Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 21.11.2014, Az.: 8 A 1148/14
Nichtigkeit; Personalratsbeschluss; Wahlanfechtung
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 21.11.2014
- Aktenzeichen
- 8 A 1148/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 42441
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Gründe
Die Antragsteller begehren die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse des amtierenden Personalrats der Gemeinde J., der sich am 7. Mai 2013 konstituiert hat, hilfsweise die Feststellung, dass die Wahl zum Personalrat der Gemeinde J. am 7. Mai 2013 für die Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nichtig ist.
Unter dem 11. März 2013 bestellte die Gemeinde J. auf Antrag von drei Wahlberechtigten einen aus drei Personen bestehenden Wahlvorstand unter Bestimmung eines Vorsitzenden und zwei Ersatzmitgliedern. Die Zusammensetzung des Wahlvorstands wurde durch Aushang in der Dienststelle am 12. März 2013 bekannt gegeben.
Am 25. März 2013 schrieb der Wahlvorstand die Wahl des Personalrats in Gruppenwahl für den 7. Mai 2013 aus. In dem Wahlausschreiben legte er fest, dass insgesamt fünf Personalratsmitglieder zu wählen seien, davon ein/e Beamtin oder Beamter und vier Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, von denen es drei Frauen und ein Mann sein müssten. Wählen könne nur, wer in das Wählerverzeichnis eingetragen sei. Ein Abdruck des Wählerverzeichnisses und der Wahlordnung lägen zur Einsichtnahme am 26. März 2013 im Rathaus J. aus. Der Wahlvorstand forderte die Wahlberechtigten und die in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften auf, ihm innerhalb von zwei Wochen nach dem ersten Tag des Aushangs des Wahlausschreibens Wahlvorschläge für jede Gruppe (Beamtinnen und Beamte, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) bis zum 16. April 2013 einzureichen. Die Wahlvorschläge der Wahlberechtigten müssten für jede Gruppe von mindestens zwei wahlberechtigten Gruppenangehörigen unterzeichnet sein.
Die Wahlausschreibung wurde am 26. März 2013 im Rathaus der Gemeinde J. ausgehängt.
Der Wahlvorstand gab am 22. April 2013 die Wahlvorschläge für die Wahl des Personalrates bekannt und ließ für die Personalratswahl am 7. Mai 2013 folgende Wahlvorschläge zu:
Für die Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:
Vorschlagsliste 1 „K.“
Vorschlagsliste 2 „Miteinander“
Vorschlagsliste 3 „Wir für alle“
In der Bekanntgabe vermerkte der Wahlvorstand zur Vorschlagsliste 1 „K.“ wie folgt:
„Zu der fehlenden Begründung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 NPersVG nimmt der Wahlvorstand wie folgt Stellung: Nach der Abgabe des Wahlvorschlags am 28.3.2013 um 17:56 Uhr hat Herr K. einen 4-wöchigen Urlaub mit Auslandsaufenthalt angetreten. Arbeitsbeginn ist für ihn erst wieder am 29.4.2013. Da die Wahl zum Personalrat am 07.05. stattfindet, Briefwahlunterlagen angefordert, verschickt und wieder eingegangen sein müssen, wird von Seiten des Wahlvorstandes auf eine Begründung nach § 17 Abs. 2 NPersVG verzichtet und der Wahlvorschlag für gültig erklärt.“
Zur Vorschlagsliste 2 „Miteinander“ gab der Wahlvorstand in der Bekanntgabe folgende Stellungnahme ab:
„Die - zunächst - fehlende Begründung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 NPersVG wurde fristgerecht nachgereicht.“
Für die Gruppe der Beamtinnen und Beamten wurde ein Wahlvorschlag bekannt gegeben.
In der Wahlniederschrift vom 7. Mai 2013 hielt der Wahlvorstand fest, dass von den 53 Wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 38 Personen Stimmzettel abgegeben hätten, von denen 36 gültig gewesen seien. Auf die Vorschlagsliste 1 „K.“ seien 2 Stimmen, auf die Vorschlagsliste 2 „Miteinander“ 16 Stimmen und auf die Vorschlagsliste 3 „Wir für alle“ 18 Stimmen entfallen bezogen auf die Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Zur Verteilung der Sitze auf die Vorschlagslisten wurden die Stimmenzahlen, die den Listen zugefallen waren, durch 1, 2, 3 usw. geteilt. In der Wahlniederschrift wurde folgende Ergebnisübersicht festgehalten:
Liste | 1 | 2 | 3 |
---|---|---|---|
geteilt durch 1 | 2 | 16 (2) | 18 (1) |
geteilt durch 2 | 1 | 8 (4) | 9 (3) |
geteilt durch 3 | 0,666667 | 5,33333 (6) | 6 (5) |
geteilt durch 4 | 0,5 | 4 | 4,5 (7) |
geteilt durch 5 | 0,4 | 3,2 | 3,6 |
geteilt durch 6 |
Weiter heißt es dazu in der Wahlniederschrift, dass die Reihenfolge der für die Zuteilung von Sitzen in Betracht kommenden Höchstzahlen sich aus den eingeklammerten Zahlen ergebe.
Nach der Reihenfolge der Bewerberinnen und Bewerber auf den Vorschlagslisten seien demnach gewählt:
aus Liste Nr. | die Bewerberinnen | die Bewerber |
---|---|---|
3 | L., M. | |
2 | N., O. | |
3 | P., Q. | |
2 | R., S. |
Auf den Wahlvorschlag in der Gruppe der Beamtinnen und Beamten seien vier Stimmen auf den einzigen Wahlvorschlag T., U. entfallen.
Der Personalrat bestehe aus folgenden Personen: als Vertreterin der Beamtinnen und Beamten: T., U.;
als Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: L., M.; N., O.; P., Q.; R., S..
Am 14. Mai 2013 um 11:00 Uhr fand in Anwesenheit und auf Einladung des Vorsitzenden des Wahlvorstandes eine Sitzung statt, zu der alle in der Wahlniederschrift festgestellten Personalratsmitglieder eingeladen wurden und von denen bis auf die erkrankte Frau L. alle übrigen Personalratsmitglieder erschienen waren. Ein Ersatzmitglied wurde nicht geladen. Nachdem Herr N. zum Vorsitzenden des Personalrats und Frau R. zu seiner Stellvertreterin gewählt worden waren, verließ der Vorsitzende des Wahlvorstands die Sitzung des Personalrats.
Am 14. Mai 2013 übergaben Frau R., Frau T. und Frau V. dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes einen Antrag, mit dem sie die Einberufung zu einer erneuten konstituierenden Sitzung des Personalrats begehrten, um den Formfehler der ersten konstituierenden Sitzung wegen des fehlenden Ersatzmitglieds zu heilen.
Am Nachmittag des 14. Mai 2013 um 14:27 Uhr erhielt der Vorsitzende des Wahlvorstands ein vom Antragsteller zu 1. unter dem 13. Mai 2013 gefertigtes Schreiben, mit dem der Antragsteller zu 1. beim Wahlvorstand die Berichtigung des Wahlergebnisses wegen offenbarer Unrichtigkeit beantragte. Es sei bei der Berücksichtigung von Frauen und Männern in den Vorschlagslisten darauf zu achten, dass der erste auf jede Vorschlagsliste entfallende Sitz dabei den Frauen bzw. den Männern wegen ihres höheren Beschäftigungsanteils in der Gruppe zugeordnet werden müsse. Erst danach sei im Wechsel der Geschlechter zuzuordnen. Die Berücksichtigung von Herrn N. sei offenbar unrichtig.
Auf seiner Sitzung am 15. Mai 2013 berichtigte der Wahlvorstand das Ergebnis der Wahl hinsichtlich der in den Personalrat gewählten Vertreter und berichtigte die Wahlniederschrift wie folgt:
aus Liste Nr.
die Bewerberinnen
die Bewerber
3
L., M.
2
R., S.
3
W., X.
2
V., Y.
Zur Begründung wurde angeführt, dass zur Berücksichtigung von Frauen und Männern innerhalb der Vorschlagslisten die nach § 7 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 WO-PersV errechnete Zahl von Sitzen in der Reihenfolge der Höchstzahlen nach § 30 Abs. 1 WO-PersV innerhalb jeder Vorschlagsliste den Geschlechtern im Wechsel zugeordnet worden sei. Der erste auf jede Vorschlagsliste entfallende Sitz sei dabei den Frauen bzw. den Männern wegen ihres höheren Beschäftigtenanteils in der Gruppe zugeordnet worden.
Der Personalrat bestehe aus folgenden Personen: als Vertreterin der Beamtinnen und Beamten: T., U.;
als Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: L., M.; R., S.; W., X.; V., Y..
Unter dem 21. Mai 2013 wiederholten Frau R., Frau T. und Frau V. ihren Antrag beim Vorsitzenden des Wahlvorstandes, eine erneute konstituierende Sitzung des Personalrats einzuberufen, um den Formfehler der ersten konstituierenden Sitzung wegen des fehlenden Ersatzmitglieds zu heilen.
Am 21. Mai 2013 kamen um 16:20 Uhr der Vorsitzende des Wahlvorstands sowie folgende Personen: Frau T., Herr N., Frau P., Frau R. und der Antragsteller zu 1) als Ersatzmitglied für Frau L. in einer Sitzung zusammen. Auf dieser Sitzung wählten die Mitglieder des Personalrates Herrn N. einstimmig zum Vorsitzenden des Personalrates und Frau R. zur stellvertretenden Vorsitzenden sowie zur Schriftführerin des Personalrates.
Die Antragsteller haben mit einem am 23. Mai 2013 beim Verwaltungsgericht eingegangen Schriftsatz die Wahl des Personalrats der Gemeinde J. vom 7. Mai 2013 angefochten und den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt mit dem Ziel, den Wahlvorstand zu verpflichten, die konstituierende Sitzung für den durch die Berichtigung vom 15. Mai 2013 festgestellten Personalrat einzuberufen, ersatzweise festzustellen, dass die Personalratswahl vom 7. Mai 2013 aufgrund wesentlicher Mängel ungültig ist. Mit Beschluss vom 13. Juni 2013 (8 B 2662/13) hat das Gericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, der Wahlvorstand könne zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr wirksam verpflichtet werden, da sein Amt mit der Wahl des Personalrats erloschen sei. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragsteller hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 1. Oktober 2013 (18 MP 3/13) zurückgewiesen.
Das Verwaltungsgericht Stade hat mit Beschluss vom 17. Februar 2014 festgestellt, dass die Wahl zum Personalrat der Gemeinde J. am 7. Mai 2013 für die Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ungültig ist. Die gegen den Beschluss eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1. blieb ohne Erfolg (Nds. OVG, Beschluss vom 28. August 2014 - 18 LP 5/14 -).
Mit einem am 26. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz haben die Antragsteller den vorliegenden Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Zur Begründung der begehrten Nichtigkeitsfeststellung führen die Antragsteller im Wesentlichen an, dass bei der Wahl des Personalrats der Gemeinde J. so grobe Fehler aufgetreten seien, dass von einer ordnungsgemäßen Wahl nicht einmal mehr dem äußeren Anschein nach gesprochen werden könne.
Die Nichtigkeit könne jederzeit, in jedem Verfahren und in jeder Form von den Betroffenen geltend gemacht werden. Der Antrag sei insofern nicht fristgebunden. Vielmehr könne die Feststellung der Nichtigkeit auch noch nach Ablauf der Anfechtungsfrist beantragt werden. Als Angehörige der Dienststelle stehe ihnen auch ein rechtlich schützenswertes Interesse zu.
Die Wahl des Personalrats vom 7. Mai 2013 sei in der Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer gerichtlich für ungültig erklärt worden. Neben den festgestellten Verstößen habe der Wahlvorstand jedoch noch gegen weitere wesentliche Vorschriften verstoßen. So sei nach der ersten fehlerhaften Sitzung am 7. Mai 2013 wegen der fehlenden Ladung eines Ersatzmitglieds auch zur zweiten konstituierenden Sitzung durch einen nicht mehr amtierenden Wahlvorstand am 21. Mai 2013 nicht schriftlich geladen worden, so dass auch diese fehlerhaft sei. Daher habe sich der Personalrat nicht ordnungsgemäß konstituiert, so dass seine Beschlüsse keine Rechtswirkung entfalten könnten.
Ihnen sei im Einzelnen nicht bekannt, welche Beschlüsse der Personalrat seit seiner fehlerhaften Konstituierung gefasst habe. Die entsprechenden Beschlüsse seien jedenfalls nichtig.
Die Antragsteller beantragen,
festzustellen, dass die Beschlüsse des amtierenden Personalrats der Gemeinde J. nichtig sind,
hilfsweise
festzustellen, dass die Wahl zum Personalrat der Gemeinde J. am 7. Mai 2013 für die Gruppe der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer nichtig ist.
Die Beteiligten beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Sie sind dem Vorbingen der Antragsteller entgegengetreten und führen im Wesentlichen aus, die Anträge seien bereits unzulässig, da Verwirkung eingetreten sei. Seit der streitgegenständlichen Wahl sei bereits über ein Jahr vergangen, zudem sei durch die von den Antragstellern betriebene Wahlanfechtung der Eindruck erweckt worden, dass von einer Geltendmachung weiterer Rechtspositionen abgesehen werde.
Zudem sei der Antrag unbestimmt. Die Feststellung der Nichtigkeit könne beantragt werden, wenn Personalratsbeschlüsse einen gesetzeswidrigen Inhalt hätten oder wenn bei ihrem Zustandekommen ein besonders schwerwiegender und offenkundiger Verfahrensfehler vorliege. Daraus folge, dass die Antragsteller anzugeben hätten, in Bezug auf welche konkreten Beschlüsse des Personalrats sie die Feststellung der Nichtigkeit begehren. Aus dem gleichen Grund sei auch die Antragsbefugnis und das Rechtsschutzbedürfnis nicht überprüfbar.
Auch der Hilfsantrag habe keinen Erfolg. Die Feststellung der Nichtigkeit gelte nur für seltene Ausnahmefälle. Derart gravierende Verstöße seien vorliegend nicht ersichtlich. Hinsichtlich der anteiligen Verteilung der Sitze im Personalrat auf Frauen und Männer folge dies schon daraus, dass § 17 Abs. 2 Satz 3 und 4 NPersVG selbst Möglichkeiten vorsehe, aufgrund derer von der gleichen Anzahl von Männern und Frauen einer Bewerberliste abgesehen werden könne. Ebenso wenig führe das Fehlen der Veröffentlichung einer schriftlichen Begründung im Wortlaut zu einem solchen Verstoß. Gleiches gelte auch für die Ladungsfehler im Rahmen der konstituierenden Sitzungen am 7. und 21. Mai 2013.
Zudem führe auch die Gesamtwürdigung nicht zur Nichtigkeit der Personalratswahl. Denn es verbleibe allein bei der Anfechtbarkeit, selbst wenn mehrere Verstöße gegen Wahlrechtsvorschriften gegeben seien.
Der Hilfsantrag sei ebenfalls nicht erfolgreich, da es ihm bereits an einem Zusammenhang mit dem Antragsbegehren fehle. Soweit schon keine schwerwiegenden Nichtigkeitsgründe vorlägen, könne auch der Hilfsantrag, der die gleichen Nichtigkeitsgründe erfordere, nicht durchgreifen.
II.
Die Antragsteller haben weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
Der Hauptantrag ist zulässig, jedoch unbegründet.
Entgegen der Ansicht der Beteiligten haben die Antragsteller ihr Antragsrecht nicht verwirkt. Prozessuale Befugnisse können verwirken, wenn die verspätete Geltendmachung eines Anspruchs gegen Treu und Glauben verstößt. Hierfür reicht allein der Zeitablauf nicht aus. Es muss vielmehr ein Umstandsmoment hinzukommen, dergestalt, dass der Antragsteller durch sein Verhalten beim Gegner die begründete Erwartung hervorruft, dass er von der Geltendmachung seiner Rechtsposition absieht (BVerfG, Urteil vom 26. Januar 1972 - BvR 255/67 - zitiert nach juris).
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein die Durchführung einer Wahlanfechtung durch die Antragsteller lässt nicht den Schluss zu, dass an einer darüber hinausgehenden Rechteverfolgung im Zusammenhang mit der Wahl kein Interesse mehr besteht. Denn Wahlanfechtung und Nichtigkeitsbegehren sind zwei unterschiedliche Verfahren. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass die Feststellung der Nichtigkeit, anders als die Wahlanfechtung, nicht fristgebunden ist.
Der Antrag ist auch nicht unbestimmt. Hinreichende Bestimmtheit gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO liegt vor, wenn die Identität und damit der Umfang der Rechtskraftwirkung des begehrten Feststellungsanspruchs für das Gericht erkennbar sind (BGH, Urteil vom 22. September 1981 - VI ZR 257/80 - zitiert nach juris).
Vorliegend ist aus den Ausführungen der Antragsteller das festzustellende Rechtsverhältnis für das Gericht hinreichend erkennbar. Denn die Antragsteller benennen hier den zeitlichen Rahmen ihres Begehrens - Nichtigkeit seit der Konstituierung des amtierenden Personalrats am 7. Mai 2013 - konkret und führen auch inhaltlich die begangenen Verstöße hinreichend aus.
Der Hauptantrag ist jedoch unbegründet. Die Beschlüsse des amtierenden Personalrats der Gemeinde J. sind nicht nichtig.
Zunächst sind die Beschlüsse des amtierenden Personalrats der Gemeinde J. nicht bereits deshalb nichtig, weil die Wahl gerichtlich für ungültig erklärt wurde (Nds. OVG, Beschluss vom 28. August 2014 - 18 LP 5/14 -). Denn die erfolgreiche Anfechtung einer Personalratswahl lässt die Wirksamkeit der vor Eintritt der Rechtskraft der Anfechtungsentscheidung gefassten Beschlüsse unberührt (Dembowski/ Ladwig/Sellmann, Nds. Personalvertretungsrecht, Stand 5/2014, § 31 Rn. 25).
Die Nichtigkeit folgt hier auch nicht aus anderen Gründen.
Grundsätzlich sind Beschlüsse eines Personalrats nichtig, wenn sie einen gesetzeswidrigen Inhalt haben oder wenn bei ihrem Zustandekommen ein besonders schwerwiegender und offenkundiger Verfahrensfehler begangen wurde (Kröll in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, BPersVG, 8. Aufl. 2013, § 37 Rn. 24). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach der entsprechenden Anwendung der Grundsätze zur Nichtigkeit von Verwaltungsakten nach § 44 VwVfG (Nds. OVG, Beschluss vom 20. Dezember 1988 - 18 L 8/88 - zitiert nach juris). Ferner sind Beschlüsse eines Personalrats nichtig, wenn sich dieser aufgrund einer nichtigen Wahl gebildet hat (Dembowski/ Ladwig/Sellmann, Nds. Personalvertretungsrecht, Stand 5/2014, § 31 Rn. 25.).
Entgegen der Auffassung der Antragsteller leiden die Beschlüsse des amtierenden Personalrats der Gemeinde J. vorliegend nicht an so schwerwiegenden und offensichtlichen Fehlern, dass eine Nichtigkeit anzunehmen ist. Insbesondere hat sich der Personalrat nicht im Rahmen einer nichtigen Wahl konstituiert.
Folge einer gerichtlichen Nichtigkeitsfeststellung einer Personalratswahl ist, dass alle Beschlüsse bzw. Handlungen der durch eine nichtige Wahl „gewählten“ Personalvertretung von Beginn ihrer „Amtszeit“ an als unwirksam anzusehen sind (VG Ansbach, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - AN 7 P 13.01222 - zitiert nach juris). Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann eine Nichtigkeit der Personalratswahl deshalb nur in seltenen, ganz besonderen Ausnahmefällen angenommen werden, nämlich dann, wenn gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass nicht einmal mehr dem äußeren Anschein nach eine ordnungsgemäße Wahl vorliegt (st. Rspr., BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1957 - 7 P 10/57 -, Beschluss vom 3. Oktober 1958 - 7 P 9/57 -, Beschluss vom 18. Januar 1990 - 6 P 8/88 - jeweils zitiert nach juris). Dieser zur Nichtigkeit führende Umstand muss im Zeitpunkt der Wahl offensichtlich sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 1987 - 6 P 20/85 - zitiert nach juris). Die Wahl muss insofern „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“ (st. Rspr., vgl. BAG, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 7 ABR 23/12 -, Beschluss vom 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zur vergleichbaren Betriebsratswahl, jeweils zitiert nach juris). Anderenfalls würde die Aberkennung bereits gefasster Beschlüsse die Funktionsfähigkeit der Dienststelle in einem besonderen Maße beeinträchtigen und einer hohen Gefahr der Handlungsunfähigkeit aussetzen. Deshalb ist eine Nichtigkeit nur Extremfällen vorbehalten, etwa bei Durchführung einer Wahl ohne Wahlvorstand oder bei Wahl innerhalb einer nicht personalratsfähigen Dienststelle (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 1990 - 6 P 8/88 - zitiert nach juris).
Unter derart vergleichbar gravierenden, offensichtlichen Mängeln leidet die vorliegende Personalratswahl nicht.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 28. August 2014 (18 LP 5/14) bestätigt, dass bei der Wahl zum Personalrat der Gemeinde J. vom 7. Mai 2013 in mehrfacher Hinsicht gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens - hier § 17 Abs. 2 Satz 2 und 3 NPersVG - verstoßen worden ist. So ist innerhalb der Vorschlagsliste „K.“ gesetzeswidrig lediglich auf den männlichen Kandidaten Herrn K. verwiesen worden und innerhalb der gesetzlichen Frist weder eine Aufforderung zur Ergänzung der Liste des Wahlvorschlags noch eine schriftliche Begründung für die Abweichung von § 17 Abs. 2 Satz 2 NPersVG vorgelegt worden. Der Verstoß wurde insofern nicht geheilt. Zudem enthielt die Vorschlagsliste 2 „Miteinander“ anstelle der erforderlichen drei weiblichen Kandidatinnen nur zwei weibliche Kandidatinnen. Dieser Verstoß wurde ebenfalls nicht wirksam geheilt, da die am 18. April 2013 auf Veranlassung des Wahlvorstands eingegangene Abweichungsbegründung nicht von den Unterzeichnern des Wahlvorschlags vorgenommen wurde.
Diese festgestellten Verstöße sind in ihrer Eigenart aber nicht so schwerwiegend, dass sie jeden Anschein einer ordnungsgemäßen Wahl vermissen lassen und die Wahl deshalb buchstäblich den „Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn trägt“.
Zwar kommt der Beachtung der Geschlechterparität im Arbeitsleben eine zunehmende Bedeutung zu und auch verfolgen die missachteten Wahlvorschriften des § 17 Abs. 2 NPersVG gerade den Zweck, diesen Grundsatz zu verwirklichen. Aus der Nichtbeachtung der Vorschriften folgt aber lediglich die Anfechtbarkeit, nicht hingegen auch die Nichtigkeit der Personalratswahl. Dies zeigt schon der Umstand, dass das Gesetz selbst Möglichkeiten eröffnet, Abweichungen von der Geschlechterverteilung - durch ordnungsgemäße Begründung nach § 17 Abs. 2 Satz 3 NPersVG - vorzunehmen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Nichtigkeit der Wahl verweisen demgegenüber auf so gravierende Fehler, die keine Ausnahmevorschriften im Gesetz zulassen.
Die hier festgestellten Fehler betreffen zudem ausschließlich personalinterne Fragen, die bereits von ihrer Eigenart her im Zeitpunkt der Wahl für die Beteiligten nicht so offensichtlich sind, dass sie zur Nichtigkeit der Wahl führen können. Denn der Verteilung der Geschlechter auf die jeweiligen Sitze im Personalrat liegt ein komplexes mathematisches Verfahren (§ 30 Abs. 1, 3 WO-PersV) zugrunde, das einer eingehenden Bewertung bedarf. Dies zeigt nicht zuletzt der Umstand, dass der angewandte geschlechterspezifische Verteilungsmaßstab bei der Wahl der Gemeinde J. gerichtlich zwei Instanzen zur Überprüfung vorlag, was bereits auf die Komplexität des Sachverhalts schließen lässt. Aus dem gleichen Grund kann auch der Umstand, dass die zweite konstituierende Sitzung des Personalrats am 21. Mai 2013 durch einen faktisch nicht mehr „existierenden“ Wahlvorstand geleitet wurde, nicht zu einer Nichtigkeit führen. Denn dieser Umstand war für die Beteiligten im Zeitpunkt der Wahl keineswegs offenkundig.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die Wahl auch nicht deshalb nichtig, weil in der Sitzung am 14. Mai 2013 kein Ersatzmitglied für die erkrankte Frau L. geladen wurde und zur erneuten Sitzung am 21. Mai 2013 ebenfalls nicht schriftlich geladen wurde. Denn ein Mangel bei der Ladung ist kein so grober und offensichtlicher Gesetzesverstoß, dass er zur Nichtigkeit der Wahl führen könnte (vgl. BAG, Beschluss vom 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zitiert nach juris).
Soweit die Antragsteller in der gerichtlichen Anhörung hinsichtlich der Motivation für die begehrte Nichtigkeitsfeststellung auf die Rolle des Personalrats bei der Fusion der Gemeinden J. mit der Gemeinde Z. verweisen, rechtfertigt dies auch kein anderes Ergebnis. Für eine bewusst herbeigeführte Fehlbesetzung des Personalrats ist weder hinreichend vorgetragen noch sind derartige Anhaltspunkte für das Gericht ersichtlich.
Weitere Gründe, die eine Nichtigkeitsfeststellung rechtfertigen können, sind nicht gegeben. Insbesondere folgt eine Nichtigkeit nicht aus der festgestellten Mehrzahl der Verstöße gegen wesentliche Verfahrensvorschriften. Denn selbst wenn mehrere Verstöße gegen Wahlrechtsvorschriften vorliegen, von denen jeder für sich allein genommen zwar die Anfechtung der Wahl begründen könnte, nicht aber - wie hier - die Wahl als nichtig erkennen lässt, führt dies auch in einer Gesamtwürdigung nicht zur Nichtigkeit der Personalratswahl, vielmehr verbleibt es bei den Bestimmungen über die Anfechtbarkeit (BAG, Beschluss vom 19. November 2003 - 7 ABR 24/03 -, zur vergleichbaren Betriebsratswahl, VG Ansbach, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - AN 7 P 13.01222 - zur Personalratswahl - jeweils zitiert nach juris).
Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Denn dieser setzt die Nichtigkeit der Personalratswahl voraus, die - wie ausgeführt - hier nicht festgestellt werden kann.
Einer Kostenentscheidung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren bedarf es nicht, da nach § 83 Abs. 2 NPersVG und § 2 Abs. 2 GKG Gerichtskosten nicht erhoben werden und eine Erstattung der Aufwendungen der Beteiligten nicht vorgesehen ist.