Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 09.06.2015, Az.: 18 A 131/14

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis; Kinderpornographie; Sex-Chat

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
09.06.2015
Aktenzeichen
18 A 131/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45324
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein einschlägig disziplinarrechtlich vorbelasteter Lehrer, der über einen längeren Zeitraum Chat-Kontakte mit minderjährigen Schülerinnen pflegt, die mit sexuellen Themen durchsetzt sind, ist im Beamtenverhältnis nicht mehr tragbar.

Tenor:

Der Beklagte wird aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der am ... geborene Beklagte ist Lehrer für Biologie und Chemie am A. in B.. Sein beruflicher Werdegang gestaltete sich wie folgt:

Mit Wirkung vom C..2001 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe als Studienassessor am D. in E. eingestellt. Mit Wirkung vorn C..2002 wurde er unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Studienrat ernannt.

Nach erfolgreicher Bewerbung und der Anlassbeurteilung vom F..2004 mit der Note „gut' wurde dem Beklagten am G..2004 der Dienstposten eines Oberstudienrates übertragen. Nach erfolgreich absolvierter Erprobungszeit erfolgte am H..2004 die Ernennung zum Oberstudienrat. Mit Wirkung vorn C..2005 bis zum I..2010 erfolgte die Teilabordnung mit einem Viertel der Arbeitszeit an die Universität J., Fachbereich Chemie. In der Zeit vom K..2006 bis zum L..2008 wurde der Beklagte gem. § 38 Abs. 1 Nr 2 NDiszG vorläufig des Dienstes enthoben. Grundlage der vorläufigen Dienstenthebung war der Vorwurf des Sichverschaffens des Besitzes kinderpornographischer Schriften (§ 184 b Abs. 4 S. 1 StGB). Wegen dieses Vorwurfs wurde der Beklagte am M..2006 rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen a 90 Euro verurteilt. Das in diesem Zusammenhang eingeleitete Disziplinarverfahren wurde abgeschlossen mit der einvernehmlichen Versetzung des Beklagten zum N..2006 an das A. in B. unter gleichzeitiger Rückernennung in das Amt eines Studienrates auf eigenen Antrag.

Zum Sommersemester 2010 wurde eine Lehrtätigkeit an der O. Universität J. als Nebentätigkeit angezeigt.

Der Beklagte lebt in einer Partnerschaft und hat mit seiner Lebensgefährtin zwei gemeinsame Kinder im Vorschulalter.

Am 25.01.2011 vertraute sich die Schülerin der Klasse P. des Q. s R. ihrem Klassenlehrer an und berichtete, von einem Chat-Kontakt, den sie über das Wochenende mit dem Beklagten geführt habe. Am 27.01.2011 erfolgte durch den damaligen Schulleiter des Q. s in B. die Meldung über den Chat-Kontakt mit der Schülerin R.. Danach sei der Chat durchsetzt mit sexuellen Themen und sexistischen Anspielungen, durch die sich die Schülerin belästigt gefühlt habe.

Mit Verfügung vom 02.02.2011 verbot die Klägerin dem Beklagten das Führen der Dienstgeschäfte gem. § 39 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Am 04.02.2011 teilte der Schulleiter des Q. s mit, dass eine Befragung weiterer Schülerinnen auch den Chat-Kontakt mit der Schülerin S. T., deren Klassenlehrer der Beklagte war, aufgedeckt habe. Der Vater der Schülerin S. T. hatte dem Schulleiter zudem Auszüge aus den Chat-Protokollen zur Verfügung gestellt, welche ebenfalls übersandt wurden.

Am 15.02.2011 stellte der Vater von S. T. Strafantrag bei der Polizeidirektion J., Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde am 11.04.2011 durch die Staatsanwaltschaft J. nach § 170 Abs. 2 StGB eingestellt mit der Begründung. die Chat-Protokolle hätten zwar sexuelle Phantasien und Handlungen zum Gegenstand, seien aber aus rechtlichen Gründen nicht als pornografische Schriften i.S.v. § 184 StGB zu bezeichnen. Die von Herrn U. eingereichte Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens wurde von der Generalstaatsanwaltschaft Celle am 18.07.2011 zurückgewiesen.

Mit Verfügung vom 21.04.2011 leitete die Klägerin gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein; gleichzeitig enthob sie den Beklagten gem. § 38 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 NDiszG vorläufig des Dienstes und behielt gem. § 38 Abs. 2 NDiszG seine Bezüge in Höhe von 20% ein. Am 31.05.2011 erhielt der Beklagte die Möglichkeit zur abschließenden Stellungnahme gem. § 21 Abs. 4 NDiszG. Mit Verfügung vom 31.08.2011 ordnete die Klägerin die Einbehaltung der Bezüge in Höhe von 50 % an.  Mit Verfügung vom 17.10.2011 traf die Klägerin folgende Regelung: Für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.07.2011 wurde die Kürzung zurückgenommen, für die Zeit ab 01.08.2011 verblieb es bei der Einbehaltung von 50%.

Die bevollmächtigte Rechtsanwältin des Beklagten übersandte am 16.12.2011 eine nervenärztliche Stellungnahme vom 05.12.2011 des Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie, Dr. med. V.. Mit Bescheinigung vom 26.04.2012 wurde die Inanspruchnahme von Terminen im Rahmen einer verhaltenstherapeutischen Einzeltherapie bei dem Dipl-Psych. Dr. W. in J. angezeigt. Am 08.06.2012 legte die Bevollmächtigte des Beklagten eine erneute nervenärztliche Stellungnahme vom 04.06.2012, ausgestellt von Dr. med. V., vor. Am 15.02.2013 überließ die Rechtsanwältin der Klägerin eine Bescheinigung des Dipl-Psych. Dr. X., vom 24.01.2013, in der dieser erklärt, eine Entbindung des behandelnden Psychotherapeuten von der Schweigepflicht sei aufgrund des erforderlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Therapeut kritisch zu sehen. Mit Verfügung vom 22.10.2013 wurde der Beamte letztmalig zu einer abschließenden Stellungnahme nach § 21 Abs. 4 NDiszG angehört. Davon machte der Beklagte keinen Gebrauch.

Am 13.01.2014 hat die Klägerin Disziplinarklage erhoben mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.

Der Beklagte wurde angeschuldigt, dadurch ein schweres Dienstvergehen begangen zu haben, dass er

1.) mit der zum damaligen Zeitpunkt 15jährigen Schülerin S. T., deren Klassenlehrer er in Klasse Y. gewesen sei, im Zeitraum vom 24.10.2010 bis 16.12.2010 über soziale Netzwerke (facebook und icq) in Kontakt gestanden und die Schülerin in sexuell geprägte Gespräche verwickelt habe,

2.) mit der zum damaligen Zeitpunkt 16-jährigen Schülerin R., Schülerin in der Parallelklasse der Klasse Y., im Zeitraum vom 23.01.2011 bis 24.01.2011 über das soziale Netzwerk facebook eine Unterhaltung geführt habe, in der er sie über den intimen Umgang mit ihrem Freund auszufragen versucht habe. Auch habe er nach einem Aktfoto sowie dem Vorhandensein einer Webcam gefragt.

Dem Beklagten werden von der Klägerin folgende Tatsachen zur Last gelegt:

1.) Der Beklagte habe zunächst mit der zum damaligen Zeitpunkt 15 jährigen Schülerin S. Z., deren Klassenlehrer er in Klasse Y. war, im Zeitraum vom 24.10.2010 bis 16.12.2010 über soziale Netzwerke (facebook und icq) in Kontakt gestanden und die Schülerin in sexuell geprägte Gespräche verwickelt. An 32 Tagen habe es einen sich teilweise über Stunden hinziehenden Chat-Austausch gegeben, der gleich am ersten Tag von dem Beklagten auf die Themen körperliches Aussehen und Beziehungen zu Jungen gelenkt worden sei. Dabei habe der Beklagte geschlechtliche Aspekte deutlich in den Vordergrund gerückt und insbesondere gezielt Fragen gestellt, die das Sexualleben seiner Schülerin betroffen hätten. Am 24.10.2010 seien S. s körperliche Vorzüge gelobt worden, und der Beklagte habe die Frage gestellt, ob jeder „Kerl'', den sie gehabt hätte, „genau gleich" gewesen sei. Bereits zwei Tage später habe der Beklagte die Schülerin gefragt: "Wann hattest du den ersten?". (26.10.2010, 23:37). Die Intensität der Übergriffigkeit des Beklagten habe schnell zugenommen. Schon am 02.11.2010 fänden sich ausgiebige Erörterungen zu Stellungen beim Geschlechtsverkehr einschließlich insistierender Nachfragen des Beklagten über die Erfahrungen der Schülerin.

Ausgehend von dem sicherlich keineswegs sexuell gemeinten Kommentar der Schülern am 02.11.2010 um 21:21 Uhr („dann reiten sie nicht so drauf rum") habe der Beklagte versucht, das Wort „reiten' in einen sexuellen Kontext zu setzen (bezogen auf den Freund der Schülerin: „der wird mir sicher bestätigen. dass du es gut kannst', 02.11.2010, 21:24; „wenn man länger zusammen ist, dann kenn ich das so, dass r. was sehr gängiges und beliebtes ist.", 02.11.2010, 22:11: „das schöne an r. ist ja, dass sie mal die Aktivität übernimmt“, 02.11.2010, 22:49). Auf die Nachfrage des Beklagten, ob reiten auch in der Generation der Schülerin gängig und beliebt sei ("oder seh ich das falsch, du bist ja ne andere Generation'''. 02.11.2010, 22:14) sei die Schülerin insoweit eingegangen, dass ihre Generation auch veränderte Versionen der Missionarsstellung gerne verwende (02.11.2010, 22:42). Dies habe der Beklagte zum Anlass genommen, das Gespräch auf Orte für sowie Stellungen beim Geschlechtsverkehr zu lenken. Nachdem die Schülerin erwähnt habe, dass sie mit ihrem Freund den Esstisch eingeweiht habe (02.11.2010, 22:49), habe der Beklagte ergänzt, dass der Tisch einer seiner Lieblingsorte sei und nachgefragt, ob die Schülerin ihre Beine auf den Schultern ihres Freundes gehabt hätte (02.11.2010, 22:50). Die weiteren Ausführungen der Schülerin zu einer Stellung („Bei der veränderten Missionarsstellung sind die Beine hinter seinem Kopf“ 02.11.2010, 22:52) habe der Beklagte mit „klingt gut" kommentiert (02.11.2010, 22:53). Schließlich habe der Beklagte der Schülerin noch die Kühlerhaube des Autos im Sommer empfohlen und sie bekräftigt, dies doch auszuprobieren (02.11.2010, 22:53, 22:55). Im weiteren Verlauf habe der Beklagte die Schülerin zu Oralsex befragt (02.11.2010, 22:55 - ca. 23:00), sich nach ihrer Lieblingsstellung erkundigt (02.11.2010, 23:10), seine Vorlieben ausgeführt (02.11.2010, ab 23:13) und sich über verschiedene Stellungen, wie im Einzelnen das Sexualleben der Schülerin mit ihrem Freund ablaufe, unterhalten (02.11.2010, 23:16 – 23.43). Schließlich habe er angeboten, der Schülerin und ihrem Freund einen Chemieraum zur Nutzung zum Geschlechtsverkehr aufzuschließen (02.11.2010, 23:29). Als die Schülerin das Gespräch auf ein ernstes Thema gelenkt habe – Verlusterfahrung ihres Freundes durch den Tod seiner Mutter, als er 15 Jahre alt war (02.11.2010, 23:43) – habe der Beamte sein Interesse verloren („ich glaub ich muss nu mal schlafen...", 02.11.2010, 23:45).

In den Folgetagen sei das Gespräch immer wieder schwerpunktmäßig um derartige Sexualthemen gekreist, wobei plastische Details nicht ausgespart worden seien, sondern ihnen geradezu nachgespürt worden sei (z.B. 03.11.2010, 21:16-00:00: „bist du denn tatsächlich richtig wild dabei?`“ „denke, ich bin mehr und öfters rattig“; „weiß ja jetzt, dass du sexgeil bist"; „findest eigentlich beim Kerl ganz rasiert auch wichtig oder egal?"; „war mir klar, dass ihr Sex habt, nur das so wild, hemmungslos und viel hätte ich nicht geschätzt"; „ist seiner etwa so riesengroß?"; „an sich ja schön, wenn man richtig was spürt und gut ausgefüllt ist': "passt er denn in deinen Mund?"; „ist er viel größer als die vorher?"; „er war doch nicht dein erster?"; „aber hattest ja sicher schon vor ihm mal"; „haste ihn mal vermessen?"; „und ihr plant jetzt einen vierer?"; „irgendwann wirste das mal probieren mit Popo, kann schon gut sein"; „der Kerl muss schon vorsichtig sein - langsam rantasten"; „ohne Gel geht nicht"; „bist du laut dabei?“, 04.11.2010, 19:59 - 20:17, „so richtiges schnelles rammeln meinste?"; „p. (für Porno) könnt ihr ja mal drehen"; „aber wundert mich, dass er nie bei dir reinmacht wie du sagtest, das ist doch gerade ein tolles Gefühl“, 11.11.2010, 23:04; „Sex am Strand hat auch was“).

Ab dem 05.11.2010 hätten diese Themen zunächst nicht mehr so deutlich im Vordergrund gestanden, nachdem S. geäußert habe: „Mir ist lieber. wenn wir nicht so unter die Gürtellinie gehen bei unseren Gesprächen hier“ (19:53). Der Beklagte habe sich auf dieses leichte Abwehrverhalten eingestellt und es durch ein Nachhilfeangebot im Fach Chemie geschafft, sich auf seriöse Weise Vertrauen zu erwerben (Chats am 09.11.2010, ab 22:55 und 10.11.2010 ab 23:22). Aus dem Chat-Protokoll vom 29.11.2010 könne entnommen werden, dass es zu dieser Nachhilfe – in den Räumen der Schule - auch gekommen sei. Eine Steigerung habe der Chat-Austausch dann Ende November erfahren, indem der Beklagte die Ausübung von Geschlechtsverkehr – allerdings mit einer anderen Schülerin – auf dem Weihnachtsmarkt in J. angesprochen habe. Spielerisch sei ein gedachtes Treffen durchgesprochen worden, bei der sich der Beklagte der von S. mitzubringenden Mitschülerin AA., für die der Beklagte offenbar besondere Sympathie gehegt habe, widmen könne, während S. die – im Babyalter stehende - Tochter des Beklagten in ihre Obhut nehme (z.B.: 28.11.2010, 22:03 - 23:47: "also bisschen rummachen sicher kein Thema, aber so richtig?"; „also ich muss zugeben. die Vorstellung so auf dem WM…“  ,aber wenn er so richtig rattig ankommt, würdest sicher ihm den Wunsch erfüllen"; „du hast von f... auf wm geredet ganz plötzlich"; „,lass dir Zeit und ich alleine mit ihr (AA.) in der Küche?"; "glaube mit euch wäre ich dann lieber solo da": S.: „Sie bringen Seife mit und dann lasse ich sie mit AA. irgendwo allein").

Im weiteren Verlauf seien immer wieder Sexualpraktiken sowie jetzt verstärkt der Sexualverkehr unter Beteiligung von 3 oder 4 Personen erörtert worden, wobei gedanklich unter Nennung von bestimmten Personen die Situationen ausgemalt worden seien (beginnend am 29.11.2010, 21:39 - 21:43: 23:35, z.B.; „hat dich also gereizt über dreier?"; ,werde mal heiß duschen, willste mit?"; S.: „wir gehen jetzt zs duschen"; fortgesetzt am 02.12.2010 zu der Frage des Sex, ohne sich zu kennen: 22:43-22:52: „kennst du so wen?; zur Beteilung von 3 oder 4 Personen beim Sexualverkehr, 02.12.2010. 22:56-23:51: „ich hab noch keine dreier gehabt"; „Kerle träumen ja meistens mal von zwei XX"; „na ganz abgeneigt biste ja aber auch nicht"; "kennste wen der das in deinem Alter schon gemacht hat?"; „wenn, würdest du sicher nicht mit zwei kerlen, nehm ich an"; S.: ,,ich dachte, sie wollen mit 2 Frauen?!": Beklagter: ja lieber; 16.12 2010. 00:06: „Dann machen wir es zu viert"),

Schließlich habe sich der Beklagte der Schülerin ab dem 29.11.2010 beim Chatten mittels Webcam gezeigt, wobei er hin und wieder gefragt habe, ob er seinen Pullover ausziehen dürfe, weil ihm zu warm sei (z.B. 29.11.2010, 21:18; 05.12.2010, 19:45). Seine mehrmaligen Anläufe, die Schülerin zum Einsatz einer Webcam zu bewegen, seien gescheitert (29:11.2010, 21:14 und 21:20: „besorg mal cam, damit ich dich auch sehen kann"). Auch sein Angebot, S. ein solches Gerät zu schenken, sei von ihr nicht aufgegriffen worden (29.11.2010, 21:25), Sie habe ihm allerdings mindestens ein Foto geschickt (29.11.2010, 21:26: „damit sie jetzt endlich nen bild von mir haben, nackig"), woraufhin er „aber ruhig etwas nackiger noch" gefordert habe (29.11.2010, 21:30). Seine Bitte, ihm ein „schönes Urlaubsfoto am Strand“ zukommen zu lassen, habe S. mit der Antwort quittiert: „Ich habe gar keine Bikini-Bilder.“

Der letzte Chat-Austausch habe in der Nacht vom 15.12.2010 auf den 16.12.2010 stattgefunden. S. habe dem Beklagten erzählt, dass ihre Mutter recht unbefangen mit ihr über sexuelle Dinge rede. Der Beklagte habe gemeint, das könne ja auch Thema beim Elternsprechtag werden, in Gegenwart von S.. Als diese eingeworfen habe. dass dann ihr Freund aber auch dabei sein solle, habe der Beklagte entgegnet: „Dann machen wir es zu viert."

2.) Nachdem der Chat-Kontakt zu S. T. abgebrochen worden sei, weil diese — nach Angaben gegenüber ihrem damaligen Schulleiter — den Beklagten in einem Facebook-Eintrag als „pädophil" bezeichnet haben solle, habe der Beklagte mit der zum damaligen Zeitpunkt 16jährigen Schülerin R., Schülerin in der Parallelklasse der Klasse Y., am 23.01.2011 über das soziale Netzwerk facebook unter dem Stichwort „Küssen" Kontakt aufgenommen. AB. habe sich zuvor als Freundin auf der Facebook-Seite des Beklagten eingetragen. In einem Chat, der sich am 23.01.2011 von 13:34 bis 13:43 Uhr und von 17:33 bis 20:03 Uhr hingezogen habe, habe sich der Beklagte, nachdem die Schülerin ihre schlechten Leistungen in Chemie beklagt habe, geäußert: „Du kannst eben nur die praktische Biologie." Nachdem die Schülerin im weiteren Verlauf erklärt habe, sie müsse zu einem "shooting", habe der Beklagte dies gleich aufgegriffen, um nach der Art der Fotos zu fragen. Als sich herausgestellt habe, dass es sich um Aktfotos handelte, habe der Beklagte die Schülerin danach gefragt, eines sehen zu dürfen („kannst ja dann mal zeigen'). In diesem Zusammenhang habe der Beklagte immer wieder versucht, sexuelle Anspielungen — auch in Bezug auf sich und die Schülerin – zu platzieren. So habe er um 18:05 Uhr geäußert „aber so was unanständiges, wie du es mit deinem Freund machst, machen wir natürlich nicht". Der Beklagte habe das Gespräch um Aktfotos fortgesetzt und erörtert  „vor allem Frauen Akte", „sind einfach schöner als Männer", „schönere Rundungen". Der Beklagte habe dann im weiteren Gesprächsverlauf (ab ca. 19:10 Uhr) versucht, AB. zu Aussagen über den intimen Umgang mit ihrem Freund zu bringen. Beispielsweise habe er nach Nachfragen, ob ihr Freund bei AB. sei, geäußert: „da ist ja dann doch nicht so viel mit rumknutschen" oder „da müsst ihr die we dann ja richtig ausnutzen" und „kommt ihr aus der wanne gar nicht mehr raus sicher.“ Auf die Mutmaßung des Beklagten, dass AB. „sowas nicht wichtig“ sei, habe er weiter ausgeführt: „ach...also doch wichtig; wusste ich es doch: klar bei seinem Knackpo und dem tollen Geruch".

Nachdem sich AB. auf Nachfrage des Beklagten („und was ist für Frau das tollste?") um 18:51 äußert „hmm....der Geruch und die Augen“ , habe der Beklagte dieses Thema um 19:23 im Zusammenhang mit Fragen nach dem Freund der Schülerin wieder aufgegriffen („was denn dein Lieblingsmännerduft?"). U.a. wird gemutmaßt. ob der Beklagte den richtigen Duft benutze und die Schülerin sonst ggf. seinen Unterricht nicht riechen könne. Auch dem Vorhandensein einer Webcam sei nachgespürt worden. AB. sei auf die „Angebote" des Beklagten nicht so bereitwillig eingegangen wie S.. Nachdem es der Beklagte am Folgetag in einem Chat von 21:34 Uhr bis 22:44 Uhr noch einmal versucht habe, die Schülerin in sexuell geprägte Gespräche zu verwickeln und dabei u.a. gefragt habe, ob sie ihren Freund nie „massiere", habe sich die Schülerin an ihre Mutter gewandt und ihr den Sachverhalt mitgeteilt.

Der Beklagte habe durch sein Verhalten schuldhaft die ihm obliegende Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten außerhalb des Dienstes nach § 34 S. 3 BeamtStG verletzt und damit ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG begangen. Das außerdienstliche Verhalten sei ein Dienstvergehen, weil es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet sei, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Der Beklagte habe schuldhaft, nämlich zumindest grob fahrlässig gehandelt, weil er bei seinen Handlungen die Verletzung seiner beamtenrechtlichen Pflichten ernsthaft für möglich gehalten und dies billigend in Kauf genommen habe.

Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen sei nach disziplinarischer Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden, weil der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit durch das schwere Dienstvergehen endgültig verloren habe (§ 14 Abs. 2 S. 1 NDiszG).

Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung einer Disziplinarmaßnahme sei zunächst die Schwere des Dienstvergehens. Die Wahrung der (psychischen) Integrität der Schülerinnen, die Pflicht zur Gewährleistung ihrer behutsamen Entwicklung sowie Anspruch und Vertrauen der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern darauf, dass Lehrer das Obhuts- und Näheverhältnis zu den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern nicht zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausnutzen, verpflichteten den Lehrer dazu, sich in sexueller Hinsicht auch verbal uneingeschränkt korrekt zu verhalten (vgl. Bay. VGH Urteil vom 13.06.2012, Az. 16a D 10.1098. RdNr. 41). Der Beklagte habe hier insbesondere auch in der Funktion als Klassen- und Fachlehrer das bestehende besondere Vertrauensverhältnis zu den minderjährigen Schülerinnen und Schülern sowie seine Stellung, aufgrund derer die Kinder und Jugendlichen ihm in besonderer Art und Weise anvertraut seien, missbraucht, indem er die minderjährigen Schülerinnen unter Ausnutzung der aufgrund seiner Stellung als Lehrer naturgemäß vorhandenen Nähe in sexuell geprägte Gespräche verwickelt habe, um eine Neigung zu einer stark forcierten Sexualisierung von Lebenssachverhalten auszuleben, Zudem habe er diese Gespräche immer wieder über eine lange Zeit hinweg mit derselben Motivation geführt und in der Intensität der Sexualisierung stetig gesteigert. Der Beklagte habe damit in gröbster Weise die Erfüllung seiner ureigensten Dienstpflicht, nämlich der Vermittlung der Erziehungsaufgaben, vernachlässigt und mit seinem Verhalten massiv gegen die Pflicht zu vorbildlichem, zuverlässigem und moralisch-sittlich nicht zu beanstandendem Verhalten verstoßen. Besonders zu berücksichtigen sei dabei, dass er ein Weltbild vermittelte, in dem der Mensch zuvörderst als Sexualobjekt erscheine und dabei billigend Entwicklungsstörungen der Jugendlichen sowie die erhebliche Beeinträchtigung deren psychischer Integrität in Kauf genommen habe. Der Beklagte habe daher einen massiven Verstoß nicht nur gegen seine ihm obliegenden Erziehungsaufgaben begangen, sondern er habe in schwerwiegender Weise auch die psychische Integrität der Schülerinnen und Schüler sowie das elterliche Erziehungsrecht verletzt. Er habe zudem die von einer Lehrkraft geforderte Distanz auf sittlichem Gebiet zu den Schülerinnen in vorwerfbarer Weise massiv überschritten. Darin liege hier der Schwerpunkt des Fehlverhaltens des Beklagten.

In solchen Fällen stehe jedenfalls dann in der Regel die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Folge, wenn der Beamte – wie hier – einer Gruppe angehöre, die – allgemein oder unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der sexuellen Integrität von Kindern und Jugendlichen – besonders in die Pflicht genommen und zu vorbildlichem Verhalten aufgerufen sei. Hierzu zähle die Gruppe der Lehrer, die wegen der Begehung eines solchen Dienstvergehens regelmäßig untragbar für den Dienstherrn würden. Diese Wertung stehe im Ergebnis häufig auch im Falle des Besitzes kinderpornographischer Dateien oder Schriften bei Lehrkräften und sei im Wege der Parallelwertung auf den vorliegenden Fall übertragbar. Ein Vergleich der Fallgestaltungen zeige, dass der hier vorliegende Vorwurf des Chatverkehrs mit Schülerinnen mit sexualbezogenen Themen ähnlich schwer, wenn nicht sogar schwerer wiege. Die geschilderte besondere kriminelle Energie des Beklagten, die Massivität des Eingriffs in geschützte Rechte und die Berücksichtigung der besonderen Stellung und Funktion der Lehrkraft kennzeichneten die besondere Schwere seines Handelns und rechtfertigten daher gerade nicht das Absehen von der Disziplinarmaßnahme zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Ein solches Verhalten, die eigenen sexuellen Interessen über die ungestörte emotionale und seelische Entwicklung der ihm anvertrauten Schülerinnen zu stellen, lasse einen irreparablen Vertrauensverlust entstehen, der es den Schülerinnen und ihren Eltern unzumutbar mache, sich oder ihr Kind einem solchen Lehrer weiterhin anzuvertrauen. Gleiches gelte für den Dienstherrn des Beklagten, denn er sei für die Wahrung der Würde und Entwicklung der Schülerinnen und Schüler verantwortlich Das Verhalten des Beklagten sei hier schließlich auch geeignet, das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern in seine Vertrauenswürdigkeit aufs Schwerste zu beeinträchtigen bzw. nachhaltig zu zerstören, so dass dienstliche Belange besonders gefährdet seien.

Es lägen auch keine Milderungsgründe bzw. entlastende sonstige Gesichtspunkte vor, die dazu führten, dass das Verhalten in einem milderen Licht erscheine mit der Folge, dass es bei der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bleibe. Zwar habe sich der Beklagte nach Aufdeckung seiner Verfehlung bemüht, das Vertrauen des Dienstherrn wieder zu gewinnen, indem er sich in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2011 in eine nervenärztliche sowie eine psychologische Behandlung begeben habe. Schon weil die Therapie weder abgeschlossen sei noch kurz vor dem Abschluss stehe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die dem vorgeworfenen Verhalten zugrunde liegenden Umstände bzw. Problemfelder bereits behoben worden seien. Vor diesem Hintergrund könne daher gerade nicht mit einem hinreichenden Maß an Sicherheit (im Sinne der Fürsorge für die ihm anvertrauten Schülerinnen und Schüler) ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zukünftig nicht mehr in der vorgeworfenen erheblichen Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen werde. Angesichts des endgültig verlorenen Vertrauens könne es im Übrigen auch nicht darauf ankommen, ob der Beklagte die Therapie zu irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft abgeschlossen haben werde.

Die aufgezeigten entlastenden Umstände reichten daher nicht aus. um noch von einem Restvertrauen auszugehen. Im Gegenteil, erschwerend komme hinzu, dass der Beklagte bereits einschlägig disziplinarisch — wenn auch nicht durch gerichtliche Verurteilung — vorbelastet sei, und zwar wegen des Sichverschaffens  und des Besitzes kinderpornografischer Schriften im Jahr 2006. Aufgrund dieser Vorwürfe sei auch ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, das mit der Zurückstufung abgeschlossen worden wäre (s. Vermerk von Herrn AC. vom 30.06.2006), wenn der Beklagte nicht vor Verfahrensabschluss einen eigenen Antrag auf Zurückstufung gestellt hätte. Offenbar habe also die damalige sogar strafrechtliche Verurteilung und die disziplinarische Verfolgung nicht die damit bezweckte Wirkung entfaltet, den Beklagten für die Zukunft zu einem ordnungsgemäßen Verhalten anzuhalten. Im Gegenteil, er sei erneut in einem vergleichbaren Bereich auffällig geworden. Unberücksichtigt bleiben könne auch der Umstand, dass das gegen den Beklagten parallel eingeleitete Strafverfahren gern. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Grundlage dieser Einstellung sei nämlich nicht die fehlende Feststellbarkeit des vorwerfbaren Sachverhaltes, sondern vielmehr der Umstand, dass der zugrundeliegende Sachverhalt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 184 StGB nicht erfülle. Das ändere nichts an der disziplinarrechtlichen Vorwerfbarkeit

Nach alledem ergebe die Gesamtwürdigung, dass das für die Aufrechterhaltung des Beamtenverhältnisses unerlässliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dienstherrn endgültig zerstört sei. Der Beklagte sei daher nach § 14 Abs. 2 S. 1 NDiszG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

die Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst zurück-

zuweisen und auf eine mildere Maßnahme zu entscheiden.

Zur Begründung trägt er vor:

Die Chatverläufe habe es gegeben. Er bedauere zutiefst, diese geführt zu haben. Er könne versichern, für die Zukunft auszuschließen, dass es derartige Chats gebe.

Gleichwohl müsse bemängelt werden, dass die Chatverläufe zum Teil aus dem Zusammenhang gerissen werden. In dem Chat mit S. fänden sich ebenso viele Passagen, in denen es um andere Themen, z. B. Schule, Fußball, Essen oder Beziehungen und Kinder gegangen sei. Bei der Bewertung des Chats müsse ebenfalls die typische Chatsprache mit einbezogen werden. Allein das Fehlen der dazugehörigen "Smilies" vermittele nur einen unvollständigen Eindruck, da hier ja auch viel mit Ironie, Übertreibungen, Witz und Unsinn geschrieben worden sei. Solche Art von Gespräch habe es und hätte es real auch nie gegeben - der Chatroom stelle sich dar wie eine eigene Welt.

Bei den in der Klageschrift angerührten Zitaten bleibe außer acht, dass es oft auch AD. gewesen sei, die das Thema auf sexuelle Fragestellungen gelenkt habe. Dies solle nicht den Eindruck erwecken, als sollte S. dadurch be- und er entlastet werden. Es sei vielmehr wichtig, den vollständigen Chatverlauf zu kennen, um diesen in einem zutreffenden Kontext zu verstehen und zugrunde zu legen.

Der Chat mit AB. habe über einen kurzen Zeitraum stattgefunden.

Das von ihm begangene Dienstvergehen sei nach disziplinarischer Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände nicht mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden.

Bei der Bemessung der Schwere des Dienstvergehens gehe die Klägerin zu Unrecht davon aus, dass er durch sein Verhalten "die psychische Integrität der Schülerinnen und Schüler sowie das elterliche Erziehungsrecht verletzt" habe. Hierzu sei zu sagen, dass insbesondere die Eltern von S. gegenüber ihm zu keinem Zeitpunkt geäußert hätten, dass ihre Tochter aufgrund der Chatverlaufes Schaden genommen hätte. Dem sei auch nicht so. Warum in der Klageschrift immer wieder die Rede von "Schülerinnen und Schülern" sei, wobei es sich um einen Chat mit zwei Schülerinnen gehandelt habe, bleibe offen.

Der Rückgriff auf die Rechtsprechung und Einschätzung zu Fällen des Besitzes kinderpornographischer Dateien oder Schriften bei Lehrkräften sei unzulässig und könne nicht im Wege der "Parallelwertung" auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Auch bedürfe es keiner "kriminellen Energie", um einen Chat mit einer Schülerin zu führen. Hier unterliege die Klägerin einer Fehleinschätzung. An dieser Stelle dürfe auch nicht unerwähnt bleiben, dass das Verfahren unter strafrechtlichen Gesichtspunkten ungeahndet geblieben sei.

Die Klägerin bewerte die Therapien des Beklagten bei dem psychologischen Psychotherapeuten Dr, AE. und dem Arzt für Neurologie Dr. AF. unzutreffend. Die Klägerin hätte von sich aus Gelegenheit gehabt, wie von Herrn AC. auch angedacht und beabsichtigt, eine erneute Stellungnahme von Dr. AF. einzuholen. Die Schweigepflichtsentbindungserklärung sei angefordert und gegeben worden. Die Klägerin sei jedoch tatenlos geblieben. Die Therapie sei abgeschlossen, er habe sich im Rahmen der Therapie selbstkritisch und problemeinsichtig mit seinem Verhalten in den Jahren 2010/2011 sowie 2005/2006 auseinander gesetzt. Dies belegt die als Anlage beigefügte nervenärztliche Stellungnahme des behandelnden Arztes für Neurologie Dr. med. AG. vom 12.02.2014. Dort heiße es:

"Aus der Sicht meines Fachgebietes ist zu konstatieren, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den zurückliegenden Ereignissen stattgefunden hat. Ich sehe keine Rückfallgefahr und schätze die weitere Prognose als durchaus günstig ein."

Diese Stellungnahme mache deutlich, dass die Klägerin von falschen Tatsachen ausgehe. Die Therapie sei abgeschlossen. Die dem vorgeworfenen Verhalten zugrunde liegenden Umstände bzw. Problemfelder seien bearbeitet und behoben, es sei eine positive Prognose zu konstatieren. Er habe sich in der Therapie ausführlich über viele Stunden hinweg mit der Aufarbeitung der Geschehnisse auseinander gesetzt. Dies betreffe sowohl die früheren Vorfälle, als auch den aktuellen. Im Zeitraum zwischen Januar 2012 bis zum Juni 2013 seien bei regelmäßiger Frequenz 26 Sitzungen durchgeführt worden. Er könne versichern, nach dieser intensiven Aufarbeitung und Reflexion der eigenen Handlungsweise zukünftig jegliches Fehlverhalten ausschließen zu können. Ihm sei heute bewusst, dass sein Verhalten unangemessen gewesen sei und werde zukünftig eine professionelle Distanz zu den Schülerinnen und Schülern einhalten.

Insofern sei auch der aus dem falschen Sachverhalt gezogene Schluss, von einem Restvertrauen können nicht ausgegangen werden, zwangsweise fehlerhaft. Bei zutreffender Würdigung lägen Umstände vor, die die Annahme eines Restvertrauens des Dienstherrn in den Beklagten rechtfertigten.

Diese Annahme sei auch aus einem anderen Gesichtspunkt heraus gerechtfertigt: Dem Verhalten der Klägerin. Der bisherige Gang des Disziplinarverfahrens werde nur unvollständig wiedergegeben. Der Verlauf des außergerichtlichen Disziplinarverfahrens sei geprägt durch einen intensiven Kontakt seiner Bevollmächtigten mit dem damaligen Sachbearbeiter AC.. Es habe zahlreiche Telefonate gegeben, dieses ergebe sich auch aus dem gewechselten Schriftverkehr. Bereits am 02.05.2012 habe es - nachdem dies telefonisch vorbereitet worden sei - ein gemeinsames Gespräch zwischen Herrn AC., der im Monat April 2013 in Pension gegangen sei, und seiner Prozessbevollmächtigten gegeben. Sinn des Zusammentreffens sei gewesen, dass sich Herr AC. als Vertreter der Klägerin ein Bild von ihm machen und eine mögliche Perspektive erarbeiten könne. Beides sei geschehen. Es sei die Perspektive erörtert worden, dass er im Bereich der Erwachsenenbildung weiter beschäftigt werden könne. Dies hätte den Vorteil, dass er keine Berührung zu Kindern und Jugendlichen haben würde. Herr AH. habe angekündigt, beim zuständigen Ministerium nachzuhaken, ob eine solche Möglichkeit von dort aus gebilligt werden würde. Bei einem gemeinsamen Treffen mit ihm, seiner Bevollmächtigten und Herrn AC. habe Herr AC. geäußert, es sei wünschenswert, den Beklagten weiter im Schuldienst zu beschäftigen. Herr AC. habe vorgehabt, mit dem Ministerium über seinen Verbleib im Schuldienst zu verhandeln. Grundlage dafür sollten die Atteste sein, die bereits vorgelegen hätten. Mit dem Weggang von Herrn AC. sei seitens der Landesschulbehörde nach einer Beschäftigungsmöglichkeit in der Erwachsenenbildung gesucht worden. Hätte es in der Erwachsenenbildung eine geeignete Stelle mit seiner Fächerkombination gegeben, so wäre er dort weiter beschäftigt worden. Eine Weiterbeschäftigung sei an der Auffindung einer geeigneten Stelle gescheitert, nicht an dem fehlenden Restvertrauen. Wenn nun von der Klägerin behauptet werde, seitens des Dienstherrn sei kein "Restvertrauen" gegeben, so setze sie sich ganz offensichtlich in Widerspruch zu dem eigenen Verhalten.

Seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dies folge bereits daraus, dass es mildere Maßnahmen gebe, die den gleichen Zweck genauso gut erfüllten. Er könne im Bereich der Erwachsenenbildung eingesetzt werden. In diesem Fall wäre es gänzlich ausgeschlossen, dass er mit Kindern und Jugendlichen zu tun hätte. Der von der Klägerin beabsichtigte Zweck, insbesondere jüngere Schülerinnen und Schüler zu "schützen", wäre dann ebenso erfüllt.

Die Wiederholungsgefahr bzw. die Gefahr des "Rückfälligwerdens" habe sich nicht bestätigt. Im Verhältnis zu dem vorangegangenen Verfahren handele es sich bei dem nun zu Beurteilenden nicht um ein "erneut vergleichbares, zwielichtiges Sexualverhallen". Die beiden Verhaltensweisen seien nicht vergleichbar. Bei dem jetzigen Verfahren handele es sich um verbale Entgleisungen, die natürlich so nicht hätten fallen dürfen - das sei ihm auch bewusst.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin einen Vermerk der Sachbearbeiterin AI. vom 30.09.2013 vorgelegt, mit dem sie den Leiter der Landesschulbehörde um Zustimmung bitte, das gegen den Beklagten geführte Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Zurückstufung des Beamten, nicht seiner Entfernung weiterzuverfolgen; auf das Schriftstück wird Bezug genommen.

Einen Beweisantrag des Beklagten, den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. AF. als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung abgelehnt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Beklagte hat vorsätzlich handelnd ein Dienstvergehen i.S. d. § 47 Abs.1 BeamtStG begangen (1.). Dieses Dienstvergehen macht seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gem. § 11 NDiszG erforderlich (2.). Dies ließ sich feststellen, ohne dem von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nachzugehen.

1.  Das Verhalten des Beamten muss nach § 34 S. 3 BeamtStG der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Diese Pflicht hat der Beklagte durch ein außerdienstliches Verhalten verletzt, das in besonderem Maße geeignet ist, dass Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Er hat dadurch ein außerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG begangen.

a) Es ist erwiesen, dass er mit der zum damaligen Zeitpunkt 15jährigen Schülerin S. T., deren Klassenlehrer er in Klasse Y. gewesen ist, im Zeitraum vom 24.10.2010 bis 16.12.2010 über soziale Netzwerke (facebock und icq) in Kontakt gestanden und mit der Schülerin Gespräche über sexuelle Phantasien und Sexpraktiken geführt hat, und dass er mit der zum damaligen Zeitpunkt 16-jährigen Schülerin R., Schülerin in der Parallelklasse der Klasse Y., im Zeitraum vom 23.01.2011 bis 24.01.2011 über das soziale Netzwerk facebock eine Unterhaltung geführt hat, in der er sie über den intimen Umgang mit ihrem Freund befragt sowie sich nach einem Aktfoto sowie dem Vorhandensein einer Webcam erkundigt hat. Die in der Disziplinarklageschrift dem Beklagten zur Last gelegten Tatsachen hat der Beklagte selbst nicht in Abrede gestellt. Die Einzelheiten des Chats mit der Schülerin S. T. sind auf 344 Seiten (Beiakten C und D) protokolliert, ebenso die Einzelheiten zu dem Chat mit der Schülerin R. (Bl. 4 bis 40 der Beiakte E).

b) Das Dienstvergehen ist als außerdienstliches zu qualifizieren, weil das pflichtwidrige Verhalten des Beklagten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war, sondern außerhalb des Dienstes stattfand.

c) Das außerdienstliche Verhalten des Beklagten ist ein Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG, da es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

Der Beklagte muss mit dem vorgeworfenen außerdienstlichen Verhalten gegen die Pflicht zu vertrauenswürdigem Verhalten im Sinne des § 34 S 3 BamtStG verstoßen. Wegen des Umstandes, dass die Verfehlung außerdienstlich erfolgt ist, muss sich die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens auch auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne beziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.08.2010: Az: 2 C 5.10, RdNr, 14).

Der Verstoß gegen die Pflicht zu vertrauenswürdigem Verhalten ebenso wie der erforderliche Amtsbezug liegen hier vor. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung in dem Amt im konkret-funktionellen Sinn zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urteil vorn 19 08.2010. Az: 2 C 5.10, RdNr. 15). Dies ist hier der Fall, weil die außerdienstliche Verwicklung ihm anvertrauter Schülerinnen in sexuell geprägte Gespräche bei einem Lehrer, insbesondere wenn es auch noch der Klassen- und Fachlehrer ist, einen erheblichen Persönlichkeitsmangel indiziert, der Anlass zu Zweifeln an seiner Eignung gibt, der einem Lehrer als Dienstpflicht obliegenden Erziehungsaufgabe gegenüber den ihm anvertrauten Schülerinnen und Schülern jederzeit gerecht zu werden. Nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens ist ein Lehrer bei der Aufgabenwahrnehmung zumindest stark beeinträchtigt, weil er durch ein absolut inakzeptables Verhalten das Obhuts- und Näheverhältnis zu den ihm anvertrauten Schülerinnen zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausgenutzt und dabei in Kauf genommen hat, die psychische Integrität junger Menschen zu verletzen, deren Schutz und Erziehung ihm als Dienstpflicht obliegt und anvertraut ist. Der Beklagte hat die aufgrund seines Umgangs mit minderjährigen Schülerinnen naturgemäß vorhandene Nähe ausgenutzt, um eine Neigung zu einer stark forcierten Sexualisierung von Lebenssachverhalten auszuleben, indem er die Schülerinnen in sexuell geprägte Gespräche verwickelt hat; es kommt erschwerend hinzu, dass die Gespräche immer wieder über eine lange Zeit hinweg mit derselben Motivation geführt und in der Intensität der Sexualisierung gesteigert wurden. Dadurch hat der Beklagte seinen erzieherischen Auftrag in grober Weise missbraucht. Er vermittelte ein Weltbild, in dem der Mensch zuvörderst als Sexualobjekt erscheint, Er hat die von einer Lehrkraft geforderte Distanz auf sittlichem Gebiet zu den Schülerinnen in vorwerfbarer Weise massiv überschritten und damit auch das elterliche Erziehungsrecht verletzt und erhebliche Persönlichkeitsmängel offenbart.

Diese Umstände reichen für sich genommen aus, hier einen amtsbezogenen Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Sinne des § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG anzunehmen, da das Verhalten mit dem Bildungsauftrag der Schule unvereinbar ist und dessen Erfüllung durch den Beklagten zweifelhaft erscheinen lässt,

d) Der Beklagte handelte auch schuldhaft, nämlich zumindest grob fahrlässig. Bei gehöriger Überlegung hätte er erkennen müssen, dass er gegen seine Pflicht zu vertrauenswürdigem Verhalten verstößt, seinem ihm obliegenden Erziehungsauftrag zuwiderhandelt und dabei die psychische Integrität der Schülerinnen sowie das elterliche Erziehungsrecht verletzt. Dies hätte er auch erkennen können und müssen. Schuldunfähigkeit hat der im Disziplinarverfahren anwaltlich vertretene Beklagte für sich nicht in Anspruch genommen. Hierfür fehlt es auch an erkennbaren Anhaltspunkten.

2.) Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen ist nach disziplinarischer Gesamtwürdigung aller be-und entlastenden Umstände mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu ahnden, weil der Beklagte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit durch das schwere Dienstvergehen endgültig verloren hat (§ 14 Abs. 2 S. 1 NDiszG).

Die Disziplinarmaßnahme ist gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 NDiszG nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen, wobei entsprechend § 14 Abs. 1 S. 3 NDiszG das Persönlichkeitsbild des Beamten einschließlich seines bisherigen dienstlichen Verhaltens angemessen zu berücksichtigen ist und ferner berücksichtigt werden soll, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit beeinträchtigt hat (§ 14 Abs. 1 S. 4 NDiszG). Die gegen den Beamten auszusprechende Disziplinarmaßnahme muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Dabei ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Für die Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens sind objektive und subjektive Handlungsmerkmale der Verfehlung, die besonderen Umstände der Tatbegehung und die unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte zu berücksichtigen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 18.06.2013, Az. 20 LD 5/12, S. 26). Zudem kommt es für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme auch auf die persönlichen Verhältnisse und das sonstige dienstliche Verhalten des Beklagten bei und nach dem Dienstvergehen an und insbesondere auch auf die Frage, ob sein Verhalten mit seinem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder davon abweicht (vgl, hierzu umfassend OVG Lüneburg, Urteil vom 18.06.2013, Az. 20 LD 5112, S. 27). Bei der Bemessung von Art und Maß der Disziplinarmaßnahme ist eine disziplinarische Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände vorzunehmen. Ergibt die Gesamtwürdigung, dass das für die Aufrechterhaltung des Beamtenverhältnisses unerlässliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dienstherrn endgültig zerstört ist, so ist ein aktiver Beamter nach § 14 Abs. 2 S. 1 NDiszG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Lediglich in den Fällen, in welchen ein Restvertrauen in den Beamten angenommen werden kann, ist eine Disziplinarmaßnahme unterhalb der Höchstmaßnahme gem. § 14 Abs. 1 S. 1 NDiszG nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen.

a) Das Dienstvergehen des Beklagten wiegt schwer. Die Wahrung der (psychischen) Integrität der Schülerinnen, die Pflicht zur Gewährleistung ihrer behutsamen Entwicklung sowie Anspruch und Vertrauen der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern darauf, dass Lehrer das Obhuts- und Näheverhältnis zu den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern nicht zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausnutzen, verpflichten den Lehrer dazu, sich in sexueller Hinsicht auch verbal uneingeschränkt korrekt zu verhalten (vgl. Bay. VGH. Urteil vom 13.06.2012, Az. 16a D 10.1098. RdNr. 41). Der Beklagte missbrauchte hier das bestehende besondere Vertrauensverhältnis zu den minderjährigen Schülerinnen, indem er diese unter Ausnutzung der aufgrund seiner Stellung als Klassen- und Fachlehrer naturgemäß vorhandenen Nähe in sexuell geprägte Gespräche verwickelt hat, weil dies offensichtlich seinen Neigungen entsprach. Zudem hat er diese Gespräche immer wieder über eine lange Zeit hinweg mit derselben Motivation geführt und in der Intensität der Sexualisierung stetig gesteigert. Der Beklagte hat damit in gröbster Weise die Erfüllung seiner ureigensten Dienstpflicht, nämlich der Vermittlung der Erziehungsaufgaben, vernachlässigt und hat mit seinem Verhalten massiv gegen die Pflicht zu vorbildlichem, zuverlässigem und moralisch-sittlich nicht zu beanstandendem Verhalten verstoßen. Der Beklagte hat auf diese Weise die von einer Lehrkraft geforderte Distanz zu den Schülerinnen in vorwerfbarer Weise massiv überschritten. Das Fehlverhalten des Beklagten ist geeignet, das Vertrauen der Schüler und Eltern in seine Vertrauenswürdigkeit unwiederbringlich zu beseitigen. Ein Lehrer, der sich so verhält, ist für den Dienstherrn regelmäßig untragbar geworden.

In einem der hier vorgeworfenen Fälle, nämlich bezüglich der Schülerin S. T., war die Schülerin dem Beklagten nicht nur allgemein anvertraut: als Klassenlehrer bestand ein besonderes Vertrauensverhältnis. Diese Schwelle zu überwinden und mit einer Schülerin, der der Beamte täglich im Unterricht begegnet, auf die vorgeworfene Art und Weise Kontakt aufzunehmen und sich zu unterhalten, offenbart ein massives Ausmaß der Selbstbezogenheit und Rücksichtslosigkeit.

Ein solches Verhalten. die eigenen – vielleicht nicht ausschließlich aber vornehmlich sexuellen - Interessen über die ungestörte emotionale und seelische Entwicklung der ihm anvertrauten Schülerinnen zu stellen, lässt einen irreparablen Vertrauensverlust entstehen, der es den Schülerinnen und ihren Eltern unzumutbar macht, sich oder ihr Kind einem solchen Lehrer weiterhin anzuvertrauen. Gleiches gilt für den Dienstherrn des Beklagten, denn er ist für die Wahrung der Würde und Entwicklung der Schülerinnen und Schüler verantwortlich

b) Das Dienstvergehen wirkt nicht deshalb weniger schwer, weil – wie der Beklagte bemängelt - die Chatverläufe zum Teil aus dem Zusammenhang gerissen seien und zu berücksichtigen sei, dass insbesondere die Schülerin S. T. von sich aus den Kontakt zu ihm gesucht habe und ebenfalls von sich aus die Sprache auf sexuelle Vorlieben und Fragestellungen gebracht habe.

Der Umstand, wer die Sprache auf die aufgezeigten Sexualthemen gebracht hat, ist bei der Bewertung nicht entscheidend. Maßgeblich ist für den Beklagten als Lehrkraft die Verpflichtung dazu, sich in sexueller Hinsicht auch verbal uneingeschränkt korrekt zu verhalten. Außerdem hat der Beklagte selbst über lange Zeit hinweg immer wieder die Sprache auf sexuelle Themen gelenkt und ist zudem sehr bereitwillig darauf eingegangen ist, wenn die Schülerin von sich aus auf sexuelle Themen zu sprechen kam. Dass der Beklagte zudem versucht hat, die Schülerin T. zum Einsatz einer Webcam zu bewegen, konnte nur dem Zweck dienen, den Beklagten noch stärker sexuell zu stimulieren. Dass ist eine weitere Qualität der Grenzüberschreitung, die der Dienstherr in Verantwortung für die ihm anvertrauten Schülerinnen nicht hinnehmen kann.

Zur Entlastung kann der Einwand des Beklagten, in dem Chat mit der Schülerin S. AJ. würden sich ebenso viele Passagen finden, in denen es um andere Lebensbereiche gegangen sei, nicht taugen. Unabhängig davon, dass das Verhalten des Beklagten als solches schon beanstandungswürdig ist, nämlich dass er mit seiner Schülerin über Monate stundenlang – auch in der späten Abendzeit (zum Teil gegen Mitternacht) – Chatverkehr hat, dem Anspruch an ein achtungs- und vertrauensvolles Verhalten in keiner Weise gerecht wird, ist hier maßgeblicher Anknüpfungspunkt vor allem der Umfang und der Inhalt der mit seiner Schülerin geführten Korrespondenz, die sich mit sexuellen Themen befasst. Diese ist so umfangreich und von solch grober Distanzlosigkeit, dass es den Beamten nicht entlastet, wenn er mit der Schülerin auch über andere Gegenstände als Sex oder Geschlechtsverkehr gesprochen hat. Der in den Akten vollständig wiedergegebene Chatverkehr verdeutlicht die Massivität des vorwerfbaren Verhaltens. Die zitierten Passagen – etwa über Spezifika des Oralverkehrs oder Phantasien zum Analverkehr - wirken auch im Zusammenhang betrachtet nicht weniger grenzverletzend.

Nicht entlasten kann den Beklagten auch der Hinweis auf eine „typische Chatsprache". Der Beklagte ist danach der Auffassung, allein das Fehlen der dazugehörigen „Smileys" vermittele nur einen unvollständigen Eindruck, da im Chat viel mit Ironie, Übertreibungen, Witz und Unsinn geschrieben worden sei. Der Beklagte ist ferner der Auffassung, es hätte solche Art von Gespräch real nie gegeben, der Chatroom stelle sich wie eine eigene Welt dar. Indes rechtfertigt diese angeblich im Chatverkehr verwendete „typische Chatsprache" das Fehlverhalten des Beklagten nicht und mildert es auch nicht ab. Die Einwände des Beklagten vermitteln insoweit eher den Eindruck, der Beklagte versuche die Geschehnisse über die angeblichen Besonderheiten des Chatverkehrs zu verharmlosen.

c) Ein Absehen von der an sich gebotenen disziplinarischen Höchstmaßnahme kommt hier auch nicht deshalb in Betracht, weil besondere, anerkannte Milderungsgründe gegeben sind oder das Verhalten des Beklagten aufgrund entlastender sonstiger Gesichtspunkte in einem milderen Licht erscheint mit der Folge, dass noch die Annahme eines Restvertrauens des Dienstherrn in den Beklagten gerechtfertigt ist.

Zwar hat sich der Beklagte nach Aufdeckung seiner Verfehlung bemüht, das Vertrauen des Dienstherrn wieder zu gewinnen, indem er sich in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2011 in eine nervenärztliche sowie eine psychologische Behandlung begeben hat. Der behandelnde Arzt Dr. AG. stellt in seinem Gutachten vom 05.12.2011 zumindest fest, dass keine Hinweise auf das Vorliegen einer Störung der Sexualpräferenz, insbesondere für das Vorliegen einer Pädophilie bestehen. In einer nervenärztlichen Stellungnahme vom 12.02.2014 bescheinigt er, aus der Sicht seines Fachgebietes sei zu konstatieren, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den zurückliegenden Ereignissen stattgefunden habe. Er sehe keine Rückfallgefahr und schätze die weitere Prognose als durchaus günstig ein. Außerdem hat der Beklagte bei dem psychologischen Psychotherapeuten Dr. AK. eine Psychotherapie mit insgesamt 45 geplanten Sitzungen aufgenommen und diese Langzeittherapie mittlerweile nach seinen Angaben erfolgreich abgeschlossen. Die Kammer geht bei ihrer Entscheidung im Hinblick auf die vorgelegten medizinischen Unterlagen davon aus, dass es mit einem hinreichenden Maß an Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass der Beklagte zukünftig nochmals in der vorgeworfenen erheblichen Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen wird. Weil die Kammer in ihrer Würdigung des disziplinarrechtlich relevanten Verhaltens selbst nicht annimmt, dass eine Wiederholungsgefahr vorliegt, war auch dem von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. AF. zum Beweis, dass er therapiert ist und von ihm keine Rückfall- oder Wiederholungsgefahr mehr ausgeht, als sachverständigen Zeugen zu vernehmen, nicht nachzugehen.

Auch wenn aber wegen der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen von keiner Wiederholungsgefahr auszugehen ist, so  kommt ein Abweichen von der Höchstmaßnahme hier nicht in Betracht. Bei schweren Dienstvergehen stellt sich der Disziplinarkammer die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist. Ein endgültiger Vertrauensverlust i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 NDiszG ist nämlich nicht nur dann anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung und auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen, sondern auch dann, wenn die durch das Fehlverhalten des Beamten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen ist (BVerwG, Urt.  vom 29.05.2008, 2 C 59.07., juris RdNr. 18; OVG Lüneburg, Urt. vom 18.06.2013, Az. 20 LD 5/12. S. 27 rn.w.N.). Dies ist hier der Fall. Das von dem Beklagten gezeigte Fehlverhalten zieht zur Überzeugung der Disziplinarkammer ein so großes Maß an Missbilligung in den Augen der Allgemeinheit wie auch der – objektiviert zu verstehenden — Sicht des Dienstherrn nach sich und offenbart solch erhebliche Persönlichkeitsmängel des Beamten, dass eine nachhaltige Ansehensschädigung oder gar ein völliger Ansehensverlust eingetreten und das Vertrauen des Dienstherrn in seine Selbstbeherrschung, seine Zuverlässigkeit und seine moralische Integrität von Grund auf erschüttert oder zerstört ist. Das Verhalten hat nicht nur dazu geführt, das Vertrauen des Dienstherrn, der für die Wahrung der Würde und ungestörte Entwicklung der Schülerinnen und Schüler verantwortlich ist, irreparabel zu zerstören. Das Verhalten war darüber hinaus geeignet. das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eitern in seine Vertrauenswürdigkeit aufs Schwerste zu beeinträchtigen. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass Lehrer die Fähigkeiten der heranwachsenden jugendlichen Schülerinnen und Schüler fördern, ihre Persönlichkeiten weiterentwickeln und dabei die erforderliche Distanz zu den Schülerinnen und Schülern wahren. Der Beklagte hat dieses Vertrauen zerstört. Sein Verhalten hat es den Schülerinnen und ihren Eltern unzumutbar gemacht, sich oder ihr Kind ihm weiterhin anzuvertrauen. Gleiches gilt für den Dienstherrn des Beklagten.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass über die „Chat-Vorwürfe“ gegen den Beklagten in der Presse berichtet wurde. So hat die AL. (AM.) am AN..2011 darüber informiert, dass wegen des Vorwurfs, zwei minderjährigen Schülerinnen per Internet anzügliche Nachrichten geschickt zu haben, ein Lehrer des Q. s in B. suspendiert worden ist. In einem Artikel vom AO..2011 wird das Thema noch einmal aufgegriffen (Bl. 56 und 57 Beiakte E). Die Öffentlichkeit, die damit über die Vorwürfe in Kenntnis gesetzt war, hätte zur Überzeugung der Disziplinarkammer – jedenfalls bei Kenntnis des Chat-Verkehrs im vollen Wortlaut - kein Verständnis, wenn der Beklagte im Beamtenverhältnis verbliebe. Nach Bekanntwerden eines derartigen Fehlverhaltens ist ein Lehrer bei der Aufgabenwahrnehmung so stark beeinträchtigt, dass sie ihm kaum noch möglich ist. Für den Tatbestand der Ansehensschädigung ist es im Übrigen ausreichend, wenn ein Verhalten zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen geeignet ist, so dass eine tatsächliche Beeinträchtigung nicht einmal erforderlich ist (BVerwG, U. v. 08.05.2011, 1 D 20.00; BVerfG, B. v. 05.12.2008, 1 BvR 1318/07; LAG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.12.2010, 10 Sa 308/10; VG Magdeburg, Urteil v. 08.06.2011, 8 A 16/10 MD; alle juris).

In den Blick zu nehmen ist insoweit auch das Disziplinar- und Strafverfahren, denen der Beklagte im Jahr 2006 wegen des Sichverschaffens des Besitzes kinderpornografischer Schriften ausgesetzt war. Mit Urteil vom M..2006 wurde er von dem Amtsgericht J. zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Aufgrund dieser Vorwürfe wurde auch ein Disziplinarverfahren eingeleitet. das mit der Zurückstufung abgeschlossen worden wäre (siehe Vermerk des ehemaligen Dezernenten AC. vom 30.06.2006, Beiakte C, nicht paginiert), wenn der Beklagte nicht vor Verfahrensabschluss einen eigenen Antrag auf Zurückstufung gestellt hätte. Die Öffentlichkeit hätte keinerlei Verständnis dafür, dass ein Lehrer im Beamtenverhältnis – gleich in welcher konkreten Funktion – verbliebe, der zunächst durch den Besitz kinderpornografischer Schriften, einige Jahre später durch einen von Sexualthemen dominierten Chat mit minderjährigen Schülerinnen seine Dienstpflichten gröblich verletzt. In einem solchen Fall ist ein Beamter für den Dienstherrn auch im Hinblick auf die Integrität des öffentlichen Dienstes als solche nicht mehr tragbar, jedenfalls wenn er eine „zweite Chance“ hatte und die Belastungen und Peinlichkeit eines Straf- und Disziplinarverfahrens wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften nicht zum Anlass nimmt, seine starke Affinität zu dem Bereich der Sexualität mit jungen Menschen in den Griff zu kriegen.

d) Anhaltspunkte für ein Restvertrauen des Dienstherrn ergeben sich auch nicht aus dem Verhalten des mit der Disziplinarsache bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand befassten Dezernenten AC.. Allerdings hat sich das Vorbringen der Beklagtenseite, der für das Disziplinarverfahren zunächst zuständige Dezernent AC. habe nach anderen Einsatzmöglichkeiten des Beklagten etwa im Bereich der Erwachsenenbildung gesucht und eine Entfernung des Beamten nicht für erforderlich gehalten, als zutreffend erwiesen. Dies entspricht nämlich auch der Einschätzung der Nachfolgerin des Dezernenten AC., AI., die sie in dem Vermerk vom 30.09.2013, gerichtet an den Leiter der Landesschulbehörde, zum Ausdruck gebracht hat.  Aus dem Verhalten des Dezernenten AC. oder seiner Nachfolgerin AI. kann aber nicht der Rückschluss auf das Fortbestehen eines Restvertrauens gezogen werden. Der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat erklärt, in Fällen der in Rede stehenden Art treffe die Behördenleitung die Letztentscheidung, ob ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung des Beamten aus dem Dienst geführt werde oder ob eine weniger schwere Disziplinarmaßnahme anzustreben sei. Dass diese Darstellung zutrifft, zeigt ebenfalls der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Vermerk, auf dem der Behördenleiter handschriftlich mit den Worten „keine Zustimmung“ dokumentiert, dass er mit dem Vorschlag der Dezernentin nicht einverstanden ist. Auf der Einschätzung der die disziplinarischen Ermittlungen führenden Mitarbeiter kann sich ein schützenswertes Vertrauen des Beklagten dahingehend, er müsse mit einer Entfernung nicht mehr rechnen, deshalb nicht gründen, zumal der Beklagte unverzüglich nach Bekanntwerden des Chatverkehrs zunächst auf beamtenrechtlicher, dann auf disziplinarrechtlicher Grundlage suspendiert wurde. Im Übrigen ist es auch der Klägerin zuzugestehen, dass sie die Bewertung des Fehlverhaltens und ihre Einschätzung, wie auf ein schweres Dienstvergehen zu reagieren ist, im Verlaufe des Verfahrens ändert.

e) Nicht mildernd zu berücksichtigen ist der Umstand. dass das gegen den Beklagten parallel eingeleitete Strafverfahren gern. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Grundlage dieser Einstellung war nämlich zum einen nicht die fehlende Feststellbarkeit des vorwerfbaren Sachverhaltes, sondern vielmehr der Umstand, dass der zugrundeliegende Sachverhalt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 184 StGB nicht erfüllt. Zum anderen kommt es für die disziplinarrechtliche Beurteilung nicht entscheidend darauf an, ob das vorgeworfene Verhalten Straftatbestände erfüllt. Ein Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 BeamtStG liegt bereits vor, wenn ein Beamter schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt. Eine Dienstpflichtverletzung kann auch dann gegeben sein, wenn der strafrechtliche Unrechtsgehalt nicht erfüllt wird. Denn das Disziplinarecht ist auf Pflichtenmahnung aufgrund der Besonderheiten des Status als Beamter angelegt (vgl. VG Magdeburg, Urt. vom 29.03.2012, 8 A 9/09; juris)

f) Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Insoweit kommt es nicht auf die finanziellen oder sozialen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für den Beklagten an. Auch sind nicht die Auswirkungen auf die Familie des Beamten in den Blick zu nehmen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22.05.2010, 20 LD 3/08. RdNr. 62). In das Verhältnis zu nehmen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die dementsprechend ausgesprochene verhängte Maßnahme (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22.06.2010, 20 LD 3108, RdNr. 62). Hat ein Beamter — wie hier – durch ein ihm vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, dann ist seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden, Die allein darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht vielmehr auf ihm zurechenbarem Verhalten (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22.06.2010, 20 LD 3708, RdNr. 62; ähnlich auch OVG Koblenz, Urteil vom 24.02.2012, 3 A 11426/11, Ziff. 4 der Urteilsgründe).

Eine anderweitige Verwendung des Beklagten – etwa im Bereich der Erwachsenenbildung, verbunden mit einer Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis – kommt nicht als „mildere Maßnahme“ in Betracht. Wenn – wie hier - das Vertrauensverhältnis des Dienstherrn zu dem Beamten endgültig zerstört ist, weil er als Beamter „nicht mehr tragbar ist“  und es dem Dienstherr nicht zumutbar ist, das Beamtenverhältnis mit dem Beklagten fortzusetzen, muss der Frage, ob der Beamte anderweitig, ggf. in einer anderen Laufbahn eingesetzt werden kann, nicht nachgegangen werden.

Nach alledem ergibt die Gesamtwürdigung, dass das für die Aufrechterhaltung des Beamtenverhältnisses unerlässliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Dienstherrn endgültig zerstört ist. Der Beklagte ist daher nach § 14 Abs. 2 S. 1 BeamtStG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.