Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 06.07.2006, Az.: 16 K 134/03
Steuerfreiheit; Betreiber-GmbH
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 06.07.2006
- Aktenzeichen
- 16 K 134/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 40292
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2006:0706.16K134.03.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 11.03.2009 - AZ: XI R 71/07
Rechtsgrundlagen
- UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
- UStG § 14
- UStG § 4 Nr. 12
- UStG § 9
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Bei Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung nur zulässig, soweit der Unternehmer nachweist, dass das Grundstück weder Wohnzwecken noch anderen nichtunternehmerischen Zwecken dient oder zu dienen bestimmt ist.
- 2.
Nichtunternehmerischen Zwecken i. S. der Vorschrift dient ein Grundstück, wenn die Nutzungsüberlassung an den Leistungsempfänger auf der Endstufe steuerfrei ist.
- 3.
Davon ist auszugehen, wenn ein Grundstückseigentümer eine Sporthalle an eine Betreiber-GmbH vermietet, die ihre Umsätze insoweit als steuerfrei behandelt hat, als das Leistungsentgelt auf die Überlassung des Grundstücks entfällt.
- 4.
Der Grundstückseigentümer erbringt mit der Verpachtung des Grundstücks und der Betriebsvorrichtungen an die Betreiber-GmbH keine einheitliche sonstige Leistung, die insgesamt steuerpflichtig ist mit der Folge, dass Vorsteuern aus sämtlichen Eingangsleistungen abgezogen werden können.
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob der Umsatz aus der Vermietung einer Sporthalle samt Betriebsvorrichtungen an eine Sportanlagen - Betreibergesellschaft teilweise § 4 Nr. 12 UStG unterfällt oder im Anschluss an die Entscheidung des BFHBStBl. II 2001, 658insgesamt steuerpflichtig ist.
Der Kläger errichtete in den Jahren 1993 und 1994 eine Sporthalle, die er mit Pachtvertrag vom 1. Dezember 1993an die Sport- und Freizeitanlage S GmbH (Betreiber-GmbH) zu einem Pachtzins von monatlich 15.000,- DM (ohne Umsatzsteuer) verpachtete. Eine Organschaft zwischen der Betreiber-GmbH und dem Kläger besteht nicht.
In der Halle befinden sich Tennis-, Badminton- und Squashplätze, eine Sauna und Solarien. Zudem wird darin ein Restaurant betrieben. Das Gebäude verfügt schließlich noch über ein Foyer, Umkleide- und Technikräume. Im April 1995 wurde die Hälfte der Squashplätze in einen Gymnastik- und Fechtbereich umgewandelt.
Die Betreiber-GmbH hat von der Übergangsregelung des § 27 Abs. 6 UStG Gebrauch gemacht und die im Verhältnis zu den Endnutzern erbrachten Leistungen nur insoweit als umsatzsteuerpflichtig behandelt, als das Entgelt auf die Überlassung von Betriebsvorrichtungen entfällt.
Der Kläger berücksichtigte in seinen Umsatzsteuererklärungen die Vorsteuern aus den Baukosten zunächst in dem Verhältnis, in dem die Betreiber-GmbH ihre Umsätze gegenüber den Endnutzern als steuerfrei bzw. steuerpflichtig behandelte.
Der Beklagte stimmte den Umsatzsteuererklärungen 1993 und 1994 des Klägers zu.
Zu einer Auswertung danach eingereichter berichtigter Steuererklärungen, in denen der Kläger sämtliche im Zusammenhang mit der Gebäudeerrichtung angefallenen Vorsteuern ansetzte und im Gegenzuge die Verpachtungsumsätze in voller Höhe als steuerpflichtig behandelte, kam es nicht mehr, da in der Zeit vom 26. Februar 1997 bis zum 22. Mai 1997 beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung stattfand. Der Prüfer stellte sich auf den Standpunkt, dass die Umsätze aus der Vermietung der Tennis-, Squash- und Badmintonplätze aufzuteilen seien in einen steuerfreien Teil für die Überlassung der Grundstückanteile und einen steuerpflichtigen Teil für die Überlassung der Betriebsvorrichtungen. Dementsprechend seien die Vorsteuern aus den einzelnen Gewerken aufzuteilen. Die Vorsteuern aus den Baukosten für das Restaurant, Sauna und Solarien, die Fitness- und Gymnastikräume und die Verkaufsräume seien voll abzugsfähig Die Vorsteuern aus den verbleibenden Baukosten (Foyer, Technik und Umkleideräume) erkannte er entsprechend dem Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze zu den steuerfreien Umsätzen von 73,87 v.H. zu 26,13 v.H. an. Die im April 1995 umgewandelten ehemaligen Squashplätze ordnete er nunmehr den steuerpflichtigen Umsätzen zu und berücksichtigte von da an Berichtigungsbeträge nach § 15 a UStG zugunsten des Klägers. Die Verpachtungsumsätze behandelte er zu 26,13 v.H. als steuerfrei. Wegen der - zwischen den Beteiligten betragsmäßig unstreitigen - Aufteilung der Vorsteuern im einzelnen wird auf den Betriebsprüfungsbericht verwiesen.
Im Anschluss an die Umsatzsteuersonderprüfung erließ der Beklagte unter dem Datum des 2. Juli 1997 gem. § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994.
Die dagegen gerichteten Einsprüche, mit denen der Kläger den Abzug sämtlicher Vorsteuern begehrte, hatten keinen Erfolg.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die mit der Verpachtung der Sporthalle erzielten Verpachtungsumsätze in voller Höhe steuerpflichtig seien mit der Folge, dass ihm auch der volle Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten zustehe. Der BFH habe mit Urteil vom 31. Mai 2005 V R 97/98, BStBl. 2001, 658 entschieden, dass die Überlassung von Sportanlagen regelmäßig nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 a UStG falle. Dies müsse nicht nur im Verhältnis zwischen Sportanlagenbetreiber und Endkunden gelten, sondern auch im Verhältnis zwischen Vermieter und Sportanlagenbetreiber.
Nach der Rechtsprechung des EuGH seien Dienstleistungen, die mit der Sport- und Körperertüchtigung zusammenhingen, möglichst als Gesamtheit zu würdigen. Die vom Beklagten vorgenommene Differenzierung widerspreche der Vorgabe der 6. EG-Richtlinie , eine einfache und korrekte Anwendung der entsprechenden Befreiungsvorschriften zu gewährleisten.
Zudem handele es sich bei dem Kläger und der Betreiber-GmbH um eigenständige Unternehmer, so dass jeder für sich von der Übergangsregelung des § 27 Abs. 6 UStG Gebrauch machen könne.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer 1993 um 224. 218 DM und die Umsatzsteuer 1994 um 37. 823 DM ermäßigt festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass es sich bei der Überlassung der Sportanlage an die Betreiber-GmbH um eine grundsätzlich steuerfreie Grundstücksvermietung handele. Steuerpflichtig sei nur die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen. Die vom Kläger zitierte BFH- und EuGH-Rechtsprechung sei nicht auf den Streitfall zu übertragen. Denn diese stelle darauf ab, dass der Sportanlagennutzer eine Vielzahl von Dienstleistungen wie Aufsicht, Verwaltung, ständige Unterhaltung, Zurverfügungstellung von Nebeneinrichtungen in Anspruch nähme, was es rechtfertigte, die vom Sportanlagenbetreiber erbrachte Leistung als Leistung eigener Art zu würdigen. Diese Zusatzleistungen gäbe es aber im Verhältnis zwischen Verpächter und Anlagenbetreiber nicht, so dass die Argumentation des BFH in diesem Verhältnis nicht greife. Da auf der Endstufe die Umsätze als teilweise steuerfrei behandelt worden seien, sei auf der Vorstufe eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG inso weit ausgeschlossen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein höherer Vorsteuerabzug zu als bereits vom Beklagten berücksichtigt.
Gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG die Steuer für die Lieferungen von Gegenständen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.
1. Die Vorsteuern aus Rechnungen, die die Errichtung der Tennis-, Squash- und Badmintonplätze zum Gegenstand haben, sind vom Abzug ausgeschlossen. Dies folgt daraus, dass diese Anlagen zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet werden. Gem. § 4 Nr. 12 a) UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei. Soweit der Kläger die Grundstücke, auf denen sich die genannten Sportanlagen befinden, an die Betreiber-GmbH verpachtet hat, liegt deshalb ein nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreier Umsatz vor.
Zwar kann der Unternehmer gem. § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze verzichten; im Gegenzuge steht ihm dann auch der Vorsteuerabzug zu. Im Streitfall ist die Option zur Steuerpflicht jedoch gem. § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen. Gem. § 9 Abs. 2 UStG in der für den Streitfall einschlägigen Fassung ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken nur zulässig, soweit der Unternehmer nachweist, dass das Grundstück weder Wohnzwecken noch anderen nichtunternehmerischen Zwecken dient oder zu dienen bestimmt ist. Ein Grundstück dient nichtunternehmerischen Zwecken im Sinne der Vorschrift, wenn die Nutzungsüberlassung an den Leistungsempfänger auf der Endstufe steuerfrei ist (BFH Urteil vom 21. April 1993, BStBl. II 1994, 266; Schreiben des BMF vom 27. August 1990 - IV A 3 - S 7189 - 35/90, BStBl. I 1990, 423). Das ist hier der Fall, weil die Pächterin, die Betreiber-GmbH, im Verhältnis zu den Sportanlagen-Nutzern von der Übergangsregelung des § 27 Abs. 6 UStG Gebrauch gemacht und ihre Umsätze insoweit als steuerfrei behandelt hat, als das Leistungsentgelt auf die Überlassung des Grundstücks entfällt.
Ausgenommen vom Vorsteuerausschluss sind im Streitfall daher nur diejenigen Vorsteuern, die auf den Erwerb bzw. die Errichtung von Betriebsvorrichtungen für die Tennis-, Squash- und Badmintonplätze entfallen. Diese sind jedoch vom Beklagten in vollem Umfang berücksichtigt worden. Ebenfalls berücksichtigt wurden bereits die Vorsteuern, die auf Grundstücksteile (Restaurant, Verkaufsladen, Sauna, Solarien und Fitnessbereich) entfallen, die der Erbringung steuerpflichtiger Leistungen gegenüber den Kunden dienten; insoweit ist der Beklagte von einer wirksamen Option des Klägers zur Steuerpflicht ausgegangen. Jene Vorsteuern, die auf zentrale Einrichtungen des Gebäudes entfallen, die keiner gesonderten Nutzung zuzuordnen sind, hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise den steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätzen zugeordnet.
2. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers erbringt dieser mit der Verpachtung des Grundstücks und der Betriebsvorrichtungen an die Betreiber-GmbH keine einheitliche sonstige Leistung, die insgesamt steuerpflichtig ist mit der Konsequenz, dass Vorsteuern aus sämtlichen Eingangsleistungen abgezogen werden können.
Der Kläger weist zwar zutreffend darauf hin, dass nach neuerer Rechtsprechung (BFH Urteil vom 31. Mai 2001 V R 97/98, BStBl II 2001, 658 im Anschluss an EuGH Urteil vom 18. Januar 2001 Rs. C-150/99 - Stockholm Lindöpark AB -, UVR 2001, 153) die Überlassung von Sportanlagen an Sportanlagennutzer nicht in eine unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 a UStG fallende Grundstücksüberlassung sowie eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufzuspalten ist, sondern als einheitliche Leistung beurteilt werden muss. Dies wird damit begründet, dass es dem Benutzer der Sportanlage nicht in erster Linie darauf ankommt, ein Grundstück unter Ausschluss anderer Benutzer zu nutzen, sondern dass es ihm darum geht, die sportliche Betätigung mit Hilfe der dafür erforderlichen Vorrichtungen ausüben zu können. Kennzeichnend für den Vertrag mit dem Endnutzer ist daher, dass diesem neben der Spielfläche eine Vielzahl weiterer Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden wie Aufsicht, Verwaltung und ständige Unterhaltung der Sportanlagen und dass dem Sportler auch andere Anlagen (Umkleideräume, Duschen) zur Verfügung gestellt werden.
Aus dieser Rechtsprechung kann jedoch der Kläger nach Auffassung des Senats nichts für den Streitfall herleiten. Denn im Verhältnis zwischen ihm und der Betreiber-GmbH wird allein die Sporthalle zur Nutzung überlassen. Zusätzliche Dienstleistungen, die über das hinausgehen, was bei der Vermietung von Grundstücken allgemein üblich ist, hat er gegenüber der Betreiber-GmbH nicht erbracht. Insofern ist für den Senat nicht zu ersehen, warum bei der Verpachtung der Sporthalle § 4 Nr. 12 a) UStG nicht zur Anwendung kommen sollte mit der Folge, dass gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug teilweise ausgeschlossen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.