Landgericht Aurich
Urt. v. 09.01.2015, Az.: 6 O 1041/13

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
09.01.2015
Aktenzeichen
6 O 1041/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44887
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG - 17.07.2015 - AZ: 6 U 24/15

Tenor:

Die Beklagten werden nach dem Hilfsantrag verurteilt, folgende Willenserklärung abzugeben:

„Wir erteilen der B. GmbH, A. M. , H., auf der Basis des Vergleiches vor dem Landgericht Aurich vom 16.12.2011, Az.: …/…, den Auftrag, das auf dem 31.12.2011 bezogene Auseinandersetzungsguthaben des Klägers nach seinem Ausscheiden aus der O.-Autoteile GmbH & Co. KG, nunmehr B. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin A. Beteiligungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer B. B., G. Rh. , W., nach § 11 Abs. 2 BewG mit der Maßgabe zu ermitteln, dass entsprechend den Verhältnissen am 31.12.2011 nicht von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit auszugehen ist, sondern der ursprüngliche, zuvor geltende Geschäftszweck der Gesellschaft fortbestanden hat.“

Die Entscheidung über die weitergehenden Klageanträge und die Kosten des Rechtsstreits bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand:

Der Kläger war früher, und zwar bis einschließlich 2011, zusammen mit dem Beklagten zu 2.) an der von ihnen gemeinsam gegründeten A. Beteiligungs GmbH als Gesellschafter beteiligt, der Kläger zu 45 %, der Beklagte zu 2.) zu 55 %. Diese hielt die Anteile an der inzwischen wie im Rubrum als Beklagte zu 1) firmierenden damaligen Fa. „O.“. Im Jahre 2011 schlossen die Parteien und die Fa. „A.“ nach vorangegangenen Streitigkeiten in dem Prozess .../... einen Vergleich, wegen dessen Inhaltes auf das Protokoll der dortigen Sitzung vom 16.12.2011, berichtigt gemäß Beschluss vom 5. Januar 2012, verwiesen wird.

Anschließend beauftragten die Vergleichsparteien unter dem 28.12.2011 die B. mit der Ermittlung eines Auseinandersetzungsguthabens des Klägers dessen Bearbeitung sich aber hinzog. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung in der Klageschrift, dort Seiten 6 bis 8, verwiesen. Schließlich teilte die B. dem Kläger mit, sie habe von der Steuerberaterkanzlei V., die die Angelegenheiten der Beklagten bearbeite, die Mitteilung erhalten, dass die übrigen Gesellschafter ohne Beteiligung des Klägers am 28.12.2011 beschlossen hätten, den Geschäftsbetrieb der von der A. Beteiligungs Gesellschaft gehaltenen „O. Autoteile GmbH & Co.KG“, zum 31.12.2011 einzustellen. Wegen des Inhaltes des Vertrages wird auf die Kopie, Anlage zum Schriftsatz 11.08.2014, Bl. 80 d. A. verwiesen.

Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 2.) habe heimlich, ohne den Kläger zu unterrichten und seine Zustimmung einzuholen, versucht, den Gesellschaftszweck zu ändern, um den Unternehmenswert der Tochterfirma „O.“ zum Nachteil des Klägers und seines Auseinandersetzungsguthabens entscheidend zu verringern. Bei Abschluss des Vergleichs vom 16.12.2011 sei eine entsprechende Absicht des Beklagten zu 2.) nicht geäußert worden, obwohl sie für die Zustimmung des Klägers zum Vergleich von entscheidender Bedeutung gewesen wäre. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagten ihm ein Auseinandersetzungsguthaben auszuzahlen hätten, dessen Höhe sich nach der Prognose bemesse, dass das Unternehmen „O.“ über den 31.12.2011 hinaus fortgeführt worden wäre. Der ohne seine Zustimmung gefasste Änderungsbeschluss sei allenfalls nach dem Bewertungsstichtag wirksam geworden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 110.140,32 Euro nebst Zinsen in Höhe von 6 % seit dem 01.01.2013 zu zahlen.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn am 01.01.2014 weitere 369.984,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 6 % seit dem 01.01.2013 zu zahlen.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn am 01.01.2015 weitere 369.984,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 6 % seit dem 01.01.2013 zu zahlen.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn am 01.01.2016 weitere 369.984,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 6 % seit dem 01.01.2013 zu zahlen.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn am 01.01.2017 weitere 369.984,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 6 % seit dem 01.01.2013 zu zahlen.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 2.388,03 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.01.2014 zu zahlen.

hilfsweise: die Beklagten zu 1) und 3) zur Abgabe folgender Willenserklärung zu verurteilen:

„Wir erteilen der B. GmbH, A. M., H. auf der Basis des Vergleiches vor dem Landgericht Aurich vom 16.12.2011, Az. .../... den Auftrag, das auf den 31.12.2011 bezogene Auseinandersetzungsguthaben des Klägers nach seinem Ausscheiden aus der O.-Autoteile GmbH & Co. KG, nunmehr W. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin A. Beteiligungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer B. B., G. Rh., W., nach § 11 Abs. 2 BewG mit der Maßgabe zu ermitteln, dass entsprechend den Verhältnissen am 31.12.2011 nicht von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit auszugehen ist, sondern der ursprüngliche, zuvor geltende Geschäftszweck der Gesellschaft fortbestanden hat.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, dass die Vereinbarung vom 28.12.2011, wegen deren Inhaltes auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 11.08.2014 (Bl. 80 d. A.) verwiesen wird, ohne den Kläger habe abgeschlossen werden dürfen, weil die Wirksamkeit der Vereinbarung auf einen Zeitraum nach dem Ausscheiden des Klägers bedingt gewesen sei. Da am Tage des Ausscheidens des Klägers, dem 31.12.2011, festgestanden habe, dass das Unternehmen „O.“ nicht fortgeführt werde, dürfe bei der Bewertung nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften keine Fortführungsprognose unterstellt werden. Der Beklagte zu 2) hafte sowieso nicht.

Wegen aller übrigen Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nach dem Hilfsantrag begründet, nach den übrigen Anträgen jedoch noch nicht zur Entscheidung reif. Das Gericht hält es deshalb in voller Kenntnis der restriktiven Rechtsprechung des Oberlandesgerichts zu Teilurteilen in erster Instanz für vertretbar und geboten, über den Hilfsantrag gem. § 301 Abs.1 S. 1 ZPO durch Teilurteil zu entscheiden. Dies gilt umso mehr, als der Hilfsantrag seiner Funktion nach der Klärung der Begründetheit der Hauptanträge ihrer Höhe nach geeignet ist und über die Hauptanträge erst nach Erstellung des Gutachtens entschieden werden kann, zu dessen Einholung die nach dem Hilfsantrag ausgeurteilte Willenserklärung erforderlich ist. Das Verhältnis zwischen Hauptanträgen und Hilfsantrag kann deshalb als maskierte Stufenklage bezeichnet werden.

Begründet ist der Hilfsantrag deshalb, weil die Beklagten aufgrund des Vergleichs, den sie in dem Verfahren Landgericht Aurich, .../... am 16.12.2011, berichtigt durch Berichtigungsbeschluss, geschlossen haben, die Verpflichtung zur Einholung eines Gutachtens begründet haben. Alle Beklagten des Rechtsstreits waren auch an jenem Vergleich beteiligt.

Diese Verpflichtung ist seitens der Beklagten noch nicht erfüllt worden, denn unstreitig ist auf Antrag der Beklagten ein Gutachten nicht nach der Maßgabe einer Unternehmensfortführungprognose für die Fa. „O.“, sondern nach der Maßgabe der Prognose einer nur noch vermögensverwaltenden Tätigkeit der von der A. BeteiligungsGmbH als Komplementärin geleiteten Firma O. Autoteile GmbH & Co. KG erstellt worden.

Ein Gutachten nach dieser Prämisse wird allerdings den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen nicht gerecht. Im Prozessvergleich ist vereinbart worden, dass der damalige Antragsteller und jetzige Kläger mit Wirkung zum 31.12.2011 sowohl aus der Firma A. als auch aus den Unternehmen Fa. O. Autoteile GmbH & Co. KG und Fa. B. GmbH & Co. KG ausscheide. Sodann ist vereinbart worden, dass eine Ermittlung eines Auseinandersetzungsguthabens des ausscheidenden Klägers „auf den Tag des Ausscheidens“ bezogen ermittelt werden sollte. Dies bedeutet, dass als Bewertungsstichtag der zuvor genannte „31.12.2011“ mit den zu diesem Zeitpunkt geltenden Verhältnissen maßgebend sein sollte. Aus den weiteren Regelungen des Vergleichs ergibt sich, dass die Parteien dabei vereinbart haben, dass der 31.12.2011 der letzte Tag der Zugehörigkeit des Klägers zu den Gesellschaften sein sollte. Sein Ausscheiden sollte nicht schon am Ende des Vortages, sondern erst zum Tagesende des 31.12.2014 wirksam werden. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus Ziffer 4. des Vertrages, in dem festgehalten ist, dass Gehaltszahlungen, selbstverständlich gemeint Gehaltszahlungen an den damaligen Antragsteller und jetzigen Kläger, ab dem 01. Januar 2012 mit dem zukünftigen Auseinandersetzungsguthaben verrechnet werden sollten. Folglich sollte der Kläger bis zum Ablauf des 31.12.2011 als Gesellschafter, danach nur noch als angestellter Gehaltsempfänger, bewertet werden.

Wegen diesen Regelungsgehaltes war der Kläger noch bis einschließlich 31.12.2011 Gesellschafter, und der auf das erfolgte Ausscheiden des Klägers als Gesellschafter befristete Vertrag über die Änderung des Gesellschaftszwecks (Ziff. IV des Vertrages) konnte erst ab dem 01. Januar 2012, 00.00 Uhr, in Kraft treten. Dies gilt umso mehr, als die Vertragsbeteiligten diese Befristung ersichtlich mit Rücksicht darauf vorgenommen haben, dass der Kläger an ihm – obwohl bei Abschluss noch Gesellschafter - nicht beteiligt worden ist. Bei einer auf den Vortag, den 31.12.2011, bezogenen Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens sind also ausschließlich die Verhältnisse anzuwenden, die - insoweit noch unverändert - an jenem Tage galten, was die Prognose einer unveränderten Fortführung des von der Fa. „A.“ gehaltenen Unternehmens „O.“ mit einschließt.

Zur Erfüllung der im Vergleich eingegangenen Pflicht zur Einholung eines entsprechenden Gutachtens über ein Auseinandersetzungsguthaben des Klägers ist es deshalb erforderlich, dass die Parteien des Vergleichs, die in dieser Hinsicht auf Beklagtenseite mit den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits identisch sind, einen Begutachtungsauftrag an die B. erteilen, so wie er im Hilfsantrag formuliert und in dem Tenor des Urteils übernommen worden ist.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht veranlasst, weil das Teilurteil ohne Kostenentscheidung ergeht und im Übrigen keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.