Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 11.09.2012, Az.: 3 A 231/11
Grundstücksverkauf; Hofübertragung; Mitgliedschaft; Realgemeinde
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 11.09.2012
- Aktenzeichen
- 3 A 231/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 44467
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 311c BGB
- § 926 Abs 1 S 2 BGB
- § 8 RealVerbG
- § 9 RealVerbG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein mit dem Grundstück verbundener selbständiger Verbandsanteil geht bei Veräußerungen des Grundstücks, zu dem der Verbandsanteil als Grundstücksbestandteil gehört, auf den Erwerber dann über, wenn sich die Veräußerung vertraglich auf Bestandteile und Zubehör des Grundstücks erstreckt. Nach den Auslegungsregeln der §§ 311c, 926 Abs. 1 Satz 2 BGB, die bei der Ermittlung des Vertragsinhalts anwendbar sind, ist dies im Zweifel anzunehmen. Die "Selbständigkeit" der Realverbandsanteile ändert an dieser Betrachtung nichts. Auch wenn die Verbandsanteile im jeweiligen Kaufvertrag nicht genannt werden, gehen sie mangels Trennung mit dem Verkauf der Hofstelle über. Um die Trennung zu belegen, müssen sich Anhaltspunkte aus dem Kaufvertrag ergeben, dass die Anteile gerade nicht mit übertragen werden sollen; ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht, geht mit der Hofstelle eben auch der Verbandsanteil über. Das "Schweigen" in einem Vertrag führt gleichsam "automatisch" zu einem Übergang.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Kläger oder die Beigeladenen Mitglied des beklagten Realverbandes sind.
Der Beklagte ist ein Realverband im Sinne des Realverbandsgesetzes. Nach der Satzung des Beklagten von 1971 sind die Mitglieder im Mitgliederverzeichnis aufgeführt. Die Realverbandsanteile sind selbständig, sie können von einer Haus- oder Hofstelle getrennt und gesondert durch Rechtsgeschäft übertragen werden.
Mitglied des Realverbandes war H.. Dieser war über einen langen Zeitraum in den 1940er, 1950er und 1960er Jahren Vorsitzender des Realverbandes. H. verstarb im August 2005 und wurde beerbt von den drei Beigeladenen zu je einem Drittel (gemeinschaftlicher Erbschein vom 28.06.2006).
Bereits mit Kaufvertrag vom 30. Dezember 1996 verkaufte H. an die Kläger Flächen von über 35.000 m², nämlich die Flurstücke F. und G. der Flur I. der Gemarkung Neu W.. Nach dem Kaufvertrag handelt es sich um „Hof- und Gebäudefläche, Landwirtschaftsfläche“, und im Kaufvertrag wird ausgeführt, dass das Flurstück G. mit einem Reetdachhaus bebaut ist, das unter Denkmalschutz steht, im Übrigen mit Wirtschaftsgebäuden bestanden ist. Nach dem Kaufvertrag wurde der „Grundbesitz mit aufstehenden Baulichkeiten nebst Zubehör verkauft“. Der Kaufpreis von 140.000,00 DM teilte sich auf in Höhe von 80.000,00 DM für das Reetdachhaus, 25.000,00 DM für die Wirtschaftsgebäude und 35.000,00 DM für Grund und Boden.
Auch nach Verkauf des Hofgrundstückes wurde H. zu allen Veranstaltungen und Sitzungen der Realgemeinde persönlich eingeladen. Sowohl H. als auch die Realgemeinde gingen von einer weiteren Mitgliedschaft des H. aus. Nach dem Tode von H. nahm die Erbengemeinschaft, die etwa 10 ha landwirtschaftliche Nutzfläche im Verbandsgebiet hat, an den Sitzungen der Realgemeinde teil. Die Erben zahlten auch wie die übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft eine Umlage in die Realgemeindekasse, da sich dort ein Defizit aufgebaut hatte.
Die Kläger erfuhren nach ihrem Bekunden erst später, dass mit der ehemaligen Hofstelle des verstorbenen H., die sie 1996 gekauft hatten, ein Verbandsanteil beim Beklagten verbunden war. Sie korrespondierten im Jahre 2009 deswegen mit dem Beklagten über ihre Zugehörigkeit zum Realverband.
Die Kläger haben schließlich am 12. Dezember 2011 Klage erhoben. Sie tragen vor: Sie hätten die mit der Hofstelle verbundenen Verbandsanteile mit Kauf und Eigentumsübertragung mit übernommen. Sie - die Kläger - hätten die Hofstelle „nebst Zubehör“ erworben. Das Zubehör umfasse nach den Auslegungsregeln auch die Verbandsanteile. Als H. im Jahre 2005 verstorben sei, hätten die Verbandsanteile nicht mehr auf die Erben übergehen können. Alsbald nach Kenntnis der Umstände hätten sie - die Kläger - dem Verband auch den Übergang angezeigt.
Die Kläger beantragen,
1. festzustellen, dass die Kläger mit Eigentumserwerb an den Flurstücken F. und G. der Flur I. der Gemarkung Neu W. Inhaber des Verbandsanteils Nr. 10 - Hofstelle H. - geworden sind,
2. den Beklagten zu verurteilen, sein Mitgliederverzeichnis dahingehend zu berichtigen, dass der Verbandsanteil Nr. 10 - Hofstelle H. - mit Eigentumserwerb der Flurstücke F. und G. der Flur I. der Gemarkung Neu W. den Klägern zusteht.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert: Ein Verbandsanteil sei in dem Kaufvertrag von 1996 nicht erwähnt worden. Weder der Verkäufer H. noch seine Erben hätten angezeigt, dass der Verbandsanteil auf die Kläger übergegangen sei, vielmehr gingen die Erben davon aus, dass sie weiterhin Mitglied des Verbandes seien. Auch der Verbandsvorstand habe erst im Jahr 2009 von dem Kaufvertrag Kenntnis erlangt. Die Kläger hätten die bestehende Unerweislichkeit der Zugehörigkeit der streitigen Verbandsanteile zum veräußerten Hofgrundstück zu tragen. Ein Nachweis, dass der Verbandsanteil mit dem Kaufvertrag auf die Kläger übergegangen sei, fehle.
Die Beigeladenen beantragten,
die Klage abzuweisen
Sie weisen darauf hin, dass H. zu seinen Lebzeiten zu allen Sitzungen der Realgemeinde eingeladen worden sei und den Einladungen Folge geleistet habe. Auch die Erben würden an den Verbandsveranstaltungen teilnehmen, sie hätten eine Umlage in die Realgemeindekasse eingebracht und fühlten sich als Mitglieder des beklagten Verbandes.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Der Verwaltungsrechtsweg ist gegeben, da es sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt. Die hier umstrittene Inhaberschaft an einem Realverbandsanteil richtet sich nach der Satzung des Beklagten und dem Realverbandsgesetz, also nach öffentlichem Recht.
Hinsichtlich der Frage der Mitgliedschaft ist die richtige Klageart die von den Klägern insoweit auch erhobene Feststellungsklage. Das Feststellungsinteresse der Kläger ist nach § 43 Abs. 1 VwGO gegeben, da der Beklagte die Inhaberschaft der Kläger bestreitet und es den Klägern verwehrt ist, ohne die begehrte Feststellung ihre Mitgliedschaftsrechte auszuüben. Hinsichtlich der Berichtigung des Mitgliederverzeichnisses ist die Leistungsklage die richtige Klageart.
Die Klage ist auch begründet.
Es ist festzustellen, dass die Kläger mit Eigentumserwerb an den Flurstücken F. und G. der Flur I. der Gemarkung Neu W. Inhaber des Verbandsanteiles Nr. 10 - frühere Hofstelle H. - geworden sind. Demzufolge ist der Beklagte im Wege der Leistungsklage weiter zu verurteilen, sein Mitgliederverzeichnis dahingehend zu berichtigen, dass die Kläger Mitglied des Verbandes sind.
Die Frage, ob die Kläger mit Übertragung der Haus- und Hofstelle auf dem Grundstück Flurstück G. auch Inhaber des selbständigen Verbandsanteiles geworden sind und seitdem Mitglied des Beklagten sind oder ob der Realverbandsanteil auf die Beigeladenen übergegangen ist, beantwortet sich nach § 9 Nieders. Realverbandsgesetz – RealVerbG - i.V.m. § 4 der Satzung des Beklagten.
§ 8 RealVerbG bestimmt zum unselbständigen Realverbandsanteil, dass dieser weder von dem Eigentum getrennt werden noch Gegenstand besonderer Rechte sein kann. § 9 RealVerbG bestimmt demgegenüber in seinen Absätzen 1 und 2:
(1) Alle sonstigen Verbandsanteile können, vorbehaltlich § 12, selbstständig durch Rechtsgeschäft übertragen werden und Gegenstand besonderer Rechte sein (selbstständiger Verbandsanteil).
(2) Gehört ein selbstständiger Verbandsanteil nach dem örtlichen Herkommen oder dem bisherigen Recht, insbesondere nach einem Rezess, zu einer Haus- oder Hofstelle, so gilt er als Bestandteil des Grundstücks, solange er von diesem nicht getrennt wird. Wird die Stelle geteilt und ist rechtsgeschäftlich nichts anderes bestimmt, so folgt der Anteil dem Grundstücksteil, auf dem sich die Gebäude befinden.
Dieser gesetzlichen Vorgabe folgt § 4 der Satzung des Beklagten, indem er regelt, dass die Verbandsanteile selbständig sind, durch Rechtsgeschäft übertragen werden und Gegenstand besonderer Rechte sein können. § 4 der Satzung ergänzt ausdrücklich: Verbandsanteile, die zu einer Haus- oder Hofstelle gehören, können von dieser getrennt werden. Aus diesen Vorschriften folgt, dass Realverbandsanteile nicht isoliert im Rechtsraum schweben, sondern – wenn sie nicht davon getrennt werden - an die Hausstelle gebunden sind (vgl. Thomas/Tesmer, Das niedersächsische Realverbandsgesetz, 8. Aufl. 2010, § 9 Anm. 1 a. E.).
Ein mit dem Grundstück verbundener, aber selbständiger Verbandsanteil geht bei Veräußerung des Grundstücks, zu dem der Verbandsanteil als Grundstücksbestandteil gehört, auf den Erwerber dann über, wenn sich die Veräußerung vertraglich auf Bestandteile und Zubehör des Grundstücks erstreckt. Nach den Auslegungsregeln der §§ 311c, 926 Abs. 1 Satz 2 BGB, die bei der Ermittlung des Vertragsinhalts anwendbar sind, ist dies im Zweifel anzunehmen. § 311 c BGB bestimmt:
Verpflichtet sich jemand zur Veräußerung oder Belastung einer Sache, so erstreckt sich diese Verpflichtung im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache.
§ 926 Abs. 1 Satz 2 BGB regelt:
Im Zweifel ist anzunehmen, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken soll.
Nach § 96 BGB gelten Rechte, die mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, als Bestandteile des Grundstücks, und nach § 97 BGB gehören zum Zubehör diejenigen beweglichen Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind. Damit sind Bestandteile des Grundstücks und Zubehör in gleicher Weise rechtlich einzuordnen, wenn es darum geht, ob Bestandteile oder Zubehör bei einer Veräußerung der Hauptsache – des Hofgrundstückes – mit übergehen (zur entsprechenden Anwendung des § 311 c BGB auf Bestandteile eines Grundstückes vgl. u.a. auch Ludwig in: jurisPK-BGB Band 2, 6. Aufl. 2012, Rn. 5 ff. m.w.N.; Palandt-Grüneberg, BGB, Kommentar, 71. Aufl. 2012, § 311c Rn. 1; OLG Braunschweig, Urteil v. 25.10.1989 - 3 U 69/89 -, Nds. RPfl 1990, 7).
Realverbandsanteile sind Bestandteile des Grundstückes nach § 96 BGB (Palandt-Ellenberger, BGB, Kommentar, 71. Aufl. 2012, § 96, Rn. 2; Erman-Michalski, BGB, Kommentar, 11. Aufl. 2004; beide unter Hinweis auf OLG Braunschweig, a.a.O.). Auch § 9 Abs. 2 RealVerbG selbst hebt unmittelbar durch die Fassung des Gesetzestextes hervor, dass der selbständige Verbandsanteil als Bestandteil des Grundstückes gilt. Damit geht ein mit einem Hof verbundener Realverbandsanteil bei Veräußerung des Hofes ohne weitere konkrete Absprachen auf den Erwerber der Hofstelle jedenfalls dann über, wenn nach dem Vertrag der Grundbesitz einschließlich Gebäude und mit allem, was als Bestandteil und Zubehör gilt, verkauft wird. Die gesetzliche Vermutung des Übergangs der Realverbandsanteile zusammen mit dem Hofgrundstück aufgrund der aufgeführten Rechtsvorschriften ist widerlegbar; im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit muss aber ein von den Parteien erkennbar nach außen in Erscheinung getretener entgegengesetzter Wille zeitlich vor oder zugleich mit der Veräußerung des Grundstücks vorhanden sein und eben auch geäußert werden (vgl. auch Urteil des VG Göttingen vom 28.4.1994 – 1 A 1334/92). Ein etwaiger von der gesetzlichen Vermutungsregel abweichender Parteiwille hätte dann Vorrang (OLG Braunschweig, a.a.O.).
Die „Selbständigkeit“ der Realverbandsanteile ändert an dieser Betrachtung nichts. Denn die Selbständigkeit der Anteile bedeutet nicht, dass die Anteile vom Hausgrundstück stets und von vornherein getrennt sind und der Verkauf der Hofstelle keine Auswirkungen auf den Übergang der Realverbandsanteile hätte. Vielmehr gilt gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 RealVerbG ein Verbandsanteil als Grundstücksbestandteil, „solange er nicht von diesem getrennt wird“. Auch wenn die Verbandsanteile im jeweiligen Kaufvertrag nicht genannt werden, gehen sie mangels Trennung mit dem Verkauf der Hofstelle über. Um die Trennung zu belegen, müssen sich Anhaltspunkte aus dem Kaufvertrag ergeben, dass die Anteile gerade nicht mit übertragen werden sollen; ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht, geht mit der Hofstelle eben auch der Verbandsanteil über (so ausdrücklich auch OLG Celle, Urt. v. 25.6.2008 – 4 U 29/08 -). Das „Schweigen“ in einem Vertrag führt nach den Vermutungsregeln der §§ 9 Abs. 2 RealVerbG, §§ 311 c, 926 Abs. 1 Satz 2 BGB mit anderen Worten gleichsam „automatisch“ zu einem Übergang. Werden Verbandsanteile im Kaufvertrag nicht angesprochen, bleiben sie Grundstücksbestandteile, und sie gehen mit dem Hofgrundstück über (Thomas/Tesmer, a.a.O., § 9 Anm. 2.2 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 17.7.1998 – V ZR 370/97 -, RdL 1998, 299).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Würdigung des Kaufvertrages vom 30. Dezember 1996 ist nicht nur das Grundstück auf die Kläger übertragen worden, sondern auch der Realverbandsanteil. Nach dem Wortlaut des § 1 des Vertrages ist der Verkauf „nebst Zubehör“ erfolgt. Im Vertrag ist allerdings nicht geregelt, dass der Verkauf auch „nebst Bestandteilen“ des Grundstückes erfolgt, sodass der Realverbandsanteil als Bestandteil nicht schon vom unmittelbaren Wortlaut des Vertrages erfasst worden ist. Jedoch sind – wie schon ausgeführt - Bestandteile des Grundstücks und Zubehör in gleicher Weise rechtlich einzuordnen, wenn es um die Frage geht, welche Rechte und Sachen bei einer Veräußerung der Hauptsache – des Hofgrundstückes – mit übergehen. Nach der gesetzlichen Vermutungsregel des § 9 Abs. 2 RealVerbG, wonach der Realverbandsanteil dem Grundstücksteil folgt, solange rechtsgeschäftlich nichts anderes bestimmt ist, folgt ebenso wie aus §§ 311 c und 926 Abs. 1 Satz 2 BGB gleichermaßen, dass es einer gesonderten Erwähnung des Mitübergangs von Zubehör und Bestandteil nicht bedurft hat, damit diese gemeinsam mit dem Hofgrundstück auf den Erwerber übergehen. Wenn zu den gesetzlichen Bestandteilen eines Grundstücks auch die Realverbandsanteile gehören, hätte, um die gesetzliche Vermutung des Übergangs zu widerlegen, im Kaufvertrag nicht geschwiegen werden dürfen, sondern im Gegenteil hätte ausdrücklich geregelt werden müssen, dass der Realverbandsanteil vom Hofgrundstück getrennt wird und nicht mit dem Hofgrundstück übergehen soll. Dies kann aber nicht festgestellt werden. Ein in diesem Zusammenhang erkennbar nach außen in Erscheinung getretener übereinstimmender Wille ist im Kaufvertrag nicht deutlich geworden.
Zwar spricht einiges dafür, dass der Kaufvertrag aus Sicht des Herrmann C. nicht den Realverbandsanteil erfassen sollte: In § 2 des Kaufvertrages wird der Kaufpreis von 140.000,00 DM aufgegliedert auf Beträge für das Reetdachhaus, für die Wirtschaftsgebäude und für den Grund und Boden. Ein gesonderter Kaufpreis für den Realverbandsanteil ist nicht genannt worden. Dass aus der Sicht des H. die Realverbandsanteile möglicherweise nicht durch den Kaufvertrag mit übergehen sollten, spricht weiter der Umstand, dass er nach dem Verkauf sich auch weiterhin als vollständiges Mitglied des Realverbandes gefühlt hat und am Verbandsleben mit allen Rechten und Pflichten eines Mitgliedes teilgenommen hat. Auf die mögliche subjektive Vorstellung des H., er habe damals den Realgemeindeanteil nicht mitverkauft, kommt es jedoch nicht an. Ein bloßer innerer Vorbehalt des H. als Verkäufer, er habe den Vertragsanteil nicht mit verkaufen wollen, ist von vornherein unerheblich (vgl. VG Göttingen, Urteil v. 18.07.2006 - 1 A 300/05 -). Es spielt auch keine Rolle, ob die Käufer – die Kläger - damals beim Kauf der Grundstücke mit der Hofstelle von der Existenz der Realverbandsanteile überhaupt etwas gewusst haben. Aufgrund des § 9 Abs. 2 RealVerbG, der bestimmt, dass ein selbständiger Verbandsanteil, der zu einer Haus- oder Hofstelle gehört, als Bestandteil des Grundstückes gilt, solange er von diesem nicht getrennt wird, sind allein objektive Gesichtspunkte entscheidend und nicht die nur subjektiven Vorbehalte oder (irrige) Rechtsmeinungen der Vertragsbeteiligten.
Bei objektiver Betrachtung ist für eine Trennung von Hofstelle und Verbandsanteil vor oder zeitgleich mit dem Abschluss des Kaufvertrages nichts dargetan. Auf das Verhalten der Beteiligten zeitlich nach Abschluss des Kaufvertrages - die regelmäßige Teilnahme des H. und seiner Erben an den Verbandsversammlungen – kommt es nicht an, weil es allein entscheidend ist, ob zeitlich vor oder spätestens mit Vertragsschluss eine Trennung von Hof- und Verbandsanteil stattgefunden hat. Im vorliegenden Fall gibt es keine objektiv fassbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien Einigkeit darüber erzielt hätten, dass der Verbandsanteil nicht mit übergehen soll. Die gesetzliche Vermutung des § 9 Abs. 2 RealVerbG, dass die selbständigen Verbandsanteile zusammen mit der Haus- und Hofstelle auf die Kläger übergegangen sind, ist nicht widerlegt. Im Ergebnis: Da eine Trennung aufgrund der objektiven Gegebenheiten nicht nachgewiesen ist, ergibt sich, dass das Recht am Verband dem Recht am Grundstück gefolgt ist, so dass die Erwerber, hier die Kläger, das Eigentum am Verbandsanteil mit dem Eigentum am Grundstück erlangt haben.
Die Kläger sind durch den Kauf bzw. die spätere Eintragung der Grundstücke in das Grundbuch materiell Inhaber des Verbandsanteiles geworden, und zwar unabhängig davon, ob sie im Mitgliederverzeichnis aufgeführt worden sind oder nicht. Die materielle Inhaberschaft des Anteiles ist von der formalen Eintragung ins Mitgliederverzeichnis zu trennen. Das Mitgliederverzeichnis hat nur deklaratorischen Charakter, die Eintragung wirkt nicht konstitutiv oder rechtsbegründend; vielmehr ist die materielle Inhaberschaft des Anteiles von der formalen Eintragung in das Mitgliederverzeichnis zu trennen (vgl. Thomas/Tesmer, a.a.O., § 13 Anm. 2). Die Anzeige zum Eigentumsübergang der Hofstelle ist lediglich eine Nebenpflicht der damaligen Vertragsparteien gewesen. Bis zur Anzeige – oder der positiven Kenntniserlangung des Eigentumsübergangs auf andere Weise - kann der Verband an das alte Mitglied (oder den Erben) mit befreiender Wirkung Zahlungen erbringen und mit ihm – und nicht dem wahren Verbandsmitglied – wirksam Rechte und Pflichten aus dem Verbandsverhältnis gestalten. Die fehlende Anzeige hat den Schutz des Verbandes und seines Vorstandes vor Ansprüchen des Erwerbers zur Folge, wenn die Anzeige unterblieben ist (vgl. auch Thomas/Tesmer, a.a.O., § 13 Anm. 3 und 4). Die fehlende Anzeige in der Vergangenheit steht indes der gesetzlichen Folge, dass schon mit dem Übertragungsakt der neue Eigentümer des Hofgrundstückes materiell Inhaber des Verbandsanteiles geworden ist, nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.