Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 07.06.2010, Az.: 11 A 1230/09

Erforderlichkeit der Rücknahme einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 Bundesvertriebenengestz (BVFG) noch vor Erteilung einer Bescheiningung nach § 15 Abs. 1 BVFG; Umdeutung des Antrags eines Bürgers auf Rücknahme einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG in einen Antrag auf eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ; Pflicht zur Aufhebung eines Bescheids bei Verweis einer Behörde auf die Bestandskraft einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
07.06.2010
Aktenzeichen
11 A 1230/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 17544
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2010:0607.11A1230.09.0A

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG muss nicht zurückgenommen werden, bevor eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG erteilt werden kann.

  2. 2.

    Hat die Behörde eine andere Auffassung vertreten und stellt der Bürger daraufhin einen Antrag auf Rücknahme der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG, ist dies in der Regel als Antrag auf eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zu werten.

  3. 3.

    Verweist die Behörde dennoch lediglich auf die Bestandskraft der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG, ist dieser Bescheid aufzuheben.

  4. 4.

    Eine Entscheidung, ob die Kläger Spätaussiedler sind, kommt im vorliegenden Verfahren nicht mehr in Betracht, da insoweit nur noch das Bundesverwaltungsamt zuständig ist.

Tatbestand

Die 1989 geborene Klägerin zu 1. und der 1979 geborene Kläger zu 2. sind Geschwister. Sie wurden in Russland geboren und sind dort auch zunächst aufgewachsen. Ihre Eltern stellten mit Schreiben vom 25. Mai 1992 beim Bundesverwaltungsamt einen Antrag auf Aufnahme nach § 27 Abs. 1 BVFG. In dem hierzu am 4. November 1993 beim Bundesverwaltungsamt ergänzend eingegangenen Sprachfragebogen gaben die Eltern an, die Kläger hätten im Elternhaus ab ihrem zweiten Lebensjahr sowohl Deutsch als auch Russisch gesprochen. Die deutsche Sprache hätten sie von Eltern und Großeltern gelernt. Der Kläger zu 2. verstehe auf Deutsch fast alles, spreche ausreichend Deutsch für ein einfaches Gespräch und könne auch Deutsch schreiben. Die Klägerin zu 1. verstehe zwar alles, spreche aber nur einzelne Wörter Deutsch und könne nicht Deutsch schreiben.

Am 25. April 1995 erließ das Bundesverwaltungsamt einen Aufnahmebescheid, in dem die Eltern der Kläger als Spätaussiedler nach § 4 BVFG und die Kläger als Abkömmlinge von Spätaussiedlern nach § 7 Abs. 2 BVFG aufgeführt werden.

Am 15. Juli 1995 reisten die Kläger mit ihrem Vater nach Deutschland ein; die Mutter war zuvor in Russland verstorben. Auf Antrag des Vaters vom 26. Juli 1995 stellte die Beklagte den Klägern am 5. Oktober 1995 Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG als Abkömmlinge eines Spätaussiedlers und dem Vater eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG aus.

Unter dem 29. November 1995 verfasste der Vater der Kläger ein mit "Widerspruch" überschriebenes Schreiben an die Beklagte, das aber zunächst als Irrläufer an die LVA OldenburgBremen gelangte und erst am 28. Dezember 1995 bei der Beklagten einging. Darin fordert der Vater, dass den Klägern Spätaussiedlerbescheinigungen nach § 15 Abs. 1 BVFG ausgestellt werden, da innerhalb der Familie Deutsch gesprochen wurde und immer noch werde. Mit Bescheid vom 19. Februar 1996 wies der Landkreis Oldenburg den Widerspruch als unzulässig zurück, da er erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist erhoben worden sei. Spätere Bitten des Vaters der Kläger vom 4. März 1997 und 15. März 1999, den Klägern Spätaussiedlerbescheinigungen nach § 15 Abs. 1 BVFG auszustellen, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 23. Mai 1997 bzw. 18. März 1999 unter Hinweis auf die Bestandskraft der Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG ab.

Am 6. Oktober 2008 beantragten die Kläger bei der Beklagten die Rücknahme der Bescheinigungen vom 5. Oktober 1995, insoweit, als sie lediglich als Abkömmlinge eines Spätaussiedlers im Sinne des § 7 Abs. 2 BVFG anerkannt wurden, sowie ihre Anerkennung als Spätaussiedler gemäß § 4 BVFG. Sie hätten bereits im Oktober 1995 alle Voraussetzungen für die Anerkennung als Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG erfüllt. Insbesondere sprachen sie schon damals ausreichend Deutsch, wie sich aus den Angaben im Rahmen des Aufnahmeverfahrens ergebe. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar, da die Kläger damals nie persönlich bei ihr vorgesprochen hätten. Zum weiteren Beweis der Sprachkenntnisse wurden verschiedene Schulzeugnisse bzw. Bescheinigungen von Schulen sowie das Ergebnis der Schulreifeuntersuchung der Klägerin zu 1. vorgelegt. Der Kläger zu 2. sei damals nicht wegen fehlender Deutschkenntnisse in eine Förderschule geschickt worden, sondern wegen Gewalt- und Integrationsproblemen. Es könnten auch noch Zeugen für die Sprachkenntnisse der Kläger im Jahre 1995 benannt werden.

Mit Bescheid vom 19. März 2009 lehnte die Beklagte nach Anhörung der Kläger eine Rücknahme der Bescheinigungen vom 5. Oktober 1995 ab. Wiederaufgreifensgründe nach § 51 VwVfG lägen nicht vor. Eine Rücknahme der Bescheinigungen nach § 48 VwVfG komme nicht im Betracht, da diese Bescheinigungen jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig seien. Mehr als 13 Jahre nach Eintritt ihrer Bestandskraft sei das Vertrauen in den Fortbestand der Bescheinigungen höher zu bewerten als das Interesse der Kläger an einer neuen Sachentscheidung.

Die Kläger haben am 20. April 2009 Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, dass eine Berufung auf die Bestandskraft der Bescheinigungen vom 5. Oktober 1995 schlechthin unerträglich bzw. treuwidrig wäre. Die Beklagte habe damals lediglich "auf blauen Dunst" und entgegen aller anderslautenden Indizien hinreichende Sprachkenntnisse der Kläger verneint.

Die Kläger haben ursprünglich beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag der Kläger vom 6. Oktober 2008 auf Rücknahme der Bescheinigungen vom 5. Oktober 1995 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Nach einem gerichtlichen Hinweis haben die Kläger am 17. Mai 2010 den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt, als sie die Rücknahme der Bescheinigungen vom 5. Oktober 1995 begehrten.

Sie beantragen nunmehr,

den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2009 aufzuheben.

Die Beklagte hat sich der teilweisen Erledigungserklärung angeschlossen und beantragt im Übrigen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie darauf, dass keine Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ersichtlich seien. Eine bloße Aufhebung des Bescheides vom 19. März 2009 ohne erneute Sachentscheidung komme ebenfalls nicht in Betracht, weil es dann an einer Entscheidung über den Antrag vom 6. Oktober 2008 fehlen würde.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren analog § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Im Übrigen ist die Klage begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. März 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte hätte den Antrag der Kläger vom 6. Oktober 2008 nicht unter Verweis auf die Bestandskraft der Bescheinigungen vom 5. Oktober 1995 ablehnen dürfen. Der Antrag vom 6. Oktober 2008 war vom Verfahrensbevollmächtigten der Kläger zwar auch als Rücknahmeantrag nach § 48 VwVfG bzw. § 44 SGB X formuliert worden. Daneben wurde aber ausdrücklich der weitere Antrag gestellt, die Kläger als Spätaussiedler anzuerkennen. Es musste sich der Beklagten aufgrund des gesamten Antragsvorbringens und der Vorgeschichte geradezu aufdrängen, dass es den Klägern in erster Linie um die Ausstellung von Spätaussiedlerbescheinigungen nach § 15 Abs.

1

BVFG ging. Die Rücknahme der Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG wurde nur deswegen (zusätzlich) beantragt, weil die Beklagte seit 1997 mehrfach die Auffassung vertreten hatte, die Bestandskraft der Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG stehe der Ausstellung neuer Bescheinigungen nach § 15 Abs. 1 BVFG entgegen.

Bei zutreffender rechtlicher Betrachtung hätten die bestandskräftigen Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG vom 5. Oktober 1995 die Beklagte aber nicht gehindert, über den Antrag der Kläger auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG in der Sache zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung des Nds. OVG kann der Inhaber einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG nämlich ohne Weiteres einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG stellen, ohne dass es der vorherigen Rücknahme der "alten" Bescheinigung bedarf. Anders verhält es sich nur, wenn ausdrücklich ein negativer Bescheid zu § 15 Abs. 1 BVFG ergangen ist (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8. April 2004 - 13 PA 66/04 -, [...]). Das Bundesverwaltungsgericht scheint im Ergebnis derselben Ansicht zu sein. Denn es hat im Urteil vom 5. Juli 2007 - 5 C 30/06 -, NVwZ-RR 2007, 814 ff., das dieselbe Fallkonstellation betraf, den Anspruch des Klägers auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG in der Sache "durchgeprüft", ohne auch nur zu erwägen, ob zunächst die bestandskräftige "alte" Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG zurückgenommen werden müsste. Der Ansicht, dass es vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG einer Rücknahme der alten Bescheinigung zu § 15 Abs.

2

BVFG bedarf, scheint lediglich das VG Freiburg zu sein (Urteil vom 17. März 2010 - 2 K 1107/08 -, [...]), welches sich aber nicht mit der entgegenstehenden Rechtsprechung des Nds. OVG oder des BVerwG auseinandersetzt und daher den erkennenden Einzelrichter nicht zu überzeugen vermag.

Daher bedurfte es hier gar keiner Rücknahme der Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG vom 5. Oktober 1995, damit die Kläger ihr eigentliches Ziel - die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG - erreichen können. Denn dem Verwaltungsvorgang ist nicht zu entnehmen, dass 1995 ein ablehnender Bescheid der Beklagten zur Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG für die Kläger ergangen ist. Zwar deuten Bl. 21, 23 f. des damaligen Verwaltungsvorgangs darauf hin, dass die Beklagte intern Erwägungen dazu angestellt hat, ob die Kläger Spätaussiedler sind und namentlich die hierfür erforderlichen Sprachkenntnisse haben - auch wenn sich aus der Akte nicht ergibt, auf welchen Erkenntnissen der Sachbearbeiterin diese Erwägungen fußten. Ein Verwaltungsakt hat aber nach § 43 Abs. 1 Satz 2 VwVfG immer nur den Inhalt, mit dem er bekannt gegeben wurde. Dass den (damals noch durch ihren Vater gesetzlich vertretenen) Klägern jemals ein förmlicher, insbesondere mit einer Begründung und einer Rechtsbehelfsbelehrung versehener Bescheid zur Ablehnung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG bekannt gegeben wurde, geht aus dem Verwaltungsvorgang nicht hervor. Bl. 25 f. und Bl. 47 des Verwaltungsvorgangs legen vielmehr die Annahme nahe, dass dem Vater der Kläger damals lediglich für sich selbst eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG und für die Kläger zwei Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG übergeben wurden, nicht aber ein Ablehnungsbescheid zu § 15 Abs. 1 BVFG für die Kläger. Ein solcher Ablehnungsbescheid hätte auch gar nicht erlassen werden dürfen. Denn nach der damaligen Fassung des § 15 Abs. 1 BVFG wurden Spätaussiedlerbescheinigungen ausdrücklich nur auf Antrag ausgestellt. Der Vater der Kläger hat bei richtiger Auslegung seines Antrags vom 26. Juli 1995 aber von vornherein für die Kläger nur die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG beantragt, und nicht die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass er in dem Antragsformular nur sich selbst als Antragsteller nach § 15 Abs. 1 BVFG eingetragen hat, während er die Personalien der Kläger lediglich in die Spalte " Nur ausfüllen, wenn ihre Kinder/ Enkel eine Bescheinigung als Abkömmling eines Spätaussiedlers erhalten sollen" eintrug. Auch der dem Antrag beigefügte Aufnahmebescheid führte die Kläger lediglich als Abkömmlinge von Spätaussiedlern auf. Die Beklagte hat den Antrag des Vaters der Kläger offenbar ebenfalls so verstanden. Denn auf S. 1 ihres Bescheides vom 19. März 2009 stellte sie den Sachverhalt folgendermaßen dar:

"Am 26.07.1995 stellte der Vater Ihrer Mandanten den mit 25.07.1995 datierten Antrag, ihm eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG als Spätaussiedler, und Ihren Mandanten eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG als Abkömmlinge eines Spätaussiedlers auszustellen." Da also der Vater für die Kläger nur eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG beantragt hatte, konnte die Beklagte am 5. Oktober 1995 gar nicht über eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG entscheiden.

Ein Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG wurde vielmehr für die Kläger erstmals mit dem Schreiben ihres Vaters an die Beklagte vom 29. November 1995 gestellt. Dieses als "Widerspruch" bezeichnete Schreiben hätte bei richtiger Betrachtungsweise als erstmaliger Antrag nach § 15 Abs. 1 BVFG verstanden werden müssen, da in ihm erstmals klar zum Ausdruck kam, dass auch für die Kläger eine eigene Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG begehrt wird. Dieser Antrag - der mit den Schreiben des Vaters der Kläger vom 4. März 1997 und 15. März 1999 wiederholt wurde - ist bis heute unbeschieden. Auf das Schreiben vom 29. November 1995 erging zwar ein Widerspruchsbescheid. Dieser stammt aber vom Landkreis Oldenburg und nicht von der Beklagten, die für Erstbescheide nach § 15 Abs. 1 BVFG zuständig war, und kann daher nicht in die Ablehnung eines entsprechenden Antrags umgedeutet werden. Außerdem erschöpft er sich von seinem Inhalt her in der für den Erstantrag gar nicht einschlägigen Feststellung, dass die Widerspruchsfrist nicht gewahrt wurde. Auf die späteren Schreiben vom 4. März 1997 und 15. März 1999 ergingen gar keine Bescheide mehr, sondern nur noch formlose Schreiben der Beklagten, in denen auf die angeblich entgegenstehende Bestandskraft der Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG verwiesen wurde.

Der "Rücknahmeantrag" vom 6. Oktober 2008 hätte von der Beklagten daher in erster Linie als Erinnerung an die Erledigung des noch unbeschiedenen Antrags vom 29. November 1995 verstanden und mit einer Sachentscheidung, ob die Kläger Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG sind, beschieden werden müssen. Allenfalls zusätzlich hätte sie die Rücknahme der Bescheinigungen vom 5. Oktober 1995 mit der Begründung ablehnen dürfen, hierfür gebe es kein Bedürfnis, weil über die Spätaussiedlereigenschaft der Kläger auch so entschieden werden könne. Keinesfalls durfte sich die Beklagte aber darauf beschränken, ohne Entscheidung über die Spätaussiedlereigenschaft der Kläger auf die Bestandskraft der Bescheinigungen vom 5. Oktober 1995 zu verweisen. Denn dadurch erweckte sie den unzutreffenden Eindruck, über die Spätaussiedlereigenschaft der Kläger bereits 1995 bestandskräftig entschieden zu haben. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben, da er es den Klägern erschwert, eine erstmalige Verwaltungsentscheidung über ihre Spätaussiedlereigenschaft durch das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsamt herbeizuführen.

Anders als noch bei Erlass des angefochtenen Bescheides kann die Beklagte zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht mehr selbst über Antrag der Kläger vom 29. November 1995 auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG entscheiden. Gemäß § 15 Abs. 1 BVFG n.F. ist nunmehr ausschließlich das Bundesverwaltungsamt für die Ausstellung von Spätaussiedlerbescheinigungen zuständig. Die Übergangsvorschrift des § 100b Abs. 1 BVFG, wonach für Anträge von vor dem 1. Januar 2005 registrierten Personen die bisherigen Behörden zuständig blieben, wurde im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreites abgeschafft (vgl. Art. 1 Nr. 7 lit a, b des Gesetzes vom 6. Juli 2009, BGBl. I 1694, in Kraft getreten am 11. Juli 2009). Motiv des Gesetzgebers war es ausdrücklich, die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsamtes auch auf Altfälle zu erstrecken (vgl. BT-Drs. 16/12593, S. 1, 7 und 9). Damit kann jetzt nur noch das Bundesverwaltungsamt den Klägern die begehrte Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ausstellen. Die Kläger haben darauf prozessual reagiert, indem sie den Rechtsstreit insoweit teilweise für erledigt erklärt haben.