Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 02.09.1992, Az.: 7 B 7462/91
Asylanspruch bei politischer Verfolgung im Heimatland
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 02.09.1992
- Aktenzeichen
- 7 B 7462/91
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1992, 22053
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:1992:0902.7B7462.91.0A
Rechtsgrundlage
- § 51 Abs. 1 AuslG
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig
am 2. September 1992
beschlossen:
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11.12.1991 wird angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Die am ... geborene Antragstellerin stammt aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien und ist albanische Volkszugehörige. Sie begehrt die Anerkennung als Asylberechtigte.
Die Antragstellerin reiste am 4.10.1991 mit dem jugoslawischen Nationalpaß ... in den Geltungsbereich des Asylverfahrensgesetzes ein und stellte am 12.11.1991 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte, zu dessen Begründung sie im wesentlichen anführte, daß sie Schwierigkeiten wegen ihrer Volkszugehörigkeit habe. Ihr Lebensgefährte sollte zur Armee; die Polizei habe deshalb sie und die Kinder bedroht.
Mit Bescheid vom 19.11.1991 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, daß die Voraussetzungen des §51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorlägen. Der Antragsgegner forderte die Antragstellerin mit Bescheid vom 11.12.1991 gemäß §11 Abs. 1 AsylVfG zur Ausreise auf und drohte die Abschiebung an.
Dagegen hat die Antragstellerin am 23.12.1991 Klage erhoben (7 A 7461/91) und gleichzeitig Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung führt sie im wesentlichen einerseits an, von serbischen Ordnungskräften mißhandelt worden zu sein, weil ihr Lebensgefährte und Vater ihrer Kinder den Wehrdienst verweigert habe. Daneben beruft sich die Antragstellerin darauf, daß die Gruppe der albanischen Volkszugehörigen im Gebiet des Kosovo einer Gruppenverfolgung unterlägen und legt dazu zahlreiche Unterlagen vor.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11.12.1991 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Gründe seines Bescheides.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und des Antragsgegners Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach §80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und begründet.
Nach §80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der Maßnahme einstweilen verschont zu bleiben, gegenüber dem gesetzlich fixierten besonderen öffentlichen Interesse an der Durchsetzung der Maßnahme überwiegt.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Zur Überzeugung der Kammer kann die Abweisung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet und die Feststellung, daß die Voraussetzungen von §51 Abs. 1 AuslG offensichtlich nicht vorliegen, derzeit nicht bestätigt werden, wenn es sich bei dem Antragsteller bzw. der Antragstellerin um albanische Volkszugehörige aus dem Gebiet des Kosovo handelt. Die Kammer hat mit Urteil vom 25.8.1992 (7 A 7160/91) zwar eine Gruppenverfolgung von ethnischen Albanern aus dem Kosovo nach der derzeitigen Sachlage verneint, wohl aber die Feststellung getroffen, daß für diesen Personenkreis die Voraussetzungen des §51 Abs. 1 AuslG vorliegen und sich dabei im wesentlichen auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.6.1992 und den Bericht von amnesty international vom Juni 1992 gestützt.
Da somit im vorliegenden Fall das "Offensichtlichkeitsurteil" nach der derzeitigen Rechtsprechung der Kammer entfällt, überwiegen die Interessen der Antragstellerin, vom Vollzug der aufgrund dieses "Offensichtlichkeitsurteils" nach §§10, 11 AsylVfG a.F. getroffene Maßnahme einstweilen verschont zu bleiben.
Der Antragsgegner trägt gemäß §154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens, denn gemäß §77 AsylVfG n.F. ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.
III.
Dieser Beschluß ist gemäß §80 AsylVfG vom 26.06.1992 (BGBl. I S. 1126) unanfechtbar.
Dr. Bieler
Schlingmann-Wendenburg