Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 25.07.2014, Az.: 13 W 9/14
Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten für Ansprüche eines Handelsvertreters wegen Verlusten aus der eigenverantwortlichen Führung der Geschäftsstelle eines Finanzdienstleistungsunternehmens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 25.07.2014
- Aktenzeichen
- 13 W 9/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 22457
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:2014:0725.13W9.14.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Aurich - 26.03.2014
Rechtsgrundlagen
- HGB § 92a Abs. 1 S. 1 Alt. 1
- ArbGG § 5 Abs. 3 S. 1
Fundstellen
- DStR 2014, 12
- NJW 2014, 6
- NJW-RR 2015, 31-33 "Arbeitsgericht"
- ZAP EN-Nr. 618/2014
- ZVertriebsR 2017, 89
Amtlicher Leitsatz
1. Zur Handelsvertretereigenschaft eines "Geschäftsstellenleiters", der - zusätzlich zu seiner vermittelnden Tätigkeit als Handelsvertreter - durch einen gesonderten Vertrag mit der eigenverantwortlichen Führung der Geschäftsstelle eines Finanzdienstleistungsunternehmens betraut wird.
2. Aus einer Vertragsklausel, nach der der Handelsvertreter "während der Vertragszeit nur - hauptberuflich - für ... [den Unternehmer] tätig sein" darf, ergibt sich ein Verbot der Tätigkeit für weitere Unternehmer und damit eine Stellung als Einfirmenvertreter im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB (Bestätigung von OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. Mai 2006 - 1 W 18/06, juris, Rn. 13; gegen OLG Hamm, Beschluss vom 29. November 2010 - 18 W 61/10, juris, Rn. 36).
3. Zur Berechnung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung (§ 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG).
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 26. März 2014 aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Arbeitsgericht Emden verwiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: bis 35.000 €.
Gründe
I.
Die Klägerin betreibt unter anderem die Vermittlung von Verträgen über Finanzdienstleistungen. Sie verlangt von der Beklagten den - anteiligen - Ausgleich eines nach dem Vortrag der Klägerin erwirtschafteten Verlusts aus der eigenverantwortlichen Leitung der Geschäftsstelle der Klägerin in Emden (....-Geschäftsstelle E ....).
Die Beklagte war seit dem 1. Februar 2002 aufgrund eines ".....-Consultantvertrages" für die Klägerin tätig. In dem Vertrag heißt es unter anderem:
"§ 1 Gegenstand des Vertrages
1 Der Consultant ist tätig als selbständiger Gewerbetreibender i.S.v. §§ 84 ff HGB.
2 Die Tätigkeit des Consultant umfaßt die Beratung der MLP-Kunden über sowie die Vermittlung von MLP-Dienstleistungen und von Finanzprodukten, die von MLP freigegeben sind, in dem durch seine Zielgruppenspezifikation und seinem jeweiligen Ausbildungsstand vorgegebenen Rahmen.
...
§ 2 Verpflichtungen des Consultant
1 Der Consultant darf während der Vertragszeit nur - hauptberuflich - für MLP tätig sein und die MLP-Dienstleistungen und die von MLP freigegebenen Finanzprodukte vermitteln. ... Eine Beteiligung - gleichgültig welcher Art - an Konkurrenzunternehmen ist ihm untersagt. Ausgenommen hiervon ist die Beteiligung durch den Erwerb börsengängiger Aktien.
..."
Mit Wirkung zum 1. Mai 2008 schlossen die Parteien einen "Geschäftsstellenleitervertrag", durch den die Beklagte neben ihrer beratenden Tätigkeit für Kunden zusätzlich mit der eigenverantwortlichen Führung der Geschäftsstelle Emden I der Klägerin betraut wurde. Der zuletzt maßgebliche Geschäftsstellenleitervertrag vom 6. Mai 2011 lautet auszugsweise:
"§ 1 Gegenstand dieses Vertrages
... Die Tätigkeit des Geschäftsstellenleiters umfasst insbesondere:
- Planung und Gestaltung der wirtschaftlichen Entwicklung der Geschäftsstelle;
- Leitung der Geschäftsstelle unter Berücksichtigung der in § 2 dieses Vertrages beschriebenen ablauforganisatorischen Vorgaben von MLP;
- Recruiting und Coaching der Consultants;
- Koordinierung und Betreuung des angestellten Innendienstes der Geschäftsstelle.
...
§ 4 Ergebnis der Geschäftsstelle/Gewinnauszahlung
(1) Die Umsatzerlöse der Geschäftsstelle betragen ab dem 1. Januar 2012 132 Prozent der den GS-Consultants zustehenden Provisionen (nachfolgend "Umsatzerlöse" genannt).
(2) Das Geschäftsstellenergebnis errechnet sich aus den Umsatzerlösen abzüglich der den GS-Consultants zustehenden Provisionen und den Kosten, welche durch die Geschäftsstelle oder den Geschäftsstellenleiter veranlasst sind (nachfolgend "Geschäftsstellenergebnis" genannt). Durch die Geschäftsstelle veranlasst sind alle Kosten, die in Anlage 1 zu diesem Vertrag als Geschäftsstellenkosten definiert sind (nachfolgend "GS-Kosten" genannt). Anlage 1 wird Vertragsbestandteil.
(3) Die monatlichen Geschäftsstellenergebnisse (...) werden zusammengefasst (nachfolgend "Geschäftsstellenleitersaldo" genannt).
...
(7) Alle mit der Geschäftsstellenleitertätigkeit im Zusammenhang stehenden Gutschriften, Belastungen und Zahlungen werden in einem für den Geschäftsstellenleiter einzurichtenden Geschäftsstellenleiterkonto (nachfolgend "Geschäftsstellenleiterkonto" genannt) erfasst. ...
(8) Der Geschäftsstellenleiter hat Anspruch auf monatliche Auszahlung des Guthabens auf seinem Geschäftsstellenleiterkonto.
...
§ 5 Verlustausgleich / Haftung des Geschäftsstellenleiters
(1) Einen Verlust der Geschäftsstelle hat der Geschäftsstellenleiter gegenüber MLP auszugleichen. Verluste eines Monats können auf Gewinne nachfolgender Monate angerechnet werden.
...
(3) Ist der Geschäftsstellenleitersaldo bei Beendigung des Geschäftsstellenleitervertrags negativ, ist dieser vom Geschäftsstellenleiter bis zu einer Höhe von 120.000,00 Euro auszugleichen. Die Rückzahlung des Geschäftsstellenleitersaldos erfolgt durch Zahlung in sechs gleichen Jahresraten, jeweils zum 31.12. eines Jahres, beginnend mit dem 31.12., der auf die Beendigung des Geschäftsstellenleitervertrages folgt.
...
§ 10 Vertragsdauer und Beendigung des Vertrages
(1) Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen...
...
(3) Wird der zwischen den Parteien geschlossene Consultantvertrag - gleich in welcher Form - beendet, endet damit auch dieser Vertrag.
...
§ 16 Sonstige Bestimmungen
...
(3) Die Regelungen des zwischen den Parteien gesondert geschlossenen Consultantvertrags bleiben von den Regelungen dieses Vertrages unberührt, sofern hier nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist."
Der Geschäftsstellenleitervertrag wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 4. Juli 2012 zum 31. Oktober 2012 gekündigt.
Die Klägerin trägt vor, die von der Beklagten geleitete Geschäftsstelle habe während der Laufzeit des Geschäftsstellenleitervertrages von 2008 bis zum 31. Oktober 2012 insgesamt ein (negatives) Geschäftsstellenergebnis von -184.196 € erwirtschaftet (von den vorgetragenen jährlichen Verlusten entfällt auf den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Oktober 2012 ein Betrag von -78.607 €).
Mit der Klage macht die Klägerin Ansprüche auf Verlustausgleich aufgrund der Haftungsregelung in § 5 des Geschäftsstellenleitervertrages geltend. Sie verlangt Zahlung von 20.000 € nebst Zinsen. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, einen Verlust aus der Leitung der Geschäftsstelle bis zu einem Gesamtbetrag von 120.000 € auszugleichen.
Die Beklagte tritt den von der Klägerin geltend gemachten Ansprüchen entgegen. Sie hat die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts gerügt und beantragt, vorab gemäß § 17a Abs. 3 GVG über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu entscheiden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für zulässig erklärt.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, die beantragt, den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zu verweisen. Sie meint, sie sei Arbeitnehmerin der Klägerin gewesen, so dass die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben sei.
II.
Das gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Arbeitsgericht Emden (vgl. MünchKommZPO/Zimmermann, 4. Aufl., § 17a GVG Rn. 34; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 17 Rn. 32; jeweils m.w.N.).
Es kann dahinstehen, ob die Beklagte als Arbeitnehmerin im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG anzusehen ist, wie die Beklagte meint. Denn auch wenn man unterstellt, dass die Beklagte aufgrund des Geschäftsstellenleitervertrages selbständig und damit nicht als Arbeitnehmerin für die Klägerin tätig war, ergibt sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte aus § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG. Danach gelten Handelsvertreter als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, wenn sie zu dem in § 92a HGB definierten Personenkreis gehören, also vertraglich nicht für weitere Unternehmer tätig werden dürfen oder ihnen dies nach Art und Umfang der von ihnen verlangten Tätigkeit nicht möglich ist, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 € an Vergütung bezogen haben. Diese Voraussetzungen sind hier im Hinblick auf den zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsstellenleitervertrag erfüllt.
1. Die Beklagte ist aufgrund des Geschäftsstellenleitervertrages - ihre Selbständigkeit im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB unterstellt - als Handelsvertreterin für die Klägerin tätig gewesen. Allerdings vertritt die Klägerin insofern die Auffassung, bei dem Geschäftsstellenleitervertrag, der vom Consultantvertrag strikt zu trennen sei, handele es sich nicht um einen Handelsvertretervertrag, sondern um einen Dienstvertrag sui generis. Dieser Argumentation vermag das Beschwerdegericht indessen nicht zu folgen.
a) Zwar oblag der Klägerin aufgrund des Geschäftsstellenleitervertrages nicht unmittelbar die Vermittlung von Geschäften für die Klägerin, sondern - neben weiteren Aufgaben im Zusammenhang mit der Leitung der Geschäftsstelle - die Anwerbung und Betreuung von weiteren Vertretern ("Recruiting und Coaching der Consultants"). Auch dieser Aufgabenkreis führt aber zur Einstufung der Beklagten als Handelsvertreterin. Er ist vergleichbar mit dem Aufgabenkreis eines Generalvertreters, Verkaufs- oder Bezirksleiters, der einer Mehrzahl von Handelsvertretern organisatorisch übergeordnet ist. Für diesen Personenkreis ist anerkannt, dass sie - eine selbständige Tätigkeit vorausgesetzt - auch dann als Handelsvertreter anzusehen sind, wenn sie nicht selbst unmittelbar bei der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften mitwirken (BGH, Urteil vom 24. Juni 1971 - VII ZR 223/69, BGHZ 56, 290 = WM 1971, 997, unter I 1 b; BGH, Urteil vom 22. Juni 1972 - VII ZR 36/71, BGHZ 59, 87 = NJW 1972, 1662 [BGH 22.06.1972 - VII ZR 36/71], unter 3 b und c; Emde, Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 84 HGB Rn. 122; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 84 Rn. 22, 32; jeweils m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, warum diese Grundsätze nicht auch auf die hier fragliche Position der Beklagten als Geschäftsstellenleiterin anwendbar sein sollen. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgetragenen Argumente überzeugen nicht. Für die Position des Generalvertreters, Verkaufs- oder Bezirksleiters ist es gerade typisch, dass keine vertragliche Beziehung mit den untergeordneten Handelsvertretern besteht, sondern diese unmittelbar mit dem Unternehmer (hier: der Klägerin) einen Handelsvertretervertrag schließen ("unechte Untervertreter"). Deswegen spricht dieser Einwand, anders als die Klägerin offenbar meint, nicht gegen die Einstufung der Beklagten als Handelsvertreterin. Unverständlich ist der Einwand der Klägerin, die Beklagte sei als Geschäftsstellenleiterin nicht befugt gewesen, den Consultants Weisungen zu erteilen. Abgesehen davon, dass dies kein für die Einstufung als Handelsvertreterin zwingend erforderliches Kriterium sein dürfte (vgl. dazu auch Emde, aaO.), heißt es in § 2 Abs. 10 des Geschäftsstellenleitervertrages ausdrücklich, dass zu den Aufgaben des Geschäftsstellenleiters "die Überwachung der Consultants, die Durchsicht der abzuschließenden Verträge und die Kontrolle des durch die Consultants vermittelten Geschäfts mit der Möglichkeit jederzeit auf die einzelnen Vermittlungen der Consultants Einfluss zu nehmen" gehört.
Auch die weiteren Aufgaben, die der Beklagten nach dem Geschäftsstellenleitervertrag oblegen haben, stehen dieser Beurteilung nicht entgegen. Die Beklagte war neben der Anwerbung und Betreuung der Consultants im Wesentlichen für die Planung und Gestaltung der wirtschaftlichen Entwicklung sowie die Koordinierung und Betreuung des angestellten Innendienstes der Geschäftsstelle zuständig. Diese Aufgaben sind aber für Handelsvertreter, insbesondere solche, die ein größeres Geschäft mit untergeordneten Vertretern betreiben, nicht untypisch. Sie lassen sich von der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Consultants nicht trennen. Vielmehr dient der gesamte Betrieb der Geschäftsstelle und die Tätigkeit der dort im Innendienst als Angestellte Beschäftigten der Förderung des Unternehmenszwecks der Klägerin, nämlich der Kundenberatung und der Vermittlung von Finanzdienstleistungen.
Die Ausrichtung der Geschäftsstellenleitertätigkeit auf den Vermittlungserfolg zeigt sich auch in der vertraglichen Gestaltung der Vergütung, die der Beklagten als Geschäftsstellenleiterin zusteht. Ausgangspunkt für die Berechnung des Zahlungsanspruchs der Beklagten (§ 4 Abs. 8 des Geschäftsstellenleitervertrages) sind die in § 4 Abs. 1 des Vertrages definierten "Umsatzerlöse" der Geschäftsstelle, die ab dem 1. Januar 2012 132 Prozent der Provisionen betragen, die den der Geschäftsstelle zugeordneten Consultants "..............." zustehen. Damit hängt die Höhe des Zahlungsanspruchs der Beklagten zuallererst vom Vermittlungserfolg ab. Die Abhängigkeit der Vergütung (Provision) vom Vermittlungserfolg ist ein typisches Merkmal für ein Handelsvertreterverhältnis.
b) Abgesehen davon besteht kein Streit darüber, dass die Beklagte nach dem gemäß § 16 Abs. 3 des Geschäftsstellenleitervertrages unberührt bleibenden Consultantvertrag als Handelsvertreterin für die Klägerin tätig war (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - VIII ZB 91/19, NJW-RR 2011, 1255 [BGH 28.06.2011 - VIII ZB 91/10], [BGH 28.06.2011 - VIII ZB 91/10] Rn. 12 m.w.N.). Die Klägerin vertritt insofern zwar die Auffassung, der Geschäftsstellenleitervertrag sei vom Consultantvertrag strikt zu trennen. Das erscheint jedoch zweifelhaft, denn gemäß § 10 Abs. 3 des Geschäftsstellenleitervertrages ist dieser Vertrag vom Bestand des Consultantvertrages abhängig. Auch in tatsächlicher Hinsicht besteht - wie bereits ausgeführt - ein enger Zusammenhang zwischen der der Beklagten als Consultant obliegenden Vermittlungstätigkeit und ihren zusätzlich übernommenen Aufgaben als Geschäftsstellenleiterin. Bei wirtschaftlicher Betrachtung erscheint der Geschäftsstellenleitervertrag damit als - unselbständige - Zusatzvereinbarung zum Consultantvertrag, der wiederum unzweifelhaft als Handelsvertretervertrag einzuordnen ist.
2. Die Beklagte hatte auch die Stellung einer Einfirmenvertreterin im Sinne des § 92a Abs. 1 HGB.
a) Das ergibt sich aus der gemäß § 16 Abs. 3 des Geschäftsstellenleitervertrages unberührt bleibenden Regelung in § 2 Abs. 1 des Consultantvertrages. Diese Regelung ist auch für die Position der Beklagten als Geschäftsstellenleiterin relevant und zwar auch dann, wenn man - wie die Klägerin - die beiden Verträge im Übrigen strikt getrennt betrachtet. Denn es nützt der Klägerin nichts, dass der Geschäftsstellenleitervertrag selbst eine entsprechende Verbotsregelung nicht enthält, wenn sie bereits aufgrund des Consultantvertrages, dessen Bestand Voraussetzung für den Geschäftsstellenleitervertrag ist, nicht für weitere Unternehmer tätig werden darf.
Aus der Formulierung in § 2 Abs. 1 des Consultantvertrages, nach der der Consultant "während der Vertragszeit nur - hauptberuflich - für MLP tätig sein" darf, ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin ein Verbot der Tätigkeit für ein anderes Unternehmen (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB). Der einschränkende Zusatz "hauptberuflich" ändert daran nichts. Aufgrund der Stellung des Wortes "hauptberuflich" innerhalb des Satzes kann nicht angenommen werden, dass dadurch das ausgesprochene Verbot für nebenberufliche Tätigkeiten außer Kraft gesetzt werden soll. Es handelt sich vielmehr um eine Beschreibung der (hauptberuflichen) Natur der Tätigkeit der Consultants (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12. Mai 2006 - 1 W 18/06, VersR 2007, 207, zitiert nach juris, Rn. 13; Emde, aaO., § 92a Rn. 9; vgl. auch die Nachweise bei BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - VIII ZB 91/19, NJW-RR 2011, 1255 [BGH 28.06.2011 - VIII ZB 91/10], [BGH 28.06.2011 - VIII ZB 91/10] Rn. 15; aA OLG Hamm, Beschluss vom 29. November 2010 - 18 W 61/10, juris, Rn. 36).
Der - bestrittene - Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe während der Laufzeit des Vertrages über die ... Versicherungsmakler AG Versicherungsverträge eingereicht, bedarf keiner Aufklärung. Die Klägerin hat dazu inzwischen klargestellt, dass die von ihr behauptete Tätigkeit nicht mit ihrer Billigung erfolgt sein soll. Eine vertragswidrige - ohne Einverständnis des Unternehmers erfolgte - Tätigkeit des Handelsvertreters für andere Unternehmer ändert aber nichts an der Anwendbarkeit von § 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HGB (Emde, aaO., § 92a Rn. 9 m.w.N.).
b) Abgesehen davon ist auch nicht zu erkennen, wie es der Beklagten angesichts ihrer im Geschäftsstellenleitervertrag festgelegten umfangreichen Aufgaben und ihrer daneben bestehenden Pflichten aus dem - unberührt bleibenden - Consultantvertrag möglich gewesen sein soll, für andere Unternehmer als die Klägerin tätig zu werden (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HGB). Darauf hat das Beschwerdegericht mit Verfügung vom 1. Juli 2014 ausdrücklich hingewiesen. Die Klägerin hat sich dazu nicht konkret geäußert. Die in diesem Zusammenhang erfolgten Behauptungen der Klägerin, die Beklagte habe regelmäßig Vortragsveranstaltungen an der Hochschule E.../L... gehalten und im maßgeblichen Zeitraum Mai bis Oktober 2012 eine eigene Beratungsfirma aufgebaut, sind ebenso pauschal wie irrelevant. Die Klägerin hat selbst erklärt, dass sie eine (mit dem Aufbau einer eigenen Beratungsfirma verbundene) Konkurrenztätigkeit nicht gebilligt habe. Bei den behaupteten Vortragsveranstaltungen an der Hochschule E.../L... handelt sich schon nicht um Tätigkeiten für einen Unternehmer im Sinne des § 92a Abs. 1 HGB (vgl. Emde, aaO., § 92a Rn. 11 m.w.N.).
3. Die Beklagte hat während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 € auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG).
a) Hier ist im fraglichen Zeitraum (1. Mai bis 31. Oktober 2012) aufgrund des Geschäftsstellenleitervertrages überhaupt kein Zahlungsanspruch der Beklagten entstanden, geschweige denn ein Anspruch auf Zahlung von mehr als 1.000 € im Monatsdurchschnitt. Als Vergütung für ihre Tätigkeit als Geschäftsstellenleiterin stand der Beklagten gemäß § 4 Abs. 8 des Geschäftsstellenleitervertrages ein Anspruch auf monatliche Auszahlung des Guthabens auf ihrem Geschäftsstellenleiterkonto zu. Nach dem Vortrag der Klägerin hat die Beklagte im genannten Zeitraum aber kein Guthaben, sondern vielmehr einen Verlust erwirtschaftet.
Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente sind nicht stichhaltig. Die Klägerin verweist auf zwei Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2008 (VIII ZB 51/06, NJW-RR 2008, 1420 [BGH 12.02.2008 - VIII ZB 51/06], und VIII [OLG Köln 10.01.2007 - 16 Wx 237/06] ZB 3/07, NJW-RR 2008, 1418 [BGH 12.02.2008 - VIII ZB 3/07]). Auf die tatsächliche Auszahlung einer Vergütung komme es danach nicht an. Außerdem seien Kosten, die die Beklagte im Rahmen ihrer Geschäftsstellenleitertätigkeit zu tragen habe, außer Acht zu lassen. Damit dringt die Klägerin nicht durch.
Der Bundesgerichtshof hat in den zitierten Beschlüssen ausgeführt, dass für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt monatlich bezogenen Vergütung alle unbedingt entstandenen Vergütungsansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen seien, unabhängig davon, ob, auf welche Art und Weise und in welchem Umfang sie erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2008 - VIII ZB 3/07, NJW-RR 2008, 1418, Rn. 14). Ein Abzug für im Betrieb des Handelsvertreters entstandene Aufwendungen sei nicht vorgesehen; vielmehr seien laufende Aufwendungen, welche von dem Unternehmer erstattet werden, in den Verdienst einzuberechnen (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2008 VIII ZB 51/06, NJW-RR 2008, 1420, Rn. 11 m.w.N.).
Hier geht es aber nicht um die Frage, ob vom Unternehmer an den Handelsvertreter erstattete Aufwendungen als Einkommen berücksichtigt werden. Eine Erstattung von Aufwendungen ist nach den vertraglichen Regelungen nicht vorgesehen. Vielmehr wird der Zahlungsanspruch der Beklagten (§ 4 Abs. 8 des Geschäftsstellenleitervertrages) zunächst (vor eventuellen weiteren Rechenschritten) berechnet, indem von dem "Umsatzerlösen" (siehe dazu oben unter 1 a) bestimmte Beträge abgezogen werden, nämlich die den ".................." zustehenden Provisionen und die Kosten, die durch die Geschäftsstelle und den Geschäftsstellenleiter veranlasst sind (§ 4 Abs. 2 des Geschäftsstellenleitervertrages). Dabei handelt es sich weder um einen Abzug von Aufwendungen (die im Übrigen solche der Klägerin, nicht der Beklagten wären) noch um eine - als Erfüllungssurrogat anzusehende - Aufrechnung mit Gegenansprüchen der Klägerin. Dies würde jeweils voraussetzen, dass der Geschäftsstellenleiter zunächst einen Anspruch auf die ungekürzten Umsatzerlöse hätte. Davon kann aber keine Rede sein. Vielmehr steht dem Geschäftsstellenleiter von vornherein nur ein Anspruch auf Auszahlung des Guthabens zu, das sich aus den in § 4 des Geschäftsstellenleitervertrages genannten Faktoren errechnet, bei denen es sich um unselbständige Rechenpositionen handelt.
Im vorliegenden Fall ist in den letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses kein Guthaben entstanden, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG erfüllt sind.
b) Es kann dahinstehen, ob aufgrund der engen Verknüpfung zwischen dem Geschäftsstellenleitervertrag und dem Consultantvertrag (dazu oben unter 1 b) auch die aus dem letztgenannten Vertrag erzielten Bezüge zu berücksichtigen sind. Denn selbst wenn man auch die Einnahmen aus dem Consultantvertrag berücksichtigt, folgt daraus kein anderes Ergebnis.
Nach dem Vortrag der Klägerin hat die Beklagte im Zeitraum von Mai bis Oktober 2012 aus dem Consultantvertrag Provisionen in Höhe von 36.398,13 € sowie weitere 1.352,60 € (insgesamt also 37.750,73 €) erzielt. Wenn man aber schon diese Einnahmen berücksichtigt, müssen davon - wie bereits in der Verfügung vom 3. Juni 2014 ausgeführt - die im selben Zeitraum entstandenen Verluste in Abzug gebracht werden, für die die Beklagte aufgrund der Regelung in § 5 des Geschäftsstellenleitervertrages - bis zu einem Betrag von 120.000 € - haftet. Die Führung von zwei verschiedenen Konten (Consultant- und Geschäftsstellenleiterkonto) darf nicht dazu führen, dass Verdienste angenommen werden, die tatsächlich - im Gesamtsaldo - nicht erzielt worden sind.
Das Beschwerdegericht hat der Klägerin anheimgegeben vorzutragen, welche Geschäftsstellenergebnisse die Beklagte im Zeitraum von Mai bis Oktober 2012 erzielt hat. Entsprechender Vortrag ist nicht erfolgt. Damit ist von dem auf Seite 15 f. der Klageschrift und im Anlagenkonvolut K 9 gehaltenen Vortrag auszugehen, durch den das Ergebnis für den Zeitraum Januar bis Oktober 2012 dargestellt wird. Das Ergebnis für diesen Zeitraum beträgt -78.607 €. Mangels konkreten Vortrags zu den Geschäftsstellenergebnissen im Zeitraum Mai bis Oktober 2012 geht das Beschwerdegericht von dem in der Zeit von Januar bis Oktober 2012 erzielten Monatsdurchschnitt (-7.860,70 €) aus; das ergibt für den Sechs-Monats-Zeitraum von Mai bis Oktober 2012 einen Verlust von 47.164,20 €. Dieser Betrag übersteigt die im selben Zeitraum erzielten Provisionseinnahmen aus dem Consultantvertrag von 37.750,73 €. Auch bei Berücksichtigung beider Verträge hat die Beklagte damit in der Zeit von Mai bis Oktober 2012 per Saldo keine positiven Einnahmen erzielt, erst recht nicht solche von mehr als 1.000 € im Monatsdurchschnitt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO (zur Erforderlichkeit einer Kostenentscheidung: OLG Schleswig, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 16 W 61/09, MDR 2009, 1129, zitiert nach juris, Rn. 12; Kissel/Mayer, aaO., § 17 Rn. 32; jeweils m.w.N.).
Den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens bewertet das Beschwerdegericht mit einem Drittel des Hauptsachewerts; dabei ist der von der Klägerin gestellte Feststellungsantrag (Antrag zu 2) nach Auffassung des Beschwerdegerichts mit 80.000 € zu bewerten (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rn. 16 "Feststellungsklage" und "Rechtswegverweisung").
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 17a Abs. 4 Satz 5 GVG) liegen nicht vor.