Sozialgericht Aurich
Urt. v. 22.01.2009, Az.: S 8 KR 92/06

Bibliographie

Gericht
SG Aurich
Datum
22.01.2009
Aktenzeichen
S 8 KR 92/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 50615
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28.06.2006 verurteilt, der Klägerin 560,-- € zu erstatten.

Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichten Kosten zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von ihr aufgewendeter Kosten für die Überlassung einer motorisierten Schulterbewegungsschiene (sogenannte: CPM-Schiene, continuous passive motion).

Die 1950 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin unterzog sich am 18.01.2006 wegen einer Rotatorenmanschettenruptur einer Schulteroperation. Sie wurde am 25.01.2006 aus stationärer Behandlung entlassen. Empfohlen wurden ausweislich des Entlassungsberichts des Klinikums Emden vom 25.01.2006 die Fortsetzung der physikalischen Therapie sowie passive Bewegungsübungen mittels CPM-Schiene. Mit Datum vom 25.01.2006 stellte der Hausarzt Dr. F. eine Verordnung über eine Motorschiene für sechs Wochen aus. Hierüber schloss die Klägerin mit der Firma G. in H. unter dem 25.01.2006 einen Mietvertrag, wonach ihr eine Motorbewegungsschiene des Typs Artromot für das Schultergelenk für einen Zeitraum von 28 Tagen zu einem Mietpreis von 560,-- € inkl. Mehrwertsteuer zur Verfügung gestellt wurde. Die Schulterbewegungsschiene wurde von der Klägerin in der Zeit vom 25.01. bis 21.02.2006 benutzt. Hierfür stellte die Firma G. ihr mit Schreiben vom 21.02.2006 den vereinbarten Betrag in Höhe von 560,-- € in Rechnung.

Den unter Vorlage der ärztlichen Verordnung und eines Kostenvoranschlags der Firma G. vom 25.01.2006 per Telefax vom selben Tage gestellten Antrag auf Kostenübernahme lehnte die Beklagte mit einem offensichtlich versehentlich auf den 28.02.2006 datierten Bescheid ab. Zur Begründung gab sie ohne vorherige Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) an, eine medizinische Notwendigkeit für die Schulterbewegungsschiene sei nicht gegeben. Laut Stellungnahme des MDK seien bei der Erkrankung der Klägerin physiotherapeutische Maßnahmen (Krankengymnastik, Ergotherapie) und die regelmäßige Durchführung von erlernten Eigenübungen sinnvoll und ausreichend.

Auf den Widerspruch der Klägerin (eingegangen am 20.02.2006) holte die Beklagte nunmehr ein nach Aktenlage erstattetes Gutachten des MDK vom 17.03.2006 ein. Darin heißt es, die medizinische Notwendigkeit zur passiven Bewegung eines Schultergelenks mit einer motorbetriebenen Bewegungsschiene nach Rekonstruktion der Rotatorenmanschette bei Ruptur könne nicht bestätigt werden. Bisher habe keine Schulterbewegungsschiene die Kriterien für die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis erfüllt. Weiterhin seien auch die erforderlichen "funktions- und sicherheitstechnischen Kriterien" nicht gegeben. Schädigungen bei Eigenanwendung durch die Versicherten im häuslichen Bereich seien möglich. Der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit und des therapeutischen Nutzens sei bisher nicht geführt worden. Adäquate Behandlungsmethode sei vorliegend eine krankengymnastische Übungsbehandlung, unterstützt durch häusliche Eigenübungen. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2006 als unbegründet zurück. Nach einem Grundsatzgutachten des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) vom 15.10.2002 sei ein therapeutischer Nutzen einer passiven Bewegungstherapie unter Einsatz fremdkraftbetriebener Bewegungsschienen im häuslichen Bereich nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Die passiven Motorbewegungsschienen seien daher inzwischen aus dem Hilfsmittelverzeichnis herausgenommen worden. Auch im Einzelfall der Klägerin liege nach Feststellung des MDK keine medizinische Indikation für die Anwendung der Bewegungsschiene vor. Eine unkontrollierte Eigenanwendung im häuslichen Bereich könne sogar zu gesundheitlichen Schäden führen.

Mit der am 13.07.2006 erhobenen Klage macht die Klägerin unter Vorlage mehrerer medizinischer Gutachten im Wesentlichen geltend, bei dem Einsatz von motorisierten Bewegungsschienen nach Schulteroperationen handele es sich um eine Standardbehandlung, deren Nutzen allgemein anerkannt sei. Die medizinische Notwendigkeit ergebe sich aus der vorliegenden hausärztlichen Verordnung, an deren inhaltlicher Überprüfung die Beklagte schon aus Rechtsgründen gehindert sei.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2006 zu verurteilen, ihr 560,-- € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend und legt ein weiteres MDK-Gutachten vom 30.09.2008 vor.

Das Gericht hat ein in dem Parallelverfahren S 8 KR 27/06 vorgelegtes Gutachten des Facharztes für Orthopädie/Unfallchirurgie Prof. Dr. Dr. I. vom 02.06.2008 zur Frage des medizinischen Nutzens der von der Firma G. hergestellten CPM-Schulterbewegungsschienen sowie ein in jenem Verfahren eingeholtes Gutachten des Facharztes für Orthopädie Prof. Dr. Dr. J. vom 25.08.2008 beigezogen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beweisergebnisses wird auf die Verwaltungs- und Prozessakten verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Mit dem Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) einen Anspruch auf Erstattung der Mietkosten für die Schulterbewegungsschiene in Höhe von 560,-- €.

§ 13 Abs. 3 S. 1 SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Der Kostenerstattungsanspruch scheitert vorliegend nicht bereits daran, dass der Klägerin keine erstattungsfähigen Kosten entstanden sind (vgl. zu diesem Erfordernis stellvertretend das zur CPM-Schiene ergangene Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 19.10.2007, Az. L 1 KR 34/07 mwN.). Die vorliegend von der Klägerin an die Firma G. geleistete Zahlung in Höhe von 560,-- € beruht auf dem mit dieser Firma geschlossenen Mietvertrag vom 25.01.2006. Darin hatte sich die Klägerin rechtswirksam zur Zahlung dieses Betrages für die mietweise Überlassung der Schulterbewegungsschiene verpflichtet. Zwar können vertragliche Ansprüche gegen einen gesetzlich Krankenversicherten grundsätzlich nur dann begründet werden, wenn ihn der Leistungserbringer bei Beginn der Leistungserbringung darauf hingewiesen hat, dass eine Sachleistung zu Lasten der Krankenkasse nicht erbracht wird und der Versicherte im Falle der Zahlungsverweigerung durch die Krankenkasse persönlich für die Kosten aufkommen muss (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 09.10.2001, Az. B 1 KR 6/01 R; Urteil des Sächsischen LSG vom 11.01.2006, Az. L 1 KR 5/04 [CPM-Schiene]). Dem hier vorliegenden Mietvertrag vom 25.01.2006, der ausdrücklich zwischen der Klägerin als Mieterin und der Firma G. geschlossen wurde, konnte die Klägerin aber zweifelsfrei entnehmen, dass es sich nicht um eine Kassenleistung handelte, sondern sie selbst zur Entrichtung des vereinbarten Mietentgelts verpflichtet war. In dem Mietvertrag heißt es auch ausdrücklich, dass eine Kostenübernahme bei der zuständigen Krankenkasse von der Firma G. nur auf Wunsch des Mieters beantragt würde. Die Verpflichtung zur Zahlung des Mietpreises durch die Klägerin selbst blieb nach den vertraglichen Bestimmungen von einer solchen Antragstellung unberührt. Nur für den Fall, dass die Krankenkasse die Kosten ganz oder zum Teil übernehmen und an die Firma G. zahlen würde, sollte der entsprechende Betrag der Klägerin gutgeschrieben werden. Der Betrag in Höhe von 560,-- € ist danach aufgrund einer rechtswirksamen vertraglichen Verpflichtung gezahlt worden.

Diese Kosten sind der Klägerin dadurch entstanden, dass die Beklagte eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte. Eine Leistung ist im Sinne von § 13 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 SGB V unaufschiebbar, wenn es dem Versicherten angesichts der Gesamtumstände nicht zumutbar ist, mit dem Beginn einer Behandlung bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse zu warten. Die Leistung muss im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich sein, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes besteht (BSG-Urteil vom 10.04.2008, Az. B 3 KR 8/07 R [CPM-Schiene] mwN). Es dürfte zwischen den Beteiligten unstreitig sein, dass bei unterstellter medizinischer Indikation für eine CPM-Schiene die Anwendung nur dann therapeutisch sinnvoll ist, wenn sie im unmittelbaren Anschluss an die Entlassung aus dem Krankenhaus fortgeführt wird. Die Therapie duldete daher vorliegend keinen nennenswerten zeitlichen Aufschub. Der Leistungsantrag wurde bei der Beklagten ohne zeitliche Verzögerung am Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus (25.01.2006) gestellt. Eine frühzeitigere Antragstellung war nicht möglich. Zwar handelt es sich um einen mit zeitlichem Vorlauf geplanten operativen Eingriff. Nicht planbar war allerdings die Zeitdauer der stationären Behandlung, da diese vom Heilungsverlauf und insbesondere von etwa auftretenden Komplikationen abhängig war. Vor diesem Hintergrund ist in Fällen der vorliegenden Art auch nicht vorhersehbar, ob es überhaupt zu einem häuslichen Einsatz einer Schulterbewegungsschiene kommt oder ob die Bewegungstherapie komplett im stationären Rahmen durchgeführt wird. Eine Verordnung über eine Schulterbewegungsschiene zur häuslichen Eigenanwendung kann daher erst nach der Operation ausgestellt werden.

Schließlich sind auch die weiteren Voraussetzungen für den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch erfüllt. Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit einer Schulterbewegungsschiene. Diese gehört zu den Leistungen, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistungen zu erbringen haben.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind.

Die Schulterbewegungsschiene, die unzweifelhaft keinen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt und auch nicht nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen ist, war im Falle der Klägerin erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Dieses steht aufgrund der vorliegenden ärztlichen Verordnung vom 25.01.2006, der therapeutischen Empfehlungen in dem Entlassungsbericht vom selben Tage und der beigezogenen Gutachten zur häuslichen Eigenanwendung von Schulterbewegungsschienen zur Überzeugung des Gerichts fest. In diesem Zusammenhang ist zunächst davon auszugehen, dass mit der sog. CE-Kennzeichnung nach dem Medizinproduktegesetz (MPG), über die die streitbefangene Schulterbewegungsschiene verfügt, das Hilfsmittel im Sinne der Produktsicherheit und Zwecktauglichkeit auch im krankenversicherungsrechtlichen Sinne funktionstauglich ist, ohne das dieses von den Krankenkassen oder Gerichten noch eigenständig zu prüfen wäre (vgl. BSG-Urteil vom 28.09.2006, Az. B 3 KR 28/05 R). Dieses ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig, vielmehr geht es um generelle Bedenken gegen die häusliche Eigenanwendung der CPM-Schiene durch die Versicherten. Dabei ist es grundsätzlich im Rahmen der Therapiefreiheit eine Frage des Einzelfalls, wie der Arzt eine Verletzung des Versicherten behandelt. Entgegen der von Klägerseite vertretenen Auffassung steht die Therapiefreiheit allerdings nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG unter dem Vorbehalt des Leistungsrechts und ist auch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot der gesetzlichen Krankenversicherung eingeschränkt. Es bleibt daher den Krankenkassen unbenommen, vor Bewilligung eines Hilfsmittels durch den MDK prüfen zu lassen, ob dieses erforderlich ist (§ 275 Abs. 3 Nr. 1 SGB V). Die Frage der Notwendigkeit der Verwendung eines bestimmten Hilfsmittels ist dabei stets an den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls zu prüfen (BSG aaO.).

Die in dem Grundsatzgutachten des MDS vom 15.10.2002, in der Rechtsprechung (Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 12.10.2005, Az. L 4 KR 257/03) und auch in den zum vorliegenden Fall erstatteten MDK-Gutachten geäußerten generellen Bedenken gegen die häusliche Eigenanwendung der CPM-Schienen sind durch die beigezogenen Gutachten des Prof. Dr. Dr. I. vom 02.06.2008 und des Prof. Dr. Dr. J. vom 25.08.2008 entkräftet worden. Nach § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Prof. Dr. I. hat in seinem für das Sozialgericht Freiburg erstatteten wissenschaftlichen Gutachten vom 02.06.2008 zusammenfassend ausgeführt, dass sich aus den vorliegenden Studien mit unterschiedlichen Evidenzgraden insgesamt ein therapeutischer Nutzen des Einsatzes von Schulterbewegungsschienen nach Schultereingriffen in der frühen Rehabilitation im häuslichen Bereich ableiten lässt. Gestützt auf die in diesem Gutachten durchgeführten Recherchen hat auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Dr. J. festgestellt, dass die häusliche Eigenanwendung von motorbetriebenen Bewegungsschienen nach rekonstruktiven Eingriffen an der Schulter dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Die Vorteile des Einsatzes einer Schulterbewegungsschiene zusätzlich zur Krankengymnastik, wie sie auch im Falle der Klägerin erfolgt ist, hat Prof. Dr. Dr. J. in seinem Gutachten im Einzelnen nachvollziehbar beschrieben. Hierzu gehören insbesondere die passiv geführte Bewegung ohne Gewichtsübernahme, das genaue Einhalten des vorgegebenen Bewegungsraumes und der Bewegungsgeschwindigkeit, die Förderung der Heilung des durch die Operation traumatisierten Weichteilgewebes und die Erhöhung der Behandlungsdichte. Die gegen die häusliche Eigenanwendung der CPM-Schiene immer wieder geäußerten Bedenken der fehlenden Kontrolle und Anpassung mit der möglichen Folge von Gesundheitsschäden sind durch das ausführliche Gutachten des Prof. Dr. Dr. I. entkräftet worden. Dieser hat im Einzelnen ausgeführt, dass die ärztliche Therapieüberwachung in der Rehabilitationsphase nach Verletzungen oder Operationen von Gelenken integraler Bestandteil des Heilerfolges sei und demgemäß eine stufenförmige Anpassung der Bewegungsschiene im Rehabilitationsverlauf möglich sei. Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung durch den häuslichen Einsatz von CPM-Schienen ergeben sich nach den Feststellungen des Sachverständigen aufgrund der momentanen Datenlage und der langjährigen Erfahrungen mit der CPM-Behandlung an der Schulter bei fehlenden Berichten über eingetretene Komplikationen nicht. Der Sachverständige Prof. Dr. Dr. J. hat ergänzt, dass jeder normal intelligente Mensch in der Lage sei, solche Schienen nach entsprechender Einweisung im häuslichen Umfeld zu benutzen.

Den dagegen in dem MDK-Gutachten vom 30.09.2008 erhobenen Einwänden vermochte sich das Gericht nicht anzuschließen. Insbesondere ist die wiederholte Behauptung, dass die Durchführung derart komplexer Maßnahmen in Eigenverantwortung der Patienten ohne stetige Kontrolle und ohne stetige Supervision mit Neuanpassung eine mögliche Gefährdung der Rotatorenmanschettennaht bedeute, durch nichts belegt. Vielmehr liegen diesbezügliche Erkenntnisse nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. I. (Seite 33ff. des Gutachtens) gerade nicht vor. Der Hinweis des MDK-Gutachters, dass die Erhöhung der Behandlungsdichte auch durch Heilmittelverordnung außerhalb des Regelfalls nach den Heilmittelrichtlinien hätte erreicht werden können, lässt die in den vorliegenden Gutachten beschriebenen weiteren Vorteile der häuslichen Anwendung der CPM-Schienen außer Acht. Ferner lässt sich eine stetige Kontrolle und Neuanpassung nach den Ausführungen in beiden gerichtlichen Gutachten auch bei der häuslichen Eigenanwendung sehr wohl gewährleisten. Soweit der medizinische Nutzen einer eigenverantwortlich durchgeführten häuslichen Bewegungstherapie mit einer Schulterbewegungsschiene vom MDK weiterhin nicht als ausreichend belegt angesehen wird, gelten für den Nachweis des therapeutischen Nutzens von Hilfsmitteln nicht die Beweisanforderungen des § 135 SGB V (vgl. BSG aaO.). Es reicht daher aus, dass nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. Dr. J. die häusliche Eigenanwendung von motorbetriebenen Schulterbewegungsschienen unter den kurativ tätigen Ärzten dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und von der Mehrheit der Fachärzte befürwortet wird. Prof. Dr. Dr. J. hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der vom Sozialgericht Freiburg gehörte Sachverständige Prof. Dr. Dr. I. einer der führenden deutschen Schulterspezialisten sei und seine Stellungnahmen in der Fachwelt besonderes Gewicht hätten.

Nach alledem ist die von Dr. K. ausgestellte Verordnung vom 25.01.2006 nicht zu beanstanden. Das von der Klägerin selbst beschaffte Hilfsmittel gehörte zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung und seine Anwendung war in ihrem Fall auch medizinisch indiziert. Die Beklagte ist daher verpflichtet, der Klägerin die durch die Selbstbeschaffung entstandenen Kosten, die der Höhe nach nicht streitig sind, zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Bei nicht erreichter Berufungssumme (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) war die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 zuzulassen, da das Urteil von einer Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 12.10.2005, Az. L 4 KR 257/03) abweicht.