Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 30.10.2019, Az.: 6 A 3809/17

Anscheinsbeweis; Auswendiglernen; Beweislastumkehr; Fachkundeprüfung; Fahrlehrerprüfung; Nachprüfung; Prüfungsausschluss; Täuschung; Toilettenpausen; Übereinstimmungen mit der Musterlösung; unzulässiges Hilfsmittel; Ausschluss von der Fahrlehrerprüfung rechtmäßig

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
30.10.2019
Aktenzeichen
6 A 3809/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2019, 49724
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2019:1030.6A3809.17.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Prüfungsausschuss kann einen Prüfling von der schriftlichen Fachkundeprüfung auch dann noch ausschließen, wenn er die Klausur des Prüflings korrigiert und dabei Übereinstimmungen mit der Musterlösung festgestellt hat. Er ist auch nicht gehalten, erst die mündliche Prüfung durchzuführen und den Prüfling im Anschluss von der Fachkundeprüfung insgesamt auszuschließen.

  2. 2.

    Wenn der Prüfungsausschuss vor dem Ausschluss eine zusätzliche mündliche Nachprüfung durchführt, um dem Prüfling Gelegenheit zu geben, den Täuschungsverdacht auszuräumen, obliegt das seinem pflichtgemäßen Ermessen.

  3. 3.

    Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises trägt der Kläger die Beweislast dafür, dass er nicht getäuscht hat. Die erheblichen wörtlichen Übereinstimmungen mit der Musterlösung und das Ergebnis der mündlichen Nachprüfung lassen sich typischerweise nur damit erklären, dass dem Kläger bei der Anfertigung der Klausur die Musterlösung in irgendeiner Form vorlag.

  4. 4.

    Eine Pausenzeit von insgesamt 22 Minuten bei einer Bearbeitungszeit von 4 Stunden ist eine außergewöhnlich lange Zeitspanne, zumal der Kläger in einer Bearbeitungsstunde Pausen von 16 Minuten eingelegt hat.

[Tatbestand]

Der Kläger begehrt die Fortsetzung seiner Fahrlehrerprüfung.

Die Fahrlehrerprüfung besteht aus einer fahrpraktischen Prüfung, einer Fachkundeprüfung mit einem schriftlichen und einem mündlichen Teil sowie - für die vom Kläger angestrebte Fahrerlaubnis der Klasse BE - aus je einer Lehrprobe im theoretischen und im fahrpraktischen Unterricht.

Der Kläger bestand am 31.07.2017 die fahrpraktische Prüfung. Am 23.08.2017 trat er das erste Mal zur schriftlichen Fachkundeprüfung (Klasse BE) an. Seine schriftliche Leistung wurde mit der Note "mangelhaft" bewertet. Zusammen mit der mit "ausreichend" bewerteten mündlichen Fachkundeprüfung wurde die Fachkundeprüfung insgesamt mit "mangelhaft" bewertet. In der Niederschrift über das Ergebnis der Fahrlehrerprüfung hieß es, dass der Kläger sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Prüfung erhebliche elementare Lücken in allen prüfungsrelevanten Bereichen aufweise. Der Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 07.09.2017 mit, dass er die Fachkundeprüfung nicht bestanden habe.

Mit Schreiben vom 26.09.2017 lud der Beklagte den Kläger sowohl zur 1. Wiederholungsprüfung der schriftlichen Fachkundeprüfung am 10.10.2017 als auch zur mündlichen Fachkundeprüfung am 27.10.2017. An der schriftlichen Fachkundeprüfung am 10.10.2017 nahmen neben dem Kläger sieben weitere Prüflinge teil. Die Klausur bestand aus vier Aufgaben zu den Fächern "Verkehrsverhaltenslehre", "Verkehrspädagogik", "Verkehrsrecht" sowie "Kraftfahrzeugtechnik und Fahrphysik", zum Teil mit weiteren Teilaufgaben. Die Fragen 1 und 3 stammten aus einem Fragenkatalog mit häufig gestellten Prüfungsfragen, welche den Prüfungsstätten bekannt waren. Die Aufgaben 2 und 4 stammten nicht aus dem Fragenkatalog, sondern aus bereits genutzten Klausuren.

Der Kläger nahm an der schriftlichen Fachkundeprüfung am 10.10.2017 teil. Währenddessen stellten die Aufsichtspersonen keine Unregelmäßigkeiten fest. Der Kläger verließ während der schriftlichen Prüfung drei Mal den Raum für 7, 9 und 6 Minuten.

Bei der Korrektur der Klausur des Klägers stellten die Prüfer bei den Aufgaben 1 und 3, Teilaufgabe 2, Übereinstimmungen der Antworten mit der Lösungsskizze fest.

Unmittelbar vor der mündlichen Prüfung am 27.10.2017 berieten die Mitglieder des Beklagten über einen Verdacht der Täuschung des Klägers und nahmen im Ergebnis dessen einen erheblichen Anschein einer Täuschung an. Sie beschlossen, die mündliche Fachkundeprüfung nur dann stattfinden zu lassen, wenn der Kläger beweise, dass er nicht getäuscht habe. In dem darauffolgenden Gespräch konfrontierten sie den Kläger mit dem Verdacht und gaben ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger bestritt eine Täuschung und gab an, alle Lösungsskizzen auswendig gelernt zu haben. Er habe die Lösungsskizzen von einem Freund aus O. erhalten, eingescannt und auf seinem Smartphone gespeichert. Das Smartphone habe er bei der schriftlichen Prüfung dabeigehabt, aber - wie vorgeschrieben - ausgeschaltet. Die Mitglieder des Beklagten gaben dem Kläger sodann die Möglichkeit, die Fragen aus der schriftlichen Fachkundeprüfung, bei der die Übereinstimmungen festgestellt wurden, mündlich zu beantworten. Sie teilten ihm mit, dass nicht erwartet werde, dass er die Antworten wörtlich wiedergebe, sondern, dass es ausreiche, wenn ihm einige Teilaspekte der jeweiligen Antworten einfielen. Der Kläger konnte die Fragen weitestgehend nicht beantworten. Daraufhin schickten die Mitglieder des Beklagten den Kläger aus dem Raum und beschlossen einstimmig, den Kläger wegen einer Täuschungshandlung von der Prüfung auszuschließen und die Fachkundeprüfung als nicht bestanden zu bewerten. Dieser Beschluss wurde dem Kläger im Anschluss mitgeteilt. Der Beklagte fertigte über das Gespräch einen Vermerk an.

Mit Bescheid vom 06.11.2017 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er nach dem Beschluss vom 27.10.2017 die Fachkundeprüfung (hier: 1. Wiederholungsprüfung) nicht bestanden habe. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger aufgrund einer Täuschungshandlung während der schriftlichen Fachkundeprüfung von der Prüfung auszuschließen gewesen sei und die Prüfung daher als nicht bestanden gelte. Wegen des nahezu identischen Wortlauts seiner Antworten zu denen in der Lösungsskizze stehe fest, dass der Kläger die Lösungsskizze abgeschrieben habe. Wenn einzelne Tatsachen bei verständiger Würdigung den Anschein erweckten, dass eine Täuschung vorliege, müsse der Prüfling beweisen, dass er nicht getäuscht habe. Diesen Beweis habe der Kläger nicht erbracht, da er bei erneuter Befragung am 27.10.2017 die Antworten entweder gar nicht gewusst oder schon die Fragen nicht verstanden habe. In der Rechtsbehelfsbelehrung teilte der Beklagte mit, dass gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch erhoben werden könne.

Mit Schreiben vom 13.11.2017 erhob der Kläger beim Beklagten Widerspruch.

Mit Bescheid vom 16.11.2017 änderte der Beklagte seinen Bescheid vom 06.11.2017 hinsichtlich der Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend, dass kein Widerspruch, sondern eine Klage zum erkennenden Gericht erhoben werden könne. Zur Begründung hieß es, dass es sich nicht um die Bewertung einer Leistung des Klägers handele, weil wegen der Täuschung keine inhaltliche Bewertung erfolgt sei.

Mit Bescheid vom 29.11.2017 wies der Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück.

Bereits am 22.11.2017 hat der Kläger gegen die Bescheide vom 06.11.2017 und 16.11.2017 Klage erhoben und beantragt, den Beklagten unter Aufhebung dieser Bescheide zu verpflichten, der von ihm abzulegenden Fahrlehrerprüfung Klasse BE ihren Fortgang zu geben.

Auf den vom Kläger gestellten Eilantrag stellte die Kammer mit Beschluss vom 05.02.2018 (6 B 3982/17) fest, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat. Die hiergegen vom Antragsgegner erhobene Beschwerde und die Anschlussbeschwerde des Klägers wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 06.04.2018 (12 ME 24/18) im Wesentlichen zurück.

Der Kläger hat anschließend die Fachkundeprüfung vorläufig fortgeführt. Dazu hat der Beklagte die schriftliche Klausur des Klägers durch neue Prüfer inhaltlich bewerten lassen, was zur Note "mangelhaft" geführt hat. Am 15.05.2018 hat der Kläger an der mündlichen Prüfung teilgenommen. Diese hat der Kläger mit einer befriedigenden Leistung bestanden. Insgesamt hat der Kläger die Prüfung mit der Note ausreichend bestanden, wobei der Bestand der Prüfungsentscheidung vom Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahren abhänge. Mit Schreiben vom 22.05.2018 hat der Beklagte dem Kläger das vorläufige Prüfungsergebnis mitgeteilt. Zudem hat er darauf hingewiesen, dass die Prüfungsentscheidung derzeit nicht wirksam sei.

Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass er bei der Klausur nicht getäuscht habe. Er habe sich vielmehr besonders gründlich auf die Prüfung vorbereitet. Denn aus der Erfahrung des 1. Prüfungsversuches sei ihm klar gewesen, dass er keine Schwierigkeiten in den Fächern "Kraftfahrzeugtechnik und Fahrphysik" und "Verkehrspädagogik" haben werde. Zudem sei er selbst Auszubildender in einem technischen Beruf gewesen und habe die Lehrabschlussprüfung mit der Gesellenprüfung im Ausbildungsberuf Elektroniker erfolgreich abgelegt. Schon zuvor habe er die Realschule in den Fächern Mathematik und Physik mit befriedigend beziehungsweise gut abgeschlossen. Daher habe seine besondere Vorbereitung den Fächern "Verkehrsverhaltenslehre" und "Verkehrsrecht" gegolten.

Zur Herkunft der Musterlösungen trägt der Kläger zunächst vor, dass diese Teil einer von Herrn P. empfohlenen App ("Dropbox") gewesen seien. Diese habe er sich auf seinen Laptop und sein Smartphone heruntergeladen. Im weiteren Verlauf des Verfahrens trägt der Kläger vor, dass ihm ein Bekannter aus O. die Musterlösungen zur Verfügung gestellt habe. Eine gewisse Kontrolle sei durch die in die Dropbox eingestellten Musterlösungen möglich gewesen.

Insbesondere die Lösungsskizzen zu den Aufgaben in den Fächern "Verkehrsverhaltenslehre" und "Verkehrsrecht" sei er Aufgabe für Aufgabe durchgegangen. Anschließend habe ihn seine Lebensgefährtin abgefragt und sie hätten etwaige Fehler besprochen. Bei besonderen Schwierigkeiten habe er die Antworten auswendig gelernt. Der Kläger reicht dazu Erklärungen von sich und seiner Lebensgefährtin ein.

Am Prüfungstag habe er sein einziges Smartphone in seiner Aktentasche mit sich geführt. Seinen Laptop habe er zur Prüfung nicht mitgenommen. Zu Beginn der Prüfung seien die Prüflinge darüber belehrt worden, dass Laptops und Smartphones während der Prüfung in den mitgeführten Taschen zu verbleiben hätten. Der Kläger habe sich hieran gehalten, was der Zeuge Q. bestätigen könne. Soweit Herr R. und Herr S. versicherten, dass der Kläger am 27.10.2017 behauptet habe, sein Handy auf den Tisch gelegt zu haben und gerade deshalb nicht auf die Toilette mitnehmen haben zu können, müssten sie etwas falsch verstanden haben. Dies könne daran liegen, dass er bei seiner Befragung äußerst aufgeregt und der Situation nicht gewachsen gewesen sei. Bei nur sieben Prüflingen in der schriftlichen Prüfung hätte es auffallen müssen, wenn sein Handy auf seinem Arbeitstisch gelegen hätte, während er den Prüfungsraum verlassen habe. Der Kläger bestreitet zudem, während der Klausur Zugriff auf die Musterlösung genommen und diese abgeschrieben zu haben. Er habe weder die Musterlösung oder einen Spickzettel noch ein Tablett oder ein Handy benutzt.

Während der Prüfung habe er den Raum drei Mal jeweils für wenige Minuten verlassen. Zweimal habe er die Toilette aufgesucht, da er hauptsächlich in psychisch belastenden Situationen an einer Blasenschwäche leide, und einmal habe er eine Zigarette geraucht. Er habe anschließend unbeanstandet seine Arbeit fortsetzen können.

Aus seinen schriftlichen Prüfungsleistungen ergebe sich nicht durchgängig der Hinweis darauf, dass er getäuscht haben könnte. Denn die als täuschungsbehaftet angesehenen Teilaufgaben würden deutliche Unterschiede zur Lösungsskizze aufweisen: Hinsichtlich der Aufgaben 1 sowie der Aufgabe 3, Teilaufgabe 2, liege kein identischer und auch kein fast identischer Wortlaut mit der Lösungsskizze vor.

Die Lösung zu Aufgabe 1, Teilaufgabe 1, habe nur darin bestanden, 5 Stichworte zu benennen und die Wirkungen von Aggressionen, Alkohol etc. zu benennen. Gerade diese Art der Aufgabenstellung sei geeignet, anhand der bekannten Musterlösung auswendig gelernt zu werden. Er habe bei der Lösung über die auswendig gelernten Stichworte noch Ergänzungen vorgenommen, die gerade nicht Teil der Musterlösung gewesen seien. Dies betreffe den bei Defiziten in Wissen, Können und Erfahrung erläuternden Zusatz "dadurch entstehen...".

Ähnliches gelte für die Aufgabe 1, Teilaufgabe 2. Auch hier seien Stichworte auswendig gelernt und mit erläuternden Einführungen oder Hinzusetzungen ergänzt worden, die nicht Bestandteil der Musterlösungen seien. Bei der Wiedergabe des Auswendiggelernten sei ihm ferner - abweichend von der Musterlösung - beim vorletzten Spiegelstrich entfallen, dass die Musterlösung eingeleitet wird mit "Konzentriert fahren". Das konzentrierte Fahren werde vielmehr als zum letzten Spiegelstrich "Ständig Seh- und Hörvermögen überprüfen" zugehörig wiedergegeben, was womöglich ein Fehler sei. Das spreche jedoch deutlich gegen ein Abschreiben. Vielmehr liege ganz offensichtlich ein Fehler im Erinnerungsvermögen bezüglich des Auswendiggelernten vor.

Bei Aufgabe 1, Teilaufgabe 3, seien ebenfalls nur Stichworte abgefragt worden, die er auswendig gelernt habe. In Bezug auf den kognitiven Bereich habe er zudem konkret auf die richtige Einplanung von Terminen und das Vermeiden terminlicher Überlastungen verwiesen. Diese Ausführungen seien in der Musterlösung nicht enthalten. Im psychomotorischen Bereich seien lediglich auswendig gelernte Stichworte abgefragt worden. Im affektiven Bereich habe er neben den in der Musterlösung enthaltenen Stichworten weitere Erläuterungen und Sätze eingebaut.

Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die in der Aufgabe 3, Teilaufgabe 2, von ihm aus eigener Kenntnis ausgeführten Beispiele ein Indiz für das Abschreiben darstellten. Er habe damit deutlich machen wollen, dass er die auswendig gelernten Stichworte verinnerlicht habe und ihre Bedeutung habe konkretisieren wollen. Dies zeige gerade, dass er die Lösungsskizze nicht abgeschrieben habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass er das Satzzeichen anders wiedergegeben habe. Das von ihm verwendete Satzzeichen (Doppelpunkt statt Semikolon in der Lösungsskizze) spreche gerade gegen ein Abschreiben und für ein Auswendiglernen, bei dem er selbstverständlich die Satzzeichen nicht mit auswendig gelernt habe.

Ein Vergleich zwischen den Aufgaben 2 und 4 einerseits und den Teilaufgaben der Aufgabe 1 andererseits mache deutlich, dass in Aufgabe 1 im Wesentlichen Stichworte hätten auswendig gelernt werden können. Bei den Aufgaben 2 und 4 seien hingegen Überlegungen erforderlich gewesen, die ihm in der Vorbereitung durch das Anschauen von Videos leicht eingängig gewesen seien und die er selbstständig habe formulieren können. Dies verkenne der Beklagte, wenn er eine "sprachliche Diskrepanz" zu erkennen meine. Darüber hinaus verfüge er über ausreichende deutsche Sprachkenntnisse, was die inzwischen mit der Note "ausreichend" bestandene Fahrlehrerprüfung zeige.

Das Geschehen am 27.10.2017 sei nicht verwertbar. Zum einen sei der Ablauf so in der Prüfungsordnung nicht vorgesehen. Zum anderen sei er im Vorfeld von dem Täuschungsverdacht nicht unterrichtet worden. Vielmehr sei er zur mündlichen Prüfung geladen worden. Auch wenn es der üblichen Praxis des Beklagten entspreche, die Prüflinge gleichzeitig zur schriftlichen und mündlichen Prüfung zu laden, hätte er bereits vor dem 27.10.2017 über den Verdacht der Täuschung informiert und die mündliche Prüfung abgesagt werden müssen. Da dies nicht erfolgt und er zur mündlichen Prüfung erschienen sei, habe nach der allgemeinen Praxis des Beklagten direkt vor der mündlichen Prüfung über die schriftlichen Leistungen beraten und diese bewertet werden müssen. Dass dies nicht erfolgt sei, sei rechtswidrig. Zudem hätte der Kläger mündlich geprüft werden müssen, was sich aus der Prüfungsordnung ergebe. Der Ausschluss von der Prüfung könne nur während einer zutage getretenen Täuschungshandlung erfolgen. Wegen der Einheit von schriftlicher und mündlicher Prüfung hätte dies erst nach abgelegter Prüfung erfolgen können und dürfen.

Der Kläger sei mit Blick auf die Ladung zur mündlichen Prüfung davon ausgegangen, dass er am 27.10.2017 mündlich geprüft werde. Hierauf habe er sich in den Tagen vor der mündlichen Prüfung ausschließlich vorbereitet. Völlig unvorbereitet habe er sich dann in einer mehr als einstündigen "Vernehmung" wiedergefunden. Ihm seien seine schriftlichen Leistungen vorgehalten worden. Zudem sei er bedrängt worden, zuzugeben, dass er getäuscht habe und anzugeben, wie er dies getan habe. Dies sei zu diesem Zeitpunkt rechtswidrig gewesen und könne auch nicht als Anhörung gewertet werden. Er sei mit dieser Verfahrensweise keineswegs einverstanden gewesen. Überdies sei auch die Art und Weise der "Anhörung" rechtswidrig. Die vom Beklagten gestellten Fragen habe er wegen der eben geschilderten Verfahrensweise nicht mehr zur Zufriedenheit beantworten können. Er sei völlig verwirrt gewesen. Außerdem sei die schriftliche Prüfung bereits 17 Tage her gewesen.

Mit Blick auf die ihm vorgeworfene Täuschung habe er auf seine Blasenschwäche verwiesen und darauf, dass er sein Smartphone und andere Hilfsmittel während der Prüfung nicht benutzt habe. Durch sein Verhalten am 27.10.2017 habe er keinerlei Erkenntnis darüber vermittelt, wie und womit er in der schriftlichen Prüfung getäuscht haben soll. Sein Smartphone habe während der gesamten Prüfung nicht auf dem Arbeitstisch gelegen. Dies könnten die Aufsichtsführenden bestätigen. Es könne auch nicht dahinstehen, wie er getäuscht haben soll. Der Hinweis des Beklagten auf ein möglicherweise zweites Handy oder eine Smartwatch sei unkonkret. Er verfüge weder über eine Smartwatch noch über ein Zweithandy. Dies bestätigen der Kläger und seine Lebensgefährtin durch eidesstattliche Versicherungen.

Nach alledem bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beweislast für die Täuschung umkehre. Daher sei der Beklagte hierfür beweispflichtig. Aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24.07.2013 ergebe sich nichts anderes, weil es mit dem Fall des Klägers nichts zu tun habe. Zudem sei die bloße Behauptung des Beklagten, es gebe mittlerweile technische Möglichkeiten, wie der Kläger getäuscht haben könne, nicht ausreichend, um die Beweislast umzukehren.

Derartige Anhaltspunkte könnten auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Kläger in der 1. Prüfung in den Fächern "Verkehrsverhalten" und "Verkehrspädagogik" jeweils ein Ausreichend und in den Fächern "Recht" und "Fahrzeugtechnik" ein Ungenügend beziehungsweise ein Mangelhaft erhalten habe. Daraus ergebe sich lediglich, wie gut er sich auf den 2. Prüfungsversuch vorbereitet habe.

Soweit der Beklagte Zweifel an der Integrität des Klägers hege, sei zu erwidern, dass der Beklagte selbst angeregt habe, dass der Kläger beim Landkreis T. die Erteilung der befristeten Fahrerlaubnis erhalten könne. Im Übrigen habe auch der Landkreis die Fahrlehrererlaubnis nur vorläufig erteilt.

Am 03.07.2018 hatte der Kläger seine Klage dahingehend erweitert, den Vorläufigkeitsvermerk im Bescheid vom 17.05.2018 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers dies konkludent zurückgenommen, indem er den Vorläufigkeitsvermerk nicht mehr in den Klageantrag einbezogen hat.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 6. November 2017 und den Bescheid vom 16. November 2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt er seine Ausführungen aus den streitgegenständlichen Bescheiden. Ergänzend trägt er vor, dass zwar grundsätzlich er die Beweislast dafür trage, dass der Kläger getäuscht habe. Diese verschiebe sich aber vorliegend. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluss vom 20.02.1984 (7 B 109/83) könne ein Täuschungsversuch durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden, wenn die Prüfungsarbeit und das vom Prüfer erarbeitete, allein zur Verwendung durch die Prüfungskommission bestimmte Lösungsmittel teilweise wörtlich und im Übrigen in Gliederung und Gedanken übereinstimmten. Von einer schweren Täuschungshandlung sei auszugehen, wenn ohne erkennbaren eigenen geistigen Aufwand die Arbeit eines anderen abgeschrieben oder kopiert als eigene ausgegeben werde. Gleichschwer wiege das komplette Abschreiben einer vorgefertigten Lösung. Alle vier Prüfungsausschussmitglieder hätten unabhängig voneinander festgestellt, dass die Ausführungen zu Aufgabe 1 und die Aufgabe 3, Teilaufgabe 2, fast wortgleich mit der Musterlösung seien. Dies lasse nur den Schluss zu, dass der Kläger getäuscht habe.

Bei Aufgabe 1, Teilaufgabe 2, verwende der Kläger bis auf andere Füllwörter identische Begriffe in identischer Reihenfolge wie die Musterlösung. Beim letzten Satz falle in Bezug auf das "ständige Seh- und Hörvermögen" auf, dass er die Bedeutung der Wörter gar nicht verstanden und das Abgelesene einfach in einen sinnlosen Kontext gesetzt habe. Da der Kläger sprachliche Schwierigkeiten habe, werde bestritten, dass er trotz Auswendiglernens sprachlich schwierige Begriffe in der Aufzählung richtig geschrieben hätte. Dies verdeutliche ein Vergleich mit der Orthographie bei den Aufgaben 2 und 4.

Bei der 3. Aufgabe, 2. Teilaufgabe, habe der Kläger ebenfalls fast genau denselben Wortlaut gewählt. Zusätzlich spreche für eine Täuschung, dass er zwei Beispiele genannt habe, die so zwar in genauem Wortlaut auch in der Lösungsskizze gestanden hätten, jedoch in der Klausur selbst nicht abgefragt worden seien. Zudem habe der Kläger bei den Beispielen ein Satzzeichen falsch aus der Lösungsskizze übernommen. Dies sei deshalb auffällig, weil er in der gesamten Klausur grundsätzlich nur Punkte und Kommata verwende, an der oben genannten Stelle aber einen Doppelpunkt gesetzt habe. Die Lösungsskizze sehe an dieser Stelle ein - nicht zwingend notwendiges - Semikolon vor. Ausgerechnet an dieser Stelle übernehme der Kläger ein leicht zu verwechselndes Satzzeichen. Es sei realitätsfern, dass er die Satzzeichen auswendig gelernt habe.

Der Beklagte gehe davon aus, dass Herr P. den Prüflingen, und damit auch dem Kläger, die Musterlösung im Vorfeld der Prüfung zur Verfügung gestellt habe. Es sei nicht rechtswidrig, dass der Kläger im Vorfeld über die Lösungen verfügt habe. Es sei aber rechtswidrig, dass er die Lösungen während der Klausur abgeschrieben habe.

Selbst wenn der Kläger alle 90 Musterlösungen mit jeweils ein bis zwei DIN A-4-Seiten auswendig gelernt hätte, würde er diese nicht wortgetreu und von der Reihenfolge her identisch wiedergeben können. Dies erscheine auch wegen seiner Sprachprobleme absolut lebensfremd. Gegen die Einlassung des Klägers spreche zudem, dass er nur einen Monat vor der Wiederholungsprüfung den 1. Prüfungsversuch nicht bestanden habe. Dabei habe er absolut mangelhafte Kenntnisse offenbart. Dies mache es unwahrscheinlich, dass er innerhalb kurzer Zeit über 100 Seiten Text bis auf das kleinste Detail habe auswendig lernen können. Im Übrigen sei es nicht nachvollziehbar, warum sich der Kläger - das Auswendiglernen unterstellt - dann nicht der 2. Wiederholungsprüfung unterzogen und das Gerichtsverfahren zur Rehabilitation genutzt habe.

Weiter sei "unglaubwürdig", dass sich der Kläger bei seiner Vorbereitung vor allem den Fächern "Verkehrsverhaltenslehre" und "Verkehrsrecht" gewidmet habe. Er habe im schriftlichen Teil des 1. Prüfungsversuchs in den Fächern "Verkehrsverhalten" und "Verkehrspädagogik" jeweils ein Ausreichend und in den Fächern "Recht" und "Fahrzeugtechnik" ein Ungenügend und ein Mangelhaft erhalten. Im mündlichen Teil des 1. Prüfungsversuchs habe er im Fach "Fahrzeugtechnik" sogar ein schwaches Mangelhaft. Das Vorbringen des Klägers, er habe aufgrund seines 1. Prüfungsversuchs keine Schwierigkeiten im Fach "Kraftfahrzeugtechnik und Fahrphysik", gehe somit ins Leere. Seine Argumentation sei auch deshalb kurzschlüssig, weil er in der 2. und 4. Aufgabe gar nichts habe fälschen können. Diese Aufgaben stammten nicht aus dem Pool der Musterlösungen, sondern seien aus Klausuren der Vorjahre zusammengestellt worden.

Die aufsichtsführenden Personen, Herr S. und Herr R., hätten die Prüflinge darüber belehrt, dass die Nutzung jeglicher Hilfsmittel, auch elektronischer Art, als Täuschungsversuch gewertet werde. Taschenkontrollen seien nicht durchgeführt worden. Das Gleiche gelte für die Kontrolle, ob die Handys ausgeschaltet gewesen seien. Sie hätten lediglich überprüft, dass keine offensichtlichen Hilfsmittel auf den Tischen gelegen hätten. Der Kläger widerspreche sich, was den Verbleib seines Smartphones während der Prüfung angehe. Am 27.10.2017 habe er behauptet, sein Smartphone sichtbar auf den Tisch gelegt zu haben, damit kein falscher Eindruck entstehe. Nunmehr behaupte der Kläger, sein Smartphone in der Tasche gelassen zu haben.

Letztendlich könne dahinstehen, wie der Kläger getäuscht habe. Es sei offensichtlich, dass sich ein Prüfling in einer größeren Gruppe von etwa 20 Prüflingen unbemerkt ein Handy oder auch ein Zweithandy auf den Oberschenkel legen könne, ohne dass dies den Prüfern hätte auffallen müssen. Es sei jedenfalls unstreitig, dass der Kläger sein Handy am Prüfungstag dabeigehabt habe. Im Zeitalter der heutigen Technik sei es durch den Einsatz eines zweiten Handys oder einer Smartwatch unschwer möglich, auf externe Aufzeichnungen zurückzugreifen. Dass der Kläger behaupte, keine Smartwatch zu besitzen, sei unerheblich. Eine solche hätte er sich auch leihen können. Möglich sei ebenfalls, dass er die Lösungsskizzen kleinkopiert und in die zugelassenen Gesetzestexte eingefügt habe. Es gebe unzählige Möglichkeiten, wie getäuscht werden könne. Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang auf das anonyme Schreiben hin, das ihm zugegangen sei und das er an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe. Danach habe im Raum gestanden, dass der Kläger unter Einsatz eines Knopfs im Ohr und einer Mikrokamera getäuscht habe. Dies sei eine weit verbreitete Methode für Täuschungen bei Führerscheinprüfungen und werde medial derzeit oft diskutiert.

Auffällig sei auch, dass der Kläger während der Prüfung drei Mal, einmal für 7 Minuten, einmal für 9 Minuten und einmal für 6 Minuten, den Raum verlassen habe. Soweit der Kläger vorträgt, an einer Blasenschwäche zu leiden, entkräfte dies nicht den Vorwurf der Täuschung. Während des 1. Prüfungsversuchs habe der Kläger den Raum nämlich nur zweimal deutlich kürzer verlassen, nämlich einmal 3 Minuten einmal 5 Minuten.

Soweit der Kläger vortrage, das Geschehen vom 27.10.2017 sei für die Feststellung der Täuschung nicht verwertbar, treffe dies nicht zu. Dass sich die Prüfungsausschussmitglieder im Vorfeld der Prüfung am 27.10.2017 über das weitere Vorgehen beraten hätten, sei nicht zu beanstanden. Denn zu diesem Zeitpunkt seien sie erstmals vereint gewesen, weswegen erst dann ein Beschluss habe gefasst werden können. Zudem sei es üblich, dass die schriftlichen Leistungen grundsätzlich direkt vor der mündlichen Prüfung beraten und bewertet werden. Hierzu verweist er auf § 11 FahrlPrüfO. Ferner sei anzumerken, dass die Ladungen zur schriftlichen und zur mündlichen Prüfung gleichzeitig ergehen. Der Kläger habe die Ladung daher bereits vor der schriftlichen Prüfung erhalten und nicht erst danach.

Der Beklagte trägt weiter vor, dass sich seine Mitglieder vor dem Gespräch mit dem Kläger nicht hinreichend sicher gewesen seien, ob ein Täuschungsversuch vorliege. Daher sei einstimmig beschlossen worden, dass eine mündliche Prüfung nur dann stattfinde, wenn der Kläger beweise, dass er nicht getäuscht habe. Dem Kläger sei sodann Gelegenheit gegeben worden, durch die wiederholte Befragung den Verdacht zu entkräften. Dies sei ein probates und allgemein angewandtes Mittel, um sich von der "Glaubhaftigkeit" des vermeintlich Täuschenden zu überzeugen. Im Übrigen sei es dem Beklagten überlassen, wie der Prüfling den Beweis der Nichttäuschung zu führen habe. Es entspreche gerade dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den Kandidaten noch einmal zu prüfen. Nicht richtig sei, dass seine Mitglieder über den Kläger "hergefallen" seien. Der Kläger sei vielmehr zu den Geschehnissen angehört und es sei ihm erläutert worden, dass sich die Beweislast in seinem Fall umkehre. Daraufhin habe der Kläger zugestimmt, zu den täuschungsbehafteten Aufgaben noch einmal befragt zu werden. Im weiteren Verlauf habe der Kläger jene Fragen aus der schriftlichen Prüfung, bei denen Übereinstimmungen mit der Musterlösung festgestellt worden seien, mündlich beantworten sollen. Hierbei sei lediglich eine repetitive Beantwortung erforderlich gewesen. Eine Beantwortung der Aufgabe 1, Teilaufgabe 1, sei dem Kläger jedoch nur auf Nachfrage und mit Hilfestellung möglich gewesen. Trotz mehrfacher Erklärungen und unterschiedlicher Fragestellungen habe der Kläger zu Aufgabe 1, Teilaufgabe 2 und 3, keine Antworten geben können. Dass er den Inhalt der Musterlösung für die Klausur auswendig gelernt und hinterher wieder vergessen habe, sei "unglaubwürdig". Der Kläger sei am 27.10.2017 in der Erwartung erschienen, mündlich geprüft zu werden, weswegen er sein Wissen sicherlich bewusst auf dem Stand von vor zwei Wochen gehalten hätte. Nach der Befragung sei einstimmig beschlossen worden, den Kläger wegen einer Täuschungshandlung von der weiteren Prüfung auszuschließen. Der Ausschluss stehe in seinem Ermessen. Weitere Formalien sehe das Gesetz nicht vor.

Im Ergebnis sei der Ausschluss des Klägers die einzig mögliche Konsequenz gewesen. Der Beruf des Fahrlehrers habe eine Vorbildfunktion. Dass der Kläger für den Beruf des Fahrlehrers möglicherweise ungeeignet sei, führe schon das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 06.04.2018 aus. Unabhängig von einer möglichen Täuschung müsse der Kandidat über die fachliche und pädagogische Kompetenz zur Ausbildung von Fahrschülern verfügen. Ob das schlichte Auswendiglernen von Antworten mit diesem Prüfungsziel zu vereinbaren sei, sei fraglich. Dies gelte erst recht, wenn der Kläger - ein Auswendiglernen unterstellt - bereits nach 17 Tagen nichts mehr von dem Gelernten gewusst und schon die Fragen nicht verstanden habe. Allein dies sei als Ausschlussgrund zu werten. Denn die Tätigkeit eines Fahrlehrers setze voraus, dass gelerntes Wissen jederzeit abgerufen werden könne und präsent sei.

Hinsichtlich der Integrität des Klägers bestünden ebenfalls erhebliche Bedenken. So habe er beim Landkreis T. die Anwärterbefugnis beantragt, obwohl er gewusst habe, dass die Prüfung nur vorläufiger Natur sei und nicht zur Abnahme von Lehrproben berechtige. Der Beklagte verweist auf den Beschluss der Kammer im Verfahren 6 B 2086/18. Da sich der Kläger gegenüber dem Landkreis T. rechtsmissbräuchlich verhalten habe, sei kaum davon auszugehen, dass er bei der Täuschung Gewissensbisse gehabt habe. Gegen die charakterliche Eignung des Klägers spreche außerdem der unangemessene Umgang mit der Sachbearbeiterin des Landkreises T..

Der Beklagte verweist schließlich auf Urteile des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24.07.2013 (14 A 880/11) und der Kammer vom 10.01.1992 (6 A 195/91).

Mit Schreiben vom 06.12.2018 hat der Kläger einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht U., den Richter am Verwaltungsgericht Dr. V. und Richterin W. gestellt. Diesen Antrag hat die Kammer mit Beschluss vom 04.02.2019 zurückgewiesen.

In der mündlichen Verhandlung am 30.10.2019 ist der Kläger informatorisch gehört worden. Ebenfalls sind Zeugen vernommen worden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (BA 001 bis 003) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 92 Absatz 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Klage in der mündlichen Verhandlung konkludent zurückgenommen, soweit es die Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks im Schreiben vom 17.05.2018 betrifft. Diesen hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 03.07.2018 ebenfalls angegriffen, im Klageantrag in der mündlichen Verhandlung am 30.10.2019 - nach einem rechtlichen Hinweis - aber nicht weiterverfolgt.

II. Ob die Klage im Übrigen unzulässig ist, weil der Widerspruchsbescheid bestandskräftig ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn die Klage ist jedenfalls unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 06.11.2017 und 16.11.2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Bescheide vom 06.11.2017 und 16.11.2017 sind formell rechtmäßig. Soweit der Kläger vorträgt, dass die Anhörung rechtswidrig sei, vermag die Kammer ihm nicht zu folgen. Die Mitglieder des Beklagten haben den Kläger am 27.10.2017 über den Verdacht der Täuschung informiert und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dies entspricht den Anforderungen des § 28 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) in Verbindung mit § 1 Absatz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes. Warum die Anhörung zu diesem Zeitpunkt rechtswidrig gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist es für die Anhörung nicht erforderlich, dass der Kläger mit der vom Beklagten gewählten Vorgehensweise einverstanden ist. Ansonsten könnte der Kläger die Anhörung und letztendlich den Erlass eines ihn belastenden Verwaltungsaktes verhindern. Auch soweit der Kläger die Art und Weise der Anhörung rügt, vermag er nicht durchzudringen. Allein der Umstand, dass ihn die Anhörung völlig unvorbereitet getroffen habe und er völlig verwirrt gewesen sei, macht die Anhörung nicht rechtswidrig. Eine unsachliche oder unangemessene Gesprächsführung seitens der Mitglieder des Beklagten ist der Niederschrift über das Gespräch vom 27.10.2017 nicht zu entnehmen. Ungeachtet dessen würde auch eine fehlerhafte Anhörung dem Kläger nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Fehlerhaftigkeit wäre nach § 45 Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 VwVfG unbeachtlich, weil der Beklagte die Anhörung des Klägers jedenfalls im gerichtlichen Verfahren nachgeholt hat.

2. Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte hat die schriftliche Fachkundeprüfung des Klägers vom 17.10.2017 zu Recht als nicht bestanden bewertet.

Gemäß § 11 der Prüfungsordnung für Fahrlehrer (FahrlPrüfO) in der vom 01.05.2014 bis zum 03.01.2018 gültigen Fassung kann der Vorsitzende oder das aufsichtführende Mitglied des Prüfungsausschusses oder die Aufsicht führende Person den Bewerber von der Prüfung oder Lehrprobe vorläufig ausschließen, wenn der Bewerber den Ablauf einer Prüfung oder einer Lehrprobe erheblich stört oder er eine Täuschungshandlung begeht. Über den endgültigen Ausschluss entscheidet der Prüfungsausschuss. Wird der Bewerber endgültig ausgeschlossen, gilt die Prüfung oder die Lehrprobe als nicht bestanden.

Dies zu Grunde gelegt, hat der Beklagte die schriftliche Fachkundeprüfung des Klägers zu Recht als nicht bestanden gewertet, weil der Kläger hierbei getäuscht hat.

Grundsätzlich trägt zwar die Prüfungsbehörde die materielle Beweislast dafür, dass die von ihr angenommenen Voraussetzungen einer Täuschung vorliegen. Allerdings verschiebt sich die Beweislage zu Gunsten der Prüfungsbehörde, wenn die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Täuschungsversuchs durch den Beweis des ersten Anscheins bewiesen werden können. Dies ist gegeben, wenn sich aufgrund von feststehenden Tatsachen bei verständiger Würdigung der Schluss aufdrängt, dass der Prüfungsteilnehmer getäuscht hat und ein abweichender Geschehensablauf nicht ernsthaft in Betracht kommt (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 03.02.2012 - 10 A 11083/11.OVG -, juris Rn. 27; VG Düsseldorf, Urt. v. 30.10.2018 - 2 K 2519/18 -, juris Rn. 40; VG Mainz, B. v. 07.09.2015 - 1 L 1495/15.MZ -, juris Rn. 7; VG Köln, Urt. v. 11.10.2012 - 6 K 992/12 -, juris Rn. 17). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Prüfungsarbeit und das vom Prüfer erarbeitete, allein zur Verwendung durch die Prüfungskommission bestimmte Lösungsmuster teilweise wörtlich und im Übrigen in Gliederung und Gedankenführung übereinstimmen (BVerwG, B. v. 20.02.1984 - 7 B 109/83 -, juris). Spricht der erste Anschein für das Vorliegen einer Täuschungshandlung, ist es Sache des Prüfungsteilnehmers, die auf diesem Anschein beruhende Schlussfolgerung zu entkräften. Hierzu reicht es nicht aus, die Denkmöglichkeit eines dem Anschein nicht entsprechenden Ablaufs aufzuzeigen. Vielmehr muss der Prüfungsteilnehmer nachvollziehbar und in sich stimmig die Tatsachen schildern und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vom Regelfall abweichenden (atypischen) Verlaufs ergibt. Gelingt dies, so obliegt der Prüfungsbehörde der sogenannte Vollbeweis (VG Mainz, B. v. 07.12.2015 - 1 L 1495/15.MZ -, juris Rn. 7). Die Verwaltungsgerichte haben dabei von Amts wegen zu ermitteln, ob ein die Schlussfolgerung tragender Sachverhalt und, wenn sie davon überzeugt sind, tatsächliche Anhaltspunkte für eine vom Regelfall abweichende Erklärung vorliegen (BVerwG, B. v. 23.01.2018 - 6 B 67/17 -, juris Rn. 6).

Auch für den Beweis des ersten Anscheins gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung nach § 108 Absatz 1 Satz 1 VwGO. Danach ist es Aufgabe der Tatsachengerichte, aufgrund einer Sachverhalts- und Beweiswürdigung des gesamten Prozessstoffes darüber zu entscheiden, ob eine Tatsache nach den Regeln des Anscheinsbeweises erwiesen ist. Hierfür müssen sie zu der Überzeugung gelangen, dass ein Sachverhalt feststeht, der typischerweise auf das Vorliegen der nachzuweisenden Tatsache schließen lässt. Ist dies der Fall, müssen sie sich darüber klarwerden, ob im Einzelfall ein atypisches Geschehen ernsthaft möglich erscheint (BVerwG, a. a. O., Rn. 8).

Daran gemessen trägt der Kläger nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises die Beweislast dafür, dass er in der schriftlichen Fachkundeprüfung nicht getäuscht hat. Die Voraussetzungen für den Anscheinsbeweis liegen vor, weil sich aufgrund von feststehenden Tatsachen bei verständiger Würdigung der Schluss aufdrängt, dass der Kläger getäuscht hat, und ein abweichender Geschehensablauf nicht ernsthaft in Betracht kommt. Der Kläger hat danach eine eigenständige und reguläre Prüfungsleistung vorgespiegelt, bei deren Erbringung er sich in Wahrheit unerlaubter Hilfe bedient hat (vgl. zur Definition der Täuschungshandlung: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.07.2013 - 14 A 880/11 -, juris Rn. 32).

Der Kläger hat bei verständiger Würdigung in der schriftlichen Fachkundeprüfung am 10.10.2017 unter Einsatz unerlaubter Hilfsmittel die Musterlösung verwendet, indem er sie abgeschrieben oder sie vorgelesen bekommen hat. Dies war dem Kläger nicht erlaubt, was ihm auch bewusst war. Denn im Vorfeld der Fachkundeprüfung hat der Zeuge S. die Prüflinge darüber belehrt, dass keine elektronischen Geräte oder andere Hilfsmittel verwendet werden dürfen. Dass die Belehrung stattgefunden hat, haben die Zeugen R., Q. und X. bestätigt. Das bestreitet auch der Kläger nicht.

Die wörtlichen Übereinstimmungen in einem solch erheblichen Umfang lassen sich typischerweise nur damit zu erklären, dass dem Kläger die Musterlösung bei der Anfertigung der Klausur in irgendeiner Form vorlag.

Bei Aufgabe 1, Teilaufgabe 1, decken sich die Ausführungen des Klägers mit denen der Musterlösung in weiten Teilen. Soweit der Kläger vorträgt, dass gerade die Art der Aufgabenstellung geeignet sei, anhand der bekannten Musterlösung auswendig gelernt zu werden, und er über die auswendig gelernten Stichworte Ergänzungen vorgenommen habe, die nicht Teil der Musterlösung gewesen seien, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn die Aufzählung des 1. Spiegelstrichs der Musterlösung (Ärger, Freude...) gibt der Kläger exakt in der gleichen Reihenfolge wieder. In Bezug auf die weiteren Spiegelstriche der Musterlösung hat er zwar (wenige) Füllwörter ergänzt und ganze Sätze formuliert. Die Reihenfolge ist dabei aber erneut identisch. Die in der Summe wenigen Ergänzungen stehen dem ersten Anschein einer Täuschungshandlung nicht entgegen. Denn Prüflinge fügen typischerweise vereinzelnd Ergänzungen ein oder ändern die Musterlösung leicht ab, um dem Täuschungsverdacht entgegenzuwirken.

Auch bei Aufgabe 1, Teilaufgabe 2, decken sich die Ausführungen des Klägers weitestgehend mit denen der Musterlösung. Zwar fügt er auch hier Füllwörter hinzu. Allerdings gibt er die Stichpunkte der Musterlösung erneut in genau der gleichen Reihenfolge wieder, sogar exakt mit demselben Beispiel. Allein der Umstand, dass der Kläger den vorletzten und drittvorletzten Spiegelstrich aus der Musterlösung in einem zusätzlichen Punkt vermischt hat, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn der Kläger hat dies nicht bewusst getan, zumal der Satz "Durch ständiges Seh- und Hörvermögen wird der Kraftfahrer sein PKW konzentriert führen können." keinen Sinn ergibt.

Auch die Ausführungen des Klägers bei Aufgabe 1, Teilaufgabe 3, sind weitestgehend mit der Musterlösung identisch. Daran ändert es nichts, dass er im affektiven Bereich Füllwörter ergänzt hat. Denn auch hier verwendet der Kläger dieselbe Reihenfolge wie die Musterlösung. Einzig beim kognitiven Bereich weichen seine Ausführungen ab. Hier hat er zwei Punkte aus der Teilaufgabe 2 wiederholt. In der Musterlösung heißt es nach dem Wort "kognitiv": "Informationen über die unter 2 genannten Punkte vermitteln". Dass der Kläger beim Ablesen oder Vorgelesenbekommen der Musterlösung diesen Punkt missverstanden hat, liegt nahe. Wenn der Kläger - so sein Vorbringen - etwas in der Vorbereitung nicht verstanden und dies dann auswendig gelernt hätte, wären dann entsprechende Ausführungen zu erwarten gewesen.

Bei Aufgabe 3, Teilaufgabe 2, deckt sich die Definition des Vertrauensgrundsatzes bis auf den Einschub "mangels erkennbarer Gegenanzeigen" mit der Musterlösung. Dass er Definitionen auswendig gelernt hat, mag noch überzeugen. Auffällig ist aber, dass der Kläger dieselben Beispiele aufgeführt, die auch in der Musterlösung genannt sind, und zwar erneut in exakt derselben Reihenfolge und mit fast identischem Wortlaut, obwohl in der Aufgabenstellung nicht nach Beispielen gefragt wurde. Es ist lebensfremd, dass ein Prüfling Beispiele nennt, die nicht gefordert sind, erst recht, wenn es mehrere Beispiele sind. Dass der Kläger mit den Beispielen habe deutlich machen wollen, dass er die auswendig gelernten Stichworte verinnerlicht habe und ihre Bedeutung habe konkretisieren wollen, überzeugt nicht. Ungeachtet derselben Beispiele, der gleichen Wortwahl und der gleichen Reihenfolge wie in der Musterlösung zeigen die Ausführungen des Klägers, dass er diese nicht vollends erfasst hat (vgl. 1. Beispiel, letzter Satz). Besonders auffällig dabei ist, dass der Kläger beim 1. Beispiel einen Doppelpunkt verwendet. Die Musterlösung sieht an dieser Stelle zwar ein Semikolon vor. Dieses kann aber beim Abschreiben oder, als ihm jemand die Musterlösung vorgelesen hat, leicht verwechselt werden. Entscheidend hierbei ist, dass der Kläger in seinen Sätzen ansonsten keine anderen Satzzeichen außer Punkte und Kommata verwendet. Dass er auch Satzzeichen (in diesem Fall falsch) auswendig gelernt hat, ist ebenfalls lebensfremd, und hat im Übrigen auch der Kläger verneint (vgl. VG Mainz, B. v. 07.12.2015 - 1 L 1495/15.MZ -, juris Rn. 8, wo eine Gerichtsentscheidung in weiten Teilen wörtlich übernommen wurde und auch eine besondere Interpunktion - zwei Doppelpunkte - vom Prüfling übernommen wurden).

Dass der Kläger in der schriftlichen Prüfung getäuscht hat, zeigt sich auch an der Nachprüfung am 27.10.2017. Der Kläger konnte nur zu wenigen Fragen - und nur mit mehrfacher Hilfestellung - etwas zu den täuschungsbehafteten Aufgaben aus der schriftlichen Fachkundeprüfung sagen. Überwiegend hat er die Fragen schon nicht verstanden. Ein solches "Vergessen" nach nur 17 Tagen ist nur damit zu erklären, dass dem Kläger bei der schriftlichen Prüfung die Musterlösung zur Verfügung stand. Dass sich der Kläger auf die mündliche Prüfung anders vorbereitet habe, überzeugt nicht. Denn die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung entspricht typischerweise dem Wissensstand der schriftlichen Prüfung. Obgleich die mündliche Prüfung vom zeitlichen Umfang kürzer ausfällt, hat der Prüfling in beiden Prüfungen sein Fachwissen nachzuweisen (§ 16 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 6 Satz 1 FahrlPrüfO). Nach Aussage des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gab es auch keine inhaltlichen Einschränkungen zur mündlichen Prüfung. Dass der Kläger zwischendurch krank gewesen sei - wofür der Kläger keinen Nachweis vorgelegt hat - und aufgrund des Vorwurfs der Täuschung verwirrt gewesen sei, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dies würde allenfalls eine gewisse Abweichung von seinen in der schriftlichen Fachkundeprüfung exakten Ausführungen rechtfertigen, aber nicht das fast vollständige "Vergessen" einer bloß sinngemäßen Wiedergabe, die dem Beklagten genügt hätte.

Soweit der Kläger vorträgt, das Geschehen am 27.10.2017 sei nicht verwertbar, vermag das Gericht ihm nicht zu folgen. Dass der Beklagte dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt hat, durch eine mündliche Wiederholung der täuschungsbehafteten Aufgaben den Verdacht der Täuschung auszuräumen, ist nicht zu beanstanden. Dieses Vorgehen ist für den Kläger positiv gewesen, weil der Beklagte nicht allein aufgrund der schriftlichen Leistung einen Täuschungsversuch angenommen hat. Allein der Umstand, dass dieses Vorgehen in der Prüfungsordnung nicht vorgesehen war, rechtfertigt nicht die Annahme, dass das Vorgehen unzulässig ist. Denn § 11 Satz 1 und 2 FahrlPrüfO stellt den endgültigen Ausschluss in das Ermessen des Beklagten. Dann obliegt es auch seinem pflichtgemäßen Ermessen, dem Kläger die Möglichkeit zu geben, den Täuschungsverdacht auszuräumen. Daher ist es letztlich unerheblich, ob der Kläger mit der Vorgehensweise einverstanden war, zumal für die Erteilung des Einverständnisses die Niederschrift, die Aussagen der vier Prüfungsausschussmitglieder und letztlich auch die Durchführung der Prüfung sprechen. Dass der Beklagte das Gespräch am 27.10.2019 unsachlich oder in einer unangemessenen Weise geführt hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass der Kläger vom Täuschungsvorwurf überrascht wurde und sich anders als erwartet nicht in der eigentlichen mündlichen Prüfung wiedergefunden hat, genügt für die Annahme einer unzulässigen Nachprüfung nicht. Aus der Niederschrift geht hervor, dass der Kläger zunächst auf die im Raum stehende Täuschung angesprochen wurde und sich anschließend der Nachprüfung unterzogen hat. Erst nachdem der Kläger die Aufgaben nicht zur Zufriedenheit lösen konnte, hat der Beklagte ihn erneut und mehrfach auf einen Täuschungsversuch angesprochen. In diesem Zusammenhang war der Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger seinen Täuschungsverdacht bereits vor dem 27.10.2017 mitzuteilen. Der Kläger hat keine Rechtsnorm aufgezeigt, die den Beklagten dazu verpflichtet. Eine solche ist auch nicht ersichtlich. Außerdem war eine vorherige Information auch praktisch nicht möglich. Denn die Mitglieder des Beklagten waren am 27.10.2017 erstmals an einem Ort vereint, sodass auch erst zu diesem Zeitpunkt über einen Ausschluss des Klägers beraten und beschlossen werden konnte. Daher hat der Beklagte den Kläger auch nicht bewusst zur eigentlichen mündlichen Prüfung geladen, obwohl er den Kläger einer Nachprüfung habe unterziehen wollen. Diesem Vorbringen des Klägers steht bereits entgegen, dass der Beklagte den Kläger am 26.09.2017 sowohl zur schriftlichen als auch zur mündlichen Prüfung zusammen geladen hat. Es bestand auch keine Notwendigkeit, die mündliche Prüfung im Vorfeld abzusagen. Denn die Mitglieder des Beklagten haben erst am 27.10.2017 über das weitere Vorgehen beraten. Hätte der Kläger die Aufgaben aus der schriftlichen Fachkundeprüfung mündlich im Wesentlichen wiederholen können, hätte er im Übrigen auch die mündliche Fachkundeprüfung absolvieren können. Warum der Beklagte den Kläger dann bereits im Vorfeld hätte abladen sollen, ist nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger weiter vorträgt, es hätte nach der allgemeinen Praxis des Beklagten direkt vor der mündlichen Prüfung über seine schriftlichen Leistungen beraten und diese bewertet werden müssen, vermag die Kammer ihm ebenfalls nicht zu folgen. Der § 11 FahrlPrüfO gibt dem Beklagten das Recht, die Prüfung im Falle einer Täuschung als nicht bestanden zu werten. Warum der Beklagte die schriftliche Leistung des Klägers noch inhaltlich hätte bewerten müssen, erschließt sich nicht. Eine etwaige allgemeine Praxis des Beklagten kommt hier nicht zum Tragen, weil es eine solche im Zusammenhang mit Täuschungsversuchen nicht gibt. Wie der Zeuge S. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, gab es bislang nur wenige Täuschungsversuche, den ersten im Jahr 2012. Der Kläger sei seit 2015 der Erste, bei dem ein Täuschungsversuch im Raum stehe. Auch das Vorbringen des Klägers, er hätte erst mündlich geprüft werden müssen und erst anschließend hätte der Ausschluss erfolgen dürfen, findet keine Stütze in der Prüfungsordnung. Außerdem mutet es seltsam an, wenn der Beklagte den Kläger erst mündlich geprüft hätte, um ihm anschließend mitzuteilen, dass er bereits die schriftliche Fachkundeprüfung wegen einer Täuschung nicht bestanden habe und das Ergebnis der mündlichen Prüfung keine Rolle spiele. Dass - wie der Kläger vorträgt - der Ausschluss von der Prüfung nur während einer zutage getretenen Täuschungshandlung erfolgen könne, ist dem einschlägigen Prüfungsrecht ebenfalls nicht zu entnehmen. Dies würde gerade schriftlichen Arbeiten, bei denen eine Übereinstimmung mit der Musterlösung typischerweise erst bei der Korrektur festgestellt werden kann, nicht gerecht werden.

Wie genau der Kläger getäuscht hat, ob durch Einsatz eines (Zweit-)Handys oder durch den Einsatz eines anderen technischen Gerätes, kann offenbleiben (so auch: VG Mainz, B. v. 07.12.2015 - 1 L 1495/15.MZ -, juris Rn. 8). Das Gericht ist davon überzeugt, dass das Handy des Klägers jedenfalls nicht auf seinem Tisch lag. Zwar soll der Kläger am 27.10.2017 erklärt haben, das Handy auf den Tisch gelegt zu haben. Ob die Mitglieder des Beklagten den Kläger insoweit missverstanden haben oder der Kläger etwas aufgrund seiner Nervosität verwechselt hat, kann dahinstehen. Denn die Zeugen R. und S. haben in der mündlichen Verhandlung nicht ausgesagt, dass das Handy des Klägers auf dem Tisch gelegen hat. Das wäre ihnen aufgefallen. Die Aussagen der Zeugen waren insoweit überzeugend. Bei nur acht Prüflingen in der schriftlichen Prüfung wäre es den Aufsichtsführenden tatsächlich aufgefallen, wenn das Handy des Klägers - entgegen der Belehrung - auf seinem Arbeitstisch gelegen hätte.

Dem Kläger war es gleichwohl ohne weiteres möglich, sich bei seinen Toilettengängen und seiner Raucherpause eines unerlaubten Hilfsmittels zu bedienen, sei es seines Handys, auf dem er die Musterlösungen - nach eigenen Angaben - gespeichert hatte, oder eines anderen unerlaubten Hilfsmittels. Die Zeugen R. und S. haben übereinstimmend ausgesagt, dass sie dem Kläger - wie auch den anderen Prüflinge - nicht auf die Toilette folgen und dort auch keine Kontrollen durchführen. Der Kläger war bei einer Bearbeitungszeit von etwa vier Stunden insgesamt drei Mal und zwar für 6, 7 und 9 Minuten abwesend. Obgleich der Zeuge R. die Zeitfolge als normal ansieht, erklärte der Zeuge S., dass die Toilettenzeiten des Klägers nicht üblich seien und im zeitlichen Grenzbereich gelegen hätten. Gerügt worden sei der Kläger dafür aber nicht. Nach Auffassung des Gerichts sind derartig lange Pausenzeiten im Rahmen einer Klausur eine außergewöhnlich lange Zeitspanne (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 30.10.2018 - 2 K 2519/18 -, juris Rn. 49 zu einer 8minütigen Toilettenpause). Der Prüfling beeilt sich üblicherweise, um möglichst wenig Bearbeitungszeit zu verlieren. So haben die anderen Prüflinge bei der streitgegenständlichen Klausur die Toilette lediglich einmal und nur für 2 beziehungsweise 5 Minuten aufgesucht. Der Kläger hätte das unerlaubte Hilfsmittel dann während der Fachkundeprüfung verwenden können, indem er es beispielsweise auf dem Schoß gehabt hätte. Nach den Ausführungen des Zeugen S. in der mündlichen Verhandlung ist es bei den räumlichen Gegebenheiten des Prüfungsraums und der Aufstellung der Tische nicht auszuschließen, dass jemand etwas auf seine Beine legt, ohne dass die Prüfer dies bemerken. Dem folgt das Gericht, weil die Aussage des Zeugen schlüssig und überzeugend ist.

Den dadurch begründeten Anscheinsverdacht vermochte der Kläger nicht zu erschüttern. Denn es genügt nicht schon der Hinweis auf einen möglichen anderen, typischen Geschehensablauf. Vielmehr muss der Kläger dartun, dass dieser andere Geschehensablauf ernsthaft in Betracht kommt (OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 11.10.2011 - 14 A 2726/09 -, juris Rn. 5). Dies ist dem Kläger nicht gelungen. Insbesondere kommt nicht ernsthaft in Betracht, dass der Kläger die Musterlösungen vollständig auswendig gelernt und weitestgehend inhaltsgleich reproduziert hat.

Bereits das Vorbringen des Klägers, er habe sich besonders gründlich auf die Fächer "Verkehrsverhaltenslehre" und "Verkehrsrecht" vorbereitet, weil er keine Schwierigkeiten in den Fächern "Kraftfahrzeugtechnik und Fahrphysik" und "Verkehrspädagogik" gehabt habe und ihm die Vorbereitung auf Letztere durch das Anschauen von Videos leicht eingängig gewesen sei, überzeugt nicht. So wurden die Leistungen des Klägers im ersten Prüfungsversuch am 23.08.2017 mit der Note "mangelhaft" bewertet. In der Niederschrift über das Ergebnis der Fahrlehrerprüfung heißt es, dass der Kläger sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Prüfung erhebliche elementare Lücken in allen prüfungsrelevanten Bereichen aufgewiesen habe. Davon, dass der Kläger in den technischen Fächern keine Probleme hatte, kann keine Rede sein. Daran vermag der Verweis auf seine befriedigenden bis guten Leistungen in den Fächern Mathematik und Physik im Realschulabschlusszeugnis und seine Ausbildung zum Elektroniker nichts zu ändern. Denn darin wurden andere Ausbildungsinhalte vermittelt, zumal der Kläger den Realschulabschluss bereits 2009 und die Ausbildung zum Elektroniker bereits 2014 abgeschlossen hat, also acht beziehungsweise drei Jahre vor der hier in Rede stehenden schriftlichen Fachkundeprüfung. Außerdem hat der Kläger seine Gesellenprüfung zum Elektroniker ebenfalls nur mit der Note "ausreichend" bestanden. Seine etwaigen technischen Vorkenntnisse haben ihm im ersten Prüfungsversuch nicht über ein "mangelhaft" hinaus verholfen. Dass er diese mangelhaften Leistungen in nur einem Monat ohne weiteres hätte verbessern und sich auf die Fächer "Verkehrsverhaltenslehre" und "Verkehrsrecht" habe konzentrieren können, ist nicht plausibel.

Angesichts dessen und angesichts des eklatanten Umfangs der wörtlichen Übereinstimmungen erscheint es ebenfalls nicht plausibel, dass der Kläger die 90 Musterlösungen mit jeweils ein bis zwei DIN A-4-Seiten tatsächlich Wort für Wort - einschließlich der Interpunktion - auswendig gelernt hat. Es mag sein, dass ihn seine Lebensgefährtin abgefragt und er versucht hat, die Musterlösungen auswendig zu lernen. Es ist aber nicht überzeugend, dass es ihm tatsächlich gelungen ist, etwa 100 Seiten Musterlösungen komplett auswendig zu lernen und sie in der schriftlichen Prüfung wortgetrau wiederzugeben. Das ist schon deshalb nicht plausibel, weil der Kläger bereits seit Ende Juli beziehungsweise Anfang August 2017 über die Musterlösungen verfügt hat, also bereits mehrere Wochen vor der 1. schriftlichen Fachkundeprüfung, die mit "mangelhaft" bewertet wurde. Auch mit seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Zweifel an seiner behaupteten Lernmethode nicht ausräumen können. Wäre das gezielte wortwörtliche Auswendiglernen von Musterlösungen tatsächlich die vom Kläger angewandte Lernmethode zur Vorbereitung auf die schriftliche Fachkundeprüfung gewesen, wäre zu erwarten gewesen, dass er sich - jedenfalls inhaltlich und im Wesentlichen - hieran noch in der mündlichen Fachkundeprüfung hätte erinnern können. Denn diese fand nur 17 Tage nach der schriftlichen Fachkundeprüfung statt und hat im Hinblick auf den Nachweis der Fachkenntnisse dieselben Prüfungsinhalte zum Gegenstand.

Dass der Kläger bestreitet, während der Klausur Zugriff auf die Musterlösung genommen und diese abgeschrieben zu haben und ausgeführt hat, weder die Musterlösung noch einen Spickzettel oder ein Tablett oder ein Handy benutzt zu haben, genügt nicht, um den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Auch der Umstand, dass beim Kläger während der schriftlichen Fachkundeprüfung ein unzulässiges Hilfsmittel nicht gefunden worden ist, schließt eine auf dem Beweis des ersten Anscheins beruhenden Täuschungshandlung nicht aus (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 11.10.2011 - 14 A 2726/09 -, juris Rn. 5). Der Kläger hat selbst angegeben, die Musterlösungen am Tag der schriftlichen Fachkundeprüfung auf seinem Handy gespeichert und sein Handy mitgeführt zu haben. Er kann daher sein Handy oder aber ein anderes technisches Hilfsmittel verwendet haben, um sich die Musterlösung anzuschauen oder sie vorgelesen zu bekommen. Wie der Beklagte vorgetragen hat, haben die Aufsichtsführenden weder die Taschen noch die zulässigen Hilfsmittel der Prüflinge überprüft. Dies haben die Zeugen R. und S. bestätigt. Sie haben ebenfalls ausgesagt, keine Toilettenkontrollen durchgeführt zu haben.

Das Vorbringen des Klägers, die langen Toilettenpausen beruhten auf einer gerade in belastenden Situationen auftretenden Blasenschwäche, wobei er bei einer Pause eine Zigarette geraucht habe, vermag den Anscheinsbeweis ebenfalls nicht zu erschüttern. Es kommt zwar auch ein längerer Toilettenaufenthalt während einer Klausur ohne Verwendung verbotener Hilfsmittel in Betracht, so etwa bei Vorliegen gesundheitlicher Beschwerden. Allerdings hat der Kläger während des 1. Prüfungsversuchs den Raum nur zweimal und deutlich kürzer verlassen, nämlich einmal für 3 Minuten und einmal für 5 Minuten. Warum der Kläger gerade im Wiederholungsversuch insgesamt 22 Minuten und davon alleine 16 Minuten innerhalb einer Bearbeitungsstunde für Pausen genutzt hat, ist bei lebensnaher Betrachtung nicht nachvollziehbar (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 30.10.2018 - 2 K 2519/18 -, juris Rn. 49 zu einer 8minütigen Toilettenpause).

Der Ausschluss des Klägers von der schriftlichen Fachkundeprüfung steht im Ermessen des Beklagten, das dieser in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt hat. Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind nicht ersichtlich.

Ob unabhängig von der Täuschung eine Wiederholung der gesamten Fachkundeprüfung des Klägers geboten ist, weil er die richtigen Antworten schlicht auswendig gelernt habe und dies nicht mit dem Prüfungsziel zu vereinbaren sei (so: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, B. v. 06.04.2018 - 12 ME 24/18 -), bedarf keiner Entscheidung. Denn nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises ist von einer Täuschung des Klägers bei der schriftlichen Fachkundeprüfung auszugehen. Ungeachtet dessen ist es an dem Beklagten, seine Klausuraufgaben zu überarbeiten, wenn er Kenntnis davon hat, dass die Fahrschulen und Prüflinge über Musterlösungen verfügen. Unterlässt er dies über mehrere Prüfungsdurchgänge hinweg und gibt er den Prüflingen so die Gelegenheit, die Antworten schlicht auswendig zu lernen, kann er den Prüflingen ein solches Verhalten nicht vorhalten.

Soweit der Beklagte Bedenken bezüglich der Integrität des Klägers geltend macht, weil dieser sich unangemessen gegenüber einer Sachbearbeiterin des Landkreises T. verhalten und dort rechtsmissbräuchlich die Anwärterbefugnis beantragt habe, hat dies jedenfalls für dieses Verfahren keine Bedeutung. Es ist zwar zutreffend, dass der angehende Fahrlehrer auch die Fähigkeit und Fertigkeit besitzen muss, sachlich richtig, auf die Ziele der Fahrschülerausbildung bezogen und methodisch überlegt unterrichten zu können (§ 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 FahrlG in der vom 07.12.2016 bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung). Dies bezieht sich allerdings auf die Vermittlung fachlichen Wissens gegenüber Fahrschülern. Denn die Prüfung muss gemäß § 4 Absatz 1 Satz 1 FahrlG gerade den Nachweis erbringen, dass der Bewerber die fachliche Eignung zur Ausbildung von Fahrschülern besitzt. Dass darüber hinaus keine Tatsachen vorliegen dürfen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen (§ 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Alternative 3 FahrlG), ist zwar ebenfalls Voraussetzung für die Fahrlehrererlaubnis. Allerdings ist dies keine Frage der Fachkundeprüfung, um die es hier geht. Eine etwaige Unzuverlässigkeit im Zusammenhang mit dem Fahrlehrerberuf ist vielmehr dann zu prüfen, wenn der Bewerber die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis im Sinne des § 3 FahrlG beantragt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nummer 11, 711 der Zivilprozessordnung. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nummer 3, 4 in Verbindung mit § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.