Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 16.09.1992, Az.: 10 A 10572/91

Anforderungen an das Vorliegen eines Anspruchs des Betreibers einer Pflanzenzucht auf Gewährung einer Gasölverbilligung i.S.d. Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetzes (LwGVG); Voraussetzungen der Qualifizierung eines landwirtschaftlichen Betriebes i.S.d. Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetzes (LwGVG)

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
16.09.1992
Aktenzeichen
10 A 10572/91
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1992, 22253
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:1992:0916.10A10572.91.0A

Verfahrensgegenstand

Gasölverbilligung

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig
auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 1992
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Hirschmann,
die Richter am Verwaltungsgericht Stubben und von Krosigk sowie
die ehrenamtlichen Richter ... und ....
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid des Beklagten vom 19.9.1989 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 25.11.1991 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Gasölverbilligung für das Jahr 1988 in Höhe von 4.239,27 DM zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Kläger in zuvor Sicherheit in der selben Höhe leistet.

Gründe

1

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Verbilligungsbeträgen nach dem Gasöl-Verwendungsgesetz-Landwirtschaft (LwGVG).

2

Am 6.2.1989 stellte die Klägerin, die in der Rechtsform einer GmbH (primär) Pflanzenzucht betreibt, einen Antrag auf Gasölverbilligung für das Kalenderjahr 1988. Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 19.9.1989 mit der Begründung ab, daß die Klägerin nach Auskunft des Finanzamtes Peine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele und somit nicht die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebes i.S.d. Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetzes (LwGVG) erfülle.

3

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung machte sie geltend: Ihr Saatzuchtbetrieb sei entgegen der Auffassung des Beklagten als landwirtschaftlicher Betrieb zu qualifizieren. Zwar beziehe sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Dies sei jedoch auf ihre Rechtsform (GmbH) zurückzuführen (§8 Abs. 2 KStG). Es erfolge auch kein steuerschädlicher Zukauf fremder Erzeugnisse.

4

Das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaftschaft und Forsten, das im Rahmen des Widerspruchsverfahrens um eine Entscheidung gebeten wurde, sah aufgrund der steuerrechtlichen Vorschriften (§2 Abs. 1 und 2 GewStG, §1 Abs. 1 Nr. 1 KStG, §97 Abs. 1 Nr. 1 BewG), wonach der Betrieb der Klägerin unabhängig von der Art der Betätigung einen Gewerbebetrieb darstellt, keine Anhaltspunkte, deren Betrieb als "Betrieb der Landwirtschaft" i.S.d. §2 Abs. 1 Nr. 1 b LwGVG anzusehen.

5

Durch Widerspruchsbescheid vom 25.11.1991 wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch der Klägerin im wesentlichen mit der Begründung zurück, daß die Klägerin gemäß §8 Abs. 2 KStG in vollem Umfange körperschaftssteuerpflichtig und demnach nach Handelsrecht eine buchführungspflichtige GmbH sei. Bei dieser Betriebsform aber sei die Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen. Eine Gasölverbilligung könne der Klägerin daher nicht gewährt werden.

6

Mit ihrer dagegen erhobenen Klage vertieft die Klägerin im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 19.9.1989 und des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 25.11.1991 zu verpflichten, die beantragte Gasölverbilligung für das Jahr 1988 zu gewähren.

7

Der Beklagte nimmt auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug und beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

9

II.

Die Klage hat Erfolg.

10

Die Gasölverbilligungsberechtigung der Klägerin bestimmt sich nach §2 Abs. 1 Nr. 1 b LwGVG. In dem hier interessierenden Zusammenhang sind hiernach Betriebe der Landwirtschaft Betriebe, die durch Bodenbewirtschaftung pflanzliche Erzeugnisse gewinnen und deren Inhaber eine juristische Person des privaten Rechts ist und der dauernde und nachhaltige Zukauf fremder Erzeugnisse nach den Vorschriften über steuerschädlichen Zukauf bei der Abgrenzung des Gewerbebetriebs gegenüber der Land- und Forstwirtschaft gewertet wird.

11

In Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmung vermag zunächst die Auffassung des Beklagten, daß die Klägerin wegen ihrer Rechtsform als Gewerbebetrieb anzusehen sei und ihr deshalb eine Gasölverbilligung nicht gewährt werden könne, nicht zu überzeugen. Sie findet zunächst im Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung (erkennbar) keine Stütze. Hinzu kommt, daß mit dem zum 1.1.1969 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Gasöl-Verwendungsgesetzes-Landwirtschaft vom 8.9.1969 (BGBl. I S. 1589) §2 LwGVG gerade dahingehend geändert wurde, daß grundsätzlich auch juristische Personen die Verbilligung erhalten können. Hierzu weist der schriftliche Bericht des Finanzausschusses vom 16.5.1969 - BTDrucks. V/3877 (neu) nachfolgende Stellungnahme aus:

Die Bezugsmöglichkeit für verbilligtes Diselöl soll nicht mehr auf die Rechtsform, in der ein Unternehmen sich betätigt, abgestellt sein, sondern auf die Art der Betätigung; alles für landwirtschaftliche Zwecke verwendete Dieselöl soll ab 1. Januar 1969 gleichermaßen begünstigt werden.

12

Auch den Erläuterungen zum Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetz (GMBl. 1987, 153) lassen sich keine Anhaltspunkte für die von dem Beklagten in Übereinstimmung mit dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (vgl. RdErl. d. ML v. 16.12.1991, Nds.MBl. 1992, 294) vertretenen (gegenteiligen) Auffassung herleiten. Hiernach zählen Betriebe, deren Inhaber eine juristische Person des privaten Rechts ist (§2 Abs. 2 Nr. 1 b LwGVG), nur dann nicht zu den Betrieben der Landwirtschaft, wenn im Falle der Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse der Wert des dauernden und nachhaltigen Zukaufs fremder Erzeugnisse bei Anwendung der Einkommenssteuer-Richtlinien zur Einstufung als Gewerbebetrieb führen würde.

13

Nach alledem ist die der Klägerin gegenüber ausgesprochene Versagung der Gasölverbilligung durch ihre Rechtsform nicht gerechtfertigt.

14

Die Klägerin hat nach ihren eingehenden Darlegungen in der mündlichen Verhandlung die in ihrem Bewilligungsantrag aufgeführten Arbeitsmaschinen auch allein für die von ihr hauptsächlich betriebene Pflanzenzüchtung eingesetzt und damit im Sinne des §1 Abs. 1 LwGVG bei der Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung verwendet. Darüber hinaus hat die Klägerin (in Anwendung der Einkommenssteuer-Richtlinien) auch keinen steuerschädlichen Zukauf fremder Erzeugnisse vorgenommen. Denn ausweislich des Akteninhalts stellte sich der Zukauf von Getreide (Lieferung 1987, Abrechnung im Jahr 1988) als einmaliger, lediglich durch die Übernahme der Firma ... bedingter Vorgang dar. Damit aber fehlt es in jedem Fall an einem gemäß §2 Abs. 1 Nr. 1 b LwGVG geforderten nachhaltigen Zukauf fremder Erzeugnisse.

15

Nach alledem sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Förderung der Klägerin gegeben. Ihr steht mithin eine Gasölverbilligung für das Jahr 1988 in Höhe eines zwischen den Beteiligten unstreitigen Betrages von 4.239,27 DM zu.

16

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 1 VwGO.

17

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 Abs. 2 VwGO i.V.m. den §§708 Nr. 11, 711 ZPO.

18

Rechtsmittelbelehrung

19

Gegen dieses Urteil ist die Berufung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.

20

...

Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Hirschmann ist wegen Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung an der Unterschriftsleistung gehindert
. Stubben
von Krosigk
Stubben