Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 03.11.1997, Az.: 2 B 2492/97
Gewährung von laufenden Sozialhilfeleistungen; Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts; Glaubhaftmachung des Fortwirkens einer Notlage; Zulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache; Berücksichtigung des Erziehungsgeldes Einkommen; Erforderliche Mitwirkung des Antragstellers; Pflicht zur Meldung der Arbeitslosigkeit und Stellung eines Antrags auf Arbeitslosengeld; Nachranggrundsatz der Sozialhilfe
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 03.11.1997
- Aktenzeichen
- 2 B 2492/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 15199
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:1997:1103.2B2492.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO
- § 11 BSHG
- § 60 SGB I
- § 66 SGB I
- § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I
- § 2 BSHG
Verfahrensgegenstand
Hilfe zum Lebensunterhalt
Antrag nach § 123 VwGO
Prozessführer
Frau ...
Prozessgegner
Landkreis ...
vertreten durch den Oberkreisdirektor, ...
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Da im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen in diesem Verfahren nur ausgesprochen werden, wenn der Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen für den entsprechenden Anspruch sowie weiterhin glaubhaft macht, er befinde sich in einer existentiellen Notlage und sei deswegen - mit gerichtlicher Hilfe - auf die sofortige Befriedigung des Anspruchs dringend angewiesen.
- 2.
Es gehört nicht zu den Mitwirkungspflichten der Antragsteller, beim Arbeitsamt einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld oder -hilfe zu stellen.
Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen
hat am 3. November 1997
beschlossen:
Tenor:
Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe ab dem 1. November 1997 zu gewähren.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die ... geborene Antragstellerin lebt zusammen mit ihrem ... geborenen Ehemann und dem am ... geborenen gemeinsamen Sohn in der Samtgemeinde ... welche vorliegend namens und im Auftrage des Antragsgegners tätig wird.
Die Antragstellerin und ihre Familie beantragten am 21. März 1996 bei der Samtgemeinde ... die Gewährung von Sozialhilfeleistungen. Zur Begründung gaben sie an, der Ehemann der Antragstellerin habe eine Berufsausbildung als Steuerfachgehilfe und sei seit dem 20. März 1996 arbeitslos; er habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Die Antragstellerin sei ausgebildete Diplom-Pädagogin und im Jahre 1995 als Erzieherin tätig gewesen. Nach Ende der Mutterschutzfrist werde sie Erziehungsgeld beantragen. Mit Bescheid vom 3. Juni 1996 gewährte die ... Familie der Antragstellerin Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem Antragszeitpunkt.
Mit Bescheid vom 28. Juni 1996 kürzte die Samtgemeinde ... den Regelsatz um 20 % gemäß § 25 BSHG nach vorheriger Ankündigung, weil sich die Antragstellerin trotz mehrmaliger Aufforderung geweigert habe, durch Antragstellung beim Arbeitsamt vorrangige Ansprüche auf Arbeitslosenhilfe in Anspruch zu nehmen. Nachdem die Antragstellerin sowohl gegen diesen Bescheid als auch gegen die bereits zuvor erfolgte Aufforderung zur Antragstellung mit der Begründung Widerspruch eingelegt hatte, sie wolle ihren Erziehungsurlaub fortsetzen und stehe dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, hob die Samtgemeinde ... ihren Bescheid vom 28. Juni 1996 über die Kürzung der Regelsatzleistungen für die Antragstellerin ab Juli 1996 durch Bescheid vom 19. August 1996 auf und gewährte durch Änderungsbescheid vom selben Tage ab 1. Juli 1996 auch für die Antragstellerin ungekürzte Regelsatzleistungen. Zugleich mit dem Aufhebungsbescheid vom 19. August 1996 wies die Samtgemeinde ... die Antragstellerin darauf hin, daß sie nach §§ 60 ff. Sozialgesetzbuch - 1. Teil - (SGB I) zur Mitwirkung verpflichtet sei. Sie habe einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe auch während der Zeit des Bezuges von Erziehungsgeld. Sie sei verpflichtet, einen entsprechenden Antrag zu stellen; eine Frist dafür werde ihr bis zum 26. August 1996 eingeräumt.
Die Antragstellerin machte wiederholt deutlich, daß sie einen solchen Antrag wegen fehlender Erfolgsaussicht nicht stellen werde, denn ihr stehe vorrangig Arbeitslosengeld zu, so daß sie gar keine Arbeitslosenhilfe bekommen würde. Daraufhin stellte die Samtgemeinde, ... durch Bescheid vom 18. September 1996 die Gewährung des Regelsatzes für einen erwachsenen Haushaltsangehörigen für die Antragstellerin mit Wirkung ab dem 1. Oktober 1996 wegen fehlender Mitwirkung bis zur Nachholung dieser Mitwirkung ein. Am 4. Oktober 1996 legte die Antragstellerin dagegen Widerspruch ein.
Bereits unter dem 19. August 1996 hatte die Samtgemeinde ... beim Arbeitsamt ... für die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe während des Bezuges von Erziehungsgeld gestellt. Mit Schreiben vom 22. Oktober 1996 teilte das Arbeitsamt ... der Samtgemeinde mit, ein Bezug von Arbeitslosenhilfe neben Erziehungsgeld sei zur Zeit nicht möglich, denn die Antragstellerin habe noch einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld, auf den sie auch nicht verzichten könne. Erst wenn ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben worden sei, kein Restanspruch mehr bestehe und der Betreffende der Arbeitsvermittlung wegen Kindesbetreuung nicht zur Verfügung stehe, sei der Bezug von Arbeitslosenhilfe neben Erziehungsgeld möglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 1997 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin zurück. Die Antragstellerin müsse es sich zurechnen lassen, daß sie keinen Antrag beim Arbeitsamt gestellt und somit auch keinen Bescheid des Arbeitsamtes erhalten habe. Es sei durchaus zumutbar, sich zumindest eine Bescheinigung des Arbeitsamtes geben zu lassen, aus der ersichtlich sei, ob vorrangige Ansprüche gegen das Arbeitsamt bestünden. Diese Unterlagen benötige das Sozialamt ... für die Bearbeitung des Antrages. Die Aufklärung des Sachverhaltes sei wesentlich erschwert worden, so daß die Versagung der Sozialhilfe zulässig sei.
Bereits am 15. Januar 1997 hatten die Antragstellerin und ihr Ehemann Untätigkeitsklage erhoben, die - nachdem der Ehemann seine Klage zurückgenommen hatte - durch die Antragstellerin als Verpflichtungsklage nach Erlaß des Widerspruchsbescheides fortgeführt wird (2 A 2014/97). Zur Begründung führt sie aus, sie wolle mindestens noch ein weiteres Jahr für ihren Sohn ... zur persönlichen Betreuung zur Verfügung stehen. Entsprechend den anderen Müttern, die Erziehungsurlaub nähmen, stehe ihr dies zu. Durch eine einfache Antrage beim Arbeitsamt würde es dem Sozialamt möglich gewesen sein herauszufinden, daß Arbeitslosengeld nicht gezahlt werde, wenn Erziehungsgeld gezahlt werde. Überdies müsse das Arbeitsamt ihren Antrag ablehnen, weil sie nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe. Jedenfalls bestehe eine Vorleistungspflicht des Sozialamtes, bis diese Tatsachen aufgeklärt seien.
Am 16. Oktober 1997 hat die Antragstellerin darüber hinaus einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt und zur Begründung ausgeführt, es sei ihr nicht zuzumuten, länger zuzuwarten. Der Lebensunterhalt ihrer Familie könne ohne Sozialhilfeleistungen für sie nicht finanziert werden. Sie hätten schon Überziehungskredite in Anspruch genommen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er bezieht sich auf seinen Widerspruchsbescheid vom 3. März 1997 und führt ergänzend aus, auf eine Notlage könne sich nicht berufen, wer einen Anspruch nicht durchsetzen wolle, der ihm zustehe und der die Notlage beheben könnte.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und in dem Verfahren 2 A 2014/97 sowie die Verwaltungsvorgänge der Samtgemeinde ... und des Antragsgegners Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat Erfolg.
Dabei entscheidet die Kammer in ständiger Rechtsprechung in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betreffend die Gewährung von laufenden Sozialhilfeleistungen lediglich rückwirkend zum Ersten des Monats, in dem sie über den Antrag befindet, wenn nicht glaubhaft gemacht wird, daß eine in der Vergangenheit entstandene Notlage in der Form bis in die Gegenwart fortwirkt, daß zwingend die Befriedigung vergangener Ansprüche erfolgen muß, um eine gegenwärtige existentielle Notlage abzuwenden. Insofern ist vorliegend eine Glaubhaftmachung für den Zeitraum vor dem 1. November 1997 nicht erfolgt.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Da nach Wesen und Zweck dieses Verfahrens eine vorläufige Regelung grundsätzlich nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen - wie sie im vorliegenden Fall begehrt wird - in diesem Verfahren nur ausgesprochen werden, wenn der Antragsteller die tatsächlichen Voraussetzungen für den entsprechenden Anspruch (sog. Anordnungsanspruch) sowie weiterhin glaubhaft macht, er befinde sich in einer existentiellen Notlage und sei deswegen - mit gerichtlicher Hilfe - auf die sofortige Befriedigung des Anspruchs dringend angewiesen (sog. Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen hat die Antragstellerin für den Zeitraum ab dem 1. November 1997 glaubhaft gemacht.
Gemäß § 11 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) ist Hilfe zum Lebensunterhalt dem zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten sind das Einkommen und das Vermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen. Gemäß § 8 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) wird das Erziehungsgeld nicht als Einkommen bei der Berechnung von Sozialleistungen berücksichtigt.
Der Anspruch der Antragstellerin auf Sozialhilfeleistungen ist vorliegend nicht aufgrund fehlender Mitwirkung gemäß §§ 60, 66 SGB I entfallen. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners gehört es nicht zu den Mitwirkungspflichten der Antragstellerin, beim Arbeitsamt einen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld oder -hilfe zu stellen. Nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Beschluß vom 23. Februar 1990 - 4 M 10/90 -, FEVS 41, 363 ff.), der sich die Kammer anschließt, gehört es nicht zu der in § 60 SGB I geregelten Mitwirkung des Leistungsberechtigten, sich in bestimmter Weise zu verhalten und durch dieses Verhalten Tatsachen zu schaffen, deren Angabe der Sozialleistungsträger dann verlangen darf. Insbesondere biedert § 60 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGB I nicht die Grundlage für das von der Antragstellerin begehrte Verhalten, nämlich sich beim Arbeitsamt als arbeitssuchend zu melden. Die Bestimmungen des § 60 Abs. 1 SGB I verlangen von der Antragstellerin nicht, daß sie sich in bestimmter Weise verhalten und - nachdem sie sich so verhalten hat - dieses Verhalten beweisen soll. Die Vorschrift soll vielmehr dem Leistungsträger nur von vornherein einen Überblick geben, welche Beweismöglichkeiten ein Antragsteller oder Leistungsberechtigter für seine Angaben sieht; darüber hinausgehende Pflichten eines Antragstellers sind der Vorschrift nicht zu entnehmen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluß vom 23. Februar 1990, a.a.O.).
Auch darf sich der Antragsgegner bereits deshalb nicht auf fehlende Mitwirkung der Antragstellerin berufen, weil die in § 65 SGB I geregelten Grenzen der Mitwirkung vorliegend überschritten sind. Nach Absatz 1 Nummer 3 dieser Norm bestehen Mitwirkungspflichten u.a. nach § 60 SGB I nicht, wenn der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Das ist vorliegend der Fall. Wie sich aus den Verwaltungsvorgängen der Samtgemeinde ... ergibt, hat sich auf die Antrage des Sozialamtes vom 19. August 1996 das Arbeitsamt bereits mit Schreiben vom 22. Oktober 1996 (also lange vor Entscheidung über den Widerspruch) definitiv dahingehend geäußert, daß der Antragstellerin Arbeitslosenhilfeleistungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus von ihr nicht beeinflußbaren Gründen nicht zustehen. Wußte mithin der Antragsgegner, der sich das Verhalten und die Erkenntnisse der von ihm zur Durchführung von Aufgaben nach dem Bundessozialhilfegesetz herangezogenen Samtgemeinde ... zurechnen lassen muß, bereits im Oktober 1996, daß der von der Antragstellerin geforderte Antrag auf Arbeitslosenhilfe erfolglos bleiben würde, so belegt dies, daß er gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I sich die erforderlichen Kenntnisse mit geringem Aufwand selbst beschafft hat.
Schließlich ist angesichts der von der Samtgemeinde ... selbst beschafften Erkenntnisse nicht davon auszugehen, daß die Aufklärung des Sachverhalts i.S.v. § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I durch die Antragstellerin erheblich erschwert worden ist. Es drängt sich der Eindruck auf, als habe von der Antragstellerin "aus Prinzip" die einmal geforderte Antragstellung trotz inzwischen vorhandener hinreichender Erkenntnisse weiterhin verlangt werden sollen. Eine Versagung des Regelsatzes für die Antragstellerin rechtfertigt dies nicht.
Ein Anspruch der Antragstellerin auf Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe ist auch nicht aus anderen Gründen gegenwärtig ausgeschlossen. Insbesondere greift nicht der in § 2 BSHG verankerte Nachranggrundsatz der Sozialhilfe. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen und von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Die Antragstellerin muß sich nicht darauf verweisen lassen, beim Arbeitsamt Arbeitslosengeld zu beantragen und damit ihren dort bestehenden Anspruch jetzt auszuschöpfen, denn gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 BErzGG steht einer vollen Erwerbstätigkeit der Bezug von Arbeitslosengeld gleich, so daß eine Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Erziehungsgeld damit automatisch entfallen würde (vgl. Bewilligungsvoraussetzung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 BErzGG: Ausübung keiner vollen Erwerbstätigkeit). Nach der Wertung des Gesetzgebers, der gemäß § 8 Abs. 1 BErzGG Erziehungsgeld gerade nicht auf Sozialhilfeleistungen angerechnet wissen will, kann der Antragstellerin nicht abverlangt werden, auf ihren Anspruch auf Erziehungsgeld zu verzichten und sich um die Gewährung von Arbeitslosengeld mit der Folge zu bemühen, daß sie dem Arbeitsmarkt vollumfänglich zur Verfügung stehen müßte. Der mögliche Anspruch auf Arbeitslosengeld kann dann nicht vorrangig i.S.v. § 2 Abs. 1 BSHG sein, wenn seinetwegen auf Leistungen verzichtet werden muß, die bei der Berechnung von Sozialhilfe nicht berücksichtigt werden dürfen.
Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 BErzGG kann nachträglich die Bestimmung des Berechtigten für die Erziehungsgeldleistungen nur dann geändert werden, wenn die Betreuung und Erziehung des Kindes nicht mehr sichergestellt werden kann. Demgemäß fehlt es auch an der Möglichkeit, dem z.Zt. arbeitslosen Ehemann der Antragstellerin den Anspruch auf Erziehungsgeld zu übertragen, um sie für die Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsamt und damit für die Gewährung von Arbeitslosengeld verfügbar zu machen.
Auf die gemäß § 2 Abs. 4 BErzGG bestehende gegenständlich begrenzte Fiktion der objektiven und subjektiven Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung in den Fällen eines Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe kommt es vorliegend nicht an, denn nach der der Samtgemeinde ... zugegangenen Auskunft des Arbeitsamtes ... scheitert die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Antragstellerin bereits daran, daß ihr vorrangig Arbeitslosengeld zustünde.
Unabhängig von der vorstehenden Entscheidung ist die Kammer der Auffassung, daß die Antragstellerin gemäß den §§ 18 ff. BSHG zur Aufnahme einer Tätigkeit veranlaßt werden kann, welche keine volle Erwerbstätigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 und 2 BErzGG ist. Eine entsprechende Verpflichtung bedürfte allerdings der Umsetzung durch das Instrumentarium, das die §§ 18 ff., 25 BSHG zur Verfügung stellen. Vor diesem Hintergrund dürfte insbesondere zu berücksichtigen sein, daß es der Antragstellerin ohne Gefährdung ihres Anspruchs auf Erziehungsgeld in diesem Rahmen zugemutet werden kann, einer Tätigkeit nachzugehen, wobei ihr Ehemann, der selbst arbeitslos ist, sich während dieser Zeit um das gemeinsame Kind kümmern kann. Eine Arbeitsverpflichtung gemäß den §§ 18 ff. BSHG trifft ebenso den Ehemann der Antragstellerin, wobei bei ihm keine Beschränkung zur Vermeidung eines Verlustes des Anspruchs auf Erziehungsgeld besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
Lenz
Pardey