Landgericht Göttingen
Beschl. v. 02.02.2010, Az.: 10 T 6/10

Antrag eines Treuhänders auf Versagung der Restschuldbefreiung im Falle der Verletzung einer Mitteilungspflicht des Schuldners während der Wohlverhaltensperiode

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
02.02.2010
Aktenzeichen
10 T 6/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 34748
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2010:0202.10T6.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Osterode am Harz - 18.12.2009 - AZ: 8 IK 31/04

Fundstellen

  • NZI 2010, 232-233
  • NZI 2010, 40-41
  • ZInsO 2010, 1200

In dem Restschuldbefreiungsverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht C. als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 27.12.2009
gegen den Beschluss des Amtsgerichts Osterode vom 18.12.2009 - 8 IK 31/04-
am 02.02.2010
beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der angefochtene Beschluss geändert. Der Antrag des Treuhänders auf Versagung der Restschuldbefreiung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Treuhänder.

Beschwerdewert: bis zu 300,00 Euro

Gründe

1

Mit Beschluss vom 13.07.2004 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet, ihr die Kosten des Verfahrens gestundet und den Rechtsanwalt B. in Lehrte zum Treuhänder bestimmt.

2

Mit Beschluss vom 20.12.2007 ist der Schuldnerin die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt worden. Die Wohlverhaltensperiode ist auf sechs Jahre, beginnend mit dem 13.07.2004 festgesetzt. Für das Restschuldbefreiungsverfahren hat das Amtsgericht der Schuldnerin mit Beschluss vom 08.03.2005 die Verfahrenskosten gestundet.

3

Nachdem die Schuldnerin während der Wohlverhaltensperiode ihre Mitteilungspflichten verletzt hatte, hat das Gericht mit Beschluss vom 27.04.2009 die der Schuldnerin bewilligte Stundung der Verfahrenskosten widerrufen. Der Beschluss ist seit dem 14.05.2009 rechtskräftig. In der Folgezeit hat der Treuhänder von der Schuldnerin Vorschuss auf die Treuhändervergütung für das vierte Jahr der Wohlverhaltensperiode gefordert. Innerhalb der ihr insoweit gesetzten Frist bis zum 15.07.2009 hat die Schuldnerin diesen Vorschuss nicht gezahlt. Mit Schreiben vom 27.07.2009 hat der Treuhänder von der Schuldnerin Vorschuss für das fünfte Jahr der Wohlverhaltensperiode in Höhe von 100,00 Euro zuzüglich Umsatzsteuer gefordert. Der Treuhänder hat die Schuldnerin darauf hingewiesen, dass er beantragen werde, ihr die Restschuldbefreiung zu versagen, sofern sie die Vergütungen nicht innerhalb der gesetzten Fristen zahlt. Mit Schreiben vom 12.10.2009 und 02.11.2009 hat der Treuhänder beantragt, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung gemäß §298 Abs. 1 InsO zu versagen.

4

Mit Beschluss vom 18.12.2009 hat das Amtsgericht der Schuldnerin die Restschuldbefreiung versagt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Schuldnerin habe die Vergütung des Treuhänders nicht gezahlt, so dass auf Antrag des Treuhänders die Restschuldbefreiung zu versagen sei.

5

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Schuldnerin mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie ausführt, es habe stets massive Probleme mit dem Treuhänder gegeben. Für sie sei nicht erklärbar, warum ihre Schreiben beim Treuhänder nicht angekommen seien. Sie sei jedoch bemüht, nunmehr alles in Ordnung zu bringen und wolle sich den Betrag für die Treuhändervergütung leihen.

6

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt.

7

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist gemäß §§6 Abs. 1, 298 Abs. 3, 296 Abs. 3 InsO zulässig. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Der Antrag des Treuhänders, der Schuldnerin die Restschuldbefreiung gemäߧ298 Abs. 1 InsO zu versagen, ist nicht begründet, denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen gegenwärtig nicht vor.

8

Nach §298 Abs. 1 InsO versagt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung auf Antrag des Treuhänders, wenn die an diesen abgeführten Beträge für das vorangegangene Jahr seiner Tätigkeit die Mindestvergütung nicht decken und der Schuldner den fehlenden Betrag nicht einzahlt. Daraus folgt, dass dem Schuldner auf Antrag des Treuhänders die Restschuldbefreiung erst dann versagt werden kann, wenn der Treuhänder ein Jahr lang ohne die Mindestvergütung ist. Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor. Der Schuldnerin waren die Kosten des Verfahrens gemäß §4 a InsO gestundet. Erst mit Beschluss vom 27.04.2009 ist die Kostenstundung widerrufen worden. Bis zum rechtskräftigen Widerruf der Kostenstundung hatte der Treuhänder wegen seiner Vergütung einen Sekundäranspruch gegen die Staatskasse, so dass ihm ein Anspruch gegen die Schuldnerin auf Zahlung seiner Vergütung erst seit dem rechtskräftigen Widerruf der Kostenstundung zusteht. Seither ist noch kein Jahr vergangen, die Voraussetzungen des §298 Abs. 1 InsO liegen deshalb nicht vor.

9

Der Treuhänder kann sich auch nicht darauf stützen, dass die Schuldnerin den von ihm geforderten Vorschuss für das vierte und fünfte Jahr der Wohlverhaltensperiode nicht fristgerecht gezahlt hat. Das Gesetz sieht die Versagung der Restschuldbefreiung nicht vor, wenn der Schuldner den geforderten Vorschuss nicht fristgerecht zahlt. Vielmehr setzt §298 Abs. 1 InsO voraus, dass der Schuldner die von ihm geforderte Vergütung nicht fristgerecht einzahlt. Das vierte Jahr der Wohlverhaltensperiode endete hier am 07.01.2009, denn es ist nicht auf das Kalenderjahr abzustellen, sondern die Jahresfristen sind von Beginn des Amtes des Treuhänders anzurechnen (Kübler/Prütting/Bork/Wenzel, Kommentar zur Insolvenzordnung, 31. Lfg. 1/08 §298 Rdnr. 1; Uhlenbruck/Vallender, Kommentar zur Insolvenzordnung, 12. Auflage §298 Rdnr. 5). Der Beschluss, in dem der Schuldnerin die Restschuldbefreiung in Aussicht gestellt wurde, ist seit dem 07.01.2005 rechtskräftig, mithin begann zu diesem Zeitpunkt die Berechnung der Tätigkeitsjahre des Treuhänders im Sinne des §298 InsO. Damit endete das vierte Jahr der Tätigkeit am 07.01.2009. Zu diesem Zeitpunkt bestand für die Schuldnerin noch die Stundung der Verfahrenskosten. Einen Vorschuss gegen die Schuldnerin konnte der Treuhänder mithin ohnehin nicht fordern. Das fünfte Jahr der Tätigkeit des Treuhänders in der Wohlverhaltensperiode endete am 07.01.2010. Ungeachtet des Umstands, dass - wie oben ausgeführt - der Anspruch des Treuhänders bis zum Widerruf der Kostenstundung gegen die Staatskasse bestand, hat der Treuhänder die Vergütung für dieses fünfte Tätigkeitsjahr gegenüber der Schuldnerin noch nicht abgerechnet und sie insoweit noch nicht zur Zahlung aufgefordert. Die Voraussetzungen des §298 InsO liegen deshalb nicht vor.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus §91 ZPO.

11

Den Beschwerdewert hat die Kammer nach §3 ZPO festgesetzt und ist dabei vom Interesse des Treuhänders an der von der Schuldnerin bislang geforderten Vergütung auszugehen.