Sozialgericht Aurich
Beschl. v. 22.09.2009, Az.: S 21 SF 38/06 (AS)
Festsetzung der Vergütung des Erinnerungsführers
Bibliographie
- Gericht
- SG Aurich
- Datum
- 22.09.2009
- Aktenzeichen
- S 21 SF 38/06 (AS)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 24741
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGAURIC:2009:0922.S21SF38.06AS.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Aurich - 11.08.2006 - AZ: S 15 AS 151/06 ER
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 S. 1 RVG
- § 3 Abs. 1 S. 1 RVG
- § 14 Abs. 1 S. 1, 3 RVG
- § 55 RVG
- § 178 SGG
- § 197 Abs. 2 SGG
Tenor:
In Änderung der Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Aurich vom 11. August 2006 (Az.: S 15 AS 151/06 ER) wird die Vergütung des Erinnerungsführers auf insgesamt 810,34 Euro festgesetzt.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Gründe
I.
Im Streit steht die Höhe der festzusetzenden Vergütung des Erinnerungsführers.
Der Erinnerungsführer hat die insgesamt vier Antragsteller in dem Rechtsstreit S 15 AS 151/06 ER, mit welchem sich diese gegen die Vollziehung einer Aufrechnung eines Teils der Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 50,- EUR monatlich gewandt haben, sowie in dem zu Grunde liegenden Klageverfahren (S 15 AS 128/06) und in einem weiteren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 15 AS 172/06 ER) vertreten. Letzteres hat die durch die Behörde getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung hinsichtlich der Aufrechnungsverfügung zum Gegenstand gehabt. Die vorgenannten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 17. Mai 2006 verbunden worden. Zugleich ist den Antragstellern Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17. Mai 2006 Bezug genommen. Der Erinnerungsführer hat sodann unter dem 07. Juli 2006 beantragt, seine Vergütung auf insgesamt 845,41 EUR festzusetzen. Er hat dabei u.a eine Verfahrensgebühr in Höhe von 475,- EUR geltend gemacht. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Aurich hat die Vergütung am 11. August 2006 auf 462,14 EUR festgesetzt. Er hat dabei u.a. eine auf der Grundlage der Nr. 3103; 1008 VV RVG ermittelte Verfahrensgebühr in Höhe von 161,50 EUR berücksichtigt. Mit seiner Erinnerung verfolgt der Erinnerungsführer seinen Festsetzungsantrag weiter.
II.
Die gemäß § 56 RVG zulässige Erinnerung ist teilweise begründet. Sie führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Festsetzung.
Gegenstand der Erinnerung ist der zum Aktenzeichen S 15 AS 151/06 ER eingereichte Antrag auf Festsetzung der Vergütung vom 07. Juli 2006 und die hierauf ergangene Entscheidung über die Festsetzung der Vergütung vom 11. August 2006. Antrag und Festsetzung bezeichnen zwar in ihrem Aktenzeichen lediglich den Rechtsstreit S 15 AS 151/06 ER. Gleichwohl ist auf dieser Grundlage auch über die in dem Rechtsstreit S 15 AS 172/06 ER bis zur Verbindung verdiente Vergütung des Erinnerungsführers zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall ist den Antragstellern für beide vorgenannten Rechtstreitigkeiten Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Erinnerungsführers gewährt worden. Zwar ergibt sich dies aus dem im Termin am 17. Mai 2006 ergangenen Beschluss nicht ausdrücklich. Es folgt allerdings aus den Gesamtumständen. Der Beschluss ist in dem für beide Rechtsstreitigkeiten bestimmten Termin ergangen. Zwar ist dies unmittelbar nach dem Ausspruch der Verbindung der Rechtsstreitigkeiten erfolgt. Eine Beschränkung der Bewilligung oder Beiordnung ist dem Beschluss allerdings nicht zu entnehmen. Dass das Gericht eine Beschränkung hat vornehmen wollen, ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass in dem formell durch die Verbindung beendeten Rechtsstreit S 15 AS 172/06 ER kein - insbesondere ablehnender - Beschluss ergangen ist, nicht anzunehmen. Der Erinnerungsführer hat zwar gleichfalls seinen Festsetzungsantrag lediglich unter dem Aktenzeichen S 15 AS 151/06 ER eingereicht und hierin auch nur jeweils eine Verfahrens- und Terminsgebühr in Ansatz gebracht. Gleichwohl ist es vor dem dargestellten Hintergrund geboten, den Antrag umfassender zu verstehen und über die insgesamt entstandene Vergütung - im Rahmen des durch den Erinnerungsführer geltend gemachten Gesamtbetrags - zu entscheiden.
Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 des Gesetzes. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen. Hierbei sind alle Umstände des Einzelfalls - vor allem der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers - sowie gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Bei der Festsetzung der Vergütung nach § 55 RVG ist die durch den Rechtsanwalt getroffene Bestimmung der Gebühren auf ihre Billigkeit zu prüfen. Ist die durch den Rechtsanwalt getroffene Bestimmung unbillig, so ist sie für die Festsetzung der Vergütung nicht verbindlich.
Gemäß § 15 Abs. 4 RVG hat die Verbindung auf bereits entstandene Gebühren keinen Einfluss. Hiernach sind die Gebühren wie folgt zu ermitteln:
Hinsichtlich des Rechtsstreits S 15 AS 151/06 ER ist die Verfahrensgebühr zwar dem abgesenkten Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV RVG zu entnehmen. Die Kammer hält an ihrer Rechtsprechung fest, dass Nr. 3103 VV RVG grundsätzlich auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anzuwenden ist und es insoweit lediglich auf eine Vorbefassung des Rechtsanwalts mit dem inhaltlichen Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens im Rahmen eines Verwaltungs- bzw. Vorverfahrens ankommt (vgl. nur Beschluss der Kammer vom 18. April 2007, Az. S 21 SF 14/05 AS; siehe auch: SG Osnabrück, Beschluss vom 11. September 2009; Az.: S 1 SF 43/09 E m.w.N.). Eine solche Vorbefassung ist vorliegend gegeben, denn der Erinnerungsführer hat seine Auftraggeber in dem zu Grunde liegenden Vorverfahren vertreten. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist insoweit - auch wenn nicht auf den ersparten Aufwand durch die Vorbefassung abgestellt werden darf - als unterdurchschnittlich anzusehen. Der Erinnerungsführer hat lediglich einen Schriftsatz zu fertigen gehabt, in welchem er auf die begründenden Schriftsätze in anderen Verfahren verwiesen hat. Die Schwierigkeit der Angelegenheit beurteilt die Kammer hingegen als durchschnittlich. Dies ergibt sich insbesondere aus der besonderen Komplexität der zahlreich getroffenen und zu berücksichtigenden Verwaltungsentscheidungen. Bei leicht unterdurchschnittlicher Bedeutung und weit unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ergibt sich eine insgesamt leicht unterdurchschnittliche Angelegenheit. Diese führt ausgehend von einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG von 120,- EUR unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Erhöhung des Gebührenrahmens um 0,9 nach Nr. 1008 VV RVG zu einer Gebühr in Höhe von 228,- EUR. Die Terminsgebühr ist mit der Mittelgebühr in Höhe von 200,- EUR zutreffend berücksichtigt worden.
Hinsichtlich des Rechtsstreits S 15 AS 172/06 ER ist eine Verfahrensgebühr nachNr. 3102 VV RVG entstanden. Gegenstand des Rechtstreits ist insoweit zwar die der Sache nach bereits im Streit stehende Vollziehung der Aufrechnung gewesen. Insoweit hat der Antragsgegner des Ausgangsverfahrens mit der nachgehenden Anordnung der sofortigen Vollziehung aber eine neue Grundlage geschaffen. In der hier konkret vorliegenden Fallgestaltung ist es nicht mehr angemessen, von einer Vorbefassung des Erinnerungsführers auszugehen. Die anwaltliche Tätigkeit ist in diesem Rahmen als unterdurchschnittlich zu beurteilen. Dies gilt auch für deren Umfang und Schwierigkeit, weil der Erinnerungsführer insoweit auf Vorkenntnisse aus den bereits anhängigen Verfahren hat zurückgreifen können und der Streitgegenstand mit Blick auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung klar abzugrenzen gewesen ist. Auf der Grundlage einer Verfahrensgebühr von 110,- EUR ergibt sich unter Berücksichtigung der Nr. 1008 VV RVG eine Gebühr in Höhe von 209,- EUR. Die gleichfalls entstandene Terminsgebühr ist vorliegend in Höhe der nach Nr. 3106 VV RVG vorgesehene Mindestgebühr (20,- EUR) zu begrenzen, da die Verbindung eingangs des Termins erfolgt ist und die Tätigkeit in diesem Rechtsstreit damit beendet gewesen ist.
Hinsichtlich der entstanden Auslagen ist darauf hinzuweisen, dass die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld in voller Höhe zu berücksichtigen ist, da ein Termin im Rechtsstreit S 15 AS 128/06 ausweislich der dortigen Gerichtsakte am selben Tag tatsächlich - wie vom Erinnerungsführer geltend gemacht - nicht stattgefunden hat und diese Auslagen folgerichtig in jenem Rechtsstreit auch nicht angesetzt worden sind.
Es ergibt sich nachstehende Berechnung der Vergütung:
Verfahrensgebühr S 15 AS 151/06 ER (Nr. 3103; 1008 VV RVG): 228,- EUR
Verfahrensgebühr S 15 AS 172/06 ER bis zur Verbindung (Nr. 3102; 1008 VV RVG): 209,- EUR
Terminsgebühr S 15 AS 151-06 ER (Nr. 3106 VV RVG): 200,- EUR
Terminsgebühr S 15 AS 172-06 ER bis zur Verbindung (Nr. 3106 VV RVG): 20,- EUR
Fahrtkosten/Abwesenheitsgeld (Nr. 7003; 7005 VV RVG): 33,80 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG): 20,- EUR
Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG, 16 v.H. auf 710,80 EUR): 113,73 EUR
insgesamt: 810, 34 EUR.
Nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen ist auch in Verfahren über die Festsetzung der Vergütung nach §§ 55 f. RVG die Beschwerde gegen die Entscheidung des Sozialgerichts - entgegen §§ 56 Abs. 2; 33 Abs. 3 RVG - gemäß §§ 178; 197 Abs. 2 SGG ausgeschlossen (vgl. etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09. Juni 2009, Az.: L 13 B 1/08 SF m.w.N.).
Dieser Beschluss ist mithin endgültig.