Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.10.2013, Az.: 4 W 185/13

Grundbuchrechtlichen Voraussetzungen einer Rangänderung nach § 880 Abs. 1 BGB

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
17.10.2013
Aktenzeichen
4 W 185/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 47469
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2013:1017.4W185.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Springe - 19.09.2013

Fundstellen

  • FGPrax 2014, 7
  • Rpfleger 2014, 74-75
  • ZfIR 2013, 881

Amtlicher Leitsatz

Ein Zulassungsbeschluss i.S.v. § 111 h Abs. 2 StPO ersetzt die materiell-rechtlich erforderliche dingliche Einigung nach § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit die grundbuchrechtliche Bewilligung nach § 19 GBO nicht.

In der Grundbuchsache
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ... am 17. Oktober 2013
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers vom 2. Oktober 2013 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Springe vom 19. September 2013 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 200.000 EUR.

Gründe

I.

Für den Antragsteller ist im Grundbuch von B., Blatt ...9 (...) eine Grundschuld in Höhe von 200.000 EUR eingetragen. Vorrangig besteht für das Land Baden-Württemberg eine auf Grundlage von §§ 111 b Abs. 2 und 5, 111 d, 111 e Abs. 1 StPO erlassene Sicherungshypothek über ebenfalls 200.000 EUR. Durch rechtskräftigen Beschluss vom 2. Januar 2013, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Stuttgart (27 Gs 80/13) gemäß §§ 111 h Abs. 2, 111 g StPO u.a. ausgesprochen, dass die durch Vollzug des dinglichen Arrestes begründete Sicherungshypothek des Landes Baden-Württemberg über 200.000 EUR im Rang hinter den Rechten des (hiesigen und dortigen) Antragstellers zurücktritt.

Der Antragsteller hat im vorliegenden Verfahren gegenüber dem Grundbuchamt beantragt,

die Rangfolge dahingehend abzuändern, dass die für ihn eingetragene Grundschuld in Höhe von 200.000 EUR im Rang vor der Sicherungshypothek geführt wird.

Wegen des genauen Inhalts des Antrags wird auf den Schriftsatz vom 18. Februar 2013 Bezug genommen. Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 19. September 2013 den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Zulassungsbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 2. Januar 2013 ersetze nicht die - vom Antragsteller nicht vorgelegte - Bewilligung des zurücktretenden Berechtigten nach § 111 h Abs. 1 Satz 4 StPO, § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB. Wegen der genauen Begründung wird auf den genannten Beschluss Bezug genommen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Wegen der diesbezüglichen Argumentation wird auf den Schriftsatz vom 2. Oktober 2013 verwiesen.

II.

Die nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsteller begehrte Eintragung in das Grundbuch kann nicht erfolgen, weil eine Eintragungsbewilligung i.S.v. § 19 GBO in der Form des § 29 GBO nicht vorliegt.

Das Rangverhältnis unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist, kann nachträglich geändert werden, § 880 Abs. 1 BGB. Zu der Rangänderung ist materiell-rechtlich grundsätzlich die Einigung des zurücktretenden mit dem vortretenden Berechtigten und die Eintragung der Änderung in das Grundbuch erforderlich, § 880 Abs. 2 Satz 1 1. Hs. BGB. Ferner ist nach § 880 Abs. 2 Satz 2 BGB grundsätzlich zusätzlich die Zustimmung des Eigentümers erforderlich, sofern - wie vorliegend - eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld zurücktreten soll.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Zwar bedarf es im - wie hier - Anwendungsbereich des § 111 h StPO einer Zustimmung im letztgenannten Sinne nach § 111 h Absatz 1 Satz 3 StPO nicht. Dennoch ist auch in diesem Fall nach § 111 h Abs. 1 Satz 4 StPO im Übrigen § 880 BGB sinngemäß anzuwenden. Da es sich insoweit um eine Rechtsgrundverweisung handelt (vgl. Huber, Rpfleger 2002, 285, 293), ist daher auch im Fall des § 111 h StPO für den materiell-rechtlich wirksamen Rangrücktritt weiterhin die dingliche Einigung der beteiligten Grundpfandrechtsgläubiger erforderlich (vgl. Huber, a.a.O.; Rogall in SK-StPO, 4. Aufl., § 111 h Rn. 11). Eine diesbezügliche formale Eintragungsbewilligung des Landes Baden-Württemberg i. S. der §§ 19, 29 GBO hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Entgegen seiner Auffassung ist diese auch nicht im Hinblick auf den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 2. Januar 2013 entbehrlich. Denn ein Zulassungsbeschluss i.S.v. § 111 h Abs. 2 StPO ersetzt die materiell-rechtlich erforderliche dingliche Einigung nach § 880 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit die grundbuchrechtliche Bewilligung nach § 19 GBO nicht (vgl. Huber, a.a.O., S. 293; Rogall, a.a.O., Rn. 10, 12).

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 36 Abs. 1 GNotKG. Dabei hat der Senat den Nennbetrag der Sicherungshypothek des Landes Baden-Württemberg zugrunde gelegt (vgl. dazu z.B. OLG München, Beschlüsse vom 1. September 2011 - 34 Wx 203/11, [...] Rn. 7 und vom 15. März 2011 - 34 Wx 140/10, [...] Rn. 13).

2. Der Senat lässt nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 GBO die Rechtsbeschwerde zu. Die vorliegend entscheidungserheblichen Rechtsfragen, hinsichtlich der - soweit ersichtlich - weder Instanz- noch höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, bedürfen aus Sicht des Senats einer höchstrichterlichen Entscheidung.