Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.05.2010, Az.: 5 A 99/09
Androhung der Ersatzvornahme; bauliche Anlage; Beseitigungsanordnung; Duldung; Erforderlichkeit; Erforderlichkeit des Widerspruchsverfahrens; Ermessen; Ermächtigungsgrundlage; Garage; Gefahrenabwehr; Gleichbehandlung; Klagefrist; maßgeblicher Zeitpunkt für Sachlage und Rechtslage; Räumstreifen; Satzung; Schutzstreifen; Störer; Unterhaltung eines Gewässers; Verhältnismäßigkeit; Vertrauensschutz; Verwirkung; Wasserverband; Widerspruchsverfahren; Zaun
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 26.05.2010
- Aktenzeichen
- 5 A 99/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 47864
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 8a Abs 1 VwGOAG ND
- § 8a Abs 3 VwGOAG ND
- § 68 WasVerbGAG ND
- § 33 Abs 2 WasVerbGAG ND
- § 58 Abs 2 VwGO
- § 4 SOG ND
- § 5 SOG ND
- § 6 Abs 1 SOG ND
- § 7 Abs 2 SOG ND
- Art 14 Abs 1 GG
Gründe
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Klage ist insbesondere nicht verfristet. Im Ausgangsbescheid vom 21. April 2008 wurde mit dem Verweis auf das Widerspruchsverfahren die Rechtsmittelbelehrung unrichtig erteilt. Denn gemäß § 8a Abs. 1 Nds. AG VwGO bedurfte es hier eines Widerspruchverfahrens vor Erhebung der Anfechtungsklage nicht, da der angegriffene Verwaltungsakt auf einer Satzung beruht, die wiederum ihre Ermächtigung im Wasserverbandsgesetz findet. Ein derartiger Fall ist auch nicht von der Rückausnahme des § 8a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. f Nds. AG VwGO erfasst. Damit galt gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO die Klagefrist von einem Jahr. Da es keines Widerspruchverfahrens bedurfte, ist der Bescheid vom 14. Oktober 2008 nicht als Widerspruchsbescheid, sondern als Ergänzungsbescheid zum Bescheid vom 21. April 2008 zu verstehen, der ebenfalls fristgemäß angefochten wurde.
Die angegriffenen Bescheide vom 21. April und 14. Oktober 2008 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts richtet sich nach dem jeweiligen materiellen Recht. Enthält dieses insoweit keine Regelung, gilt für Anfechtungsklagen im Zweifel die Regel, dass bei Verwaltungsakten ohne Dauerwirkung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 2004, - 3 C 16.03 -, NVwZ 2005, 87, 88), hier also der 14. Oktober 2008.
Ermächtigungsgrundlage für die darin enthaltene Beseitigungsanordnung ist § 68 WVG i.V.m. § 37 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 Satz 2 der Verbandssatzung (VS) in der Fassung vom 27. November 2007 (Amtsblatt für den Landkreis Leer vom 17. Dezember 2007, S. 177).
Es bedarf insoweit keines Rückgriffs auf den mit der letzten Satzungsänderung zum 01. Januar 2008 rückwirkend in Kraft getretenen § 6 Abs. 4 VS in der Fassung vom 1. Oktober 2008 (Amtsblatt für den Landkreis L. vom 3. November 2008, S. 136), welcher die Beklagte nunmehr ausdrücklich zum Erlass einer Beseitigungsanordnung bei Verstößen gegen § 6 Abs. 2 Satz 2 VS ermächtigt. Zugleich kann damit auch die Frage offen bleiben, ob es sich bei dieser Satzungsänderung um eine unzulässige echte Rückwirkung handelt. Denn § 68 WVG i.V.m. § 37 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 Satz 2 VS erweisen sich nach Auslegung des Gerichts als hinreichende Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der streitgegenständlichen Verfügungen. Der Wortlaut des § 37 Abs. 1 VS mag zwar die Annahme einer bloßen Befolgensvorschrift nahe legen, auch wenn die Überschrift des § 37 VS von einer "Anordnungsbefugnis" spricht. Jedoch ist bei Anwendung weiterer Auslegungskriterien dieses Verständnis nicht überzeugend. So führt vor allem eine systematische Auslegung zu einem anderen Ergebnis. Denn § 37 Abs. 2 VS verleiht ausdrücklich Zwangsbefugnisse für den Vollzug einer Anordnung nach Absatz 1. Diese Zwangsbefugnisse würden jedoch ins Leere laufen, wenn man in Absatz 1 des § 37 VS lediglich eine Befolgungspflicht und nicht eine Ermächtigungsgrundlage sähe. Auch eine Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Norm bestätigt dies Ergebnis. Alleiniger Zweck der Norm ist es, dass die Behörde sich ein Instrumentarium zur effektiven Bewältigung ihrer Aufgaben schaffen wollte. Dies gilt um so mehr, als sich in der Verbandssatzung der Beklagten kein Hinweis auf eine andere Behörde finden lässt, die für die Durchführung und Überwachung der Einhaltung der Satzungsvorschriften zuständig wäre. Nicht zuletzt wird diese Sichtweise auch durch eine historische Auslegung der Norm und ihrer Vorläufervorschrift bestätigt. § 68 WVG und § 37 Abs. 1 VS sind an § 96 Abs. 1 Satz 1 WVVO angelehnt. Letzterer wurde in der Kommentarliteratur als hinreichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Beseitigungsanordnung (oder sonstiger Ordnungsverfügungen) angesehen (vgl. Rapsch, Kommentar zur WVVO, 1988, § 96 Rn 10). Dass von dieser Sichtweise bei Schaffung des WVG abgerückt werden sollte, ist aus der Gesetzesbegründung zu § 68 WVG nicht ersichtlich (vgl. Entwurf eines Gesetzes über Wasser- und Bodenverbände (WVG) vom 22. März 1990, BT-Drucksache 11/6764, S. 33 zu § 68).
Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, welches in einem ähnlich gelagerten Fall die entsprechende Anordnungsbefugnis eines anderen Wasserverbandes als unzureichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Beseitigungsverfügung ansah (Nds. OVG, Urteil vom 10. Dezember 2008, - 13 LC 112/07-, juris und NuR 2009, 127 [OVG Niedersachsen 10.12.2008 - 13 LC 112/07]). Denn der Unterschied in dem dort entschiedenen Fall war, dass die Satzung des Wasserverbandes zwischen baulichen Anlagen einerseits und Hecken, Bäumen und Sträuchern andererseits unterschied. Nur für letztere sah die Satzung eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage für deren Beseitigung vor. Das Gericht entschied, wenn es für die Beseitigung einzelner Anlagen eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage gebe, könne der Wasserverband für die Beseitigung anderer Anlagen nicht auf die generelle Anordnungsbefugnis zurückgreifen (Nds. OVG, Urteil vom 10. Dezember 2008, - 13 LC 112/07-, juris Rn 65). Eine solche Differenzierung zwischen einzelnen Anlagen gibt es hier nicht. Die Beklagte konnte daher in ihrem Ausgangs- und Ergänzungsbescheid ihre Beseitigungsverfügung auf ihre Anordnungsbefugnis (§ 37 Abs. 1 VS) stützen und ergänzend die Grundsätze des allgemeinen Ordnungsrechts aus dem Nds. SOG heranziehen.
Auch liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 68 WVG i.V.m. § 37 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 Satz 2 VS vor. Die Klägerin hat mit der Doppelgarage und dem Holzzaun Anlagen in den 5 Meter breiten Räumstreifen längs des R. errichtet, obwohl § 6 Abs. 2 Satz 2 VS vorsieht, dass dieser Bereich von jeglicher Bebauung und Bepflanzung freizuhalten ist. § 6 Abs. 2 Satz 2 VS bezieht sich auch nicht ausschließlich auf Ackerflächen, wie die Klägerin meint, sondern umfasst sämtliche sonstige Flächen, die nicht als Weide- oder Ackerland benutzt werden. Dieses Normverständnis ergibt sich aus einem Vergleich der Sätze 1 und 2 des § 6 Abs. 2 VS. Während Satz 1 verlangt, dass ein Schutzstreifen von 0,80 Metern bei Ackerflächen unaufgebrochen als Grünland liegen bleiben muss (mit anderen Worten ab 0,81 Metern können Anpflanzungen vorgenommen werden), untersagt Satz 2 Bepflanzungen im 5 Meter Schutzstreifen. Wenn sich diese Regelung auf Ackerflächen beziehen sollte, so hätte man in Satz 1 direkt die Abstandsfläche von 5 Metern festgelegt. Entscheidend ist jedoch, dass Satz 2 neben Bepflanzungen auch Bebauungen im 5 Meter Schutzstreifen untersagt. Da es auf Ackerflächen typischerweise keine Bebauungen gibt, kann Satz 2 nur als ein eigentlicher Absatz 3 verstanden werden, der Beschränkungen für auf sonstige Weise genutzte Grundstücke vorsieht (z.B. Wohngrundstücke wie das der Klägerin).
Auf der Rechtsfolgenseite räumt die Ermächtigungsgrundlage der Beklagten die Befugnis ein, verhältnismäßige Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Dies erschließt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm (§ 68 WVG bzw. § 37 Abs. 1 VS), sondern ergibt sich aus einer ergänzenden Auslegung anhand der allgemeinen Grundsätze des Gefahrenabwehrrechts (§§ 4 und 5 Nds. SOG). Dort wird den Ordnungsbehörden ein Entschließungs- und Auswahlermessen im Rahmen der Gefahrenabwehr zugebilligt. Da die auf § 37 Abs. 1 VS beruhenden Anordnungen der Sicherstellung der Unterhaltungsaufgaben des Wasserverbandes dienen, welche u.a. die Gefahrenabwehr umfassen (vgl. § 2 Abs. 4 VS), gilt dieser Grundsatz auch hier.
Auch im Hinblick auf zu beachtendes Natur- oder Baumschutzrecht liegt kein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vor, wenn der Klägerin aufgegeben wird, einen Streifen von 3 Metern längs des Gewässers zu räumen und dabei etwaige Bepflanzungen zu entfernen. Denn die Klägerin hat schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass die dortigen Bepflanzungen als Lebensraum und Brutstätte vieler heimischer Vogelarten dienen würden und somit dem Schutz des NNatG unterfielen. In diesem Zusammenhang hätte die Klägerin konkretisieren und belegen müssen, um welche Arten es sich handelt und wo diese genau nisten und brüten. Selbst wenn die Behauptung der Klägerin zuträfe, wäre ihr die aufgegebene Räumung nicht unmöglich, weil das NNatG die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Eingriff in einen solchen Lebensraum vorsieht, welche angesichts der überwiegenden wasserrechtlichen Interessen (ordnungsgemäßer Wasserabfluss, Schutz vor Überschwemmungen) auch zu erteilen wäre. Gleiches gilt für die etwaige Beseitigung von Bäumen, die der Baumschutzsatzung der Gemeinde W. unterfallen. Auch hier kann die Klägerin ohne Weiteres eine Ausnahmegenehmigung erhalten (vgl. Genehmigung der Gemeinde vom 03. Februar 2009 auf Antrag der Beklagten).
Da die Klägerin die zu beseitigenden Anlagen selbst errichten ließ und auch Eigentümerin des Grundstücks ist, ist sie sowohl nach § 6 Abs. 1 Nds. SOG als auch nach § 7 Abs. 2 Nds. SOG die richtige Verantwortliche.
Die Beseitigungsverfügung erweist sich außerdem als verhältnismäßig und ermessensfehlerfrei.
Sie dient dem legitimen Zweck, eine ordnungsgemäße Gewässerunterhaltung sicherzustellen. In der mündlichen Verhandlung konnte sich das Gericht davon überzeugen, dass das fragliche Gewässer im Bereich zwischen P. und der Straße Am R. den Angaben der Beklagten entsprechend sanierungsbedürftig ist. Dies ergab sich für das Gericht durch Inaugenscheinnahme der in den Akten befindlichen Lichtbilder (Bl. 56 und 59 d.A.) und der glaubhaften Aussage des sachverständigen Zeugen E.. Denn auf den Lichtbildern ist der marode Zustand der in den 60er Jahren verlegten Betonplatten in der Sohle und an den Seiten des Gewässers deutlich zu erkennen. Darüber hinaus bekundete der Zeuge, dass einige Platten nur noch lose aufliegen und nur dadurch zusammengehalten werden, dass sie ineinander verkeilt sind. Für den schlechten Zustand der Platten sind zum Teil auch die Wurzeln der am Graben befindlichen Bepflanzungen ursächlich. Nach diesen Erkenntnissen erscheint der Einsatz schweren Geräts auf den geforderten Räumstreifen zum Austausch der Platten nicht nur geeignet, sondern geradezu geboten. Außerdem ist der Räumstreifen geeignet, das anfallende Wasser bei der erforderlichen Trockenlegung der Grabenbaustelle ortsnah über Umleitschläuche sicher abzuleiten. Die Geeignetheit der Maßnahme wird auch nicht durch vorhandene Brücken im betreffenden Gewässerbereich in Frage gestellt, welche sich als Hindernis für den Einsatz schweren Geräts darstellen könnten. Denn der zu räumende Streifen befindet sich nur innerhalb der beiden Brücken und geht nicht darüber hinaus.
Die Beseitigungsverfügung ist auch erforderlich, da ein milderes und gleich geeignetes Mittel nicht ersichtlich ist. Insbesondere scheidet eine Sanierung des Gewässers unter Verzicht auf den Einsatz schweren Geräts auf Räumstreifen aus, da sich nach den Schilderungen des sachverständigen Zeugen E. ein solches Vorgehen als praktisch nicht durchführbar und ungeeignet erweist. Die zu entfernenden Betonplatten wiegen zwischen 95 und 125 kg und sind daher ohne Einsatz schweren Geräts nicht zu entfernen. Ein Einsatz von kleineren Verbundsteinen anstelle von neuen Betonplatten ist bei der Neugestaltung des Gewässerbettes zwar möglich, erfordert aber in jedem Falle auch die vorherige Beseitigung der schweren Altplatten und zudem ein Betonfundament. Eine naturnahe Umgestaltung des Gewässers unter Verzicht auf Betonplatten oder Verbundsteine ist aufgrund des relativ starken Gefälles des Gewässers im Grundstücksbereich der Klägerin und der damit einhergehenden erhöhten Fließgeschwindigkeit, welche dann zu Auskolkungen des Ufers führen würde, nicht angezeigt. Ebenso wenig können die Sanierungsarbeiten mit einem Minibagger im Gewässergraben ohne Inanspruchnahme des Räumstreifens vorgenommen werden. Schon die Beseitigung der Altplatten auf diese Weise erscheint als problematisch. Vor allem wäre der geforderte Räumstreifen für die Umleitschläuche bei Trockenlegung der Grabenbaustelle erforderlich. Denn der Gewässerabfluss muss zu jeder Zeit gewährleistet sein und große Umwege beim Einsatz von Pumpen und Umleitschläuchen sind aus technischen Gründen und wegen der Kosten zu vermeiden.
Die Beseitigungsanordnung ist auch angemessen. es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte bei Abwägung der Interessen der Klägerin an einer ungestörten Ausübung ihrer Eigentümerrechte gegenüber dem öffentlichen Interesse an den notwendig geworden Unterhaltungsmaßnahmen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass letztere hier überwiegen. Die Unterhaltungsmaßnahmen dienen dem Schutz vor Überschwemmungen. Diese Gefahr besteht auch nach Einschätzung des sachverständigen Zeugen E., wenn weitere Platten in die Grabensohle abrutschen. Sie hat ein besonderes Gewicht, weil einzelne Grundstücke tiefer als die Böschungshöhe liegen und der R. sich ohnehin schon am Rande seiner Entwässerungskapazität befindet. Hinter diesem Allgemeininteresse an Gefahrenabwehr haben die Interessen der Klägerin zurückzutreten.
In der Beseitigungsverfügung der Beklagten ist insbesondere auch keine rechtswidrige Eigentumsverletzung der Klägerin zu sehen. Hinsichtlich der angeordneten Beseitigung der Garage liegt schon kein rechtswidriger Eingriff in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG vor. Denn schon in § 7 Abs. 3 Satz 3 der Verbandssatzung der Beklagten in der Fassung vom 8. Juli 1970 (Amtliches Kreisblatt für den Landkreis L. vom 12. August 1970, S. 72) war das Errichten von Gebäuden an Gewässern II. Ordnung im Abstand von unter 6 Metern untersagt. Diese auf § 33 Abs. 2 WVG beruhende Satzungsbestimmung stellt sich als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums der Klägerin dar. Da die Klägerin erst 1972 Eigentümerin des Grundstücks wurde, war ihr Eigentum insoweit von Anfang an situationsbedingt vorbelastet, also nur eingeschränkt gewährleistet. Hinsichtlich des Holzzauns und etwaiger Bepflanzungen galt ab 1994 gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 VS in der Fassung der Genehmigung vom 8. Dezember 1994 (Amtsblatt für den Landkreis L. vom 15. Dezember 1994, S. 147) ein Verbot, solche Anlagen/Bepflanzungen näher als 5 Meter vom Verbandsgewässer zu errichten/vorzunehmen. Da nach Angaben der Klägerin der Holzzaun bereits kurz nach ihrem Grundstückserwerb 1972 errichtet wurde, lag zunächst eine berechtigte Eigentumsnutzung vor, in die aber bereits mit der nachträglichen Inhalts- und Schrankenbestimmung durch das 1994 neugefasste Satzungsrecht eingegriffen wurde. Um diese nachträgliche Inhalts- und Schrankenbestimmung möglichst verhältnismäßig auszugestalten hat die Beklagte lange Zeit darauf verzichtet, die Eigentumseinschränkung unter Hinweis auf das hohe Gewicht des Überschwemmungsschutzes durchzusetzen und die rechtswidrig gewordene Grundstücksnutzung geduldet. Damit hat sie der Klägerin eine vollständige bzw. weitgehende Amortisation getätigter Investitionen und eine möglichst lange Nutzung der Grundstücksgestaltung ermöglicht. Erst als das Gewicht der öffentlichen Belange sich wegen der nunmehr konkretisierenden Überschwemmungsgefahr infolge der marode gewordenen Grabenplatten weiter erhöht hatte und eine grundlegende Sanierung geboten erschien, hat sie mit der angefochtenen Beseitigungsverfügung den Eigentumseingriff konkretisiert. Dieser stellt sich nunmehr im Hinblick auf die Allgemeinwohlbelange und die lange Jahre geduldete Grundstücksnutzung als angemessen dar.
Die Beseitigungsverfügung erscheint insgesamt vor dem Hintergrund angemessen, dass die Beklagte nicht die Räumung eines 5 Meter breiten Streifens fordert, was ihr nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VS möglich wäre, sondern sich mit lediglich 3 Metern begnügt. Zugunsten der Beklagten sprechen ferner folgende Erwägungen: Auch wenn einzelnen Anlagen stehen bleiben würden und von der jeweils anderen Gewässerseite aus gearbeitet oder um die betreffenden Anlagen herum gearbeitet würde, wäre dies mit höheren Kosten verbunden, die von allen anderen Verbandsmitgliedern getragen werden müssten. Zudem würde dies eine unangemessene Belastung der Eigentumsrechte der benachbarten Grundstücke bedeuten, die die Beklagte vermeiden durfte.
Dieses Ergebnis widerspricht keineswegs dem zu beachtenden Vertrauensschutz. Hinsichtlich der von Anfang an rechtswidrig errichteten Garage besteht schon kein schützenwertes Vertrauen. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass derjenige, der rechtswidrig bauliche Anlagen errichtet, auf eigenes wirtschaftliches Risiko handelt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Oktober 1999, - 7 A 998/99 -, juris Rn 35). Hinsichtlich des zunächst rechtmäßig errichteten Holzzaunes kann die Klägerin keinen Vertrauensschutz dahingehend ableiten, auf Dauer von Neuregelungen verschont zu bleiben. Denn auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht kein Schutz vor Neuregelungen, bis sich die einmal getätigte Investition amortisiert hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 05. Mai 1987 - 1 BvR 724, 1000, 1015/81; 1 BvL 16/82 und 5/84 - juris). Im Übrigen fehlt es hier schon an einem Verhalten der Beklagten, aus dem die Klägerin berechtigterweise schließen und insoweit vertrauen konnte, dass die Beklagte niemals einschreiten würde. Die Beklagte hätte nach Außen zu erkennen geben müssen, dass sie sich in Kenntnis der Illegalität mit den gegebenen Umständen abfindet, z.B. durch eine Zusage (vgl. VG Aachen, Urteil vom 27. August 2009, - 3 K 1967/08 -, juris Rn 79). Dies ist hier jedoch nicht erfolgt. Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht ihr Recht verwirkt, gegen die illegalen Zustände einzuschreiten, und dies selbst dann nicht, wenn sie über Jahre hinweg in Kenntnis der rechtswidrigen Umstände nicht eingeschritten wäre (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2010, - 10 K 1951/07 -, juris Rn 114). Eine Duldung der rechtswidrigen Zustände, die die Beklagte auf Dauer an einer Beseitigung der Anlagen hindern könnte, ist bei einer bloßen Untätigkeit - auch wenn sie über Jahre hinweg andauerte - ausgeschlossen.
Ferner erweist sich die Maßnahme auch nicht als unangemessen im Hinblick auf eine mögliche Ungleichbehandlung wegen Nichteinschreitens gegen andere Eigentümer, etwa den der Gaststätte "J.". Fraglich ist schon, ob die Grundstücksverhältnisse überhaupt miteinander vergleichbar sind. Denn die Gaststätte befindet sich nicht im streitigen Bereich des R. zwischen der P. und der Straße R.. Dort mögen Fließgeschwindigkeit des Gewässers und Zustand der Uferbefestigungen auch anders sein. Im Unterschied zum klägerischen Grundstück befindet sich dort im Übrigen eine befestigte Zuwegung. In jedem Fall scheidet eine Ungleichbehandlung schon deshalb aus, weil es der Behörde gestattet sein muss, abschnittsweise vorzugehen und nicht alle Eigentümer eines Gewässers gleichzeitig in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus kann die Klägerin selbst aus einem etwa rechtswidrigen Nichteinschreiten gegen andere Eigentümer keine Abwehrrechte ableiten. Denn es gibt keine Gleichbehandlung im Unrecht und damit kein Anspruch auf eine Fehlerwiederholung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 - 1 BvL 25/77 - juris).
Auch die Androhung der Ersatzvornahme gemäß § 68 WVG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 2 und § 37 Abs. 2 VS i.V.m. § 70 NVwVG und § 70 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nds. SOG ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die gesetzte Frist von 6 Monaten nicht unangemessen.