheiden, ob sich aus dem Bußgeldbescheid oder aus einer sich hieran anschließenden gerichtlichen Entscheidung selbst die Aufteilung in einen Abschöpfungs- und Ahndungsteil ohne Weiteres zahlenmäßig entnehmen lässt:
Ist dies der Fall, so sind die Finanzbehörden und ihnen nachfolgend die Finanzgerichte an die insoweit vorgenommene Aufteilung mit der Folge gebunden, dass ihnen lediglich noch die Prüfung obliegt, ob bei der Bemessung des Abschöpfungsanteils steuerliche Aspekte ("Steuern vom Einkommen und Ertrag"; vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG) Berücksichtigung gefunden haben. Der Abschöpfungsanteil bildet in diesen Fällen die Obergrenze der als Betriebsausgaben in Betracht zu ziehenden Aufwendungen.
b)
Im Streitfall lässt der Bußgeldbescheid eine solchermaßen vorgenommene Unterteilung in einen Ahndungs- und Abschöpfungsanteil weder ausdrücklich noch konkludent erkennen. Mit dieser Problematik setzt sich der Bescheid vielmehr in keiner Weise auseinander.
Das Bundeskartellamt hat die gegenüber der C GmbH im Bußgeldbescheid vom 25. Oktober 1999 mit ... DM festgesetzte Geldbuße - dies ist im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig - ausgehend von einem dem Grunde und der Höhe nach ebenfalls unstreitigen Mehrerlös in Höhe von ... DM (... bei einem der C GmbH zuzurechnenden Absprachevolumen von insgesamt ...) bemessen. Angaben zur Höhe des hierauf konkret angewandten Faktors (rechnerisch beläuft sich dieser auf 2,1724) sowie zu dessen Ermittlung fehlen hierin ebenso wie Ausführungen zu einer Aufteilung in einen Ahndungs- und Abschöpfungsanteil. Auch der für die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG zentrale Begriff des "wirtschaftlichen Vorteils" findet im Bußgeldbescheid keine Erwähnung.
4.
a)
Fehlt es an einer eindeutigen Aufteilung in einen Ahndungs- und Abschöpfungsanteil schließt dies nicht von vornherein die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG und damit einen Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der verhängten Geldbuße dem Grunde nach aus. Vielmehr ist die Aufteilung dann - soweit sich einerseits der ahndende Teil und andererseits der abschöpfende Teil nachweisen lassen - im Schätzungswege vorzunehmen. Hierbei ist in Anlehnung an die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 9. Juni 1999 I R 100/97, BStBl II 1999, 658 (mit weiteren vielfältigen Nachweisen) im Wesentlichen von folgenden Grundsätzen auszugehen:
aa)
In Fällen mehrerlösbezogener Kartellbußen nach § 38 Abs. 4 GWB a.F. bzw. § 81 Abs. 2 GWB n.F. ist - so auch hier - oftmals streitig, ob es sich bei der Berücksichtigung des Mehrerlöses als einer der grundlegenden Faktoren für die Bemessung der Geldbuße (zugleich) um eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG handelt, die - bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen - dem Grunde nach zum Betriebsausgabenabzug der Geldbuße zu führen vermag.
bb)
Die der C GmbH zur Last gelegte kartellrechtswidrige Quotenabsprache stellte eine mit einer Geldbuße bis zu 1 Mio. DM - über diesen Betrag hinaus bis zur dreifachen Höhe des durch die Zuwiderhandlung erlangten Mehrerlöses - zu ahndende Ordnungswidrigkeit dar (vgl. § 38 Abs. 4 Satz 1 GWB a.F. / § 81 Abs. 2 GWB n.F., §§ 17, 30 OWiG). Unbeschadet hiervon bestimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG, dass die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen soll. Der nach § 38 Abs. 4 GWB a.F. (§ 81 Abs. 2 GWB n.F.) berechnete Bußgeldrahmen kann sogar nach Maßgabe von § 17 Abs. 4 Satz 2 OWiG überschritten werden, wenn das gesetzliche Höchstmaß nicht ausreicht, um den aus der Kartellordnungswidrigkeit gezogenen wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen und zugleich den Täter spürbar zu sanktionieren. Ansonsten wird der erlangte wirtschaftliche Vorteil, wie sich aus § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG ergibt, bereits über die Buße als Maßnahme der Sanktionierung der zu ahndenden Ordnungswidrigkeit (mit-)abgeschöpft und von dieser konsumiert. Der wirtschaftliche Vorteil tritt sonach in jenem Umfang, in dem er über die Mehrerlöse im Höchstmaß des mit der Buße verbundenen Sanktionsteils verborgen ist, nicht eigenständig in Erscheinung, vielmehr dient er insoweit nur als Parameter für die Bestimmung der Höchstgrenze der Geldbuße als Sanktion, vermischt sich mit dieser und geht untrennbar in diese ein. Der "wirtschaftliche Vorteil" stellt dabei gegenüber den "Mehrerlösen" den insoweit umfassenderen Begriff dar, als er jegliche Vorteile mit einschließt, solche materieller ebenso wie solche immaterieller Art. Er tritt andererseits hinter den Begriff der "Mehrerlöse" zurück, indem er Kostenpositionen, vor allem die auf die betreffenden Einnahmen entfallenden Ertragsteuern, einbezieht, wohingegen der Begriff der "Mehrerlöse" gleichsam "brutto", ohne Abzug der erwähnten Positionen, verstanden werden muss. In Anbetracht dieser Wechselwirkungen wird es nur selten vorkommen, dass der nach § 38 Abs. 4 GWB a.F. (§ 81 Abs. 2 GWB n.F.) errechnete Höchstwert der festzusetzenden Geldbuße um den wirtschaftlichen Vorteil nach Maßgabe von § 17 Abs. 2 bis 4 OWiG - nochmals - zu erhöhen sein wird. Ausgeschlossen ist dies jedoch nicht.
Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass die Begriffsinhalte des in § 38 Abs. 4 GWB a.F. (§ 81 Abs. 2 GWB n.F.) angesprochenen "Mehrerlöses" und des "wirtschaftlichen Vorteils" im Sinne von § 17 Abs. 4 OWiG, ohne gänzlich identisch zu sein, sich tatsächlich und wirtschaftlich gesehen doch in weiten Bereichen decken:
Entweder beinhaltet der "wirtschaftliche Vorteil" eine Teilmenge des Mehrerlöses oder aber umgekehrt der "Mehrerlös" eine Teilmenge des "wirtschaftlichen Vorteils". Stellt aber der erlangte "wirtschaftliche Vorteil" als Untergrenze den Sockelbetrag für die Bemessung der Geldbuße gemäß § 17 Abs. 1 OWiG in ihrer Gesamtheit dar, die ihrerseits der Höhe nach durch den erlangten "Mehrerlös" gemäß § 38 Abs. 4 GWB a.F. (§ 81 Abs. 2 GWB n.F.) (mit-)bestimmt wird, dann wird der wirtschaftliche Vorteil durch die festgesetzte Geldbuße grundsätzlich unabhängig davon abgeschöpft, ob er sich in Form einer zusätzlichen Erhöhung der Buße über § 17 Abs. 4 OWiG auswirkt oder ob er lediglich rechnerisch (und vornherein) als Höchstbetrag in die Bemessung des Bußgeldrahmens nach Maßgabe von § 17 Abs. 1 OWiG oder § 38 Abs. 4 GWB a.F. (§ 81 Abs. 2 GWB n.F.) einbezogen wird. Der wirtschaftliche Vorteil stellt - jedenfalls im Regelfall ("soll") - immer die nach oben hin offene (vgl. § 17 Abs. 4 Satz 2 OWiG) Untergrenze der Bußgeldfestsetzung dar. Innerhalb dieser Grenze kommt der Geldbuße eine ahndende und zugleich abschöpfende Doppelfunktion zu und ist sie bezogen auf den abschöpfenden Teil "nur der Form nach Sanktion".
Da der Mehrerlös als Bruttobetrag zu verstehen ist, wird er regelmäßig den Nettobetrag des eigentlichen wirtschaftlichen Vorteils übersteigen. Würde angesichts dessen der Mehrerlös bei der Bußgeldbemessung gleichwohl nicht berücksichtigt, weil die Abschöpfung des Erlöses in der Sanktion "aufgeht", bliebe der Abfluss des zunächst erlangten und der Besteuerung unterworfenen wirtschaftlichen Vorteils in dieser Höhe steuerlich unbeachtet, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in entsprechendem Umfang gemindert wird. Sichtbar wird dies auch und gerade in jenen Fällen, in denen, wie vorliegend gegenüber der C GmbH als juristischer Person die Geldbuße gemäß § 30 OWiG als Verbandsbuße festgesetzt wird. Denn hier soll diese vorzugsweise dazu dienen, unrechtmäßige wirtschaftliche Vorteile abzuschöpfen und unlauterem Gewinnstreben vorzubeugen; dies bedeutet, dass insoweit die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils im Vordergrund steht.
Geschieht dies, ohne dass die hierauf entfallende Ertragsteuerbelastung einbezogen wird, ist es verfassungsrechtlich geboten, dem in steuerlicher Hinsicht Rechnung zu tragen (vgl. Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Januar 1990 1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BStBl II 1990, 483). Der erlangte Mehrerlös ist dann in jenem Umfang, in dem er sich mit dem erlangten wirtschaftlichen Vorteil vor Ertragsteuern deckt, nach Maßgabe von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG steuerlich als Betriebsausgabe abziehbar. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 1 EStG als Ausnahmevorschrift konzipiert und als solche eng auszulegen ist, da sie einen Verstoß gegen das so genannte Nettoprinzip als Ausdruck des allgemeinen Leistungsfähigkeitsprinzips beinhaltet.
cc)
Geht die Kartellbehörde bei der Bemessung der Geldbuße von den Mehrerlösen aus und wendet auf diese (Brutto-)Größe einen Multiplikator an, um auf diese Weise zu einem aus ihrer Sicht angemessenen Betrag zu gelangen, so lässt sich allein hieraus grundsätzlich nicht erkennen, zu welchem Teil die im Einzelfall festgesetzte Geldbuße neben anderen Zwecken (nämlich der Sanktionierung des Rechtsverstoßes) der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils beim Nebenbetroffenen diente. Ebenso wenig lässt sich insoweit feststellen, ob eine etwaige Abschöpfung brutto oder netto erfolgen sollte. Eine solche Vorgehensweise ist aber nicht geeignet, dem verfassungsgerichtlich postulierten und vom Gesetzgeber in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG aufgenommenen Gebot der steuerlichen Entlastung brutto abgeschöpfter Gewinne Geltung zu verschaffen.
Angesichts des Gewichts des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verbietet es sich aber, dem Steuerpflichtigen das Risiko der fehlenden nachträglichen Feststellbarkeit des Abschöpfungsteils zu überbürden, wenn dieses Feststellungsdefizit darauf beruht, dass die Bußgeldbehörde Angaben dazu unterlassen hat, zu welchem Teil die verhängte Geldbuße der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils dienen und ob eine etwaige Abschöpfung brutto oder netto erfolgen sollte (Urteil des FG Baden-Württemberg vom 20. September 2001 3 K 168/01, EFG 2002, 72 unter II. 2. b der Entscheidungsgründe; Achenbach, Die steuerliche Absetzbarkeit mehrerlösbezogener Kartellbußen, Betriebs-Berater 2000, 1116 [1120 f]).
Soweit der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 25. April 2005 KRB 22/04, Beilage zu BFH/NV 2005, 397 (399) ebenfalls auf die - notwendige - Unterscheidung zwischen einem Ahndungs- und einem Abschöpfungsteil verweist und die klarstellende Darlegung der Ermessenserwägungen, ob und in welchem Umfang innerhalb des zu verhängenden Bußgeldes eine Ahndung oder eine Abschöpfung vorgenommen worden ist, durch den Bußgeldrichter verlangt, können nach Auffassung des erkennenden Gerichts - jedenfalls unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten - für die Bußgeldbehörde keine geringeren Anforderungen gelten. Denn auch insoweit bestehen keine anders gelagerten Wechselwirkungen zum Besteuerungsverfahren des (Neben-)Betroffenen.
b)
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist davon auszugehen, dass mit der Verhängung der Geldbuße gegenüber der C GmbH auch ein wirtschaftlicher Vorteil im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG abgeschöpft worden ist.
Dem steht - auch unter Berücksichtigung der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27. April 2006 erfolgten Zeugenaussagen - insbesondere nicht die im Bußgeldbescheid vom 25. Oktober 1999 verwandte Formulierung:
"Bei der Bemessung der Geldbußen gegen den Betroffenen und die Nebenbetroffene wurde berücksichtigt, dass diese steuerliche nicht abzugsfähig sind." (Bl. 41 ff., 51) der Gerichtsakte)
entgegen.
Denn es kann nicht angenommen werden, dass der Geldbuße in Gestalt einer so genannten Verbandsbuße in Höhe von ... DM in ihrer Gesamtheit ein ausschließlicher Ahndungs- bzw. Sanktionscharakter beizumessen ist, der keinen Raum für die Annahme eines Abschöpfungsanteils bietet.
Die hierzu vom Bundeskartellamt vertretene gegenteilige Ansicht, wie sie zum Einen in diversen nach Erlass des Bußgeldbescheides vom 25. Oktober 1999 vom Berichterstatter X verfassten Schreiben (vgl. Bl. 53 ff., 78 f. der Gerichtsakte) und zum Anderen auch in der vom früheren Vorsitzenden der 1. Beschlussabteilung - Herrn D - in seiner Zeugenaussage im Termin zur mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gekommen ist, wonach eine Geldbuße, die das dreifache des Mehrerlöses nicht überschreite, grundsätzlich als Sanktion zu verstehen sei und hierdurch kein wirtschaftlicher Vorteil abgeschöpft werde, beruht allein auf einem - zumindest in steuerrechtlicher Hinsicht - unzutreffendem Verständnis der in den §§ 17 OWiG, 38 Abs. 4 GWB a.F., 81 Abs. 2 GWB n.F. enthaltenen Regelungen. Konkrete Erwägungen zum möglichen Verhältnis Ahndungs-/Abschöpfungsanteil bzw. zur Frage, ob überhaupt eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils mit der dann insgesamt zu verhängenden Geldbuße erfolgen soll, sind überhaupt nicht angestellt worden.
Das Bundeskartellamt ist nämlich offensichtlich davon ausgegangen, dass innerhalb des von § 38 Abs. 4 GWB a.F./§ 81 Abs. 2 GWB n.F. vorgegebenen Rahmens in Fällen mehrerlösbezogener Kartellbußen eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils per se ausgeschlossen ist:
"... Ein wirtschaftlicher Vorteil wurde in dem Bußgeldbescheid gegen die Firma .... GmbH und allen anderen Fällen nicht abgeschöpft. Die Geldbußen sind in vollem Umfang Sanktionen. Der Sanktionscharakter der Geldbuße ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 81 Abs. 2 GWB ....
Der Mehrerlös ist danach also Maßeinheit für die Geldbuße, deren Höhe den Regelbußgeldrahmen von 1 Mio. DM übersteigt. Er ist keinesfalls eine von der eigentlichen Geldbuße abtrennbare Abschöpfungsmaßnahme ohne Sanktionscharakter, sondern in vollem Umfang selbst Sanktion ...".
(Schreiben vom 19. Oktober 2000, Bl. 55 ff. [56] der Gerichtsakte).
"... Der Bußgeldrahmen des § 81 Abs. 2 GWB n.F. (bzw. § 38 Abs. 4 GWB a.F.) ist nicht überschritten und somit ein wirtschaftlicher Vorteil im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 2 OWiG nicht abgeschöpft worden. ..."
(Schreiben vom 7. September 2000, Bl. 78 f. [79] der Gerichtstakte).
Diese Ausführungen belegen zugleich, dass man auf Seiten des Bundeskartellamts jedwede Fragen zur Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils schon dem Grunde nach ausgeklammert hat, solange - wie im Streitfall - die Grenzen mehrerlösbezogener Kartellbußen nach § 38 Abs. 4 GWB a.F. (§ 81 Abs. 2 GWB n.F.) nicht überschritten waren. Diesen Problemkreis hat man bei derartigen Konstellationen - im weitesten Sinne einer Ermessensunterschreitung vergleichbar - für irrelevant erachtet und sich folglich hiermit auch nicht auseinandergesetzt: Eine Differenzierung der Geldbuße nach Sanktion und (auch) Abschöpfung war hiernach nicht Gegenstand der zum Erlass der Geldbuße führenden Überlegungen.
Eine Verkürzung auf diese Sichtweise wird aber dem Umstand nicht gerecht, dass der durch den Kartellrechtsverstoß erlangte wirtschaftliche Vorteil in den Grenzen des § 38 Abs. 4 GWB a.F. bzw. § 81 Abs. 2 GWB n.F., wie sich § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG entnehmen lässt, über die Buße als Maßnahme der Sanktionierung der zu ahndenden Ordnungswidrigkeit bereits (mit-)abgeschöpft und von dieser konsumiert wird, ohne dass dies ausdrücklicher Erwähnung bedürfte. Denn erst wenn der durch § 38 Abs. 4 GWB a.F. (§ 81 Abs. 2 GWB n.F.) vorgegebene Bußgeldrahmen nicht ausreicht, um den aus der Kartellordnungswidrigkeit gezogenen wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen und zugleich den Täter spürbar zu sanktionieren, ist sein Überschreiten nach Maßgabe des § 17 Abs. 4 OWiG möglich, um auf diese Weise dem Erfordernis des Abschöpfens Genüge zu tun (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 100/97, a.a.O. unter II 3 c der Entscheidungsgründe).
Das demgegenüber vom Bundeskartellamt zum Bußgeldrahmen des § 38 Abs. 4 GWB a.F. bzw. § 81 Abs. 2 GWB n.F. an den Tag gelegte Verständnis übersieht die "Doppelfunktion" mehrerlösbezogener Kartellbußen, bei denen der wirtschaftliche Vorteil grundsätzlich die Untergrenze der Bußgeldfestsetzung darstellt, innerhalb derer die Geldbuße eine ahndende und zugleich abschöpfende Wirkung entfaltet, und die bezogenen auf den abschöpfenden Teil "nur der Form nach" Sanktion ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 100/97, a.a.O. unter II 3 d der Entscheidungsgründe). Dann muss aber im Umfang der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils grundsätzlich auch ein Betriebsausgabenabzug der Geldbuße nach näherer Maßgabe des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG möglich sein.
Der im Schätzungswege vorzunehmenden Aufteilung der Geldbuße in einen (reinen) Ahndungs- und einen Abschöpfungsanteil kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass das Bundeskartellamt - so die ausdrückliche Aussage des Zeugen D - bei der Festlegung derselben von einer "in vollem Umfang liquiditätswirksamen" Auswirkung im Sinne einer Nichtberücksichtigung als Betriebsausgabe ausgegangen ist, weil ansonsten eine höhere Geldbuße verhängt worden wäre. Denn diese schon die abstrakte Möglichkeit eines Betriebsausgabenabzugs einer sich in den Grenzen des § 38 Abs. 4 GWB a.F. / § 81 Abs. 2 GWB n.F. bewegenden mehrerlösbezogenen Geldbuße leugnende Auffassung fußt - wie ausgeführt - ausschließlich auf der von diesem Gericht unter Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH verworfenen weiteren Rechtsansicht, "... dass eine Geldbuße, die das dreifache des Mehrerlöses nicht überschreite, grundsätzlich als Ahndung zu verstehen sei und hierdurch nicht der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden solle ..." (Zitat aus der Aussage des Zeugen D anlässlich seiner Vernehmung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27. April 2006, Bl. 9 des Protokolls). Damit wird aber zugleich deutlich, dass die gegenteiligen Rechtsausführungen dieses Gerichts nicht auf einer abweichenden Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse, sondern vielmehr auf unterschiedlichen rechtlichen Beurteilungen beruhen. Zudem ist an dieser Stelle nochmals darauf zu verweisen, dass das Bundeskartellamt bei seiner Rechtsauffassung keinerlei Überlegungen zur Abschöpfung eines wirtschaftlichen Vorteils angestellt hat.
Dies bedeutete aus der Sicht des Bundeskartellamts weiterhin, dass zum einen eine Aufteilung der Geldbuße in einen als Betriebsausgaben abzugsfähigen Teil und einen solchen, für den die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen, schon gedanklich ausgeschlossen war. Zum anderen stellte sich die Frage eines Betriebsausgabenabzugs aber ohnehin nicht, wenn sich die Geldbuße in einer reinen Sanktion erschöpfte: Denn dass unter solchen Voraussetzungen ein Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen ist, entspricht auch der allgemeinen steuerrechtlichen Auffassung zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG.
5.
Der abgeschöpfte wirtschaftliche Vorteil beläuft sich im Streitfall auf ... DM und entspricht damit den von der C GmbH aufgrund der kartellrechtswidrigen (Quoten-)Absprachen erzielten Mehrerlösen.
a)
Zwar stimmen - wie bereits aufgezeigt - die Begriffe "wirtschaftlicher Vorteil" einerseits und "Mehrerlös" andererseits inhaltlich nicht überein. Sie decken sich jedoch tatsächlich und wirtschaftlich gesehen in weiten Bereichen mit der Folge, dass die kartellrechtlich vorgesehene Abschöpfung eines "Mehrerlöses" in der Regel zugleich als Abschöpfung des "wirtschaftlichen Vorteils" anzusehen ist, ohne dass es darauf ankäme, ob sich bei der konkret festgesetzten Geldbuße "Ahndungsteil" und "Abschöpfungsteil" eindeutig voneinander abgrenzen lassen (BFH-Beschluss vom 24. März 2004 I B 203/03, BFH/NV 2004, 959 unter Pkt. III 2 d aa der Entscheidungsgründe).
b)
Die aufgrund der Quotenabsprache in 1998 und im I. Quartal 1999 von der C GmbH erzielten Mehrerlöse beliefen sich auf insgesamt ... DM (Mehrpreis =...bei einem insoweit auf die C GmbH entfallenden Absatz an ...produkten von ...).
Die entsprechenden Ansätze im Bußgeldbescheid sind von der Klägerin nicht nur nicht angegriffen, sondern vielmehr auch von ihr selbst als im Verhandlungswege festgelegtes Zahlenwerk, auf das man sich gemeinsam verständigt habe, angeführt worden. Anhaltspunkte dafür, dass der aus den Quotenabsprachen gezogene "wirtschaftliche Vorteil" im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 OWiG bzw. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG über diesen Ansatz hinausging, sind nicht ersichtlich. Der im klägerischen Schriftsatz vom 4. Oktober 2005 (Bl. 87 ff. [90] der Gerichtsakte) enthaltene bloße Hinweis, der wirtschaftliche Vorteil aus der kartellrechtswidrigen Quotenabsprache könne auch höher als der bloße Mehrerlös sein, ist mangels substantiierter Darlegungen, woraus sich dies im Einzelnen herleiten lassen soll, unzureichend. Allein die theoretisch denkbare Möglichkeit eines die "Mehrerlöse" übersteigenden "wirtschaftlichen Vorteils" vermag im Streitfall nicht den Ansatz eines die Summe von ... DM übersteigenden Betrages zu rechtfertigen.
Im Übrigen obliegt die objektive Beweislast (Feststellungslast) für einen weitergehenden Ansatz des "wirtschaftlichen Vorteils" der Klägerin, weil es zum Einen um den Abzug von Betriebsausgaben geht. Zum Anderen berührt die Frage eines gegebenenfalls höheren "wirtschaftlichen Vorteils" in erster Linie auch die betriebliche Sphäre unter besonderer Berücksichtigung innerbetrieblicher Kostenpositionen des sich hierauf berufenden Steuerpflichtigen mit der Folge, dass dieser die entsprechenden Umstände darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen hat.
Hinzu kommt, dass unter Berücksichtigung der im Verhältnis der Mehrerlöse zum wirtschaftlichen Vorteil einerseits vorzunehmenden Abschläge für diverse Kostenpositionen wie etwa Steuern und andererseits hinzuzurechnender Vorteile an ersparten Kosten unterschiedlichster Art (z.B. für unterbliebenen Werbeaufwand und Beteiligung an Ausschreibungen) nebst etwaigen immateriellen Vorteilen die Schätzung des "wirtschaftlichen Vorteils" - ausgehend von den Mehrerlösen über ... DM - eine hinreichend sichere Grundlage bietet.
c)
Lediglich aus Gründen der Klarstellung und zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat an dieser Stelle darauf hin, dass seine vorstehenden Ausführungen nicht in der Weise zu verstehen sind, dass in kartellrechtlichen Bußgeldverfahren bei fehlender Aufteilung in einen Ahndungs- und Abschöpfungsanteil und einer den Mehrerlös bzw. wirtschaftlichen Vorteil übersteigenden Höhe der Geldbuße stets von einer Abschöpfung des Mehrerlöses/wirtschaftlichen Vorteils (gewissermaßen vorab) zu 100 v.H. auszugehen ist. Es ist in diesen Fällen vielmehr eine einzelfallbezogene Prüfung dahin gehend vorzunehmen, ob etwa im Rahmen der Bemessung der Höhe der zu verhängenden Geldbuße Abschläge z.B. wegen einer ansonsten zu befürchtenden wirtschaftlichen Gefährdung des nebenbetroffenen Unternehmens vorgenommen worden sind. Ist dies der Fall, wird grundsätzlich davon auszugehen sein, dass sich die betragsmäßigen Beschränkungen sowohl auf den Ahndungs- als auch auf den Abschöpfungsteil erstreckt haben. Ob insoweit - so das FG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 20. September 2001 3 K 168/01, a.a.O. (unter II 3 b cc) - der Ahndungsanteil ausgehend von der insgesamt ausgesprochenen Geldbuße im Wege einer Rückrechnung mit 20 - 30 v.H. des Mehrerlöses anzusetzen ist, bedarf, da für den Streitfall ohne Bedeutung, an dieser Stelle keiner abschließenden Entscheidung. Denn vorliegend ist von einer Abschöpfung des dem wirtschaftlichen Vorteil betragsmäßig entsprechenden Mehrerlöses zu 100 v.H. auszugehen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens haben auf die gegenüber der C GmbH verhängte Geldbuße nur insoweit Auswirkungen gehabt, als dieser nach den Ausführungen im Bußgeldbescheid gestattet worden ist, die Geldbuße in zwei Raten zu begleichen.
d)
Der Annahme des "wirtschaftlichen Vorteils" mit ... DM steht schließlich nicht entgegen, dass sich hiermit zugleich der ausschließlich Sanktionscharakter aufweisende Ahndungsanteil der gegenüber der C GmbH insgesamt verhängten Geldbuße von ... DM auf...DM beläuft und damit der einem Betriebsausgabenabzug entgegenstehende Ahndungsanteil gegenüber dem der Abschöpfung überwiegt.
aa)
Auch wenn der Ahndungszweck bei der Bemessung der wegen eines von einem Unternehmen begangenen Kartellrechtsverstoßes zu verhängenden Geldbuße in Gestalt einer so genannten Verbandsbuße nach § 30 OWiG nicht im Vordergrund steht, kann hieraus nicht geschlossen werden, dass in diesen Fällen der Abschöpfungs- den Ahndungsteil stets übersteigen wird.
Das erkennende Gericht vermag in diesem Zusammenhang - jedenfalls in dieser Allgemeinheit - auch nicht der vom BFH in seiner Entscheidung vom 9. Juni 1999 I R 100/97, BStBl II 1999, 658 unter Pkt. II 3 d der Entscheidungsgründe vertretenen Ansicht zu folgen, der Ahndungszweck trete bei der Bußgeldbemessung von Verbandsbußen deutlich hinter der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils zurück. Die hierin zum Ausdruck kommende allgemeine Betrachtungsweise wird den Besonderheiten des Einzelfalles, wie sich auch gerade am Streitfall zeigt, nicht hinreichend gerecht, zumal sich ein "Rangverhältnis" insbesondere nicht aus der Erkenntnis ableiten lässt, die Verbandsbuße diene vorzugsweise dazu, unrechtmäßige wirtschaftliche Vorteile beim kartellrechtswidrig handelnden Unternehmen abzuschöpfen und unlauterem Gewinnstreben vorzubeugen.
Denn mit dieser Aussage ist nicht gleichsam zwingend die Schlussfolgerung verbunden, dem Ahndungszweck komme insoweit lediglich eine untergeordnete Bedeutung zu, die sich auch betragsmäßig in dem Verhältnis der Höhe des Ahndungsanteils zur Gesamtbuße niederschlägt. Die in § 38 Abs. 4 GWB a.F. bzw. § 81 Abs. 2 GWB n.F. enthaltenen Regelungen eröffnen für Kartellrechtsverstöße einen besonderen - gegenüber § 17 Abs. 1 - 3 OwiG - deutlich erweiterten Bußgeldrahmen bis zur dreifachen Höhe des Mehrerlöses. Derartige mehrerlösbezogene Geldbußen werden in der Praxis - dort in Gestalt so genannter Verbandsbußen - zumeist gegenüber solchen Unternehmen verhängt, die von entsprechenden Kartellrechtsverstößen ihrer Organe profitiert haben. Auch wenn die volle Ausschöpfung des mehrerlösabhängigen Bußgeldrahmens Fällen vorbehalten bleiben muss, in denen der Unrechtsgehalt einer Kartellordnungswidrigkeit durch das Zusammentreffen (mehrerer) erschwerender Umstände gekennzeichnet ist, zeigen doch die Anknüpfung an eine Bruttogröße (Mehrerlös) einerseits sowie die Möglichkeit, diesen Wert mit einem Faktor bis zu 3 zu muliplizieren, andererseits, dass der Gesetzgeber der Ahndungskomponente in Fällen dieser Art keinen geringen Stellenwert beigemessen hat (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. September 2001 3 K 168/01, a.a.O., unter Pkt. II 3 b aa der Entscheidungsgründe).
Dies belegen insbesondere die Fälle, in denen - wie im Streitfall - der wirtschaftliche Vorteil in vollem Umfang abgeschöpft wird, so dass sich anhand der Höhe der insgesamt verhängten Geldbuße unzweifelhaft feststellen lässt, dass ein nicht unbeträchtlicher Ahndungsanteil angesetzt worden ist. Denn ein Mehr an Abschöpfungsanteil als der vollständige Entzug des vom nebenbetroffenen Unternehmen aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten erzielten wirtschaftlichen Vorteils wäre unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht haltbar. Darüber hinaus handelte es sich hierbei schon sprachlich um kein Abschöpfen mehr (Wegnehmen der Differenz bzw. des wirtschaftlichen Vorteils beim Täter; vgl. etwa im Strafrecht §§ 73 ff. StGB - Verfall - und zur entsprechenden Vergleichbarkeit: Achenbach, a.a.O. IV 2 und 4).
bb) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass der die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils übersteigende Betrag - im Streitfall sind dies...DM von der insgesamt über ... DM lautenden Geldbuße - unbeschadet der Frage der Einbeziehung steuerlicher Aspekte in die Bemessung der Geldbuße in vollem Umfang nicht zu Betriebsausgaben zu führen vermag, weil mit ihm ein ausschließlicher Ahndungs-/Sanktionszweck verfolgt worden ist.
II.
Die mit ... DM bemessene Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils führt in ungekürztem Umfang zum Betriebsausgabenabzug und erhöht dementsprechend den von der B KG im streitigen Feststellungszeitraum 1999 erzielten Verlust aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) auf...DM.
1.
Denn die mit der Verhängung der Geldbuße verbundene Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils erfolgte ohne Berücksichtigung der hierauf entfallenden "Steuern vom Einkommen und Ertrag" (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG).
a)
Dafür, dass im Streitfall in Höhe des Abschöpfungsanteils keine Ertragsteuern berücksichtigt worden sind, spricht zunächst, dass die als maßgebliche Anknüpfungspunkte herangezogenen Mehrerlöse mit "Brutto-Beträgen" ermittelt und im Bußgeldbescheid auf Bl. 11, 1. Abs. zudem ausdrücklich als "Betrag vor Steuern" bezeichnet worden sind.
b)
Ob dieser Umstand allein für einen Betriebsausgabenabzug, für den im Übrigen die Klägerin die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt (vgl. Frotscher, Kommentar zum EStG, Rnr. 433 zu § 4; Blümich-Wacker, Kommentar zur EStG, KStG, GewStG und Nebengesetzen, Rz. 290 zu § 4 EStG), indes ausreichte, da auch in den Fällen, in denen sich die Bußgeldhöhe nahezu ausschließlich nach dem Mehrerlös bemisst, daraus nicht zwangsläufig folgt, dass die betreffenden Ertragsteuern rechnerisch unberücksichtigt geblieben wären (BFH-Urteil vom 15. März 2000 VIII R 34/96, BFH/NV 2001, 297 unter Pkt. 2 b cc), kann letztlich unentschieden bleiben. Denn durch das Hinzutreten weiterer Umstände wird deutlich, dass Ertragsteuern bei der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils keine Berücksichtigung gefunden haben.
aa)
Die einem Betriebsausgabenabzug entgegenstehende Berücksichtigung von Ertragsteuern im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG setzte auf Seiten der die Geldbuße verhängenden Behörde bzw. des entsprechenden Strafgerichts grundsätzlich voraus, sich vorab mit den individuellen steuerlichen Besonderheiten des Nebenbetroffenen (zum Beispiel Rechtsform des Unternehmens mit den sich hieraus ergebenden ertragssteuerlichen Unterschieden in der Steuerbelastung nach Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerrecht) vertraut zu machen, um sodann diese Steuerbelastung in die Bemessung der Geldbuße im Rahmen der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils einfließen zu lassen. Denn gerade durch eine solche Handhabung wird indiziert, dass "Steuern vom Einkommen und Ertrag" in die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils - nämlich konkret in die Bemessung des abzuschöpfenden Betrages - einbezogen worden sind.
Auch wenn man darüber streiten mag, in welchem Umfang dies zu geschehen hat - den Steuerpflichtigen dürften insoweit nicht unwesentliche Mitwirkungspflichten treffen - so ist doch für den hier zu entscheidenden Fall festzuhalten, dass durch das Bundeskartellamt nach den übereinstimmenden Aussagen der im Termin zur mündlichen Verhandlung gehörten Zeugen keinerlei auf die C GmbH bzw. deren Rechtsnachfolgerin - die B KG - bezogenen ertragssteuerrechtlichen Überlegungen angestellt worden sind und in den Bußgeldbescheid bei der Bemessung der Geldbuße Eingang gefunden haben. So hat etwa der Zeuge D, der seinerzeit den Vorsitz in der ersten Beschlussabteilung des Bundeskartellamts geführt hat, ausdrücklich angegeben, die konkrete steuerliche Belastung der Unternehmen im Rahmen der Festsetzung der Geldbußen nicht berücksichtigt zu haben.
Die Klägerin muss sich in diesem Zusammenhang nicht entgegen halten lassen, die ertragsteuerliche Belastung der B KG nach den Bekundungen sämtlicher Zeugen erst n a c h Ergehen des Bußgeldbescheides mit Vertretern des Bundeskartellamts angesprochen zu haben. Von einem diesbezüglich "verspäteten" Vortrag, der ohnehin keinen Eingang in die Bemessung der Geldbuße mehr hätte finden können, kann schon deshalb keine Rede sein, weil zu diesem Zeitpunkt der unter dem 25. Oktober 1999 ergangene Bußgeldbescheid angefochten war, so dass er einer entsprechenden Abänderung grundsätzlich verfahrensrechtlich noch zugänglich gewesen wäre.
Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle, dass es der das Bußgeldverfahren betreibenden Stelle - hier: dem Bundeskartellamt - bzw. dem Gericht, das über die Geldbuße zu befinden hat, als gewissermaßen "Erstem Schritt" obliegt, das nebenbetroffene Unternehmen zur Darlegung und gegebenenfalls zum Nachweis der konkreten ertragssteuerlichen Belastung aufzufordern. Denn eines substantiierten Eingehens auf diesen Punkt durch das Unternehmen bedarf es nur und erst dann, nachdem die Behörde/das Gericht für sich die Entscheidung getroffen oder zumindest erwogen hat, ertragssteuerliche Aspekte in die Bußgeldbemessung - konkret: in den (Teil-)Bereich der Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils - einfließen zu lassen, was aber keineswegs - selbst im Falle einer Aufteilung der Geldbuße in einen Ahndungs- und einen Abschöpfungsanteil - zwingend ist (vgl. BGH-Beschluss vom 25. April 2005 KRB 22/04, Beilage zu BFH/NV 2005, 397: "... Die auf den Abschöpfungsanteil entfallenden Steuern sind nur zu berücksichtigen, falls das Besteuerungsverfahren bereits abgeschlossen ist ...".
bb)
Das Bundeskartellamt hat vorliegend aber auch keine gegebenenfalls noch bis zur konkreten ertragssteuerlichen Belastung der B KG zu erhöhende "allgemeine" Steuerbelastung bei der Bemessung der auf die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils entfallenden Geldbuße einbezogen. Insoweit ist vielmehr - wie bereits zuvor ausgeführt - jegliche Differenzierung nach Ahndung und Abschöpfung unterblieben, da man - wie auch vom Zeugen D betont - im Bundeskartellamt davon ausgegangen war, dass einer mehrerlös- bezogenen Kartellbuße, die das dreifache des erzielten Mehrerlöses nicht übersteigt, stets in vollem Umfang Sanktionscharakter zukommt und hierdurch kein wirtschaftlicher Vorteil abgeschöpft wird. Nach dieser Auffassung, die sich ferner in den diversen im Anschluss an den Bußgeldbescheid verfassten Schreiben des Berichterstatters beim Bundeskartellamt X widerspiegelt, ist es nur folgerichtig, wenn insoweit steuerliche Aspekte gänzlich unberücksichtigt geblieben sind.
Diese fehlende Einbeziehung im Hinblick auf die "Steuern vom Einkommen und Ertrag" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG bei der - steuerrechtlich betrachtet - vorgenommenen Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils durch den Bußgeldbescheid (Stichwort: Doppelfunktion der Geldbuße, abschöpfender Teil nur der Form nach Sanktion) wird durch den hierin enthaltenen allgemeinen Hinweis auf die bei der Bemessung der Geldbuße erfolgte Berücksichtigung "... das diese steuerlich nicht abzugsfähig ..." ist, nicht auch nur teilweise kompensiert.
Denn wenn bei der Bußgeldbemessung ganz bewusst eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils negiert wird, erscheint es ausgeschlossen, bei der in steuerrechtlicher Hinsicht gleichwohl vorliegenden Abschöpfung hierauf entfallende Ertragsteuern berücksichtigt zu haben. Wenn der Zeuge D ausführt, es wäre gegenüber der C GmbH eine höhere Geldbuße - vermutlich unter Anwendung eines Faktors von 2,4 - 2,5 auf den Mehrerlös - verhängt worden, wenn man seitens des Bundeskartellamtes von einer Abzugsfähigkeit dieser als Betriebsausgabe ausgegangen wäre, so entspricht dies inhaltlich zwar den vom Berichterstatter X verfassten und bereits zuvor erwähnten Schreiben an das Bundesamt für Finanzen und an diverse Finanzämter (Bl. 53 ff., 78 f. der Gerichtsakte) und wird inhaltlich durch das erkennende Gericht nicht in Zweifel gezogen. Eine solche Handhabung entspricht aber gleichwohl nicht der Einbeziehung ertragssteuerlicher Gesichtspunkte im Hinblick auf eine Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils, wie dies erforderlich wäre, um einen Betriebsausgabenabzug auszuschließen. Denn so weit und so lange man der Ansicht ist, der verhängten Geldbuße kommt in ihrer gesamten Höhe ausschließlich Ahndungscharakter zu, sie sich mithin in einer reinen Sanktion erschöpfte, ist ein Betriebsausgabenabzug ohnehin - dies wird auch von niemandem in Zweifel gezogen - ausgeschlossen. Demzufolge bedarf es bei einer derartigen Konstellation gar keiner Prüfung ertragssteuerlicher Umstände mehr: Die Frage einer Einbeziehung als solches stellt sich dann schon nicht.
Die nach alledem zum Betriebsausgabenabzug zuzulassende Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils im Umfang von ... DM berücksichtigt auch in angemessener Weise das Verhältnis von Satz 4 zu Satz 1 des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG, dem gemäß Satz 1 als dem Betriebsausgabenabzug entgegenstehende Ausnahmeschrift eng auszulegen ist.
2.
Die negativen gewerblichen Einkünfte der B KG werden für das Streitjahr 1999 von bisher...DM (vgl. Bescheid vom 16. Januar 2006, gegenüber dem Klägervertreter unter dem 7. April 2006 bekannt gegeben; Bl. 97 f. und 145 der Gerichtsakte) um weitere Betriebsausgaben im Umfang von...DM erhöht und auf nunmehr...DM einheitlich und gesondert festgestellt.
B.
1.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Danach waren die Kosten auf die Beteiligten im Verhältnis ihres Obsiegens und Unterliegens zu verteilen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
2.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Der Rechtssache kommt wegen der vielfältigen und zum Teil noch nicht abschließend durch den BFH geklärten Rechtsfragen zur Abzugsfähigkeit mehrerlösbezogener Kartellbußen als Betriebsausgaben grundsätzliche Bedeutung zu.