Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 01.07.2014, Az.: 1 A 220/13

fördererheblich; förderrelevant; Rücknahme; Straßenausbaubeitrag; Straßenausbaubeitragssatzung; Umdeutung; Widerruf; Zuwendung

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
01.07.2014
Aktenzeichen
1 A 220/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42517
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Rechtswidrigkeit i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts, d.h. auf die Regelung i.S.d. § 35 Satz 1 VwVfG, und nicht auf dessen Begründung. Daraus folgt, dass nicht jegliche Falschangaben in einem Förderantrag, sondern nur solche, die im konkreten Fall eine andere Regelung über die Zuwendung zur Folge haben, für eine Rücknahme genügen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rücknahme einer Zuwendung.

Die Klägerin beantragte unter dem 24.10.2007 die Gewährung einer Zuwendung für den Wegebau nach der Richtlinie über die Zuwendungen zur integrierten ländlichen Entwicklung (ZILE) des Niedersächsischen Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei der Rechtsvorgängerin des Rechtsvorgängers des Beklagten, die „Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Meppen“ (GLL). Die Zuwendung sollte der Befestigung und der Instandsetzung des vorhandenen Wirtschaftsweges „C.“ in bituminöser Bauweise im Gemeindegebiet der Klägerin dienen. Unter Nr. 4 „Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen“ gab die Klägerin an, dass Anliegerbeiträge nicht erhoben würden und eine Satzung nach NKAG nicht bestehe. Leistungen Dritter führte sie unter Nr. 5b „Finanzierung der baren Ausgaben“ nicht aus. Unter Nr. 7.9 erklärte sie, dass ihr bekannt sei, dass die in dem Antrag und den beigefügten Unterlagen enthaltenen Tatsachen bzw. Angaben, von denen die Gewährung oder das Belassen der Zuwendung abhängig sei, subventionserhebliche Tatsachen i.S.d. § 264 StGB seien und sie verpflichtet sei, der bewilligenden Stelle unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die der Bewilligung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder dem Belassen der Zuwendung entgegen stünden oder für die Rückforderung der Zuwendung erheblich seien. Zu den subventionserheblichen Tatsachen gehörten insbesondere solche, die durch Scheingeschäfte oder Scheinhandlungen verdeckt würden, sowie Rechtsgeschäfte oder Handlungen unter Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit einer beantragten Zuwendung.

Die GLL bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 25.03.2009 eine Zuwendung in Höhe von 50 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben, höchstens 228.190 €, für den Ausbau des Wirtschaftswegs „C.“. Der Bescheid enthält unter anderem folgende Nebenbestimmung: „13. Sofern zur Refinanzierung der Ausgaben des zu fördernden Projekts Anlieger- bzw. Straßenausbeiträge erhoben werden, erfolgt die Förderung unter der Bedingung, dass mit der bewilligten Zuwendung der beitragsfähige Aufwand vor seiner Verteilung auf die Gemeinde und Anlieger zu vermindern ist. Eine entsprechende Berechnung der zu erhebenden Anlieger- bzw. Straßenausbaubeiträge ist mir mit dem Verwendungsnachweis vorzulegen. Die Endabrechnung der Anlieger- bzw. Straßenausbaubeiträge ist mir bis zum 12.12.2010 vorzulegen. Wird der Nachweis nicht erbracht, behalte ich mir vor, den Zuwendungsbescheid zu widerrufen und bereits ausgezahlte Zuwendungen zurückzufordern. Für den Fall, dass die festgesetzten Anlieger- bzw. Straßenausbaubeiträge und die Zuwendungen höher als die Ausbaukosten sein sollten, wird die Zuwendung um den Betrag gekürzt, um den die Einnahmen und die festgesetzten Beträge die Ausbaukosten übersteigen.“

Der Gemeinderat der Klägerin beschloss in seiner Sitzung am 15.04.2009, den damaligen Bürgermeister zu beauftragen, Gespräche mit den Anliegern des C. s und dem Vorstand der Wegeausgleichskasse G. im Hinblick darauf zu führen, dass der nicht von der Zuwendung gedeckte Restbetrag von den Anliegern und der Gemeinde zu tragen sei. Die Gemeinde sei eventuell bereit, höchstens 30 % der Kosten zu übernehmen.

Durch Bescheid vom 07.08.2009 verlängerte die GLL die Frist für das Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen. Auf Grund des Auszahlungsantrags und Verwendungsnachweises der Klägerin vom 29.10.2009 setzte die GLL mit Bescheid vom 13.11.2009 die Zuwendung endgültig auf 137.020 € fest und veranlasste die Überweisung des Betrags am selben Tag.

Der Gemeinderat der Klägerin stimmte in seiner Sitzung am 11.08.2009 dem Vorschlag zu, dass hinsichtlich des – nach Abzug der Zuwendung von 228.190 €, des Gemeindeanteils von 120.000 € sowie der freiwilligen Zahlungen der Biogasanlage und der Markgemeinde von 100.000 € – verbleibenden Betrags von ca. 100.000 €, der zur Finanzierung der veranschlagten Ausbaukosten von 547.121 € benötigt werde, freiwillige Vereinbarungen mit den übrigen Anlieger und Hinterliegern geschlossen werden sollten. Anlieger, die nicht bereit seien, diese Vereinbarung zu unterschreiben, sollten einen Bescheid laut Straßenausbaubeitragssatzung erhalten.

In der Sitzung am 08.09.2009 beschloss der Gemeinderat der Klägerin nochmals, dass nach Fertigstellung alle Anlieger, die nicht den freiwilligen Beitrag geleistet haben würden, von der Samtgemeinde H. einen Kostenbescheid gemäß Satzung erhalten sollten. Die Klägerin erstellte im September 2009 eine von den Anliegern zu unterzeichnende Erklärung, nach der sich die Anlieger bereit erklären sollten, einen freiwilligen Beitrag in Höhe von 280 € je Hektar – für die Mitglieder der Wegeausgleichskasse abzüglich eines Zuschusses von 180 € je Hektar – zur Mitfinanzierung des Ausbaus der „C.“ zu zahlen.

Die Klägerin bat die Markgemeinde G. durch Schreiben vom 03.05.2010, nachdem der Straßenausbau nunmehr erfolgt sei, um Überweisung von 60.000 € auf ein „gemeinsames Konto Anlieger C. G.“ bei der Volksbank F. eG. Die Markgemeinde G. zahlte auf dieses Treuhandkonto mit Buchungsdatum vom 05.05.2010 60.000 € ein.

Laut einem Vermerk vom 09.07.2010 informierte der Fachbereichsleiter Recht des Landkreises I. die Sachbearbeiterin der GLL darüber, dass einem Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamts des Landkreises I. zufolge Anliegerbeiträge für den Ausbau des C. s auf einem speziellen Konto eingezogen worden seien. Der Landkreis I. vermute, dass die Gelder teilweise für den Wegebau und im Übrigen für die Gründung der „E. GmbH“ verwendet werden sollten. Auf dem Konto würden sich mindestens 60.000 € der Markgemeinde G. befinden. Gemäß der Ratsprotokolle der Klägerin vom 11.08.2010 und 08.09.2010 sollten sich die Anlieger mit freiwilligen Zahlungen in Höhe von 100.000 € an der Wegebaumaßnahme beteiligen; falls jemand nicht freiwillig zahle, sollten Anliegerbeiträge per Satzung erhoben werden.

Nach einem Gesprächsvermerk der Sachbearbeiterin der GLL vom 19.07.2010 mit dem ehemaligen Bürgermeister der Klägerin räumte dieser ein, dass die Gemeinde über eine Straßenausbaubeitragssatzung verfüge. An die Klägerin seien keine Anliegerbeiträge gezahlt worden. Es habe Überlegungen gegeben, Anliegerbeiträge zu erheben. Jetzt werde die Klägerin jedoch keine mehr erheben; Ratsbeschlüsse seien nicht ausgeführt worden. Die Markgemeinde G. habe in ihrer Mitgliederversammlung beschlossen, Geld für den Ausbau des C. s auf ein Sammelkonto zu überweisen, auf das der Markgemeindevorsteher und der Betreiber der Biogasanlage Zugriff hätten. Die Biogasanlage solle ebenfalls auf dieses Konto zahlen. Das Schreiben der Klägerin an die Markgemeinde G. sei verfasst worden, weil diese in der Versammlung noch ein Schriftstück gewollt habe. Für die Erhebung der Anliegerbeiträge sei jedoch die Samtgemeinde H. zuständig.

Die Anlieger des C. s erklärten sich mit ihren Unterschriften auf einem als „Einverständniserklärung“ bezeichneten Dokument, die laut einem darauf befindlichen Vermerk zwischen dem 19.07.2010 und dem 23.07.2010 „in den Häusern gesammelt“ worden sind, damit einverstanden, dass der Geldbetrag auf dem Treuhandkonto zu Gunsten der „E. GmbH“ verwendet wird und die Klägerin sich im Gegenzug verpflichtet, für den Ausbau des C. s keine Anliegerbeiträge zu erheben und die Satzung aufzuheben. Mit Buchungsdatum von 28.07.2010 bzw. 30.07.2010 zahlten die Anlieger des C. s einschließlich der „J. Biogas“ insgesamt 84.514 € auf das Treuhandkonto bei der Volksbank F. eG ein.

In der Sitzung des Gemeinderats der Klägerin am 29.07.2010 informierte der damalige Bürgermeister, dass der C. mit Mitteln der GLL ausgebaut worden sei, in dem von der Samtgemeindeverwaltung ausgefüllten Förderantrag angegeben sei, dass die Gemeinde über keine Straßenausbaubeitragssatzung verfüge, und diese in den letzten Jahren nie angewendet worden sei. Um die Zuwendung nicht zu gefährden, beschloss der Gemeinderat, die Straßenausbaubeitragssatzung rückwirkend aufzuheben.

Der Gemeinderat der Klägerin beschloss in der Sitzung am 24.08.2010 – nachdem der damalige Bürgermeister darüber informiert hatte, dass die GLL die Zuwendung nach Prüfung der Unterlagen nicht zurückfordern werde, weil keine Zahlungen der Anlieger an die Gemeinde erfolgt seien –, dass für den Ausbau des C. s keine Straßenausbaubeiträge erhoben werden, und erklärte sich damit einverstanden, dass die Einzahler des Treuhandkontos den entrichteten freiwilligen Geldbetrag an die E. GmbH übertragen.

Die GLL hörte die Klägerin mit Schreiben vom 01.11.2010 zu einer möglichen Rückforderung der Zuwendung an. Durch Schreiben vom 23.11.2010 erklärte die Klägerin, dass keine Anliegerbeiträge eingenommen worden seien; sie sei dazu auch nicht berechtigt. Der Fördermittelantrag sei von der Samtgemeindeverwaltung bearbeitet und ausgedruckt worden. Das Geld auf dem „gemeinsamen Konto der Anlieger der C.“ sei auf andere Konten überwiesen worden; sie habe insofern keine Verfügungsmöglichkeiten mehr. Durch die von der GLL vorgegebenen Richtlinien hätten die diesbezüglichen Ratsbeschlüsse keine Bedeutung mehr.

Laut einem Vermerk der Sachbearbeiterin der GLL vom 24.11.2010 erklärte der ehemalige Bürgermeister der Klägerin, dass das „gemeinsame Konto der Anlieger C.“ am Tag zuvor aufgelöst und das Geld mit Zustimmung aller Einzahler an die „E. GmbH“ überwiesen worden sei.

Die Sachbearbeiterin des GLL hielt in einem Vermerk vom 10.12.2010 fest, dass eine Aufhebung des Zuwendungsbescheides nicht in Betracht komme, weil die Klägerin keine vorsätzlich falschen Angaben zu förderrelevanten Tatsachen gemacht habe. Es seien keine Anliegerbeiträge erhoben worden. Das Geld auf dem „gemeinsamen Konto der Anlieger C.“ sei im Einvernehmen mit den Einzahlern an die „E. GmbH“ überwiesen worden. Das Bestehen und die Anwendung einer Satzung nach NKAG seien keine förderrelevanten Tatsachen. Die Rechtmäßigkeit des Gemeindehandelns sei von der Zuwendungsbehörde nicht zu beurteilen.

Einem „Prüfprotokoll Ex-post-Kontrolle ZILE“ vom 31.01.2011 zufolge gab es im Rahmen der Kontrolle keine Beanstandungen, insbesondere keine Hinweise auf nicht bekannte Drittfinanzierungen.

Der Gemeinderat der Klägerin beschloss – nach Einholung eines Rechtsgutachtens bei ihren Prozessbevollmächtigten – in der Sitzung am 21.06.2011, die den Ausbau des C. s betreffenden Ratsbeschlüsse vom 15.06.2009, 11.08.2009 und 08.09.2009 aufzuheben, auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen für den Ausbau des C. s zu verzichten und eine Satzung zu erlassen, durch die die Straßenausbaubeitragssatzung mit Rückwirkung zum 31.12.2006 ersatzlos aufgehoben wird. Der Landkreis I. beanstandete die Aufhebungssatzung mit kommunalaufsichtsrechtlicher Verfügung vom 28.12.2011. Diese Verfügung hob die Kammer durch Urteil vom 10.07.2012 (1 A 11/12) auf; über den dagegen gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (9 LA 78/13, zuvor: 10 LA 96/12) noch nicht entschieden. Der Landkreis I. und die Klägerin vereinbarten, die Aufhebungssatzung vor dem Hintergrund des anhängigen Gerichtsverfahrens vorerst nicht zu veröffentlichen.

Mit Anklageschrift vom 03.07.2013 (1000 Js 10552/11) klagte die Staatsanwaltschaft Osnabrück unter anderem den ehemaligen Bürgermeister der Klägerin wegen Subventionsbetrugs an. Darin wird unter anderem ausgeführt: „Da die Ermittlungen ergeben haben, dass die Zahlungen von der Gemeinde aufgrund eines Ratsbeschlusses von den Anliegern mittels Ablösevereinbarungen zur Vermeidung einer Heranziehung nach der vorhandenen Straßenausbaubeitragssatzung eingetrieben worden sind, handelt es sich im formalen Sinne selbstverständlich um Straßenausbaubeiträge, so dass eine Rückforderungsberechnung geboten ist. Die Staatsanwaltschaft wird die LGLN Regionaldirektion Meppen über ihre Ermittlungsergebnisse entsprechend informieren.“ Das Strafverfahren ist derzeit beim Landgericht Osnabrück (NZS 2 KLs/1000 Js 10552/11 - 3/14) anhängig.

Durch Bescheid vom 11.09.2013 forderte der Rechtsvorgänger des Beklagten, das „Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen, Regionaldirektion Meppen“, von der Klägerin die geleistete Zuwendung in Höhe von 137.020 € zurück, schloss sie von der Beihilfegewährung für die Maßnahme 125 der ZILE-Richtlinie in den Kalenderjahren 2009 und 2010 aus und erhob eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 1.460 €. Zur Begründung führte er aus, dass aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Osnabrück vom 03.07.2013 hervorgehe, dass die Klägerin von den Anliegern des C. s Beiträge mittels Ablösungsvereinbarungen zur Vermeidung einer Heranziehung nach der entgegen ihrer Angaben im Antrag vom 24.10.2007 vorhandenen Straßenausbaubeitragssatzung eingetrieben habe, ohne ihrer Mitteilungsplicht nachzukommen. Seitens der Markgemeinde, der J. Biogasanlage und verschiedener An- und Hinterlieger seien insgesamt 144.514 € an freiwilligen Ablösungszahlungen erbracht worden, die bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen der Zuwendung hätten in Ansatz gebracht werden müssen. Daher lägen vorsätzlich falsche Angaben und absichtliche Verstöße i.S.d. Art. 30 Abs. 2 VO (EG) Nr. 65/2011 vor, um eine Zuwendungshöhe zu erzielen, die diese Leistungen Dritter unberücksichtigt lasse. Der Bescheid vom 25.03.2009 i. F.v. 13.11.2009 sei daher gemäß § 48 Abs. 2 VwVfG zurückzunehmen und der ausgezahlte Betrag nach § 49a Abs. 1 VwVfG zu erstatten.

Die Klägerin hat am 04.10.2013 Klage erhoben und trägt vor, dass der Beklagte ihr Recht auf Anhörung verletzt habe. Das mit dem Anhörungsschreiben vom 01.11.2010 eingeleitete Verfahren sei abgeschlossen gewesen, weil der Beklagte zwischenzeitlich zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine Rückforderung nicht in Betracht komme, wie sich aus dem Vermerk der GLL vom 10.12.2010 und der durchgeführten Ex-Post-Kontrolle ZILE im Januar 2011 ergebe. Der Rückforderungsbescheid sei nach Anforderung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Osnabrück ohne erneute Anhörung ergangen, obwohl sich der Bescheid auf erst im Juli 2013 bekannt gewordene Umstände berufe.

Weiterhin sei die einjährige Rücknahmefrist abgelaufen. Der Beklagte habe bereits im Jahr 2010 Kenntnis von der freiwilligen Zahlung der Markgemeinde in Höhe von 60.000 € gehabt und dies im Vermerk 10.12.2010 auch rechtlich gewürdigt. Die Sachbearbeiterin des Beklagten habe zumindest im November 2011 vollumfänglich Kenntnis vom Sachverhalt gehabt, wie sich aus den Blättern 239 und 240 des Verwaltungsvorgangs ergebe. Eine rechtlich möglicherweise unzutreffende Schlussfolgerung hindere den Beginn des Fristlaufs nicht.

Darüber hinaus sei die Behauptung des Beklagten, dass freiwillige Ablösungszahlungen von den Anliegern für den Ausbau des C. s erbracht und dafür in Höhe von 144.514 € verwandt worden seien, tatsächlich und rechtlich nicht zutreffend. Wirksame Ablösungsvereinbarungen existierten nicht. Nicht schriftlich abgeschlossene Ablösungsvereinbarungen seien nichtig. Die auf das „gemeinsame Konto der Anlieger C.“ gezahlten Gelder seien an die „E. GmbH“ weitergeleitet worden. Dabei handele es sich um freiwillige Zahlungen der Anlieger an einen Dritten. Weder sie noch ihr damaliger Bürgermeister hätten eine Kontovollmacht besessen.

Des Weiteren sei es rechtlich gar nicht möglich gewesen, mit den Anliegern Ablösungsvereinbarungen zu schließen. Zum einen sei ihre Straßenausbaubeitragssatzung durch Ratsbeschluss vom 21.06.2011 rückwirkend zum 31.12.2006 aufgehoben worden. Zum anderen habe diese Satzung keine Rechtsgrundlage für den Abschluss von Ablösungsverträgen enthalten, was jedoch zwingende Voraussetzung hierfür sei. Etwaige Ablösungsverträge wären daher ohne Weiteres nichtig gewesen. Dementsprechend habe sie auch nicht mittels Ablösungsvereinbarungen Straßenausbaubeiträge eingetrieben.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 11.09.2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend vor, dass der damalige Bürgermeister der Klägerin die Ablösungszahlungen zur Verschleierung anstatt in den Gemeindehaushalt auf ein privates Konto habe einzahlen lassen. Die Einzahler seien in Unkenntnis hiervon davon ausgegangen, Anliegerbeiträge an die Klägerin zu zahlen. Für die Rückforderung genüge bereits die Möglichkeit, dass unrichtige Angaben zur unrechtmäßigen Zahlung von EU-Mitteln geführt hätten. Die Rückforderung greife nicht erst dann ein, wenn der Gemeinschaft ein finanzieller Schaden entstanden sei. Die rückwirkende Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung könne vorsätzliche Falschangaben nicht ungeschehen machen. Weiterhin komme es auf die rechtliche Qualifizierung der Einnahmen, beispielsweise als Ablösungsvereinbarungen, nicht an; entscheidend sei vielmehr allein das Verschweigen förderrelevanter Einnahmen.

Das Gemeinschaftsrecht schließe auf nationalem Recht beruhenden, weitergehenden Vertrauensschutz aus, weshalb sich die Klägerin nicht auf den Fristablauf nach § 48 Abs. 4 VwVfG berufen könne. Außerdem sei diese Frist im Falle des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG nicht anwendbar. Zudem habe er erst durch die Anklageschrift vollständige Tatsachenkenntnis, insbesondere hinsichtlich der Höhe der von den Anliegern gezahlten förderrelevanten Einnahmen, erhalten. Bis dahin sei er davon ausgegangen, dass die Zahlung der Markgemeinde in Höhe von 60.000 € keinen tatsächlichen Zusammenhang mit der Fördermaßnahme gehabt habe, sondern zur Finanzierung der E. GmbH gedacht gewesen sei. In diesem Sinne habe sich die Klägerin im Antrag, im Verwendungsnachweis, in der mündlichen Anhörung am 20.07.2010 und im Schreiben vom 23.11.2010 eingelassen. Darüber hinaus sei positive Kenntnis der vollständigen Tatsachen sowie der Rechtswidrigkeit, mithin Entscheidungsreife, für den Fristbeginn erforderlich.

Ein Verstoß gegen das Anhörungsrecht sei nicht gegeben. Die Klägerin sei am 20.07.2010 mündlich und mit Schreiben vom 23.11.2010 schriftlich angehört worden. Zudem habe seine Sachbearbeiterin den Bürgermeister der Klägerin am 12.09.2013 telefonisch über die Rückforderung informiert. Abgesehen davon hätte von einer erneuten Anhörung wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ohnehin abgesehen werden können. Jedenfalls werde eine unterbliebene Anhörung mit dem Klageverfahren nachgeholt und geheilt.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

A. Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundlage (vgl. Nds. OVG, U. v. 11.03.2010, 8 LB 43/08, juris Rn. 35-36) stellt die nationale Regelung des § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG hier die Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Zuwendungsbescheids vom 25.03.2009 in der Fassung des Festsetzungsbescheids vom 13.11.2009 dar. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er im Erlasszeitpunkt gegen geltendes Recht verstößt (vgl. Nds. OVG, a.a.O., juris Rn. 37; Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 48 Rn. 49).

Hier fehlt es bereits an der Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen Verwaltungsakts im Erlasszeitpunkt. Die Klägerin hat zwar in dem am 24.10.2007 unterschriebenen Zuwendungsantrag unter Nr. 4 „Finanz- und haushaltswirtschaftliche Auswirkungen“ falsche Angaben zum Vorhandensein einer Straßenausbaubeitragssatzung gemacht, indem sie erklärte, dass eine solche nicht bestehe. Tatsächlich verfügt die Klägerin über eine am 11.11.1988 beschlossene und seitdem unverändert fortgeltende Straßenausbaubeitragssatzung (SABS). Ob auch die Erklärung der Klägerin, dass keine Anliegerbeiträge erhoben würden, unzutreffend ist, kann die Kammer offen lassen. Die Klägerin hat auf der einen Seite keine Straßenausbaubeiträge im formellen Sinne, d.h. durch Bescheid (vgl. § 8 SABS), erhoben. Auf der anderen Seite hat sie allerdings – in der SABS nicht vorgesehene – „Ablösungsvereinbarungen“ mit dem überwiegenden Anteil der grundsätzlich beitragspflichtigen Anlieger geschlossen und somit von einem im Förderantrag angabepflichtigen Substitut Gebrauch gemacht.

Jedoch sind diese unzutreffenden bzw. unvollständigen Angaben im konkreten Fall keine förderrelevanten Tatsachen. Sowohl der streitgegenständliche Zuwendungs- als auch der Festsetzungsbescheid hätten keine anderen Regelungen enthalten, wenn die Klägerin richtige Angaben über das Vorhandensein ihrer Straßenausbaubeitragssatzung, die Absicht, „Ablösungsvereinbarungen“ abzuschließen, und deren Gesamtumfang gemacht hätte. Ein Kausalzusammenhang besteht weder zwischen den Angaben und der Zuwendungshöhe noch zwischen den Angaben und dem Inhalt der ergangenen Nebenbestimmungen.

a. Die Rechtswidrigkeit i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts, d.h. auf die Regelung i.S.d. § 35 Satz 1 VwVfG, – hier: die Zuwendungsgewährung in Höhe von 137.020 € sowie die erlassenen Nebenbestimmungen – und nicht auf dessen Begründung (vgl. Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 48 Rn. 51). Daraus folgt, dass nicht jegliche Falschangaben im Förderantrag, sondern nur solche, die im konkreten Fall eine andere Regelung über die Zuwendung zur Folge haben, für eine Rücknahme genügen. Dementsprechend ist nicht entscheidend, ob Falschangaben im Zusammenhang mit der Straßenausbaubeitragserhebung – abstrakt betrachtet – möglicherweise Auswirkungen auf die Förderhöhe haben können. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn darüber getäuscht wird, dass Anliegerzahlungen beigetrieben werden, die mangels einer Straßenausbaubeitragssatzung als abzusetzende Drittleistungen zu werten sein könnten, oder die Summe aus der Zuwendung und den Anliegerzahlungen die Ausbaukosten übersteigt. Dieser potentielle Kausalzusammenhang bedeutet aber gerade nicht, dass die Zuwendungsregelungen bei Zugrundelegung des tatsächlichen Sachverhalts in jedem Fall – und damit zwangsläufig auch im konkreten Fall – anders ausgefallen wären.

Die hier anwendbare (vgl. Art. 34 Abs. 1 Satz 2 VO (EU) Nr. 65/2011) Sanktionsregelung des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 1975/2006 setzt ebenfalls falsche Angaben über (konkret) förderrelevante Tatsachen voraus (vgl. Nds. OVG, B. v. 17.06.2008, 8 LA 123/07, juris Rn. 7). Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Sanktionsregelung des Art. 11 Abs. 1 VO (EWG) 3665/87 bei falschen Angaben in Ausfuhranmeldungen (vgl. EuGH, E. v. 14.04.2005, C-385/03, juris 34-35), wonach dort unter Hinweis auf die 3. Begründungserwägung der Verordnung die bloße Möglichkeit ausreicht, dass unrichtige Angaben zu einer unrechtmäßigen Zahlung führen, hat kein anderes Ergebnis zur Konsequenz, wobei dahingestellt bleiben kann, ob diese Rechtsprechung überhaupt auf die hier streitgegenständlichen Subventionen für den ländlichen Wegebau übertragbar ist. Denn der Europäische Gerichtshof stellt in seiner Entscheidung darauf ab, ob die falschen Angaben bei Erkenntnis des wahren Sachverhalts unrechtmäßige Zahlungen zur Folge gehabt haben können. Diese Voraussetzung ist in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall gegeben gewesen, weil das betroffene Unternehmen, obwohl es die Auszahlung der Ausfuhrerstattung nicht beantragt und daher auch keine Zahlung erhalten hatte, falsche Angaben gemacht hatte, die einen höheren Erstattungsbetrag nach sich gezogen hätten. Im vorliegenden Fall hätten die Falschangaben jedoch keinen höheren Zuwendungsbetrag als bei Kenntnis des wahren Sachverhalts durch die GLL nach sich ziehen können.

b. Die mangelnde Kausalität zwischen der festgesetzten Zuwendungshöhe und den falschen Angaben ergibt sich daraus, dass Anliegerbeiträge gemäß der vom Ministerium erlassenen und für den Beklagten bindenden Verwaltungsvorschriften nicht abzusetzende Eigenleistungen der Gemeinde und damit keine abzusetzenden Leistungen Dritter darstellen. Nr. 8.1.5.2 der „Besonderen Dienstanweisung zur Finanzierung (BDA) der gemeinsamen Agrarpolitik und für das Rechnungsabschlussverfahren des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)“ des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung vom 14.05.2008 regelt insoweit:

„Anliegerbeiträge, die von einer Gemeinde nach ihren Satzungen erhoben werden, sind zuwendungsrechtlich als Eigenleistung der Gemeinde zu bewerten. Sie stellen keine Leistungen Dritter dar und sind demzufolge nicht bei der Bemessung der zuwendungsfähigen Ausgaben abzusetzen.

Dabei ist die Art der Erhebung, bspw. Vereinbarungen, freiwillige Zahlungen durch Anlieger (auch über deren nach Satzung bestehende Beitragspflicht hinaus) unbedeutend. Maßgeblich ist, ob die Gemeinde gegenüber den Anliegern einen grundsätzlich öffentlich-rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Beitragszahlung hat. In welcher Weise wiederum sich die Anlieger oder eine Anliegergemeinschaft die Beträge teilen, ist zuwendungsrechtlich nicht von Belang.

Dies bedeutet auch, dass in Gemeinden ohne Beitragssatzung nach NKAG Einnahmen in Zusammenhang mit Fördermaßnahmen nach den Regeln für Drittmittel zu behandeln sind.

Die Gemeinde muss innerhalb eines Jahres, spätestens zum 31.12. des Folgejahres, den Nachweis über die Einnahmen aus Anliegerbeiträgen führen bzw. nachweisen, zu welchen Zahlungen sie die Anlieger herangezogen hat.

Um sicherzustellen, dass diese Vorgaben eingehalten werden und auch, dass die Anlieger weiterhin in entsprechendem Maße an der Zuwendung teilhaben, ist folgende Nebenbestimmung in die infrage kommenden Zuwendungsbescheide aufzunehmen:

‚Sofern zur Refinanzierung der Ausgaben des zu fördernden Projekts Anlieger- bzw. Straßenausbeiträge erhoben werden, erfolgt die Förderung unter der Bedingung, dass mit der bewilligten Zuwendung der beitragsfähige Aufwand vor seiner Verteilung auf die Gemeinde und Anlieger zu vermindern ist.

Eine entsprechende Berechnung der zu erhebenden Anlieger- bzw. Straßenausbaubeiträge ist mir bis zum 31.12.2xxx nachzuweisen.

Wird der Nachweis nicht erbracht, behalte ich mir vor, den Zuwendungsbescheid zu widerrufen und bereits ausgezahlte Zuwendungen zurückzufordern.

Für den Fall, dass die festgesetzten Anlieger- bzw. Straßenausbaubeiträge und die Zuwendungen höher als die Ausbaukosten sein sollten, wird die Zuwendung um den Betrag gekürzt, um den die Einnahmen und die festgesetzten Beträge die Ausbaukosten übersteigen.‘“

Dementsprechend reduzieren sich die zuwendungsfähigen Ausgaben durch jegliche Art von Zahlungen nicht, die Anlieger tätigen, um ihrer Beitragspflicht aus einer geltenden Straßenausbaubeitragssatzung der Gemeinde zu genügen. Die Kammer hat keine Zweifel daran, dass die Anlieger des C. s die Zahlungen auf das Treuhandkonto in der Absicht getätigt haben, der von ihnen angenommenen Beitragspflicht zu genügen. Das ergibt sich zweifelsfrei aus der laut Vermerk zwischen dem 19.07.2010 und dem 23.07.2010 unterschriebenen „Einverständniserklärung“, in der sich die Klägerin im Gegenzug zum Einverständnis mit der Verwendung des Geldes für die „E. GmbH“ verpflichtet hat, keine Anliegerbeiträge zu erheben und ihre Straßenausbaubeitragssatzung aufzuheben. Aus dieser Verknüpfung wird deutlich, dass die Anlieger die Zahlungen geleistet haben, um ihrer straßenausbaubeitragsrechtlichen Zahlungspflicht zu genügen. Auch das Schreiben der Klägerin vom 03.05.2010 an die Markgemeinde G. lässt klar erkennen, dass die Zahlung der 60.000 € im Zusammenhang mit dem Straßenausbau erfolgen sollte.

Unerheblich ist, ob die „Ablösungsvereinbarungen“ bzw. die von den Anliegern unterzeichnete „Einverständniserklärung“ wirksam gewesen sind und ob die seit dem 11.11.1988 unverändert geltende Straßenausbaubeitragsatzung eine rechtlich einwandfreie Grundlage für eine Beitragserhebungen mittels Bescheid geboten hätte. Nr. 8.1.5.2 BDA stellt insofern ausdrücklich klar, dass die Art der Erhebung unbedeutend ist und lediglich ein „grundsätzlich“ öffentlich-rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Beitragszahlung bestehen muss. Entscheidend ist danach allein, ob das geltende gemeindliche Satzungsrecht dem Grunde nach die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen erlaubt. Selbst wenn Teilregelungen – wie beispielsweise der Beitragsmaßstab in § 5 SABS – unwirksam sein sollten, so könnte die Klägerin ihre SABS gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 NKAG rückwirkend heilen, weil ein gleichartiger Regelungsversuch in der Vergangenheit den Vertrauensschutz darauf nimmt, von einer mit Rückwirkung versehenen Neuregelung verschont zu bleiben (vgl. BVerfG, B. v. 03.09.2009, 1 BvR 2384/08, juris Rn. 20).

Ebenfalls ohne Bedeutung für die Einordnung der Anliegerzahlungen ist der Umstand, dass diese letztlich nicht dem Gemeindehaushalt zugeflossen sind, sondern zunächst auf ein Treuhandkonto eingezahlt und später an die „E. GmbH“ weitergeleitet worden sind. Das ändert an der Zweckbestimmung der Anliegerzahlungen für den Straßenausbau nichts. Das Treuhandkonto ist der Sphäre der Klägerin zuzurechnen. Die Einzahlungen darauf sind von ihrem ehemaligen Bürgermeister veranlasst worden und haben daher ihrem ausdrücklich geäußerten Willen entsprochen. Wie sich aus der von den Anliegern unterzeichneten „Einverständniserklärung“ und dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 24.08.2010 ergibt, hat die Klägerin entscheidenden Einfluss auf die Verwendung des Guthabens gehabt. Die Weiterüberweisung des der klagenden Gemeinde zustehenden Geldes an die „E. GmbH“ mag zwar gegebenenfalls – was allerdings hier nicht abschließend zu bewerten ist – strafrechtlich eine Untreue zu Lasten der Gemeinde darstellen. Das ist hier jedoch ohne Belang, weil es sich dabei um eine Folgeentscheidung des früheren Gemeinderats bzw. des ehemaligen Bürgermeisters über die weitere Verwendung von der Gemeinde zustehenden Mitteln handelt. Abgesehen davon würde, selbst wenn das Treuhandkonto nicht der Sphäre der Klägerin zuzurechnen wäre, dies zu keinem anderen Ergebnis führen, weil es sich dann jedenfalls nicht um abzusetzende Drittmittel, die der Klägerin für den Straßenausbau zugeflossen sind, sondern schlicht um sonstige Zahlungen an einen Dritten – die „E. GmbH“ – handeln würde.

c. Weiterhin haben die unzutreffenden Angaben über das Vorhandensein der Straßenausbaubeitragssatzung und das Verschweigen der Absicht, „Ablösungsvereinbarungen“ abzuschließen, keine Auswirkungen auf den Inhalt der Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheids vom 25.03.2009 gehabt, weil die GLL in Bezug auf Straßenausbaubeiträge die standardisierten Nebenbestimmungen der Nr. 8.1.5.2 BDA fast wortgleich unter Nr. 6.13 übernommen hat. Diese Nebenbestimmungen sind von vorneherein für den Eventualfall der Beitragserhebung ohne Rücksicht darauf formuliert, ob der Zuwendungsempfänger tatsächlich über eine Straßenausbaubeitragssatzung verfügt und auf deren Grundlage Beiträge erhebt.

Ferner übersteigen die Anliegerzahlungen (144.514 €) und die Zuwendung (137.020 €) zusammen genommen nicht die Ausbaukosten (323.264,44 €), so dass die Kürzungsbestimmung des letzten Absatzes der im Zuwendungsbescheid vom 25.03.2009 unter Nr. 6.13 enthaltenen Nebenbestimmung unabhängig davon nicht zur Anwendung kommt, welcher Rechtsnatur sie ist (zur Berechnungsweise vgl. eMail der GLL vom 22.12.2011, Bl. 250 VV).

2. Die Kammer kann offen lassen, ob die rückwirkende Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung der Klägerin im Hinblick darauf zur Rechtswidrigkeit des Zuwendungs- und des Festsetzungsbescheides führen würde, dass die Anliegerzahlungen dann nicht mehr als Eigenleistungen, sondern als abzusetzende Drittmittel mit der Folge einzustufen wären, dass sich die Zuwendungshöhe reduziert (zur Rücknahme nachträglich rückwirkend rechtswidrig gewordener Verwaltungsakte vgl. BVerwG, U. v. 16.11.1989, 2 C 43/87, juris Rn. 18; Bay. VGH, B. v.17.01.2008, 3 BV 04.1452, juris Rn. 39; Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 48 Rn. 54). Die in der Sitzung des Gemeinderats der Klägerin vom 21.06.2011 beschlossene Aufhebungssatzung ist – bestätigt durch die Auskunft des Landkreises I. vom 23.06.2014 – vor dem Hintergrund des beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht anhängigen, die kommunalrechtliche Beanstandung dieser Aufhebungssatzung betreffenden Berufungszulassungsverfahrens 9 LA 78/13 (zuvor 10 LA 96/12) noch nicht im Amtsblatt des Landkreises I. verkündet worden, so dass die Straßenausbaubeitragssatzung der Klägerin vom 11.11.1988 weiterhin Geltung beansprucht (vgl. § 10 Abs. 3 NKomVG).

3. Die im streitgegenständlichen Bescheid enthaltene Rücknahme kann auch nicht in einen Widerruf i.S.d. § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 49 Abs. 2 bzw. 3 VwVfG umgedeutet werden.

Ein Fall der Zweckverfehlung i.S.d. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG ist nicht gegeben; es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin die Zuwendung nicht für den im Zuwendungsbescheid vorgesehenen Zweck, Ausbau des Wirtschaftswegs „C.“, verwendet hat.

Auf den im Zuwendungsbescheid vorgesehenen Widerrufsvorbehalt für den Fall der Nichterbringung des Nachweises über die endgültige Festsetzung der Straßenausbaubeiträge lässt sich eine Umdeutung ebenfalls nicht stützen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Falle eines in Subventionsbescheiden enthaltenen Widerrufsvorbehalts der für Auflagen vorgesehene § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG analog anzuwenden ist (vgl. Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 36 Rn. 80) und ob § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG auf den Fall des Widerrufs mit Wirkung für die Zukunft gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwVfG – entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut – entsprechend anwendbar ist (vgl. Stelkens / Bonk / Sachs, a.a.O., § 49a Rn. 19-20; aA: Mann / Sennekamp / Uechtritz, VwVfG, 49a Rn 15-18). Eine derartige Umdeutung scheitert jedenfalls daran, dass der angegriffene Bescheid die für einen solchen Widerruf maßgeblichen Ermessensgesichtspunkte nicht enthält (vgl. BVerwG, U. v. 29.10.2008, 6 C 38/07, juris Rn. 61). Der angegriffene Bescheid ist auf falsche Angaben im Förderantrag und nicht auf die Verletzung der Pflicht zur Nachweiserbringung über die Festsetzung der Straßenausbaubeiträge gestützt. Insbesondere bedürfte es Erwägungen dazu, ob es überhaupt noch eines solchen Nachweises bedarf und ob die Klägerin vor einem Widerruf zunächst dazu aufzufordern ist, die Vorlage des Nachweises nachzuholen. Dabei dürfte vor allem zu berücksichtigen sein, dass dem Beklagten auf Grund der von der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück am 23.11.2011 erstellten und am selben Tag per eMail übermittelten Übersicht (Bl. 249 VV) die Höhe der Anliegerzahlungen ohnehin bekannt ist. Ein Widerruf wäre daher nicht mehr geeignet, einer mangels Mitwirkung der Klägerin bei der Nachweiserbringung vom Beklagten nicht überprüfbaren, potentiellen Überzahlung vorzubeugen. Den im Verwaltungsvorgang enthaltenen Dokumenten lässt sich auch ohne einen solchen Nachweis entnehmen, dass gerade keine Überzahlung eingetreten ist, weil – wie bereits ausgeführt – die Anliegerzahlungen zusammen mit der Zuwendung die Ausbaukosten nicht übersteigen. Ein solcher Widerruf steht – anders als etwa ein Widerruf wegen Zweckverfehlung (vgl. BVerwG, U. v. 16.06.1997, 3 C 22/96, juris Rn. 16) – auch nicht im intendierten Ermessen der Zuwendungsbehörde, weil es sich hier nicht um eine von vorneherein feststehende Fehlallokation von Haushaltsmitteln handelt.

4. Die Rechtswidrigkeit der Rücknahme hat auch die Rechtswidrigkeit der auf § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG gestützten Erstattung, der Sanktionsregelung des Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) Nr. 1975/2006 und der auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKG i.V.m. § 1 Abs. 1, Anlage Nr. 75 AllGO beruhenden Verwaltungsgebühr zur Folge.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.