Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 12.11.1997, Az.: 2 A 2217/95
Eingliederungshilfe als Hilfe in besonderen Lebenslagen; Voraussetzung der Durchführung eines Vorverfahrens; Erstreckung des gerichtlichen Prüfungsumfangs; Bewilligung laufender Sozialhilfeleistungen; Zeitpunkt der Kenntnis von einem eventuellen Bedarf durch den Sozialhilfeträger; Anspruch auf Übernahme der Kosten einer Montessori-Heiltherapie; Möglichkeit der Übernahme durch die Krankenkassen; Vergleichbarkeit mit einer Ergotherapie
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 12.11.1997
- Aktenzeichen
- 2 A 2217/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 15200
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:1997:1112.2A2217.95.0A
Rechtsgrundlagen
- § 68 VwGO
- § 5 BSHG
- § 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG
- § 39 BSHG
Verfahrensgegenstand
Eingliederungshilfe (Kosten einer Montessori-Heiltherapie)
Prozessführer
das minderjährige Kind ...,
vertreten durch die Mutter ...,
Prozessgegner
Landkreis ...,
vertreten durch den Oberkreisdirektor,
diese/r vertreten durch den Oberstadtdirektor der Stadt ...,
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Vom Sozailhilfeträger sind die vollständigen Kosten einer Therapiemaßnahme zu übernehmen, falls er nicht wegen anderweitiger Angebote derselben Therapieform einen günstigeren Anbieter der Leistung benennen kann.
- 2.
Ein Vertrag zwischen dem Sozialhilfeempfänger und dem Therapeuten wäre unter Umständen sittenwidrig und daher nichtig, wenn die Höhe der Kosten nicht nachvollziehbar wäre und die Leistung auch unter Marktgesichtspunkten völlig überteuert erschiene. Hierauf kann sich der Sozialhilfeträger berufen.
Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Göttingen
hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 1997
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Prilop,
die Richter am Verwaltungsgericht Lenz und Pardey sowie
die ehrenamtlichen Richterinnen Haendel und Eimer
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Stadt Göttingen vom 4. März 1994 und seines Widerspruchsbescheides vom 28. März 1995 verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 4. Oktober 1993 bis zum 28. März 1995 Eingliederungshilfe für Behinderte zur Durchführung einer Montessori-Heiltherapie in Höhe des vollen Stundensatzes von 80,00 DM bei einer Einzel- bzw. 60,00 DM bei einer Gruppensitzung zu bewilligen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 7/9, der Beklagte 2/9; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckungsschuldner können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihm im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen Eingliederungshilfe zu gewähren.
Der am 7. Mai 1986 geborene Kläger leidet unter erheblichen Entwicklungsverzögerungen im körperlichen und geistigen Bereich. Motorik, Gleichgewicht und Koordination sind gestört. Außerdem bestehen eine Schwerhörigkeit rechts und Verhaltensauffälligkeiten. Ab Februar 1993 erhielt der Kläger zur Linderung der Folgen seiner Behinderung und zur Förderung seiner Eingliederung in die Gemeinschaft neben wöchentlichen psychomotorischen Übungsbehandlungen und Beschäftigungstherapien in etwa zweiwöchentlichem Turnus jeweils eine Stunde Montessori-Heiltherapie bei der Sonderschullehrerin und Montessori-Heiltherapeutin ... Die Heilpädagogin berechnete pro Therapie-Einzelstunde einen Betrag von 80,00 DM bzw. für eine Therapiestunde mit zwei Kindern jeweils 60,00 DM, wobei der Betrag die 60minütige Therapiestunde, ihre Vorbereitungszeit von ca. 30 Minuten und ein 15- bis 20-minütiges Nachgespräch mit den Eltern umfaßte.
Mit Bescheid des Schulaufsichtsamtes ... vom 7. Juni 1993 wurde der Kläger in eine Sonderschule für Lernbehinderte eingewiesen, wogegen er Widerspruch einlegte, Klage erhob und um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchte. Während des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nahm er vom 30. August bis zum 24. September 1993 jeweils drei Stunden täglich eine Betreuung durch die Heilpädagogin Frau ... in Anspruch, die als "Schulersatz" dienen sollte und im Elternhaus des Klägers durchgeführt wurde. Die Kosten für diese Förderung beliefen sich auf 1.500,00 DM (60 Stunden zu je 25,00 DM) und wurden der Mutter des Klägers durch den Verein E.I.F.E.R. e.V. vorgestreckt.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 1993 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für die heilpädagogischen Fördermaßnahmen rückwirkend ab dem 30. August 1993. Mit Bewilligungsbescheid vom 4. März 1994 übernahm die namens und im Auftrag des Beklagten handelnde Stadt ... die Kosten der Montessori-Heiltherapie ab Antragstellung für zwei Therapieeinheiten im Monat, begrenzt auf einen Betrag von 45,74 DM pro Therapieeinheit. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 18. April 1994 Widerspruch ein. Er führte aus, die Kosten seien ab dem 30. August 1993 zu übernehmen, da der Träger der Sozialhilfe durch den Bescheid des Schulaufsichtsamtes vom 7. Juni 1993, der ausweislich des Verteilerschlüssels auch dem überörtlichen Sozialhilfeträger zugesandt worden sei, von seinem Förderbedarf Kenntnis erlangt habe. Die Kosten seien ferner in der tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28. März 1995, zugestellt am 5. April 1995, überwiegend zurück, gab ihm aber insoweit statt, als der zu entrichtende Stundensatz auf 58,60 DM pro Therapieeinheit erhöht wurde. Zur Begründung führte er aus, die Montessori-Heiltherapie sei mit der Ergotherapie vergleichbar, so daß die von den Allgemeinen Ortskrankenkassen diesbezüglich vorgesehenen Abrechnungssätze anzuwenden seien. Eine Kostenübernahme für die Zeit vor Antragstellung komme nicht in Betracht. Im übrigen sei die Stundenzahl für die heilpädagogische Förderung durch Frau ... zu hoch angesetzt gewesen.
Durch Bescheid vom 2. Mai 1995 hob die Stadt Göttingen den Bewilligungsbescheid vom 4. März 1994 für die Zukunft auf. Gleichzeitig überwies sie für die in der Zeit vom 25. Oktober 1993 bis zum 18. April 1994 geleistete Montessori-Heiltherapie einen Betrag von 411,90 DM an die Mutter des Klägers.
Am 5. Mai 1995 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt ergänzend vor, die Montessori-Heiltherapie sei besonders auf seine Person zugeschnitten und habe bei ihm zu deutlichen Fortschritten geführt. Die Therapie sei mit einer Ergotherpaie nicht ohne weiteres vergleichbar. In ... seien auch keine günstigeren Angebote für diese Therapieform vorhanden. Die Kosten für die heilpädagogische Förderung durch Frau ... habe das Sozialamt zu erstatten, da der überörtliche Träger der Sozialhilfe im Hinblick auf den Bescheid des Schulaufsichtsamtes vom 7. Juni 1993 über den grundsätzlichen Förderbedarf und den Umfang der Förderung informiert gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides der Stadt ... vom 4. März 1994 und seines Widerspruchsbescheides vom 28. März 1995 zu verpflichten, ihm im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten einer Montessori-Heiltherapie für den Zeitraum ab 1. Februar 1993 in der vollen Höhe von 80,00 DM pro Einzelstunde bzw. 60,00 DM pro Gruppenstunde sowie einen Betrag von 1.500,00 DM für die heilpädagogische Förderung durch Frau ... zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid und trägt vor, ihm sei der Förderbedarf des Klägers vor Antragstellung nicht bekannt gewesen, da der Bescheid der Schulaufsichtsbehörde ihm erstmals als Anlage zur Klageschrift zur Kenntnis gelangt sei. Im übrigen seien die Kosten für die Fördermaßnahmen bereits durch E.I.F.E.R. e.V. beglichen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Stadt Göttingen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat nur teilweise Erfolg.
Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Erbringung von Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 29. August 1993 begehrt, ist die Klage unzulässig. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 VwGO sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit von Verwaltungsakten vor Erhebung von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Der Kläger hat am 4. Oktober 1993 die Übernahme von Kosten rückwirkend ab dem 30. August 1993 beantragt. Nur auf den Zeitraum ab dem 30. August 1993 bezog sich daher auch das Vorverfahren. Für die Zeit vom 1. Februar bis zum 29. August 1993 fehlt somit die für die Zulässigkeit der Klage erforderliche zwingende Sachentscheidungsvoraussetzung des vorgeschalteten Verwaltungsverfahrens.
Die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erbringung von Leistungen für die Zeit ab dem 30. August 1993 ist zulässig; allerdings erstreckt sich der gerichtliche Prüfungsumfang nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer, die insoweit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts folgt, in Streitigkeiten, bei denen es um die Bewilligung laufender Sozialhilfeleistungen geht, nur bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides und damit vorliegend bis zum 28. März 1995.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie nur zum Teil begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen für den Zeitraum vom 30. August 1993 bis zum 3. Oktober 1993. Gemäß § 5 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) setzt die Sozialhilfe ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, daß die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen. Die Kenntnis von einem evtl. Bedarf des Klägers für die von ihm in Anspruch genommene Montessori-Heiltherapie und die heilpädagogische Förderung durch Frau ... hat der Träger der Sozialhilfe erst mit dem Antragsschreiben vom 4. Oktober 1993, nicht jedoch aufgrund des Bescheides des Schulaufsichtsamtes ... vom 7. Juni 1993 erlangt. Sollte der Bescheid des Schulaufsichtsamtes dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe - nämlich dem Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben für das Land Niedersachsen - tatsächlich zugegangen sein (hierfür spricht allerdings die Aufnahme des überörtlichen Trägers in den Verteiler), würde dies nicht eine Kenntnis des Sozialhilfeträgers i.S.v. § 5 BSHG begründen. Der Beklagte als sachlich zuständiger örtlicher Träger der Sozialhilfe müßte sich nämlich die Kenntnis des überörtlichen Trägers nicht zurechnen lassen. Selbst wenn ihm aber - und hierfür spricht nichts - der Bescheid des Schulaufsichtsamtes vom überörtlichen Träger übersandt worden und ihm dadurch der Eingliederungshilfebedarf des Klägers dem Grunde nach bekannt geworden wäre, wäre es nicht Aufgabe des örtlichen Trägers der Sozialhilfe gewesen, ohne weitere Anhaltspunkte jede denkbare Maßnahme der Eingliederungshilfe unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Inanspruchnahme durch den Kläger zu überprüfen. Insoweit hätte es - auch wenn Sozialhilfe grundsätzlich von einem Antrag unabhängig ist - konkreter Darlegungen zu den Einzelheiten der vom Kläger gewünschten Eingliederungshilfemaßnahmen bedurft, die der Kläger erst mit Schreiben vom 4. Oktober 1993 mitgeteilt hat.
Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob der sozialhilferechtliche Bedarf im Hinblick auf die von der Therapeutin ... erbrachten Leistungen wegen der Übernahme der Kosten durch den Verein E.I.F.E.R. e.V. entfallen ist.
Im übrigen ist die Klage begründet.
Der Kläger hat aufgrund seiner Behinderung dem Grunde nach einen Anspruch auf Übernahme der Kosten der von ihm durchgeführten Montessori-Heiltherapie im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte nach §§ 39 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG. Dies wird von dem Beklagten anerkannt und ist Grundlage des Bescheides der Stadt Göttingen vom 4. März 1994 und des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 28. März 1995. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist daher lediglich die Frage der Höhe der zu erbringenden Leistungen.
Der Beklagte ist verpflichtet, die Kosten der vom Kläger in Anspruch genommenen Montessori-Heiltherapie in vollem Umfang von 80,00 DM pro Einzeltherapiestunde und 60,00 DM pro Therapiestunde mit zwei Kindern zu übernehmen. Er ist nicht berechtigt, den Kläger darauf zu verweisen, die Montessori-Heiltherapie sei mit der Ergotherapie vergleichbar, für die seitens der Allgemeinen Ortskrankenkassen nur 58,60 DM für eine 60-minütige Einzeltherapie bzw. 35,50 DM für eine 60-minütige Therapie von zwei Kindern erstattet würden.
Das Gericht hat Zweifel daran, daß die Montessori-Heiltherapie mit der Ergotherapie ohne weiteres vergleichbar ist. Bei der Montessori-Heiltherapie handelt es sich um eine besondere Lern- und Lehrmethode mit sog. ganzheitlichen Ansatz, was bedeutet, daß sie auf die Gesamtförderung des Kindes ausgerichtet ist und seine motorischen, sozialen, sensomotorischen, emotionalen und intellektuellen Fähigkeiten fördern will. Im einzelnen sollen Grob- und Feinmotorik, differenzierte Wahrnehmung, Verknüpfung von Wahrnehmungsfeldern, Begriffsbildung und Sprache, Aufbau logischer bzw. mathematischer Strukturen, Konzentration und Ausdauer bei Spiel- und Arbeitsverhalten sowie die gesamte intellektuelle Entwicklung im Prozeß von Selbsttätigkeit und Selbständigkeit gefördert werden. Der Inhalt der Montessori-Heiltherapie und damit auch die Anforderungen an die Therapeuten dürften daher über diejenigen an eine bloße Ergotherapie im Sinne einer Beschäftigungs- bzw. Arbeitstherapie, die in erster Linie im Rahmen der Rehabilitation eingesetzt wird, weit hinausgehen.
Die Kammer muß diese Frage jedoch aus folgendem Grund nicht abschließend klären: Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß die Montessori-Heiltherapie - und nicht die Ergotherapie - die für den Kläger notwendige Therapieform ist. Während andere therapeutische Maßnahmen durch die Krankenkassen übernommen werden, ist dies für die Montessori-Heiltherapie als heilpädagogische Maßnahme nicht der Fall. Dies hat zur Folge, daß die Leistungsinhalte der Montessori-Heiltherapie nicht - entsprechend der Ergotherapie - in ein Vergütungssystem wie dasjenige der Krankenkassen eingebunden sind und demzufolge auch kein Katalog der Therapieleistungen und Vergütungen besteht, die hierfür von den Therapeuten gefordert werden können und von den Leistungsträgern zu erbringen sind. Während die Krankenkassen durch allgemeine Vereinbarungen und massive Einflußmöglichkeiten den Preis für eine Leistung bestimmen und höhere als die vereinbarten Zahlungen ablehnen können, hat derjenige, der eine Montessori-Heiltherapie in Anspruch nimmt, nicht die Möglichkeit, eine Herabsetzung des Stundensatzes zu verlangen, der durch den Therapeuten nach Marktgesichtspunkten festgelegt wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie vorliegend - im weiteren Umkreis kein Therapeut ansässig ist, der eine entsprechende Leistung günstiger anbietet.
Das Gericht ist daher der Auffassung, daß der Beklagte den Kläger nicht darauf verweisen kann, für eine Ergotherapie sei nur ein Betrag von 58,60 DM aufzuwenden. Dies würde dazu führen, daß der Kläger, der tatsächlich 60,00 DM für die Gruppen- und 80,00 DM für die Einzeltherapie bezahlen muß, einen Teil der Mittel selbst aufbringen muß, obwohl die Inanspruchnahme der Therapie seinen konkreten sozialhilferechtlichen Bedarf darstellt. Vielmehr sind die vollständigen Kosten zu übernehmen, falls der Sozialhilfeträger nicht wegen anderweitiger Angebote derselben Therapieform gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BSHG einen günstigeren Anbieter der Leistung benennen kann.
Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Höhe der Kosten nicht nachvollziehbar wäre und die Leistung auch unter Marktgesichtspunkten völlig überteuert erschiene. In diesem Fall wäre ein entsprechender Vertrag zwischen dem Sozialhilfeempfänger und dem Therapeuten unter Umständen sittenwidrig und daher nichtig, worauf sich der Sozialhilfeträger berufen könnte. Dies ist jedoch vorliegend nicht ersichtlich. Der Kläger hat im Verfahren eine Stellungnahme seiner Therapeutin vorgelegt, wonach die Therapiestunde (Einzeltherapie) von 60 Minuten mit einem Zeitaufwand von ca. 30 Minuten individuell vorbereitet und 15 bis 20 Minuten lang mit den Eltern nachbesprochen wird. Außerdem werde zur Dokumentation des Entwicklungsprozesses des Kindes ein Verlaufs- und Ergebnisprotokoll angefertigt, das Grundlage für die etwa halbjährliche zusammenfassende Besprechung mit den Eltern sei. Die Therapeutin hat weiter auf die kostenträchtige Ausstattung des Therapieraumes mit kindgerechtem Mobiliar, Montessori-Materialien und selbstentwickeltem und -hergestelltem Material hingewiesen. Im Hinblick auf den geschilderten Aufwand, der vom Beklagten nicht angezweifelt worden ist, erscheint ein Stundensatz von 80,00 DM für die Einzeltherapiestunde und 60,00 DM für die Stunde mit zwei Kindern nicht unangemessen hoch.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Pardey
Lenz