Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 21.08.2018, Az.: 13 UF 71/18
Wirksamkeit eines Unterhaltsvergleichs zu Lasten eines Versorgungsträgers
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 21.08.2018
- Aktenzeichen
- 13 UF 71/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2018, 39871
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- VersAusglG § 33 Abs. 1
- VersAusglG § 34 Abs. 6 S. 2
- BGB § 1579 Nr. 2
Fundstellen
- FF 2018, 510
- FamRB 2019, 98-99
Amtlicher Leitsatz
Ein Versorgungsträger braucht im Rahmen von §§ 33, 34 VersAusglG einen zwischen den geschiedenen Eheleuten geschlossenen Unterhaltsvergleich nicht hinzunehmen, wenn diese Regelung ihm gegenüber einen materiellrechtlich nicht gerechtfertigten Nachteil darstellt. Auf eine subjektive Komponente, mithin die Frage, ob die geschiedenen Eheleute bei dem Vergleichsschluss in der Absicht gehandelt haben, den Versorgungsträger zu benachteiligen, kommt es insofern nicht an.
Tenor:
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nordhorn vom 4. Juni 2018 geändert und auf den Antrag der Beteiligten zu 1. vom 5. April 2018 die durch Beschluss des Senats vom 30. April 2012 (13 UF 131/11) ausgesprochene Aussetzung der Kürzung der vom Beteiligten zu 2. bei der Beteiligten zu 1. bezogenen Versorgung (DII.C.430.... PK: 7/..., Kenn-Nr.: 34/...) in Höhe von monatlich 650,00 Euro mit Wirkung vom 1. Mai 2018 aufgehoben.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Jeder Beteiligte trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der hiermit vollinhaltlich in Bezug genommene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nordhorn vom 4. Juni 2018 war aus den unverändert fortgeltenden Gründen des Hinweisbeschlusses des Senats vom 17. Juli 2018 zu ändern.
Der Schriftsatz des Beteiligten zu 2. vom 10. August 2018 bietet keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.
Wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt, braucht die Beteiligte zu 1. die erhebliche wirtschaftliche Benachteiligung in Höhe des materiellrechtlich nicht mehr gerechtfertigten monatlichen Aussetzungsbetrages von 650,00 Euro nicht hinzunehmen. Wenn der Beteiligte zu 2. unter Bezugnahme auf BT-Drucksache 16-10144, S. 32 meint, diese Sichtweise trüge nicht dem Gesetzeszweck der §§ 34, 35 VersAusglG Rechnung, beachtet er nicht, dass der mit den genannten Vorschriften verfolgte Zweck, ungerechtfertigte Belastungen der Versorgungsträger zu vermeiden, sich unter anderem aus der Gesetzesbegründung BT-Drucksache 16-10144, S. 72 ergibt. Dort ist ausgeführt, dass die nach damaligem Recht mögliche vollständige Aussetzung der Kürzung bei nur geringen Unterhaltsansprüchen gerade im Bereich höherer Versorgungen zu ungerechtfertigten Belastungen der Versorgungsträger führte. Hieraus erschließt sich ohne Weiteres der Zweck der Neuregelung in §§ 34, 35 VersAusglG, derartige Belastungen zu verhindern.
Wenn in der Gesetzesbegründung ausgeführt wird, dass die neue Regelung auch der Gefahr von Manipulationen durch kollusives Zusammenwirken der Eheleute begegnet, wird durch die lediglich beispielhafte Nennung dieses Verhaltens deutlich, dass ein Versorgungsträger eine wirtschaftliche Benachteiligung nicht nur bei einem derartigen Verhalten der Eheleute nicht hinzunehmen braucht, sondern es - wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt - im Lichte des Gesetzeszwecks auf eine subjektive Komponente nicht ankommt, mithin hier die Frage, ob die Beteiligten zu 2. und 3. bei dem Vergleichsschluss in der Absicht gehandelt haben, die Beteiligte zu 1. zu benachteiligen.
Auch die weiteren im vorgenannten Schriftsatz aufgeführten Gesichtspunkte stützen nicht die Auffassung des Beteiligten zu 2., trotz Bestehens einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Beteiligten zu 3. mit Herrn S. sei auch im Verhältnis zur Beteiligten zu 1. auf die Privilegierung seiner geschiedenen Ehefrau in Nr. 2 Satz 7 des mit Beschluss des Amtsgerichts vom 20. September 2011 festgestellten Vergleiches abzustellen.
Der Beschluss des OLG Frankfurt vom 8. September 2010 (5 UF 198/10) stützt diese Sichtweise nicht. Dieses führt zwar aus, dass bei einem von keiner Seite angegriffenen gerichtlich protokollierten Vergleich der Anschein dafür spricht, dass dieser Unterhaltsbetrag auch gesetzlich geschuldet ist. Ein derartiger Anschein mag im vorliegenden Fall im Verhältnis zwischen den Beteiligten zu 2. und 3. bestehen. In Bezug auf die Beteiligte zu 1. gilt aber auch nach dieser Entscheidung der Grundsatz, dass diese eine ungerechtfertigte Belastung nicht hinzuzunehmen braucht. Denn das OLG Frankfurt führt im zitierten Beschluss ebenfalls aus, dass durch die Neuregelung der früheren Härtefallregelung in § 5 VAHRG in den §§ 33 und 34 VersAusglG ein Missbrauch zu Lasten der Versorgungsgemeinschaft verhindert werden sollte.
Auch wirkt eine Verzeihung oder ein Verzicht des Beteiligten zu 2. auf die Geltendmachung des Härtegrundes nach § 1579 Nr. 2 BGB gegenüber der Beteiligten zu 3. nach dem vorgenannten Grundsatz nicht in Bezug auf die Beteiligte zu 1. Zudem stellt sich nach den maßgeblichen objektiven Verhältnissen die Regelung in Nr. 2 Satz 7 des Vergleichs im Ergebnis als Vertrag zu deren Lasten dar, dessen Wirkungen sie nicht hinzunehmen braucht.
Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die in diesem Verfahren gegenständliche Fragestellung in dem durch den Senat mit Beschluss vom 30. April 2012 entschiedenen Verfahren 13 UF 131/11 nicht in gleichem Umfang maßgeblich war, da seinerzeit die Voraussetzungen einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Beteiligten zu 3. mit Herrn S. i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB noch nicht vorlagen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes für die Beschwerdeinstanz findet ihre rechtliche Grundlage in §§ 40, 50 Abs. 1 FamGKG.