Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 23.05.2002, Az.: 3 A 432/01
Analogie; Anerkenntnis; Kostenerstattung; Unterbrechung; Verjährung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 23.05.2002
- Aktenzeichen
- 3 A 432/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 42335
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 97 Abs 2 BSHG
- § 107 BSHG
- § 45 SGB 1
- § 25 SGB 4
- § 27 SGB 4
- § 50 SGB 10
- § 111 SGB 10
- § 113 SGB 10
- § 195 BGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
§ 113 Abs. 1 S. 1 SGB X in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung ist nicht (mehr) analog auf einen Erstattungsanspruch zwischen Sozialhilfeträgern aus § 107 BSHG anwendbar. In diesen Fällen gilt nicht die zivilrechtliche 30-jährige Verjährungsfrist, sondern eine aus einer Analogie zu den allgemeinen Verjährungsvorschriften des Sozialleistungsrechts resultierende vierjährige Verjährungsfrist.
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die Kosten der Sozialhilfe für die Familie A. K. in der Zeit vom 01.01. bis 05.04.1997 in Höhe von 6.665,75 € zu erstatten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 2/3, der Beklagte zu 1/3. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
I. Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch aus § 107 BSHG geltend.
Am 05.04.1995 zog die Familie A. K. von S. nach S. um und erhielt dort, wie zuvor vom Beklagten, seit dem 01.05.1995 laufende Hilfe nach dem BSHG. Mit Schreiben vom 18.07.1995 meldete die Klägerin einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 107 BSHG beim Beklagten an. Daraufhin erkannte dieser mit Schreiben vom 31.08.1995 gegenüber der Klägerin seine Pflicht zur Kostenerstattung mit Wirkung vom 01.05.1995 dem Grunde nach an. Eine Abrechnung der aufgewendeten Sozialhilfe für die Zeit vom 01.05.1995 bis 30.04.1996 erfolgte gegenüber dem Beklagten am 28.12.1999. Der für diesen Zeitraum angemeldete Betrag von 45.582,47 DM wurde im April 2000 in voller Höhe erstattet. Mit Fax vom 18.12.2000 und 21.12.2000 übersandte die Klägerin dem Beklagten die Abrechnung für die Zeit vom 01.05.1996 bis 30.04.1997.
Unter dem 11.09.2001 machte der Beklagte gegenüber der Klägerin für den Zeitraum vom 01.05.1996 bis 31.12.1996 die Einrede der Verjährung geltend und wies darauf hin, dass eine Kostenerstattung allenfalls bis zum 05.04.1997 in Betracht komme. Mit Schreiben vom 08.11.2001 erhob der Beklagte die Einrede der Verjährung gemäß § 113 SGB X für den gesamten Anspruch, da die Angelegenheit bisher noch nicht abschließend abgewickelt worden sei.
Nach wechselseitigem Schriftverkehr hat die Klägerin am 20.12.2001 Klage auf Erstattung der Leistungen an die Familie K. erhoben. Sie macht geltend, die am 01.01.2001 in Kraft getretene Änderung des § 111 Satz 2 SGB X sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar. Danach beginne der Lauf der Frist für die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlange. Bei der Kostenerstattung gemäß § 107 BSHG handele es sich um Ausgleichszahlungen unter Sozialhilfeträgern. In diesen Verfahren entscheide nur der erstattungsberechtigte Leistungsträger über Sozialleistungen für den Hilfeempfänger, nicht aber der kostenerstattungspflichtige Träger. Eine Sozialrechtsbeziehung bestehe im vorliegenden Fall zwischen dem Beklagten und dem Hilfeempfänger dementsprechend nicht, weshalb eine Tatbestandsvoraussetzung, nämlich die Entscheidung über eine Leistungspflicht gegenüber dem Hilfeempfänger, nicht vorliege. Die geänderte Fassung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X beinhalte die gleichen Tatbestandsmerkmale wie der § 111 Satz 2 SGB X. Nach der ab 01.01.2001 gültigen Fassung verjährten Erstattungsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt habe. Auch hier werde auf eine Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über einen Sozialleistungsanspruch abgestellt. Im Bereich des laufenden Kostenerstattungsverfahrens gemäß § 107 BSHG habe lediglich sie als erstattungsberechtigter Träger über einen solchen Leistungsanspruch entschieden, nicht der Beklagte. Aus diesem Grunde finde auch § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X keine Anwendung. Aus Mangel an einer speziellen gesetzlichen Regelung für den Verjährungszeitpunkt der Kostenersatzansprüche aus § 107 BSHG gelte daher nun ab 01.01.2001 die 30-jährige Verjährung gemäß § 195 BGB, weshalb ihre Ansprüche nicht verjährt seien.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zur Erstattung der Kosten der Sozialhilfe für die Familie A. K. in der Zeit vom 01.05.1996 bis 05.04.1997 in Höhe von 23.222,77 € zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus, die Neuregelungen der §§ 111 und 113 SGB X seien mit Wirkung ab 01.01.2001 in Kraft getreten. Nach der Übergangsvorschrift des § 120 SGB X sei § 111 Satz 2 und § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in der vom 01.01.2001 an geltenden Fassung auf die Erstattungsverfahren anzuwenden, die am 01.06.2000 noch nicht abschließend entschieden worden seien. Danach verjährten ab 01.01.2001 Erstattungsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt habe. Durch die Neufassung des § 111 Satz 2 SGB X werde klargestellt, welcher Zeitpunkt für den Beginn der Frist zum Ausschluss des Erstattungsanspruches des Berechtigten gegenüber dem zur Erstattung verpflichteten Sozialleistungsträger maßgebend sei. Aus den Erläuterungen zu § 120 SGB X ergebe sich, dass die Regelung der Abs. 2 und 3 hinsichtlich des Vollzugs der Änderung der §§ 111 und 113 SGB X eine verwaltungsökonomische Abwicklung der Erstattungsverfahren gewährleisten solle, in dem alle noch nicht abgewickelten Fälle nach dem neuen Recht abzuwickeln seien und bereits abgewickelte Fälle nicht neu aufgerollt werden sollen. Im vorliegenden Fall sei die Anerkennung des Kostenerstattungsanspruches nach § 107 BSHG am 31.08.1995 erfolgt. Bereits im August 1995 habe die Klägerin daher als erstattungsberechtigte Leistungsträgerin von der Entscheidung über seine Leistungspflicht als erstattungspflichtigem Leistungsträger Kenntnis erlangt. Die vierjährige Verjährungsfrist habe dementsprechend am 01.01.1996 begonnen und am 31.12.1999 geendet. Die Geltendmachung der Verjährungsfrist liege im pflichtgemäßen Ermessen. Es liege keine unzulässige Rechtsausübung vor, wenn der Sozialhilfeträger sich im Interesse des Rechtsfriedens und der Überschaubarkeit öffentlicher Haushalte in solchen Fällen, die durch Unachtsamkeit entstanden seien, auf Verjährung berufe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie die Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Leistungsklage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Erstattung von Kosten der Sozialhilfe für die Familie A. K. in der Zeit vom 01.01.1997 bis 05.04.1997 in Höhe von 6.665,75 € aus § 107 BSHG zu. Im Übrigen ist die Klage wegen Verjährung der darüber hinaus geltend gemachten Forderung abzuweisen.
Gemäß § 107 Abs. 1 BSHG ist dann, wenn eine Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltes verzieht, der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen im Sinne des § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf. Die Verpflichtung entfällt, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten keine Hilfe zu gewähren war und endet spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Aufenthaltswechsel (Abs. 2). Diese Voraussetzungen liegen - auch nach Ansicht der Beteiligten - unzweifelhaft vor. Die Familie K. hatte ihren Aufenthalt ursprünglich in S. im Bereich des Beklagten, war in den Bereich der Klägerin verzogen und hat innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel mehr als zwei Jahre ohne Unterbrechung Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten. Dem Anspruch steht nicht die Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG entgegen. Der Anspruch ist auch wirksam gemäß § 111 SGB X mit der Anmeldung des Kostenerstattungsanspruches seitens der Klägerin gegenüber dem Beklagten am 18.07.1995 geltend gemacht worden. Die Anmeldung galt für den gesamten zukünftigen Zeitraum, in dem ohne wesentliche Unterbrechung Sozialhilfe gewährt werden würde (vgl. Urt. d. Kammer v. 21.03.2002 zum Az. 3 A 82/01).
Soweit sich die Klage auf Erstattung der in der Zeit vom 01.05.-31.12.1996 geleisteten Zahlungen richtet, steht einem Anspruch der Klägerin die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Mit Schriftsatz vom 08.11.2001 hat der Beklagte gestützt auf § 113 SGB X i.d.F. vom 18.01.2001 (BGBl. I, S. 130 ff.) für den gesamten Anspruch (01.05.1996 - 05.04.1997) die Einrede der Verjährung geltend gemacht, nachdem er sich bereits mit Schreiben vom 11.09.2001 für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.12.1996 auf Verjährung berufen hatte. Zwar ist die Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X nach Ansicht der Kammer, in der nunmehr geltenden Fassung, auf den vorliegenden Fall nicht (mehr) analog anwendbar; jedoch ergibt sich die weitere Geltung einer vierjährigen Verjährungsfrist aus einer Analogie zu den allgemeinen Vorschriften des Sozialleistungsrechts.
Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch handelt es sich um einen Kostenerstattungsanspruch unter Sozialhilfeträgern gemäß § 107 BSHG. Da das BSHG keine Regelung zur Verjährung dieses Anspruches trifft, wurde in dieser Hinsicht, zumindest vor dem 01.01.2001, auf die Regelung des § 113 SGB X in der damaligen Fassung zurückgegriffen (vgl. LPK, BSHG: vor § 103 Rn. 25). Danach verjährte der Anspruch auf Erstattung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er entstanden war. Die tatbestandliche Voraussetzung der Anspruchsentstehung war im Fall von Kostenerstattungsansprüchen gemäß § 107 BSHG mit der Erbringung der Leistung durch den erstattungsberechtigten Träger an den Hilfeempfänger erfüllt.
Zum 01.01.2001 ist die Vorschrift des § 113 Abs. 1 SGB X geändert worden (vgl. BGBl. 2001 I, S. 130 ff.). § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X lautet nunmehr:
"Erstattungsansprüche verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat."
Diese Änderung ist eine Folgeänderung zur Neufassung des § 111 Satz 2 SGB X, um die Verjährungsfrist mit der Ausschlussfrist des § 111 SGB X kompatibel zu gestalten. § 111 SGB X, welcher in der Vergangenheit ebenfalls auch auf die Kostenerstattungsansprüche der §§ 103 ff. BSHG analog angewendet wurde, bestimmt, dass der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen ist, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Nach der Gesetzesänderung beginnt auch der Lauf dieser Frist nicht mehr wie in der Vergangenheit mit der Entstehung des Anspruchs, sondern frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, welcher Zeitpunkt für den Beginn der Frist zum Ausschluss des Erstattungsanspruchs des Erstattungsberechtigten gegenüber dem zur Erstattung verpflichteten Sozialleistungsträger maßgebend ist. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich klargestellt, dass es nicht sachgerecht sei, auf die möglicherweise mehrere Jahre zurückliegende Entstehung des Erstattungsanspruches abzustellen, weil der erstattungsberechtigte Träger in solchen Fällen keine Möglichkeit habe, seinen Erstattungsanspruch nach der alten Regelung des § 111 S. 2 SGB X fristgerecht geltend zu machen (vgl. BT-Drs. 14/4375, S. 60).
Aus dieser Begründung an sich und den weiterhin genannten Beispielsfällen aus der Rechtsprechung wird deutlich, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung an die Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander betreffenden Ansprüche aus §§ 102 ff. SGB X gedacht hat. Denn der Wortlaut der Neuregelungen der §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X stellt ab auf die Kenntnis über die Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht. Eine solche Entscheidung setzt den Erlass eines wirksamen Verwaltungsaktes durch den Erstattungspflichtigen gegenüber einem Hilfeberechtigten bezüglich eines Sozialleistungsanspruches voraus (vgl. Giese, SGB X, Stand: März 2001, § 111 Rn. 7.2); d.h. es muss ein sozialrechtliches Leistungsverhältnis zwischen dem erstattungspflichtigen Leistungsträger und einem Hilfeberechtigten bestehen.
Bei einem Kostenerstattungsanspruch gemäß § 107 BSHG besteht jedoch ein solches Sozialleistungsverhältnis zwischen dem erstattungspflichtigen Leistungsträger, hier dem Beklagten, und einem Dritten, hier den Mitgliedern der Familie K., nicht. Vielmehr hat im vorliegenden Fall allein die Klägerin als erstattungsberechtigte Leistungsträgerin über einen Leistungsanspruch der Familie K. im umstrittenen Zeitraum entschieden. Lediglich zwischen der Klägerin und diesen Personen bestand ein sozialrechtliches Leistungsverhältnis. In Anbetracht der tatbestandlichen Voraussetzung des § 111 Satz 2 SGB X ist dieser daher nunmehr nach der Gesetzesänderung zum 01.01.2001 nicht mehr auf einen Kostenerstattungsanspruch im Sinne von § 107 BSHG anwendbar. Es verbleibt damit bei der Regelung des § 111 S. 1 SGB X, wonach der Erstattungsanspruch ausgeschlossen ist, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Konsequenterweise kommt dann auch eine Anwendung der neuen Verjährungsregelung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht in Betracht (vgl. auch Schwabe, Die Auswirkungen der Rechtsänderungen in den §§ 111 und 113 SGB X zum 01.01.2001 auf Erstattungsansprüche der Sozialhilfeträger nach den §§ 102 ff. SGB X sowie auf das Recht der Kostenerstattung zwischen den Trägern der Sozialhilfe nach den §§ 103 ff. BSHG in ZfF 2001, 81 ff.).
Entgegen der Ansicht des Beklagten (s. auch Hinweise zur Sozialhilfe: Vorbem. zu §§ 103-113 BSHG, § 103: 103.0.30) kann auch eine Auslegung der ab 01.01.2001 geltenden Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht zu dessen Anwendbarkeit im vorliegenden Fall führen. Der Beklagte will für den Beginn der vierjährigen Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt abstellen, in dem er seine Pflicht zur Kostenerstattung dem Grunde nach anerkannt hat, d.h. das Schreiben vom 31.08.1995 bzw. dessen Zugang bei der Klägerin. Dies würde jedoch unter Berücksichtigung des Wortlautes der Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X (n.F.) voraussetzen, dass statt auf die "Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht" auf das "Anerkenntnis des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Erstattungspflicht" abgestellt werden würde. Eine solche Auslegung würde jedoch dem eindeutigen Wortlaut der Gesetzesfassung entgegenstehen. Vielmehr spricht auch die oben zitierte Gesetzesbegründung dafür, dass die Gesetzesänderung lediglich im Hinblick auf die Fälle erfolgt ist, bei denen mehrere Leistungsträger jeweils in einem sozialrechtlichen Leistungsverhältnis zu ein und derselben Person stehen und über das Erstattungsverfahren nachträglich die gesetzlich gewollte Finanzierungsverteilung hergestellt werden soll (vgl. Schwabe, a.a.O.).
Diese Argumentation führt jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zur Geltung der allgemeinen 30-jährigen Verjährungsfrist aus § 195 BGB in der im Jahr 2001 geltenden Fassung (so aber Schwabe, a.a.O.; und Deutscher Verein in "Vorschlag des Deutschen Vereins zur Neuregelung der Verjährung von Ansprüchen auf Kostenerstattung im BSHG und SGB VIII in NDV 2002, 7 ff.). Diese Verjährungsfrist stellt keine Auffangvorschrift für alle Fälle öffentlich-rechtlicher Vermögensansprüche dar, deren Verjährung gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist. Vielmehr richtet sich die Verjährung derartiger Ansprüche in erster Linie nach dem jeweils einschlägigen Spezialrecht. Beim Fehlen ausdrücklicher Regelungen hat sich eine Analogie nach dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung und der Interessenlage zu richten (vgl. BVerwG, Urt. v. 04.10.1994 - 1 C 41.92 -, BVerwGE 97, 1 ff.). Auch das Bundessozialgericht hat mehrfach entschieden, dass die Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Sozialrecht generell unter dem Vorbehalt steht, dass sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, Erfordernissen des öffentlichen Rechts oder Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes nichts anderes ergibt (vgl. zuletzt Bundessozialgericht, Urt. v. 17.06.1999 - B 3 KR 6/99 R -, FEVS 51, 259 ff., Urt. v. 01.08.1991 - 6 RKa 9/89 -, recherchiert in Juris, Urt. v. 27.01.1987 - 6 RKa 27/86 -, recherchiert in Juris). Hinsichtlich gesetzlich nicht geregelter Verjährungsfristen sollen diejenigen Vorschriften des öffentlichen und bürgerlichen Rechts herangezogen werden, die ihrem Wesen und Inhalt nach dem streitigen Anspruch vergleichbare Ansprüche betreffen. Das Bundessozialgericht ist in seiner Rechtsprechung angesichts der Regelung des seit 1975 geltenden § 45 SGB I davon ausgegangen, dass diese Vorschrift ein allgemeines Rechtsprinzip der vierjährigen Verjährung in das Sozialrecht einführt und hat dementsprechend noch vor Inkrafttreten der weiteren Bücher des SGB in den Jahren 1981 und 1983 das Rechtsprinzip der vierjährigen Verjährungsfrist z.B. analog auf öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche ausgedehnt, für die damals ausdrückliche Verjährungsregelungen fehlten. In der Folgezeit hat der Gesetzgeber dieses allgemeine Prinzip in § 25 Abs. 1 Satz 1 und § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV (in Kraft getreten am 01.07.1977) und in § 50 Abs. 4 SGB X (in Kraft getreten am 01.01.1981) verdeutlicht. Auch der am 01.07.1983 in Kraft getretene § 113 SGB X (a.F.) stellte eine Teilkodifikation des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches dar (vgl. für alles Vorstehende Urt. d. BSG v. 01.08.1991, a.a.O.).
In Anbetracht dieser historischen Entwicklung ist die nunmehr bestehende Regelungslücke in Bezug auf die Verjährung von Ansprüchen aus § 107 BSHG durch die Anwendung des allgemeinen Rechtsprinzips der vierjährigen Verjährung im Sozialrecht zu schließen. Dafür spricht auch die den Verjährungsregelungen des SGB zu entnehmende gesetzgeberische Absicht, die Vorschriften über die Verjährung sozialrechtlicher Ansprüche zu harmonisieren (vgl. Urt. d. Bundessozialgerichts v. 27.01.1987, a.a.O.). Nur so wird dem Sinn der Harmonisierung der Verjährungsvorschriften, den handelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften einen gesicherten Orientierungsrahmen vorzugeben, Rechnung getragen. Insgesamt ist eine vierjährige Verjährungsfrist aus praktischen und haushaltsrechtlichen Gründen geboten, um jahrelange Auseinandersetzungen zu vermeiden und Erstattungsansprüche einer beschleunigten Klärung zuzuführen (vgl. Urt. d. BSG v. 01.08.1991, a.a.O.). Bei analoger Anwendung der Vorschriften der Sozialgesetzbücher, die für den Beginn der Verjährung in der Regel auf den Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, abstellen (vgl. § 45 Abs. 1 SGB I), ist die Verjährung für die geltend gemachten Ansprüche aus dem Jahr 1996 (01.05.-31.12.1996) mit dem 31.12.2000, für die Ansprüche aus dem Jahr 1997 (01.01.-05.04.1997) mit dem 31.12.2001 eingetreten.
Die Verjährung in Bezug auf den Anspruch für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.12.1996 ist auch nicht wirksam unterbrochen worden. Insoweit ist auf die Vorschriften des BGB zurückzugreifen, deren sinngemäße Anwendung für die Hemmung, Unterbrechung und Wirkung der Verjährung im Rahmen der Verjährungsvorschriften der Sozialgesetzbücher allgemein angeordnet wird (vgl. § 45 Abs. 2 SGB I, § 25 Abs. 2 SGB IV, § 27 Abs. 3 SGB IV, § 50 Abs. 4 SGB X, § 113 Abs. 2 SGB X a.F. u. n.F.). Danach wäre im vorliegenden Fall allenfalls eine Unterbrechung durch gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs im Sinne von § 209 BGB in der 2001 geltenden Fassung analog in Betracht gekommen. Vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2000 ist insoweit eine entsprechende Klage seitens der Klägerin nicht erhoben worden. Eine Unterbrechung der Verjährungsfrist ist insbesondere nicht durch die Übersendung der schriftlichen Abrechnung für die Zeit vom 01.05.1996 bis 30.04.1997 an den Beklagten im Dezember 2000 erfolgt. Eine analoge Anwendung von § 45 Abs. 3 SGB I kommt insoweit nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift wird die Verjährung auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs unterbrochen. Unabhängig davon, ob die Übersendung der Abrechnung die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung erfüllen würde, regelt diese Vorschrift gerade keinen für die Verjährung im Sozialleistungsrecht allgemein geltenden Rechtssatz. So enthält zwar auch die Verjährungsregelung des § 27 Abs. 3 SGB IV eine vergleichbare Regelung; die Verjährungsvorschriften der §§ 25 Abs. 2 SGB IV, 50 Abs. 4 SGB X und § 113 SGB X in der neuen und alten Fassung verweisen demgegenüber lediglich auf die sinngemäße Anwendung des BGB. Im Übrigen betrifft § 45 Abs. 3 SGB I Fälle, in denen Sozialleistungsansprüche gegenüber Leistungsträgern bestehen (s. §§ 11, 12 SGB I), und nicht Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern. Dementsprechend war im vorliegenden Verfahren eine Unterbrechung der Verjährungsfrist durch lediglich schriftliche Geltendmachung nicht möglich.
Die Verjährungsfrist ist auch nicht durch ein Anerkenntnis des Beklagten unterbrochen worden (vgl. § 208 BGB in der 2001 geltenden Fassung analog). Das Schreiben des Beklagten vom 31.08.1995, mit dem dieser seine Pflicht zur Kostenerstattung dem Grunde nach anerkannt hat, kann nicht als ein die Verjährung unterbrechendes Anerkenntnis qualifiziert werden, da dieses in Bezug auf die geltend gemachte Leistung aus dem Jahre 1996 bereits vor dem Beginn der Verjährungsfrist, d.h. der Entstehung des Anspruchs, abgegeben wurde.
Damit hat der Beklagte mit seinen Schreiben vom 11.09.2001 und 08.11.2001 wirksam die Einrede der Verjährung für die Ansprüche aus dem Jahr 1996 erhoben. Die Geltendmachung der Einrede ist ermessensfehlerfrei erfolgt und stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung dar.
Demgegenüber ist die Verjährung des Anspruchs für die Zeit vom 01.01. bis 05.04.1997 durch Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage am 20.12.2001 analog § 209 BGB vor Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2001 wirksam unterbrochen worden. Da auch die übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch gemäß § 107 BSHG insoweit vorlagen (s.o.), ist der Klage in Bezug auf die im Jahre 1997 geleisteten Zahlungen stattzugeben. Nach alledem ist der Beklagte zur Erstattung der Kosten der Sozialhilfe für die Familie A. K. in der Zeit vom 01.01. bis 05.04.1997 in Höhe von 6.665,75 € zu verurteilen und die Klage im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO (vgl. § 194 Abs. 5 VwGO in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung vom 20.12.2001, BGBl. I, S. 3987 ff.).
Die Berufung wird gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zugelassen, da die Rechtssache aufgrund der zum 01.01.2001 erfolgten Änderung des § 113 SGB X grundsätzliche Bedeutung hat. Die Klärung der Frage, welche Verjährungsfrist seit diesem Zeitpunkt für einen Erstattungsanspruch aus § 107 BSHG gilt, hat über den Einzelfall hinaus Auswirkungen und liegt deshalb im allgemeinen Interesse.