Landgericht Göttingen
Urt. v. 26.02.2010, Az.: 2 S 16/08

Zahlungsanspruch eines Insolvenzverwalters auf die rückständige Einlage zur Befriedigung der Gläubiger

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
26.02.2010
Aktenzeichen
2 S 16/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 46690
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Göttingen - 28.08.2008 - AZ: 30 C 338/07
nachfolgend
BGH - 18.10.2011 - AZ: II ZR 37/10

In dem Rechtsstreit
Beklagte und Berufsklägerin
Prozessbevollmächtigte:
gegen
Rechtsanwalt
Kläger und Berufsbeklagter
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht von Hugo, die Richterin Aporius und die Richterin am Landgericht Dr. Kohlmeier
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.08.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Göttingen wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung Jn Höhe von 110 % des für den Kläger vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor seiner Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110%. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

A.

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter eines als Publikums-KG organisierten Immobilienfonds von der Beklagten als mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligten Anleger Zahlung in Höhe vorgenommener Ausschüttungen.

Der Kläger wurde am 1. August 2007 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der alk Q1 Büro- und Geschäftshausobjekt Berlin-Hohenschönhausen und Hotelobjekt Westerland KG (im Folgenden F-KG) bestellt. Bei der Insolvenzschuldnerin handelt es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds mit dem Ziel der langfristigen Vermietung eines in ihrem Eigentum stehenden Büro- und Geschäftshauses in Berlin- Hohenschönhausen sowie des Baus und der Vermietung eines Hotels in Westerland/Sylt. Der Erwerb der Immobilien wurde aus Kreditmitteln und mit den von den Anlegern eingezahlten Geldern finanziert.

Die Beklagte beteiligte sich als Anlegerin über einen Beteiligungstreuhändler, die Prometa Verwaltungs- und Treuhandgesellschaft mbH (im Folgenden P-GmbH) gemäß Beitrittserklärung vom 25. Dezember 1996 an diesem Fonds in Höhe von 30.000,00 >DM. Unter Anderem beteiligten sich 852 Anleger mit Einlagen in Höhe von insgesamt 60.750.000,00 DM über die P-GmbH. Die Treuhänderin wurde am 7. März 1996 mit einer entsprechenden Haftsumme als Kommanditistin ins Handelsregister eingetragen.

In der Beitrittserklärung heißt es unter Anderem: "Den Treuhandvertrag sowie den dem Prospekt beigefügten Gesellschaftsvertrag erkenne ich als Tür mich verbindlich an..." Hinsichtlich der Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf die als Kopie zu den Akten gereichte Beitrittserklärung (K 2), auf den als Kopie zu den Akten gereichten Treuhandvertrag (K 4) und den als in Kopie zu den Akten gereichten Gesellschaftsvertrag (K 5) Bezug genommen.

Ferner wird ergänzend auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Ausschüttung der Fonds erfolgte .gemäß den vertraglichen Grundlagen immer halbjährlich nachschüssig, das erste Mal am 31. Juli 1998 für das erste Halbjahr 1998.

Die Ausschüttungen beliefen sich zunächst auf 5% der jeweiligen Beteiligungssumme (ohne Agio), für die Jahre 2002 und 2003 auf 5,25% der Beteiligungssumme (ohne Agio). Sie wurden ohne Einschaltung der Treuhänderin direkt an die Anleger gezahlt Die Jahresergebnisse waren von 1996 bis 2005 negativ bis auf die Jahre 2000, 2003 >und 2004. Zu den Einzelheiten der handelsbilanziellen Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahresabschlüsse wird auf die zu den Akten gereichte Kopie der Gewinn- und Verlustrechnungen (Anlage K 7) sowie auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Die Jahresabschlüsse wurden jeweils von der esellschaftersammlung, zu der alle Anleger eingeladen wurden, genehmigt Den Anlegern wurden die jeweiligen Geschäftsberichte einschließlich der Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen und Protokolle der Gesellschafterversammlungen in schriftlicher Form übermittelt und zur Kenntnis gebracht. In dem Insolvenzverfahren wurden bislang Forderungen in Höhe von ca. 24,2 Mio. EUR zur Tabelle angemeldet.

Unter dem 24./31. Oktober 2007 trat die-P-GmbH ihre Ansprüche gegen die Anleger auf Freistellung von der Komrnanditistenhaftung an den Kläger ab. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die zu den Anlagen gereichte Kopie (K 9) der Abtretungserklärung Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 4.678,32 € erhalten. Er meint, es bestehe ein Anspruch auf Rückzahlung dieses Betrages aus §§ 171ff. HGB. Die Anleger seien entweder als Kommanditisten im Sinne dieser Vorschriften zu behandeln, jedenfalls bestehe ein Anspruch aus den abgetretenen Freistellungsverpflichtungen. Für die Ausschüttungen ab 2003 bestehe jedenfalls auch ein Anspruch nach den Vorschriften über die Insolvenzanfechtung.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.678,32 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass die F-KG in den Jahren 1996 bis 2002 Verluste in der in den Gewinn- und Verlustrechnungen ausgewiesenen Hohe gemacht habe. Außerdem seien die Handelsbilanzen nicht richtig. Die zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen seien nicht berechtigt, außerdem die Klageforderung nicht schlüssig und hinreichend substantiiert, weil nicht dargelegt sei, welcher Anspruch welchen Gläubigers geltend gemacht werde. Die Abtretungsvereinbarung zwischen der P-GmbH und dem Kläger sei nach § 399 BGB unwirksam. Im Übrigen verstoße der Treuhandvertrag gegen das Rechtsberatungsgesetz. Die vertraglich vereinbarte Freistellungsverpflichtung sei unwirksam, weil sie der Höhe nach nicht hinreichend erkennbar und bestimmt geregelt sei. Die Beklagte hat unstreitig mit Schriftsatz vom 10. Juli 2008 den Widerruf der auf den Abschluss der Gesellschaft und des Treuhandvertrags gerichteten Willenserklärung erklärt. Sie hat dazu behauptet, nicht über ihr Widerrufsrecht belehrt worden zu sein. Außerdem meint sie, die beim Falkfonds 59 üblicherweise verwendeten Widerrufsbelehrungen seien fehlerhaft, weil der Fristbeginn nicht hinreichend klar geregelt sei. Im Übrigen sei der Anspruch auch verjährt. Jedenfalls stünden ihr Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten zu, mit denen sie in Höhe der die Klageforderungen übersteigenden Beteiligungen die Aufrechnung erklärt".

Das Amtsgericht hat der Klage aus abgetretenem Recht stattgegeben. Es hat eine direkte Anwendung der §§ 171 ff. HGB verneint. Gegen die Kommanditisten-GmbH bestünden Ansprüche aus §§ 171ff. HGB, da Ausschüttungen getätigt worden seien, obwohl bereits zurzeit der ersten Ausschüttung eine Unterbilanz vorgelegen habe, die durch die später zwischenzeitlich erzielten verhältnismäßig geringfügigen Gewinne auch nicht ausgeglichen worden sei. Die Höhe der Ausschüttungen an die Beklagte habe diese nicht hinreichend substantiiert bestritten. Dasselbe gelte für das Bestreiten der Verluste der KG für die Jahre 1996 bis 20G2 angesichts der von dem Kläger vorgelegten Gewinn- und- Verlustrechnungen. Auch das Bestreiten der Richtigkeit der Handelsbilanzen sei zu unsubstanziiert. Nach den .maßgeblichen vertraglichen Grundlagen sei die Beklagte verpflichtet, die P-GmbH von deren Kommanditistenhaftung freizustellen. Der Treubandvertrag sei nicht unwirksam, da er nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße. Es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer Rechtsangelegenheit Eine umfassende Besorgung der Angelegenheiten der Anleger sei von der P-GmbH nicht geschuldet gewesen. Der Widerruf, der auf den Abschluss des Gesellschafts- und Treuhandvertrages gerichteten Willenserklärung sei zu spät erfolgt, da die Klägerin eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung unterzeichnet habe.

Der Freistellungsanspruch sei wirksam an den Kläger als Insolvenzverwalter abgetreten und habe sich dadurch in einen Zahlungsanspruch gewandelt Der Wirksamkeit der Abtretung stehe weder § 399 Var. 1 BGB entgegen, noch sei die Abtretbarkeit konkludent ausgeschlossen oder verstoße gegen Treu und Glauben. Die Ansprüche seien auch nicht verjährt, weil seit Auflösung der Gesellschaft noch keine fünf Jahre vergangen seien, da sich die Verjährung nach § 159 HGB richtet. Schließlich sei der Anspruch auch nicht durch Aufrechnung erloschen, da die Aufrechnung in diesem Falle unzulässig sei.

Wegen des weitergehenden erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien- und der Entscheidungsgründe des Amtsgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie. im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und teilweise vertieft. Insbesondere vertieft sie ihren Vortrag zum Widerruf. Nach § 3 HTWG sei auf die Rechtsfolgen des Widerrufs hinzuweisen, wobei ein derartiger Hinweis in der Widerrufserklärung nicht gegeben sei, so dass ihr Widerrufsrecht im Zeitpunkt der Ausübung nicht erloschen sei. Zum Abtretungsverbot nach § 399 BGB verweist sie auf die Entscheidung des BGH XI ZR 112/07 und XI ZR 468/07, wonach bei unwirksamen Darlehensvertrag kein Durchgriff auf Fondsmitglieder gemäß § 128 HGB möglich sei bzw. eine Außenhaftung nach §§128, 130 HBG nur bei echten Kommanditgesellschaften in Betracht komme. Auch sei der Anspruch verjährt, weil § 159 HBG nicht anwendbar sei. Zu der Unwirksamkeit des Treuhandvertrages wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz bezieht sie sich auf die Entscheidung des OLG München Urteil vom 23. Juni 2009, 5 O 5492/08 zum fehlenden Aufrechnungsverbot auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe Urteil vom 6. August 2009 - 4 O 9/08.

Die Beklagte beantragt,

  1. 1.

    unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Göttingen zurück zu verweisen.

  2. 2.

    im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichts abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 28. August 2008 zum Az.: 30 C 338/07 kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteilt

Er ist der Ansicht, dass die Berufungsschrift den formalen Anforderungen nicht genüge weshalb die Berufung als unzulässig zu verwerfen sei. Er vertieft seinen Vortrag zum Direktanspruch sowie zum Anspruch aus abgetretenem Recht. Ein Widerruf der Beteiligung sei nicht möglich.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, nach deren Maßgabe verhandelt worden ist, Bezug genommen.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 10.09.2009 Hinweise erteilt.

B.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Zwar beschränkt sich die Berufungsbegründung im Wesentlichen auf die Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags und lässt die Berufungsbegründungsschrift eine Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Urteil vermissen. Da die Berufungsbegründung jedoch zwei Argumente des amtsgerichtlichen Urteils (Widerruf und Verjährung) konkret aufgreift, genügt sie gerade noch den Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 ZPO.

II.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat den zuerkannten Anspruch zu Recht bejaht.

1.

Der Prüfungsumfang der Kammer ist im Berufungsverfahren gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beschränkt. Die Kammer hat danach ihrer Entscheidung grundsätzlich die vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserbeblichen Feststellungen begründen und daher neue-Feststellungen geboten sind. Konkrete Anhaltspunkte, die hiemach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können insbesondere dann gegeben sein, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder wenn sie gegen Denk- oder Erfahrungsgesetze verstößt (BGH, Urteil vom 12. März 2004, V ZR 257/03 mit weiteren Nachweisen).

2.

Das Amtsgericht hat im Ergebnis ohne Rechtsfehler festgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der rückständigen Einlage aus abgetretenem Recht zusteht.

a)

Das Amtsgericht hat zunächst zutreffend zu Grunde gelegt, dass es durch die zwischen 1998 und 2004 vorgenommenen Ausschüttungen an die Beklagte zu einer Rückgewähr der Einlage im Sinne von § 174 HGB an die Beklagte in der zuerkannten Höhe gekommen ist Dem ist die Beklagte in der Berufungsinstanz nicht konkret entgegengetreten.

b)

Das Amtsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Treuhänderin (P-GmbH) von der Kommanditistenhaftung freizustellen. Der Treuhandvertrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht unwirksam.

aa)

Der Treuhandvertrag verstößt nicht gegen Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz und war damit nicht erlaubnispflichtig, weil er im Wesentlichen der Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange dient. Ein im Rahmen eines Kapitalanlagemodells geschlossener Treuhandvertrag kann von dem Erlaubniserfordernis des Rechtsberatungsgesetzes erfasst werden, wenn der Treuhänder nach dem Vertrag nicht nur die wirtschaftlichen Belange des Anlegers wahrzunehmen, sondern dessen Rechte zu verwirklichen oder dessen Rechtsverhältnisse zu gestalten, insbesondere in dessen Namen die erforderlichen Verträge abzuschließen hat (z. B. BGR, II ZR 393/02, Urteil vom 14. Juni 2004). Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn der Treuhänder primär zur Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange des Treugebers verpflichtet ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Treuhänder lediglich die Aufgabe hatte, im eigenen Namen für den Anleger jeweils eine dem Treuhandvertrag festgelegten Kommanditanteil an dem Fonds zu erwerben und zu halten, jedoch Verträge, durch weichender Anleger selbst verpflichtet wurde, insbesondere Finanzierungsverträge, nicht abschließen sollte und das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung nur ausüben durfte, wenn der Anleger von einer ihm dafür eingeräumten Vollmacht keinen Gebrauch machen würde (BGH, Urteil vom 8. Mai 2006, II ZR 123/05 Randnr. 9). Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt eine Erlaubnispflicht nach dem Rechtsberatungsgesetz hier nicht vor. Hier war es Aufgabe der Treuhänderin, Willenserklärungen in Bezug auf den Beitritt der Beklagten abzugeben, wobei die Treuhänderin im eigenen Namen als Kommanditistin die Beteiligung eingehen und halten sollte. Die Möglichkeit der Abgabe von Erklärungen im Rahmen der Gesellschafterversammlung ist auf die Wahrung der wirtschaftlichen Belange des abwesenden Treugebers gerichtet (im Ergebnis ebenso OLG Köln, Beschluss vom 20. Oktober 2008,18 U 102/08, OLG Koblenz, Urteil vom 14. Dezember 2008, 6 U 1353/07, OLG Celle, Urteil vom 21. Januar 2009, 9 U 105/08). Soweit das Oberlandesgericht München in seinem Urteil vom 23. Juni 2009 (5 U 5492/08) dies anders wertet, schließt sich die Kammer dieser Auffassung nicht an. Soweit es in Abs. 3 des Treuhandvertrages heißt, dass der Treuhänder bereits verschiedenen Verträgen zugestimmt hat und der Treugeber mit Abschluss des Treuhandvertrages diese genehmigt, ist zu berücksichtigen, dass der Anleger diesen Verträgen persönlich zugestimmt hat und eine Besorgung dieser Geschäfte durch die Treuhänderin damit schon nicht vorliegt. Soweit das Oberlandesgericht München darauf abstellt, dass die Treuhänderin nach § 1 Abs. 2 des Treuhandvertrages zum Abschluss zweier Verträge mit der Firma FK.mbh, München, ermächtigt wird, nämlich einen Vertrag über die Übernahme einer Zins- und Mietgarantie und einen Vertrag über die laufende steuerliche Beratung der Gesellschaft abschließen durfte, reicht dies für eine umfassende Rechtswahrnehmung nicht aus. Die Verträge über die Übernahme einer Zins- und Mietgarantie betrifft mittelbar nur die wirtschaftlichen Belange des Treugebers. Der Vertrag über die laufende steuerliche Beratung der P-GmbH ist ein zur unmittelbaren Abwicklung der Gesellschaft notwendiger Vertrag. Im Vordergrund der Bevollmächtigung stand vielmehr die Abgabe der Willenserklärungen im Hinblick auf den Fondsbeitritt der Anlegerin und das Halten im eigenen Namen als Kommanditist Verträge, durch welche die Beklagte selbst verpflichtet wurde, insbesondere Finanzierungsverträge sollte die Treuhänderin dagegen nicht abschließen. Der Umstand, dass die Beklagte die mit der Beteiligung verbundenen Verwaltungsrechte grundsätzlich selbst ausüben sollte, steht der Anordnung des Treuhandvertrages als im Wesentlichen Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange nicht entgegen, (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2096, IIZR 123/05, Rnr. 9).

bb)

Die Beklagte hat ihre Willenserklärungen auch nicht wirksam nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufen. Soweit die Beklagte die Berufung nunmehr damit begründet, die erteilte Widerrufsbelehrung sei unvollständig, da eine Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufe fehle, entspricht dies nicht der bei Vertragsschluss geltenden Rechtslage (vgl. Münchener Kommentar - Ulmer, 2. Auflage, Haustürwiderrufsgesetz, § 2 Rn. 6). Die Entscheidung des OLG München vom 23. November 2006, 8 O 3479/06 steht dem nicht entgegen, da in der dortigen Entscheidung - anders als "hier - der wirksame Widerruf unstreitig ist.

c)

Weiterhin ist die Auffassung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden, der Freistellungsanspruch sei von der Treuhänderin wirksam an den Kläger abgetreten worden. Der Freistellungsanspruch ist grundsätzlich abtretbar (vgl. BGH II ZR 274/90; Ebenroth/Boujomg/joost/strohm, HGB, 2. Auflage 2008, § 171 HGB Randnr. 120). Beschränkungen aus dem Treuhandvertrag, wie sie in der Entscheidung des BGH a.a.O., vorgelegen haben, sind nicht dargelegt. Auch die Entscheidungen des BGH, XI ZR 112/07 und XI ZR 468/07, die eine Durchgriffshaftung gem. §§ 128, 130 HGB verneinen, kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da sie sich nicht - wie hier - mit abgetretenen Freistellungsansprüchen beschäftigen. Eine Direkthaftung der Beklagten als Treugeberin hat das Amtsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12. Februar 2009, III ZR 90/08, LS 3, Rnr. 35 ausdrücklich zur Kommanditistenhaftung) verneint.

Das Amtsgericht hat auch im Ergebnis zutreffend eine fehlende Konkretisierung der Klageforderung verneint. Da der Kläger nicht einen Anspruch nach § 171 Abs. 1 HGB geltend macht, sondern gem. § 80 InsO einen Anspruch auf Zahlung der Einlage nach § 172 Abs. 4 HGB i. V. m. dem Freistellungsanspruch, reicht es aus, dass die Zahlung der rückständigen-Einlage zur Befriedigung der Gläubiger noch notwendig ist, also die Kommanditgesellschaft entsprechende Verbindlichkeiten hat Dies hat die-Beklagte, wie das Amtsgericht richtig ausführt, nicht substanziiert bestritten.

e)

Die Forderung ist auch nicht verjährt. Zwar ist § 159 HBG nicht auf den Anspruch anzuwenden, jedoch ist die vertraglich vereinbarte Freistellungsverpflichtung mit dem Amtsgericht dahin auszulegen, dass diese erst mit der entsprechenden Verbindlichkeit fällig werden soll. Dem ist die Beklagte mit der Berufung ebenfalls nicht entgegengetreten.

f)

Schließlich ist der -Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht durch Aufrechnung mit einer möglichen Schadensersatzforderung wegen fehlerhafter Angaben bei Beitritt erloschen. Die Aufrechnung ist gegenüber dem Kläger ausgeschlossen. Nach ganz herrschender Auffassung folgt das Aufrechnungsverbot aus der Eigenart des abgetretenen Freistellungsanspruchs. Der Vorrang der Ansprüche der Gesellschaftsgläubiger der Fondsgesellschaft wird nur gewahrt, wenn die Treugeber, die die Ausschüttung erhalten haben, gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft nicht mit eigenen Schadensersatzansprüchen aufrechnet und so die sie als Treugeber zumindest wirtschaftlich treffende Haftung für die Einlagepflicht entwerten können. Der Zweck der von der Beklagten geschuldeten Leistung, der auch darin liegt die Treuhandkommanditistin überhaupt in die Lage zu versetzen, ihren Ansprüchen gegenüber den Gesellschaftsgläubigem nachzukommen, schließt eine Leistungserfüllung durch Aufrechnung aus, da diese letztlich zu Lasten der Gesellschaftsgläubiger geht. Dies muss jedenfalls in den Fällen gelten, in denen - wie hier - die Treuhandkommanditistin regelmäßig selbst nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Ausschüttungen unmittelbar den Anlegern zugute gekommen sind. In einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, die Treugeberkommanditisten durch die Einschaltung des Treuhänders rechtlich nicht besser zu stellen als wen sie eine unmittelbare Kommanditistenstellung erworben hätten (vgl. BGH, NJW 1980, 1162 [BGH 17.12.1979 - II ZR 240/78]; OLG Düsseldorf ZIP 1991,1494 [OLG Düsseldorf 28.03.1991 - 6 U 163/90]) und das Risiko eines treuwidrigen bzw. schädigenden Verhalten der Treuhänderin nicht auf die Gläubiger der Kommanditgesellschaft abzuwälzen (OLG Nürnberg, Urt. v. 17.1.2007, 2 U 782/06; KG, Beschluss vom 24.10.2007, 2 W 95/07; OLG Naumburg, 5 W 56/07, Beschluss vom 18.12.2007; OLG Rostock, Urt. v. 19.12.2007, 6 U 132/07; OLG-Bamberg, Urt. v. 7.1.2008, 4 U 84/07; OLG München, Beschl. v. 17.1.2008, 7 U 21181/06; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.3.2008, 1-16 U 108/07; OLG Zweibrücken, 4 U 163/07, Beschluss vom 11.06.2008; OLG Köln, Urteil vom 21.08.2008, 18 U 63/08, OLG Koblenz, Urteil vom 11.12.2008, 6 U 1353/07; OLG Köln 02.04.2009, I-18 U 102/08, 18 U 102/08, Rn.33f., OLG Hamm, Urteil vom 17.06.2009, 8 U 99/08, Rn. 72ff, OLG Frankfurt, Urteil vom 25.06.2009, 15 U 101/08, Rn. 19; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Strohn, HGB, 2. Aufl., Anh. B zu § 177a Rn 102;). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an. Der abweichenden Auffassung des OLG Karlsruhe (Urteil vom 6. August 2009, 4 O 9/08) vermag die Kammer nicht zu folgen.

Soweit das OLG Karlsruhe meint, der Bundesgerichtshof habe in der Entscheidung vom 12. Februar 2009, III ZR 90/08 Randnr. 35 am Ende eine Aufrechnungsmöglichkeit in Betracht gezogen, teilt die Kammer diese Auffassung nicht. In dem Rechtsstreit hatte der Kläger die Treuhänderin auf Schadensersatz wegen Verletzung, des Auskunftsvertrages bzw. vorvertraglicher Pflichten in Anspruch genommen und Feststellung verlangt, dass die Treuhänderin ihn von Ansprüchen der Beteiligungsgesellschaft, deren Gläubigern von Dritten freizustellen habe, die sich aus seiner Rechtsstellung als Kommanditist ergeben. Diesen Anspruch hat der Bundesgerichtshof mit der Begründung verneint, dass im Verhältnis zur Treuhänderin allenfalls die Frage geprüft werden könne, ob dieser nach der Inanspruchnahme nach §§ 171, 172 HGB gegen den Kläger Ansprüche nach §§ 675, 670 BGB zustehen. Mit der Frage ob und wer ggf. eine Aufrechnung erklären kann, hat sich der Bundesgerichtshof gerade nicht auseinandergesetzt.

In diesem Einwendungsausschluss liegt auch kein Nachteil, der sich gerade aus der Abtretung ergibt und daher unter dem Gesichtspunkt einer Inhaltsänderung zur Unwirksamkeit der Abtretung nach § 399 BGB führen würde. Aus den oben genannten Erwägungen können die Anleger auch gegenüber der Forderung der Treuhandkommanditisten auf Leistung der Einlage mit Schadenersatzansprüchen oder Prospekthaftungsansprüchen gegen den Treuhänder solange nicht aufrechnen, wie die Einlage zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger benötigt wird (Strohn, in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Anh. B zu § 177a Rn 102). Lediglich einen Regressanspruch der Treuhänderin nach Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger könnten die Anleger eventuelle Schadenersatzansprüche entgegenhalten. Auch insoweit hat sich, daher die Rechtsstellung der Beklagten durch die Abtretung nicht verschlechtert (OLG Köln, 02.04.2009,I-18 U 102/Q8, 18 U 102/08, Rn.34).

Soweit das OLG Karlsruhe - meint eine wirtschaftliche Betrachtungsweise dahin, dass der Treuhandkommanditist nicht besser gestellt werden dürfe, als ein Kommanditist, der sich direkt beteilige, ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesgerichtshof bei Treuhandbeteiligungen durchaus eine wirtschaftliche Betrachtungsweise vornimmt (BGH; Urteil vom 02.07.2001, II ZR 304/00, Rn. l0f. Fondsges. als Schuldner des Rückgewähranspruchs nach § 3 HaustürWG bei Treuhandbeteiligung).

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S.2 ZPO.

D.

Die Revision gegen das Urteil wird gem. § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Wie oben ausgeführt, vertreten die Oberlandesgerichte unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, ob die Aufrechnung des Treuhandkommanditisten mit Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Angaben in Zusammenhang mit der Zeichnung der Anlage gegenüber dem Freistellungsanspruch zulässig ist. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist daher die Möglichkeit zu eröffnen, eine Entscheidung des Revisionsgerichts herbeizuführen.

E.

Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 4.678.,32 EUR festgesetzt.

von Hugo
Aporius
Dr. Kohlmeier