Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 12.05.2010, Az.: 12 A 970/10

Inbetriebnahme eines Hochdruckreinigers an Sonntagen und Feiertagen als verbotenes Betreiben einer Autowaschanlage; Aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Festsetzung von Zwangsmitteln

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
12.05.2010
Aktenzeichen
12 A 970/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 17174
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2010:0512.12A970.10.0A

Verfahrensgegenstand

Zwangsgeldfestsetzung für das Betreiben einer Autowaschanlage an Sonntagen

Amtlicher Leitsatz

Unter das Verbot, eine Autowaschanlage an Sonn- und Feiertagen zu betreiben, fällt auch die Inbetriebnahme eines Hochdruckreinigers als Teil der Autowaschanlage.

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 3. Dezember 2009 (12 A 3149/09) gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 5. und 18. November 2009 ist zulässig, aber unbegründet.

2

Mit den angefochtenen Verfügungen setzte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin Zwangsgelder jeweils in Höhe von 750,-- Euro fest wegen der Inbetriebnahme ihrer Autowaschanlage mit dem dazugehörigen Hochdruckreiniger an den beiden Sonntagen 1. und 8. November 2009.

3

Grundsätzlich hat zwar eine Klage gegen belastende Verwaltungsakte nach § 80 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufschiebende Wirkung mit der Folge, dass der Betroffene der behördlichen Anordnung bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung nicht nachkommen muss. Im vorliegenden Fall entfaltet die Klage der Antragstellerin vom 3. Dezember 2009 aufgrund der landesrechtlichen Regelung in § 70 Abs. 1 des Niedersächsischen

4

Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) i.V.m. § 64 Abs. 4 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) keine aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO. § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG sieht vor, dass Rechtsbehelfe gegen die Festsetzung von Zwangsmitteln keine aufschiebende Wirkung haben. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt ist nicht begründet, wenn das Interesse des Antragstellers an der sofortigen Aussetzung der Vollziehung eines belastenden Verwaltungsaktes das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Durchsetzung nicht überwiegt. Bei dieser Interessenabwägung sind mit der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen Zurückhaltung auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Nach allen gegenwärtig erkennbaren Umständen wird die Klage der Antragstellerin vom 3. Dezember 2009 aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Die Antragsgegnerin hat gegenüber der Antragstellerin nach der für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung zu Recht die angefochtenen Zwangsgelder mit den Bescheiden vom 5. und 18. November 2009 festgesetzt. Die Antragsgegnerin setzte die betreffenden Zwangsgeldern gem. § 70 Abs. 1 NVwVG i.V.m. § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG zur Durchsetzung ihres bereits zum damaligen Zeitpunkt unanfechtbaren Bescheides vom 25. Juni 2009 fest, mit dem sie der Antragstellerin untersagt hatte, ihre Autowaschanlage in R. in der Zeit von 0 bis 24 Uhr an Sonntagen und Feiertagen zu betreiben. Von der Untersagung hatte die Antragsgegnerin die verkaufsoffenen Sonntage in der Gemeinde i.S.d. § 5 des Gesetzes über die Ladenöffnungszeiten ausgenommen. Zugleich hatte sie der Antragstellerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gem. §§ 65 Abs. 1 Nr. 2, 67, 70 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Nds. SOG ein Zwangsgeld in Höhe von 750,-- Euro angedroht. Die Festsetzung der beiden Zwangsgelder gegen die Antragstellerin erfolgte voraussichtlich zu Recht, da sie entgegen der Untersagungsverfügung vom 25. Juni 2009 ihre Autowaschanlage an zwei Sonntagen (1. und 8. November 2009) betrieben hat. Unstreitig reinigten mit dem bei der Antragstellerin vorgehaltenen Hochdruckreiniger an den betreffenden Sonntagen zwei Kunden jeweils ihre Fahrzeuge. Der Hochdruckreiniger ist als Teil der Autowaschanlage der Antragstellerin zu sehen. Die Anlage besteht aus einer Waschhalle und einem Vorwaschplatz mit dem Hochdruckreiniger als Vorwaschgerät. Als solches wird der Hochdruckreiniger auch in der Dienstanweisung der Antragstellerin vom 18. Juli 2007 bezeichnet. Danach ist es den Mitarbeitern der Antragstellerin ab sofort untersagt, die Waschanlage einschließlich des Vorwaschgerätes (Dampfstrahler) an Sonn- und Feiertagen (ausgenommen die verkaufsoffenen Sonntage) in Betrieb zu nehmen. Bereits die Begrifflichkeiten "Vorwaschgerät" und "Vorwaschplatz" sprechen für die Einordnung des Hochdruckreinigers als Teil einer einheitlichen Autowaschanlage. Die Antragstellerin trägt diesbezüglich vor, dass mit dem Hochdruckreiniger grobe Verschmutzungen beseitigt werden könnten, während in der Portalwaschanlage unter Verwendung chemischer Reinigungsmittel eine intensivere Wäsche stattfände. Auch diese Differenzierung zwischen der Beseitigungsmöglichkeit grober Verunreinigungen und einer Intensivreinigung mit chemischen Mitteln spricht nicht gegen die Annahme einer als Einheit zu sehenden Autowaschanlage, sondern sogar für diese Betrachtungsweise. In der Autowaschanlage der Antragstellerin haben danach die Kunden die Möglichkeit, nur eine Grobreinigung, nur eine Intensivreinigung oder beides kombiniert vorzunehmen. Infolgedessen wurde mit dem Hochdruckreiniger entgegen der Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin an den betreffenden Sonntagen jeweils ein Teil der Autowaschanlage der Antragstellerin in Betrieb genommen.

5

Der Annahme von Verstößen gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 25. Juni 2009 steht auch nicht das Vorbringen der Antragstellerin entgegen, dass sie ihre Mitarbeiter mit der Arbeitsanweisung vom 18. Juli 2009 zur Beachtung dieser Untersagungsverfügung angehalten habe, so dass sie insofern ihrer Verpflichtung nachgekommen sei. Die Antragstellerin muss sich das Verhalten ihrer Mitarbeiter nach außen hin zurechnen lassen. Die Einhaltung einer Arbeitsanweisung betrifft allein das Innenverhältnis zwischen der Antragstellerin und ihren Mitarbeitern.

6

Die Antragstellerin kann auch nicht mit ihrem Einwand erfolgreich durchdringen, dass die beiden Kunden an diesen beiden Tagen den Hochdruckreiniger lediglich dazu verwendeten, um die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit ihrer Fahrzeuge wiederherzustellen, da diese im Bereich der Räder bzw. bei einem Fahrzeug zusätzlich im Bereich der Bremsen starke Verunreinigungen aufwiesen. Die Betriebssicherheit eines Fahrzeugs erfordert auch bei besonderer Verschmutzung allenfalls die Reinigung von Scheiben, Scheinwerfen, Blinkern, Rücklichtern oder ähnlicher betriebswesentlicher Anlagen (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 8. November 1991 - Ss 513/91 <Z> -227 Z -; NVwZ 1993, 207 [OLG Köln 08.11.1991 - Ss 513/91 (Z) - 227 Z]). Selbst wenn damals lediglich starke Verunreinigungen im Bereich der Räder bzw. Bremsen als betriebswesentliche Anlagen eines Fahrzeugs beseitigt wurden, rechtfertigt dies nicht die Inbetriebnahme des Hochdruckreinigers als eines Teils der Autowaschanlage. Verschmutzungen auch im Bereich der Räder und Bremsen hätten sich auch unter Verwendung eines Eimers Wasser und eines Lappens soweit entfernen lassen, dass die Fahrtüchtigkeit der Fahrzeuge wiederhergestellt gewesen wäre. Der Einsatz eines Hochdruckreinigers als Teil einer Autowaschanlage mag die Entfernung der Verschmutzung vereinfacht zu haben, er war jedoch nicht erforderlich.

7

Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken, dass gegen die Antragstellerin wegen der beiden Verstöße gegen die Untersagungsverfügung vom 25. Juni 2009 jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 750,-- Euro festgesetzt wurde. Für den ersten Verstoß vom 1. November 2009 wurde das Zwangsgeld mit Bescheid vom 5. November 2009 (zugestellt am 7. November 2009) festgesetzt. Der zweite Verstoß vom 8. November 2009 lag mithin zeitlich nach der Festsetzung des ersten Zwangsgeldes, so dass der mit dem Zwangsgeld verbundene Zweck, eine Verhaltensänderung bei der Antragstellerin zu erzielen, weiterhin erreicht werden konnte. Da die Antragsgegnerin bei der zweiten Festsetzung kein höheres Zwangsgeld angeordnet hat, bedurfte es auch keiner erneuten Androhung eines ggf. höheren Zwangsgeldes. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

8

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. der lfd. Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327), wonach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Streitwert bei auf bezifferte Geldleistungen gerichteten Verwaltungsakten 1/4 des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes beträgt. Im Hauptsacheverfahren entspricht der Streitwert der lfd. Ziffer 1.6.1. des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zufolge der Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes. Da hier zwei Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 1.500,-- Euro durch die Antragsgegnerin festgesetzt wurden, ergibt sich für das vorliegende Verfahren ein Streitwert in Höhe von 375,-- Euro (1/4 von 1.500,-- Euro).