Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 31.05.2010, Az.: 4 B 1262/10

Begründetheit eines Asylantrags trotz Fehlen der Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter sowie der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
31.05.2010
Aktenzeichen
4 B 1262/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 19992
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2010:0531.4B1262.10.0A

Verfahrensgegenstand

Asylrecht

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 4. Kammer -
am 31. Mai 2010
durch
den Einzelrichter
beschlossen:

Tenor:

Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sowie von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG statthafte Antrag hat keinen Erfolg.

2

Es kann offen bleiben, ob der Antrag zulässig ist, da die Klage und der Eilantrag unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhoben wurden. Somit könnte derzeit in der Hauptsache möglicherweise kein Rechtsmittel anhängig sein, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte. Prozesshandlungen sind grundsätzlich bedingungsfeindlich, so dass an der Zulässigkeit der Klage Zweifel bestehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Auflg. Vor § 40 Rz. 15). Hinzu kommt, dass die zuständige Ausländerbehörde mehrfach mitgeteilt hat, dass eine Abschiebung der Antragstellerin derzeit nicht absehbar sei. Insoweit könnte auch das allgemeine Rechtsschutzinteresse für eine Entscheidung des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren fehlen.

3

Jedenfalls in der Sache hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes keinen Erfolg. Gemäß § 34 Abs. 1 AsylVfG erlässt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG die Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter oder Flüchtling anerkannt wird und er keinen Aufenthaltstitel besitzt. Hat es den Asylantrag - wie hier - als offensichtlich unbegründet abgelehnt, setzt es dem Ausländer gemäß § 36 Abs. 1 AsylVfG eine Ausreisefrist von einer Woche. Das Gericht hat auf einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die gemäß §§ 75 AsylVfG, 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen, wenn ernstliche Zweifel an deren Rechtmäßigkeit bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG). Die Abschiebungsandrohung ist rechtsfehlerhaft, wenn nach dem Ergebnis der Prüfung im Eilverfahren das Offensichtlich-keitsurteil des Bundesamtes nicht bestätigt werden kann. Ferner können sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der aufenthaltsbeendenden Verfügung auch daraus ergeben, dass sie den Anforderungen der §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG nicht genügt oder der Ausländer im Besitz eines Aufenthaltstitels ist (§ 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Dabei ist jeweils auf die zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse abzustellen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).

4

Danach ist der vorliegende Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Asylantrag der Antragstellerin mit Bescheid vom 5. Mai 2010 zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt. "Offensichtlich unbegründet" ist ein Asylantrag i.S.d. § 36 Abs. 1 AsylVfG, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen des§ 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylVfG). Diese Annahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn nach vollständiger Erforschung des Sachverhalts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen kein Zweifel bestehen kann und bei einem solchen Sachverhalt nach anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre) sich eine Ablehnung des Asylantrages geradezu aufdrängt (ständige Rechtsprechung). Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzuweisen, wenn einer der Fälle des § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 7 AsylVfG vorliegt.

5

Gemessen an diesen Maßstäben gibt die Entscheidung des Bundesamtes über das Asylbegehren der Antragstellerin im Ergebnis zu einer rechtlichen Beanstandung keinen Anlass. Individuelle Verfolgungsgründe wurden im Rahmen des schriftlichen Anhörungsverfahrens für die Antragstellerin durch deren Mutter nicht geltend gemacht. Die Ablehnung des Asylantrages und des Antrages auf Anerkennung als politischer Flüchtling nach § 60 Abs. 1 AufenthG ist im Übrigen bestandskräftig geworden, da diese Entscheidungen durch die Antragstellerin nicht angefochten wurden. Die Feststellungen zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in dem insoweit noch angefochtenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht schließt sich der Begründung in dem angefochtenen Bescheid vom 05. Mai 2010 an und sieht von einer ausführlichen weiteren Darstellung von Entscheidungsgründen ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass auch im gerichtlichen Verfahren zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse für die Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen wurden. Da die Mutter und Geschwister der Antragstellerin vollziehbar ausreisepflichtig sind, hat das Bundesamt auch zutreffend eine gemeinsame Ausreise der Antragstellerin mit ihrer Familie unterstellen können.

6

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung bestehen auch nicht aus anderen Gründen. Insbesondere entspricht die aufenthaltsbeendende Verfügung den Anforderungen der §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG. Die Antragstellerin ist nicht im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung. Die Entscheidung des Bundesamtes weicht auch nicht von den eigenen Leitlinien ab. Eine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung soll dann nicht ergehen, wenn ein Bleiberecht für den minderjährigen Ausländer absehbar ist. Dazu gehört indes nicht der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Auf-enthG. Darauf hat das Bundesamt mit Schriftsatz vom 26. Mai 2010 nachvollziehbar hingewiesen.

7

In diesem Verfahren nicht zu prüfen ist das Vorliegen etwaiger inlandsbezogener Abschiebungshindernisse, die sich aus den rechtlichen Gesichtspunkten des Schutzes der Familie (Art. 6 GG) daraus ergeben können, dass die Mutter und Geschwister der Antragstellerin sich seit Jahren im Bundesgebiet aufhalten, obwohl sie vollziehbar ausreisepflichtig sind und insoweit über Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 5 AufenthG verfügen. Insoweit steht es der Antragstellerin frei, derartige Abschiebungshindernisse zu gegebener Zeit unmittelbar gegenüber der zum Vollzug einer evtl. zur Abschiebung berufenen Ausländerbehörde geltend zu machen. Die Berücksichtigung derartiger inlandsbezogener Abschiebungshindernisse gehört jedenfalls nicht zu den Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der vom Bundesamt erlassenen Abschiebungsandrohung. Darauf wurde in dem angefochtenen Bescheid vom 5. Mai 2010 auch zutreffend unter Hinweis auf § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG verwiesen.

8

Vor diesem Hintergrund besteht auch kein Anlass für eine vorläufige Regelung nach § 123 VwGO.

9

Der Antrag war somit abzulehnen.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b Abs. 1 AsylVfG.

11

Mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Antrages auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist gemäߧ§ 166 VwGO, 114 ff. ZPO auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.

12

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Ahrens