Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.11.1984, Az.: 3 Sa 119/84
Einhaltung tariflicher Ausschlussfristen; Anspruch auf Gehalt- und Urlaubsgeld; Geltung eines Manteltarifvertrages; Möglichkeit der ausdrücklichen vertraglichen Einbeziehung eines Tarifvertrages; Rechtskraft eines Urteils als Voraussetzung für Lohnanspruch; Gestaltungswirkung einer Kündigung; Kündigungsschutzklage als Gestaltungsabwehrklage; Wegfall des Anspruchs auf tarifliche Beschäftigung
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 23.11.1984
- Aktenzeichen
- 3 Sa 119/84
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1984, 13719
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:1984:1123.3SA119.84.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Lüneburg - 31.07.1984 - AZ: 2 Ca 584/84
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 1 TVG
- § 4 KSchG
Prozessführer
...
Prozessgegner
...
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Haben sich die Arbeitsvertragsparteien hinsichtlich einiger Punkte an tariflichen Regelungen orientiert, läßt sich daraus nicht entnehmen, dass der Tarifvertrag als Ganzes ihrem Arbeitsverhältnis hat zugrunde gelegt werden sollen. Die Unklarheiten gehen zu Lasten desjenigen, der sich auf die Geltung der Tarifbestimmungen beruft.
- 2.
Die Kündigungsschutzklage gemäß § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist keine Feststellungsklage, sondern eine Gestaltungsabwehrklage. Bei einem Gestaltungsurteil tritt die Gestaltungswirkung erst mit der formellen Rechtskraft des Urteils ein. Eine Bestimmung, die dem rechtskräftigen Urteil Rückwirkung auf einen bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit beimisst besteht nicht. Die Rechtskraft eines die Kündigung für rechtsunwirksam erklärenden Urteils ist folglich Voraussetzung für den Lohnanspruch.
In dem Rechsstreit
hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen
auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 1984
durch
ihre Mitglieder Frohner, Maszull und Tschisantke
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 31.07.1984 - 2 Ca 584/84- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Gehalts- und anteilige Urlaubsgeldansprüche des Klägers für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1982 in unstreitiger Höhe von 9.247,38 DM brutto abzüglich erhaltenes Arbeitslosengeld in Höhe von 4.046,40 DM netto im Hinblick auf die Einhaltung tarifvertraglicher Ausschlußfristen.
Der Kläger wurde zunächst bei der Beklagten aufgrund des Lehrvertrages vom 22. Dezember 1966 (Fotokopie Bl. 29 bis 32 d.A.) in den Jahren 1967 bis 1969 zum Industriekaufmann ausgebildet. Dieser Lehrvertrag enthält keine "Globalverweisung" auf einen Tarifvertrag. Lediglich punktuell wird in einzelnen Vorschriften auf die "tariflichen Bestimmungen" hingewiesen. In "§ 5 Ausbildungsbeihilfe" ist handschriftlich vermerkt: "lt. Tarif". Zum 1. Januar 1975 wurde der Kläger bei der Beklagten erneut und zwar als Leiter ihres Auslieferungslagers ... eingestellt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist nicht abgeschlossen worden. In einem früheren Prozeß wandte sich der Kläger gegen eine Kündigung der Beklagten vom 18. August 1982 zum 30. September 1982, wobei der Kläger im Verlaufe des Rechtsstreits als Arbeitnehmer in einen neueröffneten Betrieb seiner Ehefrau eintrat. Dieser Kündigungsschutzklage wurde durch Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 15. November 1982 stattgegeben. Die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung wurde am 9. Juni 1983 zurückgenommen. Mit Schreiben vom 14. Juni sowie vom 11. Juli 1983 machte der Kläger alsdann die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche geltend. Eine Reaktion seitens der Beklagten erfolgte in der Sache nicht. Der Kläger verfolgte sein Zahlungsbegehren mit der am 2. Mai 1984 bei dem Arbeitsgericht Lüneburg eingegangenen Klage weiter.
Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die Darstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Durch dieses Urteil vom 31. Juli 1984 hat die zweite Kammer des Arbeitsgerichts Lüneburg die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 9.247,38 DM brutto abzüglich 4.046,40 DM netto verurteilt, ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sowie den Streitwert auf 3.247,38 DM festgesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe ebenfalls verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Klagabweisungsbegehren nach näherer Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 20. August 1984 weiter. Sie meint nach wie vor, daß der Kläger die tarifvertraglichen Ausschlußfristen aus Ziffer 107 des Bundesmanteltarifvertrages für die Sägeindustrie und übrige Holzbearbeitung ... vom 21. März 1980 nicht gewahrt habe.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 21. September 1984.
Im übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten 11 Sa 169/82 Landesarbeitsgericht Niedersachsen = 2 Ca 1039/82 Arbeitsgericht Lüneburg Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit der Parteien im Ergebnis zutreffend entschieden. Dem Kläger stehen die dem Grunde und der Höhe nach nicht weiter streitigen Zahlungsansprüche zu. Diese sind nicht aufgrund tarifvertraglicher Ausschlußfristenbestimmungen verfallen. Dies folgt daraus, daß der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte in der Sägeindustrie und übrigen Holzbearbeitung ... vom 21. März 1980, auf den sich die Beklagte beruft, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls mit seinen Ausschlußfristenbestimmungen nicht anwendbar ist (unter I.). Darüber hinaus sind allerdings diese Ausschlußfristenbestimmungen seitens des Klägers auch gewahrt worden, weil die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche erst mit der Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Lüneburg vom 15. November 1982 - 2 Ca 1039/82 - im Kündigungsschutzprozeß der Parteien in dem das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses der Parteien bis zum 31. Dezember 1982 festgestellt worden ist, durch Rücknahme der zum Aktenzeichen 11 Sa 169/82 LAG Niedersachsen erhobenen Berufung am 9. Juni 1983 fällig geworden sind, mit der Folge, daß die tariflichen Ausschlußfristen alsdann mit den Schreiben vom 14. Juni 1983 Bl. 5 d.A. und 11. Juli 1983 Bl. 6 d.A., sowie - nachdem eine weitere Ablehnung in der Folgezeit nicht erklärt worden ist - mit der am 2. Mai 1984 bei dem Arbeitsgericht Lüneburg eingegangenen Zahlungsklage gewahrt worden sind (unter II.).
I.
1.
Der Beklagten ist zunächst zuzugeben, daß nach Ziffer 107 ... "alle sonstigen gegenseitigen Ansprüche", zu denen auch die hier streitgegenständlichen Vergütungs- und Urlaubsgeldansprüche gehören, nicht nur innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen sind, eine Frist, die der Kläger durch Erhebung der Kündigungsschutzklage gewahrt hat (vgl. BAG AP Nrn. 60, 63 zu § 4 Tarifvertragsgesetz Ausschlußfristen), sondern darüber hinaus "im Falle der Ablehnung durch die andere Partei innerhalb einer Frist von zwei Monaten beim Arbeitsgericht" die gerichtliche Geltendmachung notwendig ist ("sind ... einzuklagen"). Wenn auch für den Fall, daß der Wortlaut der Tarifbestimmung eine "ausdrückliche Ablehnung" fordert, eine solche Ablehungserklärung nicht in dem bloßen Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzgesetz erblickt werden kann (so BAG a.a.O.), so ist der Beklagten weiter zuzugeben, daß Ziffer 107 ... lediglich von "Ablehnung" spricht und sie darüberhinaus sich im Kündigungsschutzprozeß nicht mit dem bloßen Klagabweisungsantrag begnügt hat, sondern ihr Vorbringen in diesem Vorprozeß, beispielsweise im Schriftsatz vom 19. Januar 1983 S. 3 (Bl. 27 der genannten Vorprozeßakten) durchaus als eine darüber hinaus gehende, auf die Zahlung von drei Monatsgehältern und damit auf die hier wesentlichen Zahlungsansprüche selbst bezogene Ablehnungserklärung verstanden werden kann, es daher sehr wohl einer wesentlich früheren Klagerhebung hätte bedürfen können. Nur scheitert eine solche Schlußfolgerung schon daran, daß der genannte, nicht für allgemeinverbindlich erklärte Bundesmanteltarifvertrag vom 21. März 1980 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls hinsichtlich der tariflichen Ausschlußfristenbestimmungen keine Anwendung finden kann. Eine Tarifbindung kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit - § 3 Abs. 1 TVG - liegt nicht vor. Darüber hinaus kann auch eine wirksame einzelvertragliche Inbezugnahme der diesbezüglichen manteltarifvertraglichen Bestimmungen nicht festgestellt werden.
2.
Zwar ist es rechtlich zulässig, einzelvertraglich auf einen Tarifvertrag zu verweisen, mit der Folge, daß der Inhalt des Tarifvertrages zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses kraft dieser vertraglichen Abrede, die Bestandteil des Arbeitsvertrages ist, gilt (vgl. hierzu Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl., § 3 RdN 91; Däubler/Hege, Tarifvertragsrecht, 2. Aufl., Ziff. 164 S. 76; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 208; Bedenken bei Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius, Tarifvertragsgesetz, § 3 RdN 45). Diese Kompetenz entspricht dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und gestattet selbst die Verweisung auf einen Tarifvertrag, der bei gegebener Tarifbindung beider Arbeitsvertragsparteien nach seinem örtlichen, zeitlichen, fachlichen oder persönlichen Geltungsbereich gar keine Anwendung finden würde (anderer Auffassung insoweit wohl Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius a.a.O. RdN. 59). Die Verweisung muß lediglich eindeutig bestimmt sein in dem Sinne, daß erkennbar ist, auf welche tarifvertraglichen Bestimmungen verwiesen werden soll (vgl. Wiedemann/Stumpf a.a.O. RdN. 95, 97; Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius a.a.O. RdN. 55; Arbeitsgericht Berlin Betriebsberater 1975 S. 559; im übrigen auch Urteil der erkennenden Kammer vom 6. Mai 1983 - 3 Sa 2/83 -). Da aber im Rahmen der Vertragsfreiheit, was den Umfang des Bezugnahme Objekt es angeht, im Wege der Verweisung sowohl der gesamte Tarifvertrag als auch nur Teile hieraus in Bezug genommen werden können (insoweit wiederum anderer Auffassung Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius a.a.O. RdN 64 ff), muß zugleich ebenfalls eindeutig klargestellt sein, ob auf den Tarifvertrag als Ganzes oder nur auf Teile hieraus verwiesen werden soll. Insoweit läßt sich jedoch lediglich feststellen, daß sich die Arbeitsvertragsparteien beispielsweise hinsichtlich tariflicher Vergütungserhöhungen, der Urlaubsdauer, der Höhe eines 13. Monatsverdienstes bzw. auch des Urlaubsgeldes an tariflichen Regelungen orientiert haben. Hieraus allein aber läßt sich nicht entnehmen, daß auch der Manteltarifvertrag vom 21. März 1980 als Ganzes ihrem Arbeitsverhältnis hat zugrunde gelegt werden sollen; dies geht zu Lasten der Beklagten, die die Darlegungs- und Beweislast für die Bezugnahmevereinbarung trifft, weil sie sich auf die Geltung der Tarifbestimmungen beruft (vgl. Wiedemann/Stumpf a.a.O. RdN. 95). Denn die Beklagte trägt zugleich vor (Schriftsatz vom 8. Juni 1984, S. 1, Bl. 27 d.A.), daß bereits für das am 1. April 1967 begonnene Berufsausbildungsverhältnis der Parteien die Anwendung der Tarifverträge für die Sägeindustrie im Lehrvertrag vereinbart worden sei. Der Lehrvertrag vom 22. Dezember 1966 enthält nun aber gerade keine allgemeine Bezugnahme auf irgendwelche tarifvertraglichen Bestimmungen. Diese erfolgt lediglich punktuell, beispielsweise hinsichtlich der Höhe der Ausbildungsbeihilfe im § 5 des Lehrvertrages mit dem handschriftlichen Vermerk "lt. Tarif". Das Berufungsvorbringen der Beklagten (Schriftsatz vom 20. August 1984 S. 2 Bl. 62 d.A.), die Anwendung der Tarifverträge für die Sägeindustrie sei mit dem Kläger - bei dessen erneuter Einstellung zum 1. Januar 1975 - vereinbart worden, ohne auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nähere Einzelheiten über den genauen Inhalt dieser Vereinbarung oder auch nur die äußeren Umstände der vom Kläger bestrittenen ausdrücklichen Vereinbarungen anzugeben, muß daher als nicht hinreichend substantiiert qualifiziert werden. Infolge dessen kommt es auch auf das diesbezügliche Beweisangebot der Beklagten nicht an. Die Durchführung einer solchen Beweisaufnahme würde lediglich zu einer unzulässigen Ausforschung hinsichtlich tatsächlicher Umstände führen, die zunächst einmal darzulegen Sache der Beklagten gewesen wäre.
II.
1.
a) Selbst wenn man jedoch davon ausgehen könnte, daß auf das beendete Arbeitsverhältnis der Parteien der genannte Bundesmanteltarifvertrag vom 21. März 1980 Anwendung finden würde, wären die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht nach Ziffer 107 dieses Tarifvertrages verwirkt. Die dort genannten Ausschlußfristen knüpfen, wie üblich, an die "Fälligkeit" eines Anspruchs an. Die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche sind indes erst mit der Rechtskraft des Kündigungsschutzurteils im Vorprozeß der Parteien mit der Rücknahme der Berufung am 9. Juni 1983 gegen das arbeitsgerichtliche Urteil vom 15. November 1982 fällig geworden. Es handelt sich nämlich bei der Kündigungsschutzklage gem. § 4 KSchG um keine Feststellungsklage, sondern um eine Gestaltungsabwehrklage (so zu Recht Dietz-Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, Bd. 2 6. Aufl. 1982 § 102 RdN. 260 ff; Bötticher, Betriebsberater 1981, S. 1954 ff; derselbe, "Besinnung auf das Gestaltungsrecht und das Gestaltungsklagerecht", Festschrift für Dölle, Bd. 1 S. 63 ff; Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, 1966, S. 64 ff; Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 12. Aufl. 1977, § 95 III 3; anderer Auffassung Colneric, Arbeit und Recht 1984, S. 105 ff; Coen, Der Betrieb 1984, S. 2459, 2460; unklar Heinze Der Betrieb 1985, S. 111 ff 120 ff). Bei einem Gestaltungsurteil tritt indes die Gestaltungswirkung erst mit der formellen Rechtskraft (Unanfechtbarkeit, § 705 ZPO) des Urteils ein (Rosenberg-Schwab a.a.O. III 1; Stein-Jonas-Schumann-Leipold, ZPO, 19. Aufl. vor § 253 II 3 f; insoweit zutreffend auch BAG AP Nr. 9 zu § 78 a BetrVG 1972 sub. II 4 der Gründe). Eine Bestimmung, die dem rechtskräftigen Urteil Rückwirkung auf einen bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit beimißt (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 12. Aufl., vor § 253 II 3), besteht nicht. Da somit die Rechtsunwirksamkeit der arbeitgeberseitigen Kündigung und damit der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses überhaupt nur vom Arbeitnehmer durch Klage und erst ab Rechtskraft des Urteils geltend gemacht werden können, können Leistungen, die von der Unwirksamkeit der Kündigung abhängen, auch erst ab diesem Zeitpunkt verlangt werden, § 271 Abs. 1 BGB (vgl. bereits Larenz SAE 1960, S. 80, 81).
b)
Soweit die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts teilweise ohne (vgl. z.B. AP Nr. 43 zu § 4 Tarifvertragsgesetz Ausschlußfristen), teilweise mit ausgesprochen knapper Begründung (vgl. beispielsweise AP Nr. 23 zu § 615 BGB; AP Nr. 31 zu § 4 Tarifvertragsgesetz Ausschlußfristen) davon ausgegangen ist, daß die Rechtskraft eines die Kündigung für rechtsunwirksam erklärenden Urteils keine "Voraussetzung" für den Lohnanspruch sei, vermag die Kammer dem nicht mehr zu folgen. Die lediglich angedeutete Begründung - keine konstitutive Wirkung des Urteils im Kündigungsschutzprozeß, lediglich deklaratorische Wiedergabe der objektiv bestehenden Rechtslage - trägt diese Auffassung jedenfalls nicht. Denn dabei wird übersehen, daß die vom Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage angefochtene Kündigung des Arbeitgebers bereits unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung entfaltet hat, die von Gesetzes wegen nur im Wege eines der Klage stattgebenden Urteils wiederum rechtsgestaltend beseitigt werden kann.
2.
a) "Die Verurteilungs- und Feststellungsklagen machen eine bereits außerhalb des Prozesses eingetretene Rechtsfolge geltend; die Verurteilungs- und Feststellungsurteile stellen sie rechtskraftfähig fest und sprechen aus, was ist, sind also deklarativ. Die Gestaltungsklagen und -urteile wollen dagegen eine Wirkung, die bisher nicht eingetreten oder nicht beachtlich war, erst herbeiführen oder beachtlich machen, wollen also eine Rechtsfolge schaffen, die bisher nicht vorhanden war und ohne das Urteil nicht vorhanden sein würde ..." (so Rosenberg-Schwab a.a.O. § 95 I 1). Colneric (a.a.O. S. 107 ff) ist daher durchaus noch darin zuzustimmen, daß sich das Gestaltungsurteil von den beiden anderen Urteilsarten konstruktiv dadurch unterscheidet, daß es an die Stelle einer gegebenen Rechtslage eine neue Rechtslage setzt, also eine Rechtsänderung ausspricht (vgl. auch Stein-Jonas-Schumann-Leipold a.a.O. vor § 253 II 3 c). Dabei kommt es für die rechtliche Qualifikation einer Klage als Gestaltungsklage nicht entscheidend darauf an, ob der Wortlaut der einschlägigen Vorschrift mißverständlich von "Feststellen" spricht (Stein-Jonas-Schumann-Leipold a.a.O.). Auch bei der Klage auf Feststellung der Nichtehelichkeit eines Kindes gem. §§ 1593 ff BGB, 640 Abs. 2 Nr. 2 ZPO handelt es sich nach allgemeiner Auffassung um keine Feststellungs-, sondern um eine Gestaltungsklage (vgl. Thomas-Putzo a.a.O. § 640 Anm. 1 b). Die unmittelbar rechtsändernde Wirkung des Kündigungsschutzurteils besteht darin, daß es - und nur es - die bereits unmittelbar eingetretene rechtsgestaltende Wirkung der arbeitgeberseitig ausgesprochenen Kündigung wieder aufhebt und dadurch den endgültigen Eintritt der Fiktionswirkung des § 7 KSchG verhindert (hierzu neuerdings Tschöpe, Der Betrieb 1984 S. 1522).
b)
Bei der Kündigung als einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Kündigenden für die Zukunft sofort oder nach Ablauf der Kündigungsfrist unmittelbar beendet wird (Stahlhacke, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 4. Aufl., Rdziff. 1 ff), handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das auf die Aufhebung dieses Dauerschuldverhältnisses für die Zukunft gerichtet ist (vgl. Larenz, Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 6. Aufl. 1983, § 13 II 7 S. 209). Dabei führt die Kündigung die Beendigung mit unmittelbarer Wirkung herbei, ohne daß es eines zusätzlichen Aktes bedürfte (KR-M. Wolf, 2. Aufl., Grundsätze RdN 99). Auch bei diesem Rechtsgeschäft handelt es sich um ein Mittel zur Verwirklichung von Privatautonomie, da es auf die willentliche Selbstgestaltung von Rechtsverhältnissen zielt. Wenngleich das Kündigungsschutzgesetz in der Fassung vom 25. August 1969 (Bundesgesetzblatt I S. 1317, mit späteren Änderungen) jedenfalls weitgehend auf der Grundlage eines "Prinzips des berechtigten Kündigungsinteresses" (so KR-M. Wolf a.a.O. RdN 35 ff) verstanden werden kann, ändert dies nichts daran, daß nach geltendem Recht der Arbeitgeber zum Zwecke der Entlassung gerade nicht gehalten ist, eine Auflösungsklage zu erheben und die Kündigung eines Arbeitnehmers nur aufgrund eines daraufhin ergehenden Gestaltungsurteils zu erreichen. Vielmehr kann er nach wie vor die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses durch den einseitigen Gestaltungsakt der Kündigung allein erzielen. Auch das Bundesarbeitsgericht, das dem die Unwirksamkeit der Kündigung aus sprechenden Urteil mal jede rechtsgestaltende Wirkung abspricht (vgl. beispielsweise die Entscheidung des 5. Senats vom 4. Mai 1977 - AP Nr. 60 zu § 4 Tarifvertragsgesetz Ausschlußfristen), mal einräumt, die Kündigungsschutzklage enthalte "ein gestaltendes Element" (vgl. hierzu die Entscheidung ebenfalls des 5. Senats vom 29. November 1978 - AP Nr. 7 zu § 6 Lohnfortzahlungsgesetz = Der Betrieb 1979, S. 796), geht offenbar im Ergebnis doch von einer solchen unmittelbar rechtsgestaltenden Wirkung der Kündigungserklärung des Arbeitgebers aus. In der Entscheidung des 2. Senats vom 19. August 1982 (AP Nr. 9) zu § 9 KSchG 1969 = Der Betrieb 1983, S. 653 = NJW 1983, S. 1628 [BAG 19.08.1982 - 2 AZR 230/80] heißt es nämlich (sub. II 2 a und c der Gründe): "Eine Kündigung wird als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung mit Zugang an den Gekündigten wirksam, es sei denn, dem Empfänger geht vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zu" (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB); sie kann daher vom Kündigenden nicht mehr einseitig zurückgenommen werden ... Erst in der, zumeist nur durch die Kündigungsschutzklage ausgelösten "Rücknahme" der Kündigung, liegt das Vertragsangebot des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht als beendet anzusehen, also unter Beseitigung der Kündigungswirkungen das Arbeitsverhältnis unverändert fortzusetzen. Hieraus ergibt sich zweierlei: a) Die Kündigungserklärung des Arbeitgebers hat unbeschadet des Vorliegens oder Fehlens ihrer sozialen Rechtfertigung unmittelbar eintretende Rechtswirkungen, b) die - somit unter erneuter Änderung der nach der Kündigung infolge ihrer Wirkungen bereits geänderten Rechtslage - nur durch ein weiteres, zweiseitiges Rechtsgeschäft wieder beseitigt werden können. Bereits im Urteil vom 21. Februar 1957 (AP Nr. 22 zu § 1 KSchG) hat ebenfalls der 2. Senat entsprechend ausgeführt: "Da durch die Kündigung die Gestaltungswirkung unmittelbar herbeigeführt wird, kann die einmal erfolgte Kündigung grundsätzlich - jedenfalls solange eine Kündigungsschutzklage nicht erhoben ist - nicht einseitig von dem Kündigenden zurückgenommen werden. In der Vereinbarung der Rücknahme einer Kündigung mit Zustimmung des Gekündigten ist vielmehr die Neubegründung eines Vertrages im Rahmen der Vertragsfreiheit mit dem selben Inhalt zu erblicken, den das alte Rechtsverhältnis gehabt hätte, wenn es ohne die erfolgte Kündigung fortgesetzt worden wäre."
c)
Die unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung einer Kündigungserklärung zeigt sich auch dann, wenn sie lediglich irrtümlich oder unter Drohung oder infolge einer arglistigen Täuschung abgegeben worden ist.
Auch eine solche "fehlerhafte", wie die §§ 119, 123 BGB zeigen, Willenserklärung ist nicht eo ipso rechtlich unbeachtlich. Vielmehr bedarf es zu ihrer Beseitigung eines weiteren einseitigen Rechtsgeschäfts, nämlich der Ausübung des Gestaltungsrechts der Anfechtung. Gleiches gilt, wenn beispielsweise ein Arbeitnehmer eine eigene außerordentliche Kündigung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB ausspricht. Auch in einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer die eingetretene rechtsgestaltende Wirkung - Beendigung des Arbeitsverhältnisses - nicht wieder ohne weiteres beseitigen. Auch hier bedarf es eines neuen zwei - seifigen, auf die Neubegründung des beendeten Arbeitsverhältnisses gerichteten Rechtsgeschäfts, was bedeutet, daß der Arbeitgeber, der mit der - rechtswidrigen - Kündigung des Arbeitnehmers einverstanden ist, diesen an der Kündigung festhalten kann.
d)
Die unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung der arbeitgeberseitigen Kündigungserklärung, deren Wirksamkeit mit der Kündigungsschutzklage gem. § 4 KSchG angegriffen wird, wird offenbar nicht bezweifelt, wenn in die zweiseitigen schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein Dritter tritt, sei es ein Gläubiger, der den Lohn oder Gehaltsanspruch gepfändet hat, sei es im Falle einer Abtretung von Vergütungsansprüchen der Zessionar. Wenn die herrschende Meinung (vgl. Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 4 KSchG RdN 18 m.w.N.; im übrigen auch noch Dietz-Richardi a.a.O. RdN 260) davon ausgeht, daß die Lohnzahlungsklage eines Pfändungsgläubigers oder Zessionars mit der Behauptung, die Kündigung sei sozialwidrig, als z.Zt. unbegründet abgewiesen werden müsse, bevor das Gericht auf Klage des Arbeitnehmers die Fortdauer des Arbeitsverhältnisses - rechtskräftig - "festgestellt" habe, so läßt sich diese Auffassung auch nur mit der Annahme einer unmittelbar rechtsgestaltenden Wirkung der arbeitgeberseitigen Kündigung unbeschadet ihrer Sozialwidrigkeit oder sozialen Rechtfertigung halten (vgl. auch hierzu Bötticher, Betriebsberater 1981, S. 1954, 1956 rechte Spalte).
e)
Nur am Rande sei im übrigen bemerkt, daß hinsichtlich der Wahlberechtigung eines gekündigten Arbeitnehmers zum Betriebsrat die herrschende Meinung bis zur Rechtskraft des Urteils über die Unwirksamkeit der Kündigung ebenfalls zunächst einmal von ihrer Wirksamkeit ausgeht (vgl. Dietz-Richardi a.a.O. Bd. 1 6. Aufl. 1981, § 7 RdN 9).
3.
a) Nach der gesetzlichen Regelung in § 4 KSchG setzt die Beseitigung dieser zunächst einmal aufgrund eines einseitigen privatrechtlichen Rechtsgeschäfts eingetretenen Rechtswirkungen hinsichtlich der Aufhebung eines Dauerschuldverhältnisses Kündigungsschutzklage und -urteil voraus, wobei bereits der Klagerhebung die Bedeutung zukommt, den Eintritt der bereits genannten Fiktionswirkung des § 7 KSchG vorläufig zu verhindern. Die mit der Sozialwidrigkeit oder dem Fehlen des wichtigen Grundes begründete Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung kann vom Arbeitnehmer gem. §§ 4, 13 KSchG nur im Wege der Kündigungsschutzklage geltend gemacht werden, kein Dritter kann sich auf die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung berufen, sofern sie nicht zwischen den Arbeitsvertragsparteien rechtskräftig "festgestellt" ist. Die für ein Gestaltungsurteil notwendige Veränderung der materiellen Rechtslage, die ohne das Urteil nicht vorhanden sein würde, besteht nun eben gerade darin, daß das Kündigungsschutzurteil die Rechtswirkungen des Gestaltungsakts der Kündigung wieder beseitigt. Wenn mitunter die Auffassung vertreten wird (KR-Friedrich 2. Aufl. § 4 KBchG RdN 17), es gehe um die Feststellung der Rechtslage, die im Zeitpunkt des Zugehens der Kündigung bestanden hat, so geht dies an der Sache vorbei. Es geht nicht um die Feststellung dieser Rechtslage, sondern um ihre Wiederherstellung, was eben nur durch den wiederum rechtsgestaltenden Akt der Beseitigung der Gestaltungswirkung der Kündigungserklärung möglich ist.
b)
Die noch herrschende Meinung über die vermeintliche Feststellungsklage des § 4 KSchG widerspricht sich im übrigen selbst, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes des Kündigungsschutzprozesses alsdann annimmt, daß Streitgegenstand nur die Wirksamkeit einer bestimmten Kündigung sei und nicht, wie eine Mindermeinung annimmt, der Bestand des Arbeitsverhältnisses z.Zt. der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. zu beiden Meinungen die Nachweise bei KR-Friedrich a.a.O. RdN 225 ff). Wenn es denn, wie § 4 KSchG formuliert, sich darum handelt, ob "das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung" aufgelöst ist oder nicht, so geht es eben nicht um das Problem der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Arbeitsverhältnisses, sondern um die Beseitigung der rechtsgestaltenden Wirkung einer Kündigung, die den Anforderungen des Gesetzes an die soziale Rechtfertigung einer solchen personellen Maßnahme nicht standhält.
In diesem Zusammenhang erscheint es auch bemerkenswert, daß §§ 12 Abs. 7 S. 1, 61 a Abs. 1, 64 Abs. 8 ArbGG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. April 1979 Bundesgesetzblatt I S. 853), mit späteren Änderung neben Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses ausdrücklich Rechtsstreitigkeiten über die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses stellen, anders als beispielsweise § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG, das lit. a. Rechtsstreitigkeiten "aus dem Arbeitsverhältnis" und in lit. b Rechtsstreitigkeiten "über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses" erwähnt. Nach dem Willen des Gesetzgebers stellen offenbar Streitigkeiten über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses "(z.B. wenn streitig ist, ob zwischen den Parteien ein rechtsverbindlicher Arbeitsvertrag zustande gekommen ist oder ob ein zunächst abgeschlossener Vertrag wegen Gesetz- oder Sittenwidrigkeit bzw. infolge Anfechtung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder Drohung als von vornherein nichtig anzusehen ist)" (so bereits Grüll, ArbGG, 1953, S. 71 ff), bei denen es sich um Feststellungsklagen gem. § 256 ZPO handelt, etwas anderes dar, als Rechtsstreitigkeiten über die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Daher ist es auch unrichtig, wenn Rohlfing-Rewolle-Bader (ArbGG, Stand 8. Ergänzung Oktober 1983, § 2 ArbGG Anm. 8 b) Kündigungsschutzprozesse § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b ArbGG zuordnen. Vielmehr handelt es sich bei Kündigungsschutzprozessen um Rechtsstreitigkeiten "aus dem Arbeitsverhältnis" im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a. ArbGG (vgl. schon früher Dietz-Nikisch, ArbGG, 1954, § 2 RdN 114 S. 76; Grüll a.a.O. S. 71). In gleicher Weise hat schließlich auch das Bundesarbeitsgericht (AP Nr. 2 zu § 111 ArbGG 1953) den Streit um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses als Streitigkeit "aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis" im Sinne von § 111 Abs. 2 ArbGG angesehen.
c)
Abgesehen von Überlegungen, die sich nach der geltenden, rechtspolitisch möglicherweise unbefriedigenden Rechtslage aus §§ 11, 12 KSchG (vgl. hierzu wiederum Bötticher, Betriebsberater 1981, S. 1954, 1958 rechte Spalte; Heinze a.a.O. S. 120; BAG AP Nr. 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht sub. III 5 a, 7 der Gründe und weiter Hueck, Anm. zu AP Nr. 7 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht Bl. 928 Es) herleiten lassen, bestätigt auch ein Blick auf die Regelung in § 102 Abs. 5 BetrVG 1972 die rechtsgestaltende Punktion des Kündigungsschutzurteils. Bereits Otto (Recht der Arbeit 1975 S. 68, 69 ff) hat zu Recht bemerkt, daß diese Vorschrift dem Arbeitnehmer das Recht verleihe, "die Weiterbeschäftigung zu verlangen und damit einseitig - also durch Gestaltungsakt - das Arbeitsverhältnis vorläufig aufrecht zu erhalten ...". Genauso, wie damit das Betriebsverfassungsrecht dem Arbeitnehmer ein durch Rechtsgeschäft auszuübendes Gestaltungsrecht einräumt (Otto a.a.O. in Fußnote 16), genauso räumt § 4 KSchG dem Arbeitnehmer das Recht auf Erhebung einer Gestaltungsabwehrklage ein. Immer aber geht es eben um die - vorläufige bzw. endgültige - Beseitigung der unmittelbar durch die Kündigungserklärung herbeigeführten Rechtswirkungen und damit um eine Änderung der Rechtslage. Den Rechtswirkungen einer Kündigungserklärung wird jedenfalls ein Satz wie "ob die Kündigung, wie der Arbeitnehmer behauptet, unwirksam ist oder nicht", steht objektiv fest "(BAG AP Nr. 31 zu § 4 Tarifvertragsgesetz Ausschlußfristen)" nicht gerecht.
4.
Allerdings führt die von der Kammer für richtig gehaltende Auffassung, daß Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die von der Wirksamkeit der Kündigung abhängen, erst mit Rechtskraft des Kündigungsschutzurteils fällig werden, nicht nur dazu, daß während eines Kündigungsschutzprozesses Verjährungs- und Ausschlußfristen, die Regelmäßigkeit an die Fälligkeit des Anspruchs anknüpfen, nicht zu laufen beginnen, sondern hat des weiteren zur Folge, daß während dieses Zeitraums auch ein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung (vgl. BAG AP Nr. 5 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; BAG Beschlüsse vom 21.12.1983 - 7 AZR 444/81 - ZIP 1984, S. 209 sowie vom 22.06.1984 - 7 AZR 587/83 - Der Betrieb 1984, S. 2466) nicht geltend gemacht werden kann. Entgegen der Auffassung von Coen a.a.O. lassen sich hiergegen aus Art. 12 GG keine verfassungsrechtlichen Bedenken herleiten. Abgesehen davon, daß nach richtiger Auffassung schon aus allgemeinen Erwägungen die oftmals notwendige Sicherung des Arbeitsplatzes während eines Kündigungsrechtsstreits gar kein Problem der materiell-rechtlichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses darstellt, sondern es hierbei um das prozessuale Problem der sachgerechten Gestaltung des einstweiligen Rechtsschutzes geht (so Dietz-Richardi a.a.O. RdN 266 unter Hinweis auf Pick er, ZfA 1981, S. 472), läßt sich den aus der Wertentscheidung der Art. 2, 12 GG abzuleitenden legitimen Beschäftigungsinteressen im Wege einer sogenannten Regelungsverfügung gem. § 940 ZPO ausreichend Rechnung tragen, die im Rahmen der gem. § 938 ZPO gebotenen Maßnahmen auch in der Anordnung einer vorläufigen Weiterbeschäftigung bestehen kann.
Dabei können sich gegenüber dem Arbeitgeberinteresse an einer Nichtbeschäftigung nach einer Kündigung vorrangig berechtigte Interessen des Arbeitnehmers daraus ergeben, daß dem Umstand auch einer tatsächlichen Beschäftigung wie etwa bei Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken eine besondere Bedeutung zukommt, daß eine durch den Verfahrensgang des Kündigungsschutzprozesses unzumutbar lange Dauer der Unterbrechung der Tätigkeit zu befürchten ist, die eine spätere Wiedereingliederung in den Betrieb im Falle eines Obsiegens im Kündigungsschutzprozeß ungebührlich erschweren würde, sowie daß sich aus einer unzumutbar langen Unterbrechung der Tätigkeit im Bereich der wirtschaftlichen Situation des Arbeitnehmers durch ein Angewiesensein auf Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe nicht vertretbare Beschränkungen ergeben würden (so bereits Landesarbeitsgericht Niedersachsen Urteil vom 14. Mai 1982 - 14 Sa 55/82 -, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht). Die Situation des Arbeitnehmers wird zudem dadurch gebührend berücksichtigt, daß auch im einstweiligen Verfügungsverfahren die sich aus § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG ergebende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zu beachten sein wird (vgl. Dietz-Richardi a.a.O. RdN 267 ff; Schaub NJW 1981, S. 812 ff [BGH 11.12.1980 - III ZR 38/79]), hat doch im übrigen bereits das Reichsgericht in seinem Beschluß vom 8. Juni 1891 (RGZ 27, 429, 431) darauf hingewiesen, daß "ein Grund zur Veränderung des Zustandes, also zur Entlassung" vom dienstberechtigten Arbeitgeber glaubhaft zu machen sei (vgl. hierzu im übrigen nunmehr Barton NZA 1985, S. 77, 78 rechte Spalte).
Nach alledem muß die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO der Zurückweisung unterliegen.
Der im angefochtenen Urteil gem. § 61 Abs. 1 ArbGG festgesetzte Kostenstreitwert ist auch der des Berufungsverfahrens, § 69 Abs. 2 ArbGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen trotz der Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter II. nicht vor, weil bereits die Erwägungen unter I. allein die getroffene Entscheidung tragen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision findet die Beschwerde statt.
Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden,
- 1.
daß das Urteil von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht,
- 2.
daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und sie Rechtsstreitigkeiten betrifft,
- a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
- b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
- c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt.