Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 17.06.2019, Az.: L 11 AL 27/19 B ER

Widerruf einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung; Begriff der Unzuverlässigkeit; Arbeitsrechtliche Verstöße im Kernbereich; Summierung von Umständen und kleineren Verstößen gegen arbeitsrechtliche Vorschriften

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
17.06.2019
Aktenzeichen
L 11 AL 27/19 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 33771
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 20.02.2019 - AZ: S 9 AL 429/18 ER

Redaktioneller Leitsatz

1. Nach dem AÜG muss ein Antragsteller als unzuverlässig angesehen werden, wenn in seiner Person Tatsachen vorliegen, denen zufolge zu besorgen ist, dass er sein Gewerbe nicht im Einklang mit den bestehenden rechtlichen Vorschriften ausüben wird.

2. Arbeitsrechtliche Verstöße im Kernbereich sind solche gegen Vergütungsansprüche, Ansprüche auf Erholungsurlaub und sonstige Ansprüche auf geldwerte Leistungen.

3. Auch eine Summierung von Umständen und kleineren Verstößen gegen arbeitsrechtliche Vorschriften, die für sich allein keinen Versagungsgrund rechtfertigen könnten, tragen die Annahme einer Unzuverlässigkeit.

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 20. Februar 2019 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 200.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen den Widerruf der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Die Antragstellerin betreibt auf der Grundlage einer erstmals am 20.01.1981 erteilten, mehrfach verlängerten und seit dem 05.07.1984 unbefristet erteilten Erlaubnis die Überlassung von Arbeitnehmern. Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin war bis zum 30.04.2011 Frau H. I.; weiterer Geschäftsführer ihr Ehemann, Herr J. I ... Seit dem 01.05.2011 ist Alleingesellschafter und -geschäftsführer Herr B. (vgl notarielle Urkunde vom 29.04.2011, Notar K., L ..., M., Bl 233 BA ff).

Im Rahmen einer am 10.06.2011 durchgeführten Geschäftsprüfung stellte die Antragsgegnerin folgende Versagungstatbestände im Sinne von § 3 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) fest: unzulässige Probezeitvereinbarungen bei erneuter Einstellung bereits vorher beschäftigter Leiharbeitnehmer, unzulässige betriebsbedingte Kündigungen bei nur vorrübergehend fehlenden Einsatzmöglichkeiten, Nichteinhaltung der nach dem maßgeblichen Tarifvertrag (TV) bzw nach § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einzuhaltenden Kündigungsfristen, Nichtzahlung bzw nicht korrekte Zahlung von jährlichen Sonderzahlungen nach Maßgabe des Manteltarifvertrages IGZ (Manteltarifvertrag zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. und der Tarifgemeinschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes - MTV IGZ) und Verstoß gegen das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) durch falsche Berechnung der für Feiertage zu vergütenden ausgefallenen Arbeitszeit (vgl hinsichtlich der weiteren Einzelheiten: schriftliche Beanstandung der Antragsgegnerin vom 27.06.2011, Bl 264 ff BA). Über die erfolgte Beanstandung hinaus sah die Antragsgegnerin seinerzeit ausdrücklich davon ab, die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zu widerrufen bzw Auflagen zu erteilen.

Am 10.04.2018 führte die Antragsgegnerin eine erneute Betriebsprüfung bei der Antragstellerin durch und stellte wiederum Versagungs- bzw Widerrufstatbestände im Sinne der §§ 3 bzw 5 AÜG fest. Diese teilte sie der Antragstellerin unter Einräumung einer Stellungnahmefrist bis zum 29.06.2018 mit Anhörungsschreiben vom 6.06.2008 mit. Sie bemängelte unzulässige betriebsbedingte Kündigungen auf Grund einer unstatthaften Berufung auf fehlende Aufträge (Ziff 1a des Anhörungsschreibens). Ebenso beanstandete sie die Nichteinhaltung der gesetzlichen bzw der tarifvertraglichen Kündigungsfristen des MTV IGZ (Ziff 1b). Ferner rügte sie eine unzulässige Verlagerung des Beschäftigungsrisikos auf die Leiharbeitnehmer entgegen § 615 Abs 1 BGB. So habe die Antragstellerin für Zeiten des Nichteinsatzes von Leiharbeitnehmern nicht den Garantielohn erbracht, indem in unzulässiger Art und Weise arbeitgeberseitig Guthabenstunden aus dem Arbeitszeitkonto entnommen worden seien. Dies stelle zugleich die Nichteinhaltung tariflicher Regelungen dar (Ziff 2a). Auch sei eine unzulässige Verlagerung des Beschäftigungsrisikos dadurch erfolgt, dass eine unbezahlte Freistellung eines Leiharbeitnehmers erfolgt sei, ohne dass die dafür zwingend erforderlichen, sich aus der Person des Leiharbeitnehmers ergebenen sachlichen Gründe belegt worden wären (Ziff 2b). Aus den stichprobenartig geprüften Personalakten der Leiharbeitnehmer ergebe sich, dass teilweise eine fehlerhafte oder gänzlich ausgebliebende Berechnung des Urlaubsentgeltes bzw der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erfolgt sei (Ziff 3). Weiterhin sei entgegen § 2 Abs 1 EFZG eine fehlerhafte Berechnung des an Feiertagen fortzahlenden Entgelts erfolgt (Ziff 4). Darüber hinaus habe die Antragstellerin in unzulässiger Weise Probezeiten vereinbart, obwohl dies nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bei Vorarbeitsverhältnissen bzw mehreren hintereinander geschalteten befristeten Arbeitsverhältnissen rechtsmissbräuchlich sei (Ziff 5). Weiterhin seien entgegen § 108 Abs 1 Satz 3 Gewerbeordnung (GewO) unzureichende Angaben zur Entgeltfortzahlung bei Urlaub und im Krankheitsfall erfolgt (Ziff 6). Die Antragstellerin habe ferner in ihren Arbeitsverträgen für verleihfreie Zeiten unverhältnismäßige Erreichbarkeitszeiten von 8 bis 17 Uhr festgelegt, obwohl es ausreiche, dass ein Leiharbeitnehmer sich maximal zweimal täglich zB zwischen 8 und 9 und 15 und 16 Uhr telefonisch mit dem Verleiher in Kontakt setze (Ziff 7). Schließlich fehlten in einem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit der N. die erforderliche Datierung des Vertrages und die notwendigen Angaben zu der beruflichen Qualifikation der Leiharbeitnehmer (Ziff 8, 9). Etliche Verstöße seien bereits am 27.06.2011 ausdrücklich beanstandet worden. Aufgrund der Gesamtheit der Verstöße manifestiere sich eine Unzuverlässigkeit der Antragstellerin im Sinne des § 3 Abs 1 Nr 1 AÜG.

Mit Schreiben vom 25.06.2018 erfolgte eine Stellungnahme des Geschäftsführers der Antragstellerin. Die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist des Leiharbeitnehmers Herrn O. sei "dem Moment meiner Unaufmerksamkeit bei der Vorlage des Dokuments" geschuldet; das Gesetz sei ihm bekannt. Die bemängelten betriebsbedingten Kündigungen wären nicht auf einen bestimmten Entleihbetrieb begründet. Sollte eine Kündigung erfolgen, würden sämtliche alternativen Einsatzmöglichkeiten mit den Mitarbeitern durchgegangen. Die Antragstellerin sei immer bemüht, ihre Mitarbeiter durchgängig und dauerhaft zu beschäftigten. Sollte dies einmal nicht gelingen, würden die Mitarbeiter in einem persönlichen und vertrauensvollen Gespräch in die Entscheidung und in die Planung mit einbezogen, auch um das Vertrauensverhältnis für die Zukunft aufrechtzuerhalten. Da der Leiharbeitnehmer Herr P. ausschließlich habe Gabelstapler fahren wollen, seien sämtliche Versuche, ihn für Lagertätigkeiten bei diversen anderen Firmen einzusetzen, leider gescheitert. Später sei er als Gabelstaplerfahrer wieder eingestellt worden. Das große Handikap von Herrn O. sei sein fehlendes Sprach- und Leseverständnis. Trotz Sprachkursen habe sich dies nicht verbessert. Dementsprechend sei die Antragstellerin oft bei der Suche nach neuen Arbeitsplätzen für ihn gescheitert, dies auch wegen seines Alters. Man habe sich daher einvernehmlich auf eine Kündigung geeinigt. Inzwischen sei Herr O. wieder eingestellt worden. Dass die Formulierung in der Kündigung nicht richtig gewesen sei, sei ihm trotz des Lesens nicht bewusst geworden. Bezüglich der Garantielohnzahlungen verhalte es sich so, dass Auszahlungswünsche der Leiharbeitnehmer telefonisch entgegengenommen worden seien, ohne dies entsprechend schriftlich zu dokumentieren und ohne dies von dem Leiharbeitnehmer abzeichnen zu lassen. Die unbezahlte Freistellung sei darauf zurückzuführen, dass der Mitarbeiter unentschuldigt gefehlt habe. Ab sofort würden telefonische Anträge zeitnah schriftlich erfasst und dem Mitarbeiter zur Unterschrift vorgelegt, so dass auch keine unzulässigen, dem MTV IGZ widersprechenden Verfügungen über das Arbeitszeitkonto mehr vorkommen würden. Die fehlerhafte Entgeltfortzahlung beruhe auf einem EDV-Fehler von Oktober bis Dezember 2017. Ab Januar 2018 sei wieder eine korrekte Berechnung erfolgt. Im Hinblick auf die unzureichenden Angaben zur Entgeltfortzahlung, die Unverhältnismäßigkeit der vereinbarten Erreichbarkeitszeiten im Fall verleihfreier Zeiten und im Hinblick auf das unklare Abschlussdatum eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages sei vor Ort mit den Mitarbeitern der Antragsgegnerin eine Besprechung erfolgt und eine umgehende Umsetzung dieser Punkte erfolgt.

Mit Bescheid vom 13.08.2018 widerrief die Antragsgegnerin die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Der Antragstellerin fehle die erforderliche Zuverlässigkeit, da bei der am 10.04.2018 durchgeführten Prüfung gravierende Verstöße gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen festgestellt worden seien. Diese seien nicht durch die Stellungnahme der Antragstellerin entkräftet worden. Da das Schutzinteresse der Arbeitnehmer das Interesse an einer Fortführung der Betriebstätigkeit überwiege, sei der Widerruf der Erlaubnis angemessen. Die in der Vergangenheit erteilten Hinweise hätten nicht dazu beitragen können, die Antragstellerin zur Einhaltung ihrer arbeitsrechtlichen Verpflichtungen anzuhalten.

Die Antragstellerin legte mit anwaltlichen Schreiben vom 06.09.2018 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der sofortigen Vollziehung.

Zur Begründung machte ihre Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen geltend, dass die in der Anhörung benannten Mitarbeiter entlassen worden seien, weil sie angebotene Tätigkeiten nicht angenommen und daher nicht hätten eingesetzt werden können. So seien Aufträge von Herrn P. abgelehnt worden, da dieser nur als Gabelstaplerfahrer habe eingesetzt werden wollen, von Herrn O., weil er den Fahrweg nicht habe auf sich nehmen wollen, oder von Herrn Q., da ihm die angebotenen Tätigkeiten zu laut, zu dreckig oder körperlich zu anstrengend gewesen wären. Es sei festzustellen, dass eine "Arbeitsverweigerung" eines Mitarbeiters keine Verlagerung des Arbeitgeberrisikos darstelle, da dieser ggfls auch die Möglichkeit der Abmahnung bzw fristlosen Kündigung habe. Darüber hinaus legte die Antragstellerin von ihr vorgefertigte, weitestgehend inhaltsgleiche Bescheinigungen der Arbeitnehmer Q., P. und O. vom 24.09.2018 vor. Damit bestätigten diese, dass sämtliche Auszahlungen und Verwendungen von Stunden aus den Arbeitszeitkonten sowie die Gestaltung des Erholungsurlaubs auf ihre ausdrücklichen Anweisungen erfolgt seien. Ebenso bestätigten sie die von der Antragstellerin für ihre Kündigungen vorgetragenen Gründe.

Der Antragsgegner lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch Bescheid vom 14.09.2018 ab und wies den Widerspruch durch Bescheid vom 19. November 2018 zurück (Bl 346 ff BA).

Die Antragstellerin besitze nicht die erforderliche Zuverlässigkeit für die Durchführung der Arbeitnehmerüberlassung. Dies ergebe sich aufgrund der festgestellten Verstöße gegen das Arbeits- bzw Arbeitnehmerüberlassungsrecht. Sowohl anlässlich der Prüfung am 10.06.2011 als auch bei der Prüfung am 10.04.2018 seien vergleichbare Verstöße gegen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) als auch der Kündigungsfristen des § 622 BGB festgestellt worden. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des § 1 Abs 2 Satz 1 KSchG habe die Antragstellerin nicht dokumentiert. Häufige Kündigungen und anschließende Wiedereinstellungen der Leiharbeitnehmer ließen den Schluss zu, dass sie in unzulässiger Weise in verleihfreien Zeiten Arbeitnehmer freisetze, um sich der Verpflichtung zur Entrichtung des gemäß § 11 Abs 4 Satz 2 AÜG für die Arbeitnehmerüberlassung vorgesehenen Garantielohns zu entziehen. Hinzu trete die Nichteinhaltung von Kündigungsfristen und die Vereinbarung unzulässiger Probezeiten anlässlich der Wiedereinstellung bereits zuvor beschäftigter Leiharbeitnehmer. Es sei erkennbar, dass die Antragstellerin ohne ausreichende Prüfung, ob es sich um einen dauerhaften Auftragsrückgang im Sinne der Kündigungsvorschriften handele, Leiharbeitnehmer bei kurzfristigen Schwankungen bzw beim Verlust eines Einzelauftrags entlasse. Dies werde insbesondere hinsichtlich des Leiharbeitnehmers O. deutlich. Unbeachtlich hinsichtlich des Kündigungsverhaltens sei es, dass die Entleiher einzelne Leiharbeitnehmer wegen fehlender Eignung ablehnten. Hier verwirkliche sich das regelmäßige Risiko des Verleihers. Wenn ein Leiharbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen bzw körperlicher Überforderung um eine Ablösung bitte, sei dies eine Frage der Geeignetheit des zugewiesenen Arbeitsplatzes. Dies führe nicht automatisch zu einem Entgeltverlust bzw einem Kündigungsgrund. Soweit die Fehler bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall mit einer EDV-Störung in den Monaten Oktober bis Dezember 2017 begründet worden seien, sei dieser Vortrag nicht glaubhaft. Ungewöhnlich sei, dass sich der Ausfall auf den geprüften Zeitraum beschränkt habe. Die weiteren bei der Prüfung am 10.04.2018 festgestellten Mängel würden von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Hier werde lediglich Besserung gelobt. Da trotz der ausdrücklichen Hinweise in der Vergangenheit keine Änderungen erfolgt seien, lasse sich eine positive Prognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Antragstellerin nicht treffen. Der Widerruf sei auch unter Ermessensgesichtspunkten geboten; der Schutz der Leiharbeitnehmer und öffentlicher Stellen stelle sich als vordringlich dar. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Verkürzung von Arbeitsentgeltansprüchen und der unzulässigen Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Nach Übernahme der Geschäftsführertätigkeiten und Erwerb der Gesellschaftsanteile seien bereits am 10.06.2011 ähnliche Beanstandungen wie anlässlich der aktuellen Prüfung erfolgt. Darüber sei mit Schreiben vom 27.06.2011 ausdrücklich informiert worden. Dass dies weitgehend unbeachtet geblieben sei, wiege besonders schwer. Daher komme die bloße Erteilung einer Auflage nicht in Betracht.

Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 23.11.2018 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Antragstellerin am 20.12.2018 beim SG Hannover (Hauptsache-) Klage erhoben (S 9 AL 432/18) und am selben Tag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt.

Zur Begründung hat sie zunächst auf die Stellungahme ihres Geschäftsführers vom 25.06.2018 und ihre Widerspruchsbegründung vom 16.10.2018 Bezug genommen. Ergänzend hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der jetzige Geschäftsführer darauf verlassen habe, dass der ausgeschiedene Geschäftsführer die Ergebnisse der Prüfung aus dem Jahre 2011 umsetze. Darüber hinaus stelle sich der Erlaubniswiderruf als ermessensfehlerhaft dar. Er sei unverhältnismäßig, da eine Auflage als milderes Mittel zum Widerruf dasselbe Ziel erreicht hätte. Insoweit sei auch das schutzwürdige Vertrauen der Antragstellerin in den Fortbestand der erteilten Erlaubnis zu berücksichtigen. Auch habe die Sachbearbeitung der Antragsgegnerin - wie sich aus einem internen Vermerk vom 17.07.2018 ergebe - vorgeschlagen, die Erlaubnis nicht zu widerrufen und nur schriftlich darauf hinzuweisen, dass bei einer zeitnah durchzuführenden weiteren Prüfung nur bei erneuten Beanstandungen ein Widerruf erfolge. Es sei ihr auch nicht zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Sie müsse dann den Geschäftsbetrieb einstellen, da sie nur noch bestehende Verträge abwickeln und keine neuen abschließen dürfe. Der bereits eingetretene wirtschaftliche Schaden belaufe sich auf ca 800.000 Euro; der voraussichtlich zukünftige sei auf ca 1,3 Millionen Euro zu beziffern. Diese Angaben hat der Geschäftsführer der Antragstellerin an Eides statt versichert (vgl Versicherung vom 19.12.2018, Bl 34 GA).

Die Antragstellerin hat nochmals unterstrichen, dass die Kündigungen auf das Verhalten der Mitarbeiter (Arbeitsverweigerung) bzw ihre schwere Vermittelbarkeit (Sprachdefizite, Alter) zurückzuführen seien. Die Leiharbeitnehmer Q., P. und O. hätten angebotene Tätigkeiten nicht annehmen wollen. Herr P. habe zB Folgeaufträge abgelehnt, da er nur als Gabelstaplerfahrer habe eingesetzt werden wollen. Der Arbeitnehmer Q. habe auch Einsätze aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt, sodass eine Beschäftigung nicht mehr möglich gewesen sei. Die Entnahmen aus den Arbeitszeitkonten seien auf Anweisungen der Mitarbeiter erfolgt und nunmehr belegt. Die übrigen bemängelten Defizite habe man abgestellt.

Mit Beschluss vom 20. Februar 2019 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt.

Die Erfolgsaussichten der Klage seien nur gering; die Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin sei mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Die Prognose im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Antragstellerin falle negativ aus. Grundlage dafür seien die von der Antragstellerin eingeräumten Verstöße gegen arbeitsrechtliche Pflichten. So habe die Antragstellerin den Verstoß gegen das Entgeltfortzahlungsgesetz im Hinblick auf die Lohnfortzahlung an Feiertagen eingeräumt. Dies sei auch durch stichprobenartige Kontrollen der Antragsgegnerin festgestellt worden. Wenn sich die Antragstellerin hier auf einen EDV-Fehler berufe, ändere dies nichts an ihrem Fehlverhalten. Ferner habe die Antragstellerin eingeräumt, bei Wiedereinstellung des Arbeitnehmers O. unzulässigerweise erneut Probezeiten vereinbart zu haben. Dieses Fehlverhalten sei bereits im Rahmen der Geschäftsprüfung 2011 aufgrund einer identischen unzulässigen Handhabung zwischen Februar 2009 und April 2011 beanstandet worden. Aus dem Wortlaut des Kündigungsschreibens folge eindeutig, dass eine betriebsbedingte Kündigung aufgrund des Wegfalls von Beschäftigungsmöglichkeiten vorgenommen worden sei. Kurzfristige Auftragslücken seien jedoch nach der Rechtsprechung des BAG nicht geeignet, bei einem Leiharbeitsunternehmen eine solche Kündigung zu rechtfertigen, da sie zum typischen Wirtschaftsrisiko dieser Unternehmen zählten. Der Hinweis auf eine falsche Formulierung offenbare ein grundlegendes Fehlverständnis. Die Antragstellerin habe ihre Pflicht verletzt, durch Schaffung einer geeigneten Organisation solche Fehler zu vermeiden. Die wiederholte Feststellung derartiger Mängel belege, dass die Antragstellerin ihrer entsprechenden Verpflichtung bereits seit 2011 nicht ausreichend nachgekommen sei. Wenn sich der Geschäftsführer der Antragstellerin darauf berufe, dass der ehemalige Geschäftsführer die Ergebnisse der Prüfung aus dem Jahre 2011 umsetze, so sei darauf hinzuweisen, dass dieser nach seinem Ausscheiden nicht mehr für die Verstöße in der Folgezeit verantwortlich gemacht werden könne. Ferner ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin unzulässigerweise das Beschäftigungsrisiko auf die Arbeitnehmer verlagert habe, indem sie für Zeiten des Nichteinsatzes der Leiharbeitnehmer keine Vergütung gezahlt, sondern unzulässigerweise Guthabenstunden aus dem Arbeitszeitkonto entnommen habe. Exemplarisch habe dies die Antragsgegnerin für den Leiharbeitnehmer Q. für die Monate Oktober 2017 und Januar und Februar 2018 dargestellt. Die von der Antragstellerin selbst verfassten, nachträglich vorgelegten Bestätigungen der Leiharbeitnehmer seien nicht ausreichend. Vielmehr belegten sie den sorglosen Umgang mit den Arbeitszeitkonten. Darüber hinaus sei für den Geschäftsführer der Antragstellerin keine Qualifikation für die ausgeübte Tätigkeit glaubhaft gemacht worden. Er fungiere ebenfalls als Geschäftsführer der R., die in demselben Gebäude wie die Antragstellerin ansässig sei. Diese werbe auf ihrer Homepage damit, im Besitz einer Erlaubnis zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung zu sein, obwohl ihr die Antragsgegnerin eine solche Erlaubnis nicht ausgestellt habe. Die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin habe insoweit lediglich mitgeteilt, dass es sich um einen "Textfehler" handele. Die Vielzahl der Verstöße offenbare ein strukturelles Defizit, mit dem sich die Antragstellerin nicht auseinandersetze. Hinzu komme, dass die Verstöße bereits teilweise Gegenstand der Beanstandungen anlässlich der Prüfung im Jahr 2011 gewesen seien. Vor diesem Hintergrund sei von einer negativen Prognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit auszugehen. Ermessensfehler offenbarten sich nicht. Die bloße Erteilung einer Auflage sei nicht tauglich. Nicht erkennbar sei ein übergeordnetes Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Aufgrund der aktenkundigen schwerwiegenden Verstöße überwiege das öffentliche Interesse am Vollzug an der angegriffenen Entscheidung.

Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 22.02.2019 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22.03.2019 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin.

Zur Begründung trägt sie vor, dass ein überwiegendes Interesse an der Aussetzung des Vollzuges bestehe. Es erfolge ein unzulässiger Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Ohne die Anordnung der aufschiebenden Wirkung müsse sie ihren Betrieb aufgeben, was das Ende ihrer Existenz bedeute. Auffällig sei, dass die Antragsgegnerin selbst im Verwaltungsverfahren zu einer positiven Prognose gelangt sei und die Erlaubnis habe verlängern wollen, was sich aus ihrem internen Vermerk vom 17.07.2018 ergebe. Die Antragstellerin hebt noch einmal hervor, dass der Verstoß gegen das Entgeltfortzahlungsgesetz auf einem EDV-Systemfehler beruhe und nicht vorsätzlich erfolgt sei. Soweit auf unzulässige Probezeitvereinbarungen und Kündigungen in dem angegriffenen Beschluss Bezug genommen werde, hätten die Gründe in der Sphäre der Mitarbeiter gelegen. Diese hätten angebotene Ein-sätze nicht angenommen bzw habe es sich aufgrund körperlicher und sprachlicher Hemmnisse um schwer vermittelbare Mitarbeiter gehandelt. Sofern sie aus betriebsbedingten Gründen gekündigt haben sollte - was jedoch bestritten werde -, wäre jedoch auch dies gerechtfertigt gewesen. Wenn das Gericht nunmehr auf eine fehlende Qualifikation des Geschäftsführers der Antragstellerin abstelle, so habe dies die Antragsgegnerin bei der Erteilung bzw Verlängerung der Erlaubnis nicht beanstandet.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 20. Februar 2019 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 20.12.2018 (S 9 AL 432/18) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.08.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2018 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin tritt dem Beschwerdebegehren unter Bezugnahme auf den angegriffenen Beschluss und ihren erstinstanzlichen Vortrag entgegen und beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des SG Hannover zu dem Verfahren S 9 AL 432/18 sowie die von der Antragsgegnerin als Verwaltungsvorgänge vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat es mit dem angegriffenen Beschluss vom 20. Februar 2019 zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin anzuordnen.

Nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Widerspruch gegen den Widerruf der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat gem § 86a Abs 4 Satz 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. In dieser Vorschrift ist ausdrücklich die Aufhebung der Erlaubnis nach Art 1 § 1 AÜG genannt. Die Aufhebung umfasst auch den Widerruf nach § 5 AÜG (vgl Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 86a Rn. 31). Hat der Gesetzgeber jedoch angeordnet, dass ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, muss es eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben, dass das Gericht die Aussetzung des Vollzuges anordnet. Im Rahmen der nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG gebotenen Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides und dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs sind zuvörderst die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Allgemein gilt, je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse zu stellen. Nur wenn die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar sind, ist eine allgemeine Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. hierzu: Keller, aaO, § 86b, Rz 12e ff, mwN). Ist die Klage voraussichtlich aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet.

Vorliegend gelangt der erkennende Senat zu der Einschätzung, dass die Erfolgsaussichten der Klage gegen den Widerruf der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung voraussichtlich nicht gegeben sind. Die Verwaltungsentscheidung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 AÜG kann die Erlaubnis nach pflichtgemäßer Ermessensausübung mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Erlaubnisbehörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, die Erlaubnis zu versagen. Nach 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG ist eine Erlaubnis oder Verlängerung der Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Antragstellerin die für die Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Bei der Zuverlässigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum, der sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (BSG, Urteil vom 06.02.1992 - 7 Rar 140/90 -; Wank in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 19. Aufl. 2019, AÜG, § 3 Rn 2). § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG beinhaltet eine Aufzählung von Beispielsfällen fehlender Zuverlässigkeit. Genannt werden die Nichteinhaltung der Vorschriften des Sozialversicherungsrechts, über die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, über die Arbeitsvermittlung, über die Anwerbung im Ausland oder über die Ausländerbeschäftigung, über die Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG, des Arbeitsschutzrechts oder der arbeitsrechtlichen Pflichten. Unter Berücksichtigung der Beispielsfälle und des Schutzzwecks des AÜG muss ein Antragsteller als unzuverlässig angesehen werden, wenn in seiner Person Tatsachen vorliegen, denen zufolge zu besorgen ist, dass er sein Gewerbe nicht im Einklang mit den bestehenden rechtlichen Vorschriften ausüben wird. Dabei kann es sich einerseits um arbeitsrechtliche Verstöße im Kernbereich handeln. Zum Kernbereich zählen die Vergütung, Ansprüche auf Erholungsurlaub und sonstige Ansprüche auf geldwerte Leistungen (vgl LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.11.2017 - L 2 AL 75/17 B ER -). Die Unzuverlässigkeit kann sich allerdings auch aus einer Summierung von Umständen und kleineren Verstößen gegen arbeitsrechtliche Vorschriften ergeben, die für sich allein keinen Versagungsgrund rechtfertigen könnten (vgl LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.06.2018 - L 7 AL 22/18 B ER -) Maßgebend ist hierbei eine Prognose für die Zukunft, d. h. ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen der Vergangenheit und der Gegenwart gezogener Schluss auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten der Antragstellerin (BSG, Urteil vom 06.02.1992 - 7 Rar 140/90 -). Bei ihrer Entscheidung kann die Behörde auch frühere Verstöße in ihre Entscheidung mit einbeziehen.

Dies zugrunde gelegt ist das SG zutreffend davon ausgegangen, dass die durch die Antragsgegnerin festgestellten bzw von der Antragstellerin eingeräumten Rechtsverstöße die Annahme rechtfertigen, dass die Antragstellerin die für die Ausübung der Tätigkeit nach § 1 AÜG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.

Grundlage dieser Einschätzung ist zunächst der durch stichprobenartige Prüfung der Personalakten der Leiharbeitnehmer ermittelte Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten durch eine Falschberechnung des an Feiertagen fortzuzahlenden Entgelts (vgl § 2 CFZG-; vgl zu den Einzelheiten das Anhörungsschreiben vom 6. Juni 2018, Ziff 4 Bl 280 BA). Die Antragstellerin hat diesen Verstoß eingeräumt und angegeben, dass die Falschberechnung auf einen EDV-Fehler von Oktober bis Dezember 2017 zurückzuführen sei, der ab Januar 2018 behoben worden sei. Das SG ist insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass insbesondere dieser Verstoß gegen eine Zuverlässigkeit der Antragstellerin spricht, da ein gleichgelagertes Fehlverhalten, welches nach § 611 BGB die Kernpflicht eines Arbeitsverhältnisses betrifft (Entlohnung), bereits 2011 festgestellt und ausdrücklich beanstandet worden war. Dass ein derartiger Fehler seitdem - mithin über einen Zeitraum von annähernd 7 Jahren - seitens der Antragstellerin nicht abgestellt worden ist, ist ein erhebliches Indiz für einen Mangel der Organisation der Antragstellerin. Dies spricht ferner dafür, dass die Antragstellerin nicht die erforderliche Gewähr dafür bietet, dass bei der Ausübung der Arbeitnehmerüberlassung die zu beachtenden Rechtsvorschriften eingehalten werden. Insoweit ist auch von einem Widerrufsgrund iSd § 5 Abs 1 Nr 3 iVm § 3 Abs 1 Nr 2 AÜG auszugehen (mangelhafte Betriebsorganisation, vgl. dazu ausführlich: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. Dezember 2018 - L 7 AL 163/18 B ER - Rn 24 ff). Soweit die Antragstellerin sich hier auf einen EDV-Fehler beruft, ändert dies nichts an dem Vorliegen einer erheblichen Pflichtverletzung. Gerade, weil ein gleichgelagerter Rechtsverstoß bereits 2011 ausdrücklich beanstandet worden ist, durfte sich die Antragstellerin nicht allein darauf verlassen, dass die EDV die Feiertagslohnansprüche ihrer Arbeitnehmer "richtig" abrechnet. Die Antragstellerin hat insoweit nicht glaubhaft gemacht, dass zumindest stichprobenartig Kontrollberechnungen stattgefunden hätten. Von der erforderlichen Kontrolle der Abläufe kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin die falsche Abrechnung von Oktober bis Dezember 2017 - mithin über einen Zeitraum von drei Monaten - andauerte, bevor sie veranlasst haben will, den Fehler durch Einschaltung des externen Systemadministrators abzustellen. Der von der Antragstellerin insoweit mit dem Beschwerdeschriftsatz vom 22. März 2019 vorgelegte E-Mail-Korrespondenz mit ihrem externen Systemadministrator (Bl. 149 ff GA) lässt sich zunächst nicht ausreichend sicher entnehmen, dass es tatsächlich um die Abstellung der bemängelten fehlerhaften Abrechnung der Entgeltfortzahlung geht. Davon abgesehen belegt diese E-Mail-Korrespondenz eine erste Kontaktaufnahme mit dem Systemadministrator nicht vor dem 12. Januar 2018. Am 9. Februar 2018 - mithin nach Verstreichen fast eines vollen Monats - war der Fehler offensichtlich immer noch nicht behoben. Ein Beleg dafür, wann tatsächlich die Fehlfunktion abgestellt worden ist, lässt sich den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Damit ist auch der Vortrag, dass ab Januar 2018 eine korrekte Entgeltfortzahlung erfolgt sei, bzw die von der Bevollmächtigten der Antragstellerin im Rahmen der Beschwerdeschrift behauptete "umgehende Korrektur", nicht glaubhaft. Auch diese Umstände sind damit Indiz für eine nicht ausreichende Betriebsorganisation iSd § 3 Abs 1 Nr 2 AÜG (vgl dazu Schüren in: Schüren/Hamann, AÜG, 5. Aufl 2018, AÜG § 3 Rn 133).

Ohne Belang ist es, wenn die Antragstellerin vorträgt, dass sich der jetzige Geschäftsführer darauf verlassen habe, dass der ausgeschiedene Geschäftsführer den bereits früher beanstandeten Mangel abstellen werde. Der Gesellschafter- und Geschäftsführerwechsel ist auf der Grundlage der notariellen Urkunde vom 29.04.2011 mit Wirkung ab dem 01.05.2011 - mithin über einen Monat vor Durchführung der Betriebsprüfung am 10.06.2011 und mithin annährend zwei Monate vor dem Beanstandungsschreiben vom 27.06.2011 - erfolgt. Damit traf die Verantwortung den aktuellen Geschäftsführer (vgl. dazu Wank in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 19. Auflage 2019, § 3 AÜG, Rn 4).

Weiterhin maßgeblich für die Annahme einer fehlenden Zuverlässigkeit für die Ausübung der Arbeitnehmerüberlassung sind die im Rahmen der Betriebsprüfung am 10.04.2018 zutage getretenen unzulässigen Probezeitvereinbarungen mit dem Leiharbeitnehmer O. sowie das im Zusammenhang damit stehende unzulässige Kündigungsverhalten der Antragstellerin. Die unzulässige Vereinbarung von Probezeiten hat der Geschäftsführer der Antragstellerin bereits in seiner Stellungahme vom 25.06.2018 eingeräumt. Wenn er sich insoweit auf eine "Unaufmerksamkeit bei der Vorlage des Dokuments" beruft, ist dies nicht nachvollziehbar. So hat die Antragsgegnerin derartige Rechtsverstöße bereits im Rahmen der vorausgegangenen Betriebsprüfung beanstandet. Da es - wie bei der aktuellen Prüfung festgestellt - 2016 und 2018 mehrfach zu Kündigungen und Widereinstellungen des Arbeitnehmers O. mit unzulässigen Probezeitvereinbarungen gekommen ist, legt dies nahe, dass eine methodische Vorgehensweise der Antragstellerin und nicht lediglich ein Moment der Unaufmerksamkeit gegeben war. Zumindest zeigt sich auch bei Annahme einer bloßen Unaufmerksamkeit vor dem Hintergrund der bereits in der Vergangenheit erfolgten Beanstandungen wiederum ein offensichtlich nicht beseitigter Organisationsmangel der Antragstellerin, der eine positive Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit nicht zulässt. Unverständlich ist es, wenn die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift vom 22.03.2019 hinsichtlich der Probezeitvereinbarung vorträgt, "dass es für die Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse Gründe gab, welche in der Sphäre der Mitarbeiter lagen." Dass dies unzulässige fortlaufende Probezeitvereinbarungen rechtfertigen kann, ist nicht nachvollziehbar (vgl zur Unzulässigkeit einer einzelvertraglichen Vereinbarung einer Probezeit, wenn der Arbeitgeber bereits ausreichende Möglichkeiten hatte, den Arbeitnehmer zu erproben: Koch in: Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Auflage 2017, § 41 Rdnr 3; vgl auch BAG, Urteil vom 20.02.2014 - 2 AZR 859/11 -, Urteil vom 28.08.2008 - 2 AZR 101/07 -). Jedenfalls offenbart dieser Vortrag ebenfalls eine Verkennung arbeitsrechtlicher Grundlagen.

Ferner ist das durch die Antragsgegnerin festgestellte unzulässige Kündigungsverhalten der Antragstellerin als erheblicher Verstoß gegen ihre arbeitgeberseitigen Rechtspflichten zu beurteilen, so dass auch deswegen die Antragsgegnerin und das SG zutreffend von einer negativen Prognose für die Zuverlässigkeit der Antragstellerin ausgegangen sind. Zunächst ist hier auf das Kündigungsverhalten gegenüber dem Leiharbeitnehmer O. abzustellen. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird insoweit in Anwendung von § 143 Abs 2 Satz 3 SGG auf die Ausführungen des SG in seinem angegriffenen Beschluss Bezug genommen (vgl dort Seite 9 f; Bl 137 f GA). Wie das SG zutreffend herausgearbeitet hat, handelt es sich ausweislich der Formulierung in Kündigungsschreiben um betriebsbedingte Kündigungen aufgrund von Auftragsmängeln. Nicht nachvollziehbar ist daher, wenn die Antragstellerin hinsichtlich des Arbeitnehmers O. geltend macht, dieser sei aufgrund seines fehlenden, trotz Sprachförderung nicht verbesserbaren Sprachverständnisses bzw aufgrund seines Alters nicht vermittelbar gewesen und daher gekündigt worden. Die Antragstellerin will damit wohl auf in der Person des Arbeitnehmers liegende und von diesem nicht zu ändernde Umständen abstellen und macht damit personenbedingte Kündigungsgründe geltend. Abgesehen davon, dass diese keinen Niederschlag in der Formulierung der Kündigung gefunden haben, ist bereits schwer nachvollziehbar, dass die für eine rechtmäßige personenbedingte Kündigung nach der Rechtsprechung des BAG zwingend erforderliche Negativprognose im Hinblick auf künftig zu erwartende Beeinträchtigungen betrieblicher Interessen vorgelegen hat (vgl insoweit BAG, Urteil vom 23.06.1983 - 2 AZR 15/82 -, Urteil vom 06.09.1989 - 2 AZR 19/89 -, vgl auch Rolfs in: Beck OK, Arbeitsrecht, Stand: 01.03.2019 § 1 KSchG, Rdnr 109 ff). So hat die Antragstellerin den Arbeitnehmer ganz offensichtlich in Kenntnis dieser Beeinträchtigungen immer wieder eingestellt, so dass schon deswegen schwerlich Umstände für die Beeinträchtigung betrieblicher Interessen anzunehmen sind. Darüber hinaus fehlt es an ausreichend konkretem Vortrag der Antragstellerin, welche betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt sein sollen. Ebenso wenig hat die Antragstellerin hinreichend konkrete Umstände dafür vorgetragen, dass es ihr nicht möglich war, den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen, bei dem der Eignungsmangel nicht oder nur unerheblich ins Gewicht fällt (vgl insoweit Rolfs, aaO, Rn 112 ff).

Wenn die Antragstellerin geltend macht, der Leiharbeitnehmer O. sei gekündigt worden, weil er einen Fahrweg nicht habe auf sich nehmen wollen, fehlt es an ausreichendem Vortrag, inwieweit damit überhaupt eine Verletzung arbeitsvertraglicher Haupt- oder Nebenpflichten gegeben war, die zu einer verhaltensbedingten Kündigung berechtigte (vgl insoweit BAG, Urteil vom 3.11.2011 - 2 AZR 748/10 -, Rolfs aaO, Rn 216 ff).

Angesichts der von der Antragstellerin mehrfach geltend gemachten erheblichen sprachlichen Schwierigkeiten des Arbeitnehmers O. misst der erkennende Senat der von ihr vorgefertigten und von dem Leiharbeitnehmer unterzeichneten Erklärung vom 24.09.2018 keine Aussagekraft zu. Ein darauf gestützter Rückschluss hinsichtlich einer möglicherweise gegebenen Berechtigung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht möglich.

Die mehrfach gegenüber Herrn O. erfolgten Kündigungen und kurzfristigen Wiedereinstellungen sowie die Begründung dieser Kündigungen bestätigen die Einschätzung der Antragsgegnerin und des SG, dass die Antragstellerin entgegen der Rechtsprechung des BAG unzulässig betriebsbedingte Kündigungen ausspricht (vgl BAG, Urteil vom 18.05.2006 - 2 AZR 412/15 -) und damit wiederum gegen ihre Rechtspflichten als Arbeitgeberin verstößt. Nach dieser Rechtsprechung sind bei einem Leiharbeitsunternehmen kurzfristige Auftragslücken nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, da sie zum typischen Wirtschaftsrisiko dieser Unternehmen gehören (vgl BAG, aaO, Rn 18). Denn im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung entsteht ein Überhang an Leiharbeitnehmern, wenn der Einsatz dieser endet, ohne dass der Arbeitnehmer bei einem anderen Entleiher oder im Betrieb des Verleihers sofort oder auf absehbare Zeit eingesetzt werden kann. Daher reicht ein bloßer Hinweis auf einen auslaufenden Auftrag und auf einen fehlenden Anschlussauftrag regelmäßig nicht aus, um einen - dauerhaften - Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses als notwendiges dringendes betriebliches Erfordernis für eine rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung zu begründen. Den Arbeitgeber trifft die Pflicht, anhand der Auftrags- und Personalplanung dazustellen, warum es sich nicht nur um eine - kurzfristige - Auftragsschwankung, sondern um einen dauerhaften Auftragsrückgang handelt und ein anderer Einsatz des Arbeitnehmers bei einem anderen Kunden bzw in einem anderen Auftrag - auch gglfs nach entsprechenden Anpassungsfortbildungen - nicht in Betracht kommt. Dies gilt umso mehr, als es dem Wesen der Arbeitnehmerüberlassung entspricht, Arbeitnehmer oft kurzfristig bei verschiedenen Auftraggebern einzusetzen und zu beschäftigen. So kann es geschehen, dass bereits einen Tag nach Ausspruch der Kündigung ein neuer Kunde kurzfristig Bedarf für einen Arbeitnehmer anmeldet. Deshalb ist es gerechtfertigt, an die Darlegung der Tatsachen, auf denen die Prognose des zukünftigen Beschäftigungsvolumens beruht, dezidierte Anforderungen - auch in zeitlicher Hinsicht - zu stellen (vgl BAG, aaO, Rn 18). Dafür, dass die Voraussetzungen für einen dauerhaften Auftragsrückgang bei Ausspruch der jeweiligen Kündigungen vorgelegen haben, hat die Antragstellerin jedoch weder im Rahmen der Anhörung noch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens oder des gerichtlichen Verfahrens konkrete Anhaltspunkte benannt.

In jedem Falle offenbaren das Kündigungsverhalten gegenüber dem Arbeitnehmer O. in Verbindung mit den diesbezüglichen nachträglichen Einlassungen der Antragstellerin und der Umstand, dass ein identisches Fehlverhalten bereits 2011 bemängelt worden ist, ein Fehlverständnis der Antragstellerin von den einzuhaltenden arbeitsrechtlichen Regelungen und Grundsätzen. Auch legt dies mindestens eine mangelhafte Organisationsstruktur der Antragstellerin offen und rechtfertigt die Prognose einer nicht ausreichenden Zuverlässigkeit für die Arbeitnehmerüberlassung.

Im Hinblick auf den Leiharbeitnehmer P. ist ebenfalls davon auszugehen, dass eine unzulässige betriebsbedingte Kündigung erfolgte. Beanstandet hat die Antragsgegnerin die im Rahmen der stichprobenartigen Kontrolle festgestellte Kündigung am 10.01.2018 zum 15.02.2018 in Verbindung mit der bereits am 23.04.2018 erfolgten Wiedereinstellung. Auch für diesen Arbeitnehmer hat die Antragstellerin keine konkreten Umstände vorgetragen, die das nach der Rechtsprechung des BAG für Leiharbeitsunternehmen notwendige dringende betriebliche Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung belegen könnten. Wenn sich die Antragstellerin auf ein vertragswidriges Verhalten beruft - der Arbeitnehmer P. habe Aufträge abgelehnt, da er nur als Gabelstaplerfahrer habe tätig sein wollen -, stellt sich zunächst die Frage, warum vor dem Hintergrund der bei einer verhaltensbedingten Kündigung anzunehmenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers dann bereits am 23.04.2018 eine Wiedereinstellung erfolgte. Darüber hinaus wird der vorgetragene Kündigungsgrund ausdrücklich nicht durch die von der Antragstellerin am 16.01.2018 ausgestellte Arbeitsbescheinigung belegt (vgl Bl 68 ff GA). Dort hat die Antragstellerin verneint, dass vertragswidriges Verhalten Anlass für die Kündigung gewesen sei. Da iÜ in der Arbeitsbescheinigung "Staplerfahrer" als letzte Tätigkeit angegeben war, liegt auch ein nicht unerheblicher Anhaltspunkt dafür vor, dass Herr P. durchaus berechtigt war, andere ihm angebotene Tätigkeiten abzulehnen, ohne sich arbeitsvertragswidrig zu verhalten. Jedenfalls hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass der Arbeitnehmer verpflichtet war, anderweitige Tätigkeiten anzunehmen. Ohne Belang ist daher, dass Herr P. in der von der Antragstellerin vorformulierten und von ihm nachträglich unterzeichneten Erklärung vom 24.09.2018 angegeben hat, dass er einige Arbeitsplatzangebote abgelehnt habe, da ihm der Fahrweg zu weit gewesen sei und er ausdrücklich nur als Staplerfahrer habe arbeiten wollen. Insbesondere der Widerspruch zwischen dem Erklärungsinhalt ihrer Arbeitsbescheinigung und ihrem prozessualen Vortrag offenbart wiederum mindestens eine Verkennung arbeitsrechtlicher Prinzipien - hier der Grundlagen arbeitgeberseitiger Kündigungen. Auch dies rechtfertigt wiederum die negative Prognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat ebenso wenig glaubhaft gemacht, dass sie berechtigt war, den Leiharbeitnehmer Q. aus betrieblichen Gründen am 29.11.2016 mit Wirkung zum 31.12.2016 zu kündigen. Auch hier genügt ihr Vortrag nicht ihrer Darlegungslast für das Bestehen der Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung als Leiharbeitgeberin. Dafür, dass sie gegenüber dem Arbeitnehmer Q. eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen rechtmäßig aussprechen konnte, hat die Antragstellerin ebenfalls keine belastbaren konkreten Umstände vorgetragen. Soweit der Arbeitnehmer Q. in der von der Antragstellerin vorformulierten Bestätigung vom 24.09.2018 angegeben hat, angebotene Arbeitsplätze "wegen Persönlichen Gründen wie zu Dreckig und Laut sowie zu Körperlich anstrengend" abgelehnt zu haben, belegt dies die erforderliche Verletzung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen nicht. Dafür ist der Erklärungsinhalt zu allgemein gehalten.

Das SG ist weiterhin zutreffend davon ausgegangen, dass Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Antragstellerin in unzulässiger Weise das Beschäftigungsrisiko auf die Leiharbeitnehmer verlagert hat und dies ebenfalls eine negative Prognose hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit begründet. So hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Betriebsprüfung Umstände festgestellt, die dafür sprechen, dass die Antragstellerin für Zeiten des Nichteinsatzes der Arbeitnehmer keine Vergütung gezahlt, sondern in unzulässiger Weise Guthabenstunden aus den Arbeitszeitkonten entnommen hat. Exemplarisch hat sie dies für den Leiharbeitnehmer Q. für die Monate Oktober 2017 und Januar und Februar 2018 dargestellt. Nicht überzeugend ist insoweit der Vortrag der Antragstellerin, die Verfügung über die Arbeitszeitkonten sei auf telefonische Bitte der Arbeitnehmer erfolgt und nur nicht unverzüglich schriftlich dokumentiert worden. Einen Beleg für dieses Vorbringen ergibt sich nicht aufgrund der von der Antragstellerin vorgelegten nachträglichen Erklärungen der Leiharbeitnehmer Q., P. und O ... Der erkennende Senat misst diesen keine entsprechende Überzeugungskraft bei. Diese im wesentlichen gleichlautenden Erklärungen sind ganz offensichtlich von der Antragstellerin vorgefertigt und von den Arbeitnehmern im Nachhinein unterzeichnet worden. Maßgeblich für eine mangelnde Überzeugungsbildung ist der Umstand, dass die Erklärungen keinerlei spezifizierte Angaben zu den von der Antragsgegnerin im Einzelnen benannten Zeiträumen haben, in denen die Antragsgegnerin eine unzulässige Verfügung über die Arbeitszeitkonten exemplarisch festgestellt hatte. Im Hinblick auf den Arbeitnehmer O. fehlt es darüber hinaus - wie dargelegt - auch aufgrund seiner von der Antragstellerin selbst geltend gemachten Verständigungsschwierigkeiten an einer Überzeugungskraft der nachträglich gefertigten Erklärung. Dass von unzulässigen einseitigen Entnahmen aus den Arbeitszeitkonten seitens der Antragstellerin auszugehen sein dürfte, wird darüber hinaus durch den auf dem Ausdruck des Arbeitszeitkontos des Arbeitnehmers P. für März 2017 angebrachten Vermerk "Fehlstd. aus Zeitkonto nehmen" und den dort dokumentierten Abzug von Fehlstunden aus dem Stundenguthaben des Vormonats belegt (vgl Blatt 295 BA).

Da die Antragstellerin nach eigenen Angaben Mitglied des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ e.V.) ist, findet auf sie der Manteltarifvertrag Zeitarbeit Anwendung (vgl § 1 MTV IGZ, abrufbar unter www.igmetall-zoom.de). Wie die Antragsgegnerin in ihrem Anhörungsschreiben vom 06.06.2018 im Einzelnen dargestellt hat, liegt damit zugleich eine gegen Ziffer 3.2.3. des MTV IGZ verstoßende Verfügung der Antragstellerin als Arbeitgeberin über das Zeitguthaben vor.

Da bereits vor dem Hintergrund der bisher aufgezeigten Umstände von einer negativen Prognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit für die Ausübung der Arbeitnehmerüberlassung auszugehen ist, nimmt der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem SG keine Beurteilung der von der Antragsgegnerin in ihrem Anhörungsschreiben vom 06.06.2018 weiterhin unter den Ziffern 6.-9. beanstandeten Verhaltensweisen der Antragstellerin (vgl Blatt 281 f BA) im vorliegenden Verfahren des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes vor. Eine abschließende Klärung insoweit ist ggfls im Hauptsacheverfahren vorzunehmen.

Nicht auf die Einschätzung der Zuverlässigkeit wirken sich nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 06.02.1992 - 7 Rar 140/90 -) die nicht festzustellende Qualifikation des Geschäftsführers der Antragstellerin bzw die vorhandenen Qualifikationen der Mitarbeiter aus (vgl die Verfügung des SG vom 05.02.2019, Blatt 79 GA, und Schriftsatz der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 13.02.2019 nebst Anlagen, Blatt 93 GA). In den Blick zu nehmen ist jedoch der durch das SG festgestellte Umstand, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin gleichzeitig Geschäftsführer der unter identischer Geschäftsanschrift residierenden R. ist (vgl Blatt 102, 116 GA). Diese wirbt auf ihrer Homepage mit der Angabe (bzw hat zumindest damit geworben, vgl. Bl. 116 GA), dass sie im Besitz der Erlaubnis der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung sei. Eine solche Erlaubnis ist ihr jedoch nach Angaben der Antragsgegnerin nicht erteilt worden. Die ohne nähere Erläuterung erfolgte Einlassung der Antragsgegnerin, dass es sich dabei "um einen Textfehler" handele, offenbart wiederum einen mindestens leichtfertigen Umgang mit den für die Arbeitnehmerüberlassung elementaren Fakten und wohl auch eine Verkennung grundlegender rechtlicher Rahmenbedingungen. So führt die ohne Erlaubnis ausgeübte Arbeitnehmerüberlassung zu massiven rechtlichen Konsequenzen. Zu nennen ist hier z.B. die Unwirksamkeit der Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern (§ 9 Abs 1 Nr 1 AÜG) und die Begründung eines fiktiven Arbeitsverhältnisses zum Entleiher (§ 10 Abs 1 AÜG). Damit rückt dieser in die Stellung eines Arbeitgebers ein, was jedoch durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern gerade nicht gewollt ist (vgl Wank, aaO, § 10 AÜG, Rn 3 ff; vgl auch Beck OK, ArbR/Kock, Stand: 01.03.2019, AÜG, § 10 Rn 1 ff). Aufgrund des Erfordernisses, dass die ordnungsgemäße Ausübung der Arbeitnehmerüberlassung nicht möglich ist, wenn dem Erlaubnisinhaber elementarste Kenntnisse für die Ausübung seines Gewerbes fehlen (vgl dazu BSG, Urteil vom 06.02.1992, aaO), und dem Umstand, dass insoweit auf den Geschäftsführer der juristischen Person abzustellen ist (vgl. Wank, aaO, AÜG § 3 Rn 4), der zudem aufgrund seiner Stellung als alleiniger Gesellschafter maßgeblich die Geschicke der Antragstellerin bestimmen kann, geht der erkennende Senat hier davon aus, dass auch Umstände außerhalb der Tätigkeit für die Antragstellerin selbst - hier die dem Geschäftsführer zuzurechnenden elementaren Defizite in seiner Funktion als Geschäftsführer der R. - die Annahme der Unzuverlässigkeit der Antragstellerin rechtfertigen.

In Übereinstimmung mit dem SG vermag der erkennende Senat keine Ermessensfehlerhaftigkeit des Erlaubniswiderrufs festzustellen. Insbesondere hat die Antragsgegnerin die Notwendigkeit der Ermessensbetätigung erkannt und Ermessen ausgeübt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Der Erlaubniswiderruf ist nicht unverhältnismäßig. Da ein nicht unerheblicher Teil der zum Widerruf führenden Tatsachen bereits im Rahmen der Prüfung im Jahr 2011 beanstandet worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin ganz offensichtlich nicht Willens oder in der Lage ist, das entsprechende Fehlverhalten abzustellen. Die Antragsgegnerin hat daher die Erteilung einer bloßen Auflage zu Recht als nicht ausreichend angesehen. Dass die Antragstellerin bereits jetzt erheblich in ihrer Geschäftstätigkeit eingeschränkt ist und nach Ablauf der Übergangsfrist (vgl § 5 Abs 2 iVm § 2 Abs 4 Satz 4 AÜG) den Geschäftsbetrieb aufgeben muss, ist die vom Gesetz angeordnete Rechtsfolge eines Widerrufs der Erlaubnis. Dass eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin die Ansicht vertreten hat, dass die Erlaubnis nicht widerrufen, sondern die Antragstellerin nur intensiv überwacht werden soll (vgl Vermerk vom 17.07.2018, Blatt 301 BA), sich damit aber nicht hat durchsetzen können (vgl den weiteren Vermerk vom 18.07.2018, Blatt 303 BA), betrifft lediglich die interne Entscheidungsfindung bei der Antragsgegnerin, ändert aber nichts an der Verhältnismäßigkeit bzw Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Erlaubniswiderrufs.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat der Unterliegende die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Unter Heranziehung des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit (Besonderer Teil Abschnitt II Nr 2.2) bestimmt sich die Bedeutung der Sache bei einem Widerruf der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung anhand des wirtschaftlichen Schadens für die Erlaubnisinhaberin. Diesen hat die Antragstellerin selbst auf 800.000,00 Euro beziffert. Da es sich vorliegend um ein Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG handelt, hat der Senat entsprechend (Abschnitt II Nr 10.2 des Allgemeinen Teils des Streitwertkatalogs 1/4 dieses Betrages als Streitwert für beide Instanzen (vgl. § 63 Abs 3 GKG) festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nach Maßgabe des § 177 SGG unanfechtbar.