Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 13.02.2013, Az.: 11 A 4220/12

Rinderhaltung; Anbindung; Beleuchtung; Lichtverhältnisse; trockene Liegefläche

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
13.02.2013
Aktenzeichen
11 A 4220/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64504
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Anordung, Rinder nicht mehr in "dunklen" Ställen zu halten, ist zu unbestimmt.
2. Dem TierSchG und der TierSchNutztV kann nicht entnommen werden, dass die Lichtstärke in Ställen für erwachsene Rinder zwingend mindestens 10 Stunden täglich mindestens 80 Lux betragen muss.
3. Allein die Feststellung, dass Milchkühe mit Stricken angebunden waren, rechtfertigt bei Altbauten ohne zusätzliche Feststellungen zu der Art und den Folgen dieser Fixierung noch keine Verfügung nach § 16a S. 2 Nr. 1 TierSchG.
4. Rindern muss jederzeit eine trockene Liegefläche zur Verfügung stehen.

Tenor:

Der Bescheid des Beklagten vom 18. Juli 2012 wird zu Ziffer 3, Ziffer 4 und Ziff. 9 Absätze 3 und 4 aufgehoben.

Der Bescheid des Beklagten vom 11. September 2012 wird zu Ziffer 2 und Ziffer 4 Absatz 2 aufgehoben. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom selben Tage wird aufgehoben, soweit Kosten von mehr als 108,63 EUR festgesetzt wurden.

Der Bescheid des Beklagten vom 1. November 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Dezember 2012 wird zu Ziffer 1 und Ziffer 3 Absatz 1 aufgehoben. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 1. November 2012 wird aufgehoben, soweit Kosten von mehr als 108,63 EUR festgesetzt wurden.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

Die Kosten der Verfahren tragen die Klägerin zu 6/10 und der Beklagte zu 4/10.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Jeder Beteiligte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der andere Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin hält nach eigenen Angaben Rinder, seit der Beklagte ihrem Sohn das Halten und Betreuen von Rindern vollziehbar untersagt hat.

Am 12. Juni 2012 stellte die amtliche Tierärztin des Beklagten, Frau Dr. V., fest, dass sich im kleinen Stall auf der rechten Hofseite nicht genug Licht befinde. Künstliches Licht sei zwar vorhanden, aber nicht eingeschaltet. Im Gruppeniglu würden zwei Kälber auf nasser Einstreu gehalten. Vor Ort sei nur der Sohn der Klägerin angetroffen worden, aber keine andere Betreuungsperson.

Am 5. Juli 2012 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass Frau O. (die Lebensgefährtin ihres Sohnes) jetzt gemeinsam mit ihr die Tiere betreue. Bei einer weiteren amtstierärztlichen Kontrolle am 6. Juli 2012 wurde festgestellt, dass die Kühe im Stall B. nicht gemolken und versorgt worden seien. Nach Angaben des Amtstierarztes sagte die Klägerin, dies sei deswegen so, weil sich ihr Sohn heute Morgen nicht gut gefühlt habe. Einige Tiere seien außerdem angebunden gewesen. Frau O. sei nicht angetroffen worden. Stattdessen habe der Sohn der Klägerin den Tieren Heu vorgelegt. Im begonnenen Stallgebäude hätte sechs Tieren keine trockene Liegefläche zur Verfügung gestanden. Im Stall auf der rechten Hofseite gebe es auch jetzt zu wenig Licht. Der Strahler sei nicht eingeschaltet und nicht richtig ausgerichtet gewesen. In der vorderen rechten Bucht dieses Stalles seien zwei Tiere ohne trockene Liegefläche gewesen. In der hinteren Bucht rechts habe sich eine gesundheitlich bedenkliche, teilweise verschimmelte Einstreu befunden.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2012 ordnete der Beklagte an, dass die Klägerin ihre Tiere mindestens zweimal täglich in Augenschein zu nehmen und dies zu dokumentieren habe (Ziff. 1). Sie dürfe Rinder nicht mehr in Buchten halten, in denen keine trockenen Stand- und Liegeflächen zur Verfügung stehen (Ziff. 2). Im Stall auf der rechten Hofseite müsse die Beleuchtung ab dem 25. Juli 2012 im Aufenthaltsbereich der Tiere mindestens zehn Stunden pro Tag mindestens 80 Lux betragen (Ziff. 3). Milchkühe dürften nicht mehr mit Stricken fixiert werden (Ziff. 4). Die Betreuung durch eine sachkundige Person sei sicherzustellen und deren Sachkunde bis zum 31. Juli 2012 nachzuweisen (Ziff. 5). Daneben wurden tierseuchenrechtliche Anordnungen erlassen (Ziff. 6-8). Für den Fall von Verstößen wurden Zwangsgelder angedroht (Ziff. 9). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Ziff. 10).

Die Klägerin hat am 21. August 2012 Klage gegen die Verfügung vom 18. Juli 2012 erhoben. Sie trägt vor, Frau Dr. V. habe zu ihr am 12. Juni 2012 gesagt, dass die Zustände auf dem Hof nunmehr tierschutzgerecht seien.

Bei einer amtstierärztlichen Kontrolle vom 10. September 2012 kam der Beklagte zu der Auffassung, dass im begonnenen Stallgebäude hinten links drei Tiere auf einem hohen, saugenden, durchfeuchteten Kot-Urin-Gemisch stünden. Die darüber liegende Strohschicht sei zu dünn. In zwei Kälberhütten hätte sich je ein acht Wochen altes Kalb ohne Wasser befunden. Auf der Weide seien die Böden vor und zwischen den Futterstellen schlammig, so dass die Tiere auf dem Weg zum Fressen knöcheltief einsänken. Im kleinen Stall werde in der dritten Bucht links ein Bulle gehalten, der nicht genug Platz habe. Der Strahler sei nicht eingeschaltet und der Lichteinfall zu gering gewesen. Ein Sachkundenachweis für Frau O. sei nicht vorgelegt worden.

Mit Bescheid vom 11. September 2012 setzte der Beklagte gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 2.200,- Euro fest. Dieses setzt sich zusammen aus einem Zwangsgeld von 600,- Euro wegen eines Verstoßes gegen Ziffer 2 der Verfügung vom 18. Juli 2012 (trockene Stand- und Liegeflächen) (Ziff. 1 des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides), aus einem Zwangsgeld von 1.400,- Euro wegen Verstoßes gegen Ziffer 3 der Verfügung vom 18. Juli 2012 (Sicherstellung einer Lichtstärke von 80 Lux) (Ziff. 2 des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides) und einem Zwangsgeld von 200,- Euro wegen Verstoßes gegen Ziffer 5 der Verfügung vom 18. Juli 2012 (Nachweis der Sachkunde der Betreuungsperson) (Ziff. 3 des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides). Für den Fall der erneuten Zuwiderhandlung wurden erhöhte Zwangsgelder angedroht (Ziff. 4 des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides). In einem separaten Bescheid vom selben Tage wurden für die Zwangsgeldfestsetzung Kosten in Höhe von 357,63 EUR festgesetzt.

Die Klägerin hat am 4. Oktober 2012 Klage gegen diese Zwangsgeldfestsetzung und den beigefügten Kostenfestsetzungsbescheid erhoben. Sie trägt vor, dass die Verfügung vom 18. Juli 2012 noch nicht bestandskräftig sei. Die inzwischen erfolgte Beweisaufnahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Haltungs- und Betreuungsuntersagung gegen ihren Sohn habe ergeben, dass keine tierschutzrechtlichen Mängel mehr bestünden.

Bei einer Kontrolle vom 15. Oktober 2012 stellte der Beklagte fest, dass im Stall rechts nur 30 bis 40 Lux Lichtstärke vorhanden seien. Der Sachkundenachweis sei nach wie vor nicht eingereicht.

Mit Bescheid vom 1. November 2012, später hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen geändert durch Bescheid vom 13. Dezember 2012, setzte der Beklagte gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- Euro fest. Dieses setzt sich zusammen aus einem Zwangsgeld in Höhe von 1600,- Euro wegen Verstoßes gegen Ziffer 3 der Verfügung vom 18. Juli 2012 (Lichtstärke von mindestens 80 Lux) (Ziff. 1 des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides) und einem Zwangsgeld in Höhe von 400,- Euro wegen Verstoßes gegen Ziffer 5 der Verfügung vom 18. Juli 2012 (Nachweis der Sachkunde der Betreuerin) (Ziff. 2 des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides). Für den Fall der erneuten Zuwiderhandlung wurden erhöhte Zwangsgelder angedroht (Ziff. 3 des Zwangsgeldfestsetzungsbescheides). In einem separaten Bescheid vom selben Tage wurden für die Zwangsgeldfestsetzung Kosten in Höhe von 357,63 EUR festgesetzt.

Die Klägerin hat am 20. November 2012 Klage gegen den Bescheid vom 1. November 2012 und den beigefügten Kostenfestsetzungsbescheid erhoben. Sie trägt vor, dass der Bescheid die angeblichen Verstöße nicht konkret bezeichne und überdies die Beweisaufnahme im Verfahren des Sohnes ergeben habe, dass keine tierschutzrechtlichen Mängel bestünden. Außerdem sei unklar, welche Art von Sachkundenachweis für Frau O. vorgelegt werden soll.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 18. Juli 2012, 11. September 2012 und 1. November 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass seine amtliche Tierärztin, Frau Dr. V., bei der Kontrolle am 12. Juni 2012 zwar im Hinblick auf den schlechten Gesundheitszustand des Ehemannes der Klägerin auf eine mündliche Erörterung aller Mängel verzichtet, aber nicht geäußert habe, dass es keine Mängel gebe. Auch in der mündlichen Verhandlung im Verfahren des Sohnes habe sie nur ausgesagt, dass die Zustände sich zeitweise verbessert hätten, aber nicht, dass sie in Ordnung seien. Auch könne der Verfügung vom 11. November 2012 hinreichend deutlich entnommen werden, was aus welchem Grund verfügt worden sei. Hinsichtlich des Sachkundenachweises würde man jede Art von Zeugnis ausreichen lassen, aus dem sich ergibt, dass Frau O. mit Rindern gearbeitet oder entsprechende Lehrgänge besucht hat; es hätte auch ausgereicht, wenn die amtlichen Tierärzte Frau O. bei der Arbeit hätten beobachten können. Sie sei aber bei keiner Kontrolle vor Ort gewesen und der Bitte der Tierärzte, sie hinzuzurufen, sei die Klägerin nie nachgekommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. V. , Dr. B. und R.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2013 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klagen sind zulässig. Insbesondere ist auch die Klage gegen den Zwangsgeldfestsetzungsbescheid vom 1. November 2012 (11 A 5022/12) noch zulässig und rechtshängig. Zwar hat die Klägerin diese Klage mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2012 unter Hinweis auf den Änderungsbescheid vom 13. Dezember 2012 für erledigt erklärt. Diese Erledigungserklärung ist aber einseitig geblieben. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17. Januar 2013 die Klage dahingehend abgeändert, dass sie nunmehr die Aufhebung des Bescheides vom 1. November 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Dezember 2012 begehrt. Diesen Antrag hat sie auch in der mündlichen Verhandlung gestellt. Eine solche Rückkehr zum Sachantrag nach einseitig gebliebener Erledigungserklärung ist möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1998 – 2 C 4/97 -, NVwZ 1999, 404 <405>). Der Rechtsstreit hatte sich in der Sache nicht erledigt, weil der Änderungsbescheid vom 13. Dezember 2012 lediglich die erhöhte Zwangsgeldandrohung durch eine andere, mit einer abweichenden Erfüllungsfrist versehene Zwangsgeldandrohung ersetzt hatte. Die auf die Anfechtung des Bescheides in dieser geänderten Fassung abzielende Klageänderung ist sachdienlich und daher zulässig (vgl. § 91 Abs. 1 VwGO).

Die Klagen sind in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 18. Juli 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit der Klägerin untersagt wird, Tiere in „dunklen Ställen bzw. an dunklen Standorten“ zu halten oder unterzubringen, und soweit ihr aufgegeben wird, im Stall auf der rechten Hofseite für mindestens 10 Stunden täglich eine Lichtstärke von 80 Lux in Aufenthaltsbereich der Tiere zu garantieren (Ziff. 3 des Bescheides).

Soweit der Bescheid allgemein die Haltung und Unterbringung von Tieren an „dunklen“ Standorten bzw. Ställen untersagt (Ziff. 3 Satz 1), ist er entgegen § 37 Abs. 1 VwVfG nicht hinreichend bestimmt. Wann ein Ort „dunkel“ ist, hängt von einer nicht objektivierbaren persönlichen Wertung des Betrachters statt. Die Klägerin kann nicht vorhersehbar einschätzen, bis zu welcher Lichtstärke ein Vertreter des Beklagten ihre Haltungseinrichtungen als „dunkel“ bezeichnen wird. Daher genügt dieser Teil des Bescheides nicht den Bestimmtheitsanforderungen, die an eine zwangsweise durchsetzbare Ordnungsverfügung zu stellen sind.

Soweit der Bescheid fordert, dass im Stall auf der rechten Hofseite für mindestens 10 Stunden täglich eine Lichtstärke von 80 Lux herzustellen ist (Ziff. 3 Satz 2), ist diese Anordnung nicht im Sinne des § 16a Satz 2 Nr. 1 TierSchG „erforderlich“, um die Erfüllung der Haltungsanforderungen nach § 2 TierSchG sicherzustellen. Dabei lässt der Einzelrichter ausdrücklich offen, ob die Lichtverhältnisse in diesem Stall derzeit tierschutzgerecht sind. Denn die Anordnung des Beklagten geht jedenfalls über das tierschutzrechtlich Gebotene hinaus. Weder § 2 TierSchG noch der aufgrund von § 2a TierSchG erlassenen TierSchNutztV kann entnommen werden, dass in Ställen für erwachsene Rinder mindestens 10 Stunden täglich eine Lichtstärke von 80 Lux im gesamten Aufenthaltsbereich herrschen muss.

In der TierSchNutztV ist nur für die Haltung von Kälbern, d.h. von Mastrindern im Alter von bis zu 6 Monaten (§ 2 Nr. 3), in § 11 Nr. 9 a) vorgeschrieben, dass die Beleuchtung mindestens 10 Stunden täglich im Aufenthaltsbereich eine Lichtstärke von 80 Lux erreichen muss. Ähnliches gilt für Schweine, wo die Beleuchtungsdauer allerdings nur 8 Stunden betragen muss (vgl. § 26 Abs. 2 TierSchNutztV). Für Rinder, die älter als sechs Monate sind, findet sich keine entsprechende Regelung. Hinsichtlich dieser Tiere gilt nur die allgemeine Anforderung aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 TierSchNutztV, wonach die tägliche Beleuchtungsintensität und –dauer für die Deckung der artgemäßen Bedürfnisse ausreichen muss. Dies entspricht der Vorgabe aus § § 2 Nr. 1 TierSchG, ein Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen und verhaltensgerecht unterzubringen.

Der Beklagte hat die Anordnung in Ziff. 3 Satz 2 des Bescheides vom 18. Juli 2012 nicht auf die Zeiträume beschränkt, wären derer die Klägerin in dem betroffenen Stall Kälber hält. Dies war kein Redaktionsversehen. Der amtliche Tierarzt Dr. B. hat in seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2013 klargestellt, dass der Beklagte die Lichtstärke von 80 Lux auch verlangt, wenn in dem Stall nur erwachsene Rinder untergebracht sind. Dies begründete er mit einer „Angleichung an das, was im Kälber- und Schweinebereich gefordert wird.“ Auch die amtliche Tierärztin Dr. V. hat in ihrer Vernehmung ausgeführt, man habe hier die Regelung für Kälber entsprechend für erwachsene Rinder herangezogen.

Gegen eine solche analoge Anwendung der §§ 11 Nr. 9 a) bzw. 26 Abs. 2 Satz 2 TierSchNutztV auf erwachsene Rinder spricht aber die Systematik der TierSchNutztV. Diese regelt in ihrem Abschnitt 1 zunächst das Halten von Nutztieren aller Arten allgemein. Die folgenden Abschnitte 2 bis 6 enthalten dann Sondervorschriften für die Haltung von Kälbern, Legehennen, Masthühnern, Schweinen und Pelztieren. Solche Sondervorschriften ergeben nur dann einen Sinn, wenn sie gerade in Bezug auf die genannten besonderen Tiergruppen von den allgemeinen Vorschriften des ersten Abschnitts abweichen oder ihnen zumindest etwas hinzufügen. Wären sie hingegen mit jenen gleichbedeutend oder könnte man sie ohne weiteres im Wege der Analogie auf andere Nutztierarten ausdehnen, würde das nach Tierarten bzw. Tieralter ausdifferenzierte Regelungskonzept der TierSchutzNutztV sinnentleert. Konkret bedeutet dies für den vorliegenden Fall: Wäre die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 TierSchNutztV gebotene art- und bedürfnisgerechte Beleuchtung für sämtliche Nutztiere mit einer Lichtstärke von 80 Lux gleichzusetzen, wäre es überflüssig und irreführend, dass der Vorordnungsgeber dieselbe Lichtstärke (nur) für besondere Nutztiergruppen - nämlich Schweine und Kälber – explizit gesondert festschreibt. Dasselbe gilt, wenn man nur die Gattung „Rind“ betrachtet: Würde eine art- und bedürfnisgerechte Beleuchtung nach Ansicht des Verordnungsgebers für alle Rinder mindestens 80 Lux über mindestens 10 Stunden täglich voraussetzen, hätte er diese Lichtstärke sicherlich nicht (allein) für Rinder unter 6 Monaten gesondert vorgeschrieben.

Soweit die Zeugin Dr. V. in ihrer Vernehmung darüber hinaus auf die „Tierschutzleitlinie für die Milchkuhhaltung“ des Nds. Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie des Nds. Landesamtes für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz verwiesen hat, überzeugt dies nicht. Dieser Veröffentlichung kann nicht eindeutig entnommen werden, dass eine im Sinne der tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen artgerechte Tierhaltung bei erwachsenen Rindern zwingend eine Beleuchtungsstärke von 80 Lux an mindestens zehn Stunden pro Tag voraussetzt. In Ziff. 12.4 der Leitlinien heißt es zwar, die minimale Lichtintensität im Aufenthaltsbereich der Tiere „sollte“ in der Hellphase 80 Lux betragen. Das Verb „sollte“ deutet jedoch darauf hin, dass es sich insofern eher um eine Empfehlung zur Erreichung optimaler Bedingungen als um einen zwingend einzuhaltenden Mindeststandard handelt. Auch wird aus dem Textzusammenhang nicht deutlich, ob sich diese Empfehlung überhaupt auf ältere Ställe bezieht. Denn der Satz bzw. Absatz unmittelbar davor bezieht sich jeweils nur auf Stallneubauten. Dafür, dass 80 Lux in Ställen für erwachsene Rinder nicht unter allen Bedingungen zwingend erforderlich sind, spricht auch 7.1.3 der Leitlinien. Dort heißt es, dass bei ganzjähriger Stallhaltung ein Laufhof unter anderem dann zur Verfügung stehen müsse, wenn im Stall keine Lichtintensität von mindestens 80 Lux erreicht werde. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass bei Vorhandensein eines Laufhofs bzw. bei zeitweise Weidehaltung (wie sie die Klägerin praktiziert) die Lichtintensität im Stall hinter 80 Lux zurückbleiben kann.

Zuzugeben ist dem Beklagten allerdings, dass Ziff. 3 des Merkblatts Nr. 112 „Mastrinderhaltung“ der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. für alle Rinderställe eine Lichtintensität vom mindestens 80 Lux über 10 Stunden täglich fordert. Angesichts der eindeutig abweichenden Verordnungslage und der Ambiguität der amtlichen Milchkuhleitlinien genügt diese Veröffentlichung eines privatrechtlichen Tierschutzvereins jedoch nicht, um das Gericht zweifelsfrei davon zu überzeugen, dass eine art- und bedürfnisgerechte Beleuchtung bei erwachsenen Rindern zwingend eine Lichtintensität von 80 Lux an zehn Stunden pro Tag voraussetzt.

Daher war auch Ziff. 9 Abs. 3 des Bescheides vom 18. Juli 2012 aufzuheben, der für Verstöße gegen Ziff. 3 des Bescheides ein Zwangsgeld androht.

Ebenso waren Ziff. 2 und Ziff. 4 Absatz 2 des Bescheides vom 11. September 2012 und Ziff. 1 sowie Ziff. 3 Abs. 1 des Bescheides vom 1. November 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Dezember 2012 aufzuheben, weil sie jeweils Zwangsgelder für Verstöße der Klägerin gegen Ziff. 3 des Bescheides vom 18. Juli 2012 festsetzen oder androhen. Entsprechend waren die Kostenfestsetzungsbescheide vom 11. September 2012 und 1. November 2012 aufzuheben, soweit Kosten von mehr als 108,63 EUR festgesetzt worden sind. Denn aufgrund der Teilaufhebung der Zwangsgeldfestsetzungen betragen die festgesetzten Zwangsgelder nur noch 800 bzw. 400 EUR. Die Gebühr für ihre Festsetzung darf somit nach Ziff. 26.2.2 des Kostentarifs zur AllGO nur 106 EUR betragen. Hinzu kommen jeweils 2,63 EUR Auslagenersatz für die Postzustellungsurkunde.

Ferner ist der Bescheid des Beklagten vom 18. Juli 2012 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit ihr untersagt wird, Milchkühe mit einem Strick zu fixieren (Ziffer 4). Zwar kann dem Kontrollbericht des Herrn Dr. B. und der Frau R. vom 6. Juli 2012 entnommen werden, dass im Stall B. einige Tiere mit einem Strick angebunden waren. Dies reicht für sich genommen aber noch nicht aus, um tierschutzwidrige Haltungsbedingungen festzustellen. Nach Ziff. 8 „Tierschutzleitlinie für die Milchkuhhaltung“ und Ziff. 2.2 des Merkblatts Nr. 112 „Mastrinderhaltung“ der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. sind Anbindehaltungen zwar tierschutzrechtlich bedenklich und daher bei Stallneubauten abzulehnen. Beide Veröffentlichungen gehen aber davon aus, dass sie bei Altställen unter bestimmten Bedingungen (v.a.: kein Auftreten haltungsbedingter Schäden oder Verhaltensänderungen) weiter hinnehmbar sind. Weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus dem Bericht über die Vor-Ort-Kontrolle vom 6. Juli 2012 geht hervor, dass diese Bedingungen vorliegend nicht erfüllt waren. Namentlich wird nichts über durch die Stricke verursachte Verletzungen (etwa „Einkerbungen“) berichtet. Die Sachverhaltsfeststellungen des Beklagten sind daher unvollständig und zu dürftig, um ein Verbot des Fixierens von Milchkühen mit Stricken zu tragen. Damit war auch die entsprechende Zwangsmittelandrohung (Ziff. 9 Abs. 4 des Bescheides vom 18. Juli 2012) aufzuheben.

Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide dagegen rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Klägerin ist als Halterin der Tiere die richtige Adressatin der tierschutzrechtlichen Anordnungen nach § 16a TierSchG bzw. der auf ihre Durchsetzung gerichteten Zwangsmittelfestsetzungen und –androhungen (vgl. Lorz/ Metzger, TierSchG, 6. Aufl. 2008, § 2 Rn. 7). Tierhaltung ist die dauerhafte, interessegeleitete Herrschaft über das Tier. Ein Tier hält, wer nicht nur ganz vorübergehend die tatsächliche Bestimmungsmacht über das Tier hat, aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt, den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko des Verlustes trägt. Diese Voraussetzungen müssen nicht zwingend kumulativ vorliegen; ggf. kommt es auf eine wertende Gesamtbetrachtung an (vgl. Lorz/ Metzger, § 2 Rn. 8; VG Aachen, Beschluss vom 9. März 2009 – 6 L 14/09 -, juris Rn. 53). Die Klägerin ist in der HIT-Datenbank als Halterin der Rinder eingetragen. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2013 erklärt, dass sie die Tiere unter anderem füttere, das Futter bestelle und mit dem Tierhändler verhandle. Der Verkaufserlös ginge auf ein Betriebskonto, das auf den Namen ihres Sohnes laufe, auf das sie aber praktisch zugreifen könne. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben nicht zutreffen. Auch die Zeugin Dr. V. sagte aus, sie habe die Klägerin am 12. Juni 2012 mit einem Tränkeimer für die Kälber angetroffen. Damit ist (zumindest auch) die Klägerin als Tierhalterin anzusehen. Der Umstand, dass das Gericht mit Urteil vom heutigen Tage in einem Klageverfahren des Sohnes des Klägerin (11 A 5024/12) Verstöße des Sohnes gegen das Verbot des Haltens und Betreuens von Rindern festgestellt hat, schließt es nicht aus, (auch) die Klägerin als Tierhalterin anzusehen. Ein Tier kann ohne weiteres mehrere Halter oder einen Halter und einen davon abweichenden (Mit-)Betreuer haben (vgl. Lorz/ Metzger, aaO., § 2 Rn. 9).

Ferner durfte der Bescheid vom 18. Uli 2012 trotz des Umstandes, dass gegen ihn Klage erhoben worden war, vom Beklagten mit Zwangsgeldfestsetzungen vollstreckt werden. Denn der Beklagte hatte in Ziff. 10 dieses Bescheides die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet und ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO war nicht gestellt worden (vgl. § 64 Abs. 1 a.E. Nds. SOG).

Der Bescheid vom 18. Juli 2012 ist rechtmäßig, sofern er der Klägerin aufgibt, ihre Tiere mindestens zwei Mal täglich in Augenschein zu nehmen und dies zu dokumentieren. Eine solche Verpflichtung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 TierSchNutztV. Zu ihrer Durchsetzung im Einzelfall war hier nach § 16a Satz 2 Nr. 1 TierSchG der Erlass einer zwangsmittelbewehrten Anordnung notwendig, denn die Amtstierärzte des Beklagten hatten die Tiere im Stall B. am 6. Juli 2012 unversorgt – namentlich ungemolken - vorgefunden und die (Mit-)Betreuerin Frau O. nicht angetroffen. Dies ergibt sich aus den detaillierten, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Angaben der Zeugen Dr. B. und Frau R.. Wenn die Klägerin bestreitet, dass diese Tiere ihr gehörten, überzeugt dies angesichts der Aussage des Zeugen Dr. B., dass sie in der HIT-Datenbank auf die Klägerin eingetragen waren, nicht.

Rechtmäßig ist auch die Anordnung, Rinder nicht mehr in Buchten halten, in denen keine trockenen Stand- und Liegeflächen zur Verfügung stehen. Nach § 2 Nr. 1 TierSchG muss ein Tierhalter das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Diese Anforderungen können gem. § 2a TierSchG durch Rechtsverordnung näher bestimmt werden. Hiervon hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz für Nutztiere – wie die Rinder der Klägerin - in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) Gebrauch gemacht. Deren § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 schreibt vor, dass die Haltungseinrichtungen sauber zu halten und insbesondere Ausscheidungen sooft wie nötig zu entfernen sind. Nach Würdigung aller Erkenntnisquellen zweifelt der Einzelrichter nicht daran, dass „sooft wie nötig“ im Falle von Rindern bedeutet, dass diesen immer eine trockene Liegefläche zur Verfügung stehen muss. Rinder verbringen – wie dem Einzelrichter aus anderen tierschutzrechtlichen Verfahren bekannt ist - den Großteil des Tages im Liegen. Daher ist es nachvollziehbar, dass ein Liegen auf einem von Urin und Kot feuchten Untergrund auf Dauer das Fell und die Haut der Tiere angreifen und daher zu Beeinträchtigungen des Wohlbefindens und der Gesundheit führen kann. Dies wird durch die „Tierschutzleitlinie für die Milchviehhaltung“ des Nds. Ministeriums für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Nds. Landesamtes für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz vom 1. Mai 2007 bestätigt. Dort wird in Ziff. 5.7 ausgeführt, dass Rinder circa die Hälfte des Tages liegen, Jungrinder sogar noch länger. Die Liegeflächen sollten dabei „weichelastisch, trocken, rutschfest und sauber sein“; nasse Liegeflächen würden von Rindern gemieden. Unter Ziff. 6 wird betont, dass Rinder nicht mehr als unvermeidbar mit Harn und Kot in Berührung kommen dürfen. In Ziff. 7.1 heißt es: „Die Liegefläche […] muss trocken und sauber gehalten werden.“ Unter Ziff. 7.2 wird ausgeführt, dass eine „Matratze“ „optimal gepflegt werden“ müsse. Werde an Stroh gespart und die Matratze nass, versänken die Tiere beim Laufen im Morast, was Klauenerkrankungen begünstige. Beim Liegen seien die Tiere dann einer vermehrten Amoniakbelastung ausgesetzt und verschmutzten stärker; Hautprobleme und Reizungen des Atemapparats könnten entstehen. Der Einzelrichter verkennt nicht, dass diesen „Leitlinien“ kein Rechtsnormcharakter zukommt. Als nachvollziehbar begründete tierschutzfachliche Publikation können sie aber vom Einzelrichter herangezogen werden, wenn es um die tierschutzfachliche Tatsachenfrage geht, wie oft bei Rindern ein Entfernen von Ausscheidungen „nötig“ ist. Dabei deuten alle dem Einzelrichter vorliegenden Informationen darauf hin, dass es „nötig“ und damit durch §§ 2 Nr. 1, 2a TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 TierSchNutztV geboten ist, die Ausscheidungen von Rindern so oft zu entfernen, dass ihnen eine trockene Liegefläche zur Verfügung steht (st. Rspr. der Kammer, vgl. z.B. Urteil vom 9. Januar 2013 – 11 A 4095/12 -).

Diesen Anforderungen genügte die Tierhaltung der Klägerin bei den Kontrollen am 12. Juni 2012 und 6. Juli 2012 nicht vollständig. Die Zeugin Dr. V.  hat in ihrem Kontrollbericht schriftlich festgehalten und in ihrer Zeugenvernehmung nochmals bestätigt, dass am 12. Juni 2012 zwei Kälber in einem Gruppeniglu auf nasser Einstreu gehalten wurden. Dabei betonte sie in der mündlichen Verhandlung, dass sie mit „nass“ auch „nass“ meinte. Die Behauptung der Klägerin, Frau Dr. V. habe am Kontrolltermin gesagt, es sei alles in Ordnung, entbehrt daher jeder Grundlage. Frau Dr. V. hat dieses Missverständnis dahingehend nachvollziehbar erklärt, dass sie am 12. Juni 2012 wegen der schweren Erkrankung des Ehemannes der Klägerin von einer mündlichen Erörterung aller Mängel abgesehen habe. In Bezug auf den 6. Juli 2012 hat Herr Dr. B. sowohl in seinem schriftlichen Kontrollbericht als auch in der Vernehmung übereinstimmend und glaubhaft ausgesagt, dass an diesem Tag sechs Tieren im begonnenen Stallgebäude und 2 Tieren in der vorderen Bucht rechts des Stalles auf der rechten Hofseite keine trockenen Liegeflächen zur Verfügung standen. Er hat dies anhand der gefertigten Lichtbilder, die Verschmutzungen bis hinauf zum Bauchbereich der Tiere zeigen, näher erläutert. Das Gericht hat keinen Anlass, an den Schilderungen der Zeugen zu zweifeln. Da die Liegeflächen mehrerer Tiere an zwei aufeinanderfolgenden Kontrollterminen nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten, war es erforderlich, zur Durchsetzung dieser Vorgaben eine zwangsmittelbewehrte Anordnung nach § 16a Satz 2 Nr. 1 TierSchG zu erlassen.

Rechtmäßig ist auch die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 600 EUR durch den Bescheid vom 11. September 2012 wegen Verstoßes gegen das Gebot, trockene Stand- und Liegeflächen zu gewährleisten, sowie die Androhung eines erhöhten Zwangsgeldes für erneute Zuwiderhandlungen. Aus dem Kontrollbericht der Zeugen Dr. B. und R. vom 10. September 2012, den dabei gefertigten Lichtbildern und den glaubhaften Aussagen der Zeugen ergibt sich für den Einzelrichter zweifelsfrei, dass im begonnenen Stallgebäude drei Tiere auf einem nur von einer sehr dünnen Strohschicht bedeckten, saugend-durchfeuchteten Kot-Urin-Gemisch standen. Vor allem die Zeugin R. ihre entsprechenden Beobachtungen sehr plastisch und lebensnah geschildert. Sie berichtete dem Gericht sehr anschaulich, dass das Tiere bei der Fortbewegung auf dem morastigen Untergrund „Schmatzgeräusche“ verursachten und dass die große Kraftanstrengung, die mit dem Anheben der Beine verbunden war, sogar von einem Laien wie ihr problemlos erkannt werden konnte. Dem steht die Aussage der Zeugin Dr. V. vom 17. Oktober 2012 im Verfahren des Sohnes nicht entgegen. Die – am 10. September 2012 gar nicht anwesende – Zeugin hatte dort nur gesagt, nach ihren Beobachtungen bei ihren eigenen Besuchen (zuletzt am 15. Oktober 2012) hätten sich die Haltungsbedingungen in letzter Zeit verbessert. Sie hat aber nicht bekundet, dass sie generell und zu jedem Zeitpunkt in jeder Hinsicht tierschutzkonform sind.

Es war auch zulässig, für die erhöhte Zwangsgeldandrohung vom 11. September 2012 keine neue Erfüllungsfrist zu setzen (vgl. § 70 Abs. 1 Satz 3 Nds. SOG, der bei Dringlichkeit sogar ein vollständiges Absehen von einer Zwangsmittelandrohung zulässt). Die Zeugin R. hat dem Gericht geschildert, dass sie auf eine erneute Fristsetzung im Hinblick auf die große Bedeutung der trockenen Liegeflächen für die Gesundheit der Tiere sowie im Hinblick auf den Umstand, dass hier sofort durch Ausmisten Abhilfe geschaffen werden könnte, verzichtet hat. Diese Ermessenserwägungen sind angesichts des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsmaßstabs (§ 114 Satz 1 VwGO) nicht zu beanstanden.

Ferner ist der Bescheid des Beklagten vom 18. Juli 2012 auch insofern rechtmäßig, als der Klägerin aufgegeben wurde, einen Sachkundehinweis für die Tierbetreuerin Frau O. beizubringen. Nach § 2 Nr. 3 TierSchG muss der Betreuer eines Tieres über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Der Beklagte hatte hier aufgrund mehrerer Umstände berechtigten Grund, die Sachkunde der Frau O. anzuzweifeln: Ihm waren keinerlei Unterlagen, aus denen sich theoretische Kenntnisse oder praktische Erfahrungen der Frau O. bei der Rinderhaltung ergeben, vorgelegt worden. Seine amtlichen Tierärzte habe Frau O. nie bei der Arbeit mit den Rindern angetroffen, konnten sie daher nie beobachten und auch kein Fachgespräch mit ihr führen. Die von Frau O. (mit-)betreute Rinderhaltung wies jedenfalls im Hinblick auf den Zustand der Liegeflächen und das regelmäßige Melken Mängel auf (s. oben). Daher war es erforderlich, dass sich der Beklagte durch die zwangsmittelbewehrte Anordnung der Beibringung eines Sachkundenachweises vergewissert, ob Frau O. die Anforderungen des § 2 Nr. 3 TierSchG erfüllt (vgl. § 16a Satz 2 Nr. TierSchG). Der Bescheid ist auch nicht deswegen zu unbestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG), weil er den beizubringenden Sachkundenachweis nicht näher definiert. Die Zeugin R. hat ausgesagt, es hätte jeder Nachweis über praktische Erfahrungen oder theoretische Kenntnisse bei der Rinderhaltung ausgereicht. Man habe die Klägerin bei den Kontrollen auch mehrfach aufgefordert, Frau O. hinzuziehen, damit die amtlichen Tierärzte sie bei der Arbeit mit den Tieren beobachten können. Unter diesen konkreten Umständen ist der Einzelrichter davon überzeugt, dass die Klägerin hinreichend deutlich erkennen konnte, was der Beklagte von ihr verlangt – nämlich nicht mehr als irgendeinen Beleg dafür, dass Frau O. sich mit Rindern auskennt. Es war nur zum Vorteil der Klägerin, wenn der Beklagte die Art dieses Nachweises nicht genau konkretisiert hat, sondern ihr – der Klägerin – insofern einen Auswahlspielraum ließ. Die Klägerin hat aber keinerlei Sachkundenachweis vorgelegt. Die unsubstantiierte und unbelegte Behauptung, Frau O. habe schon längere Zeit Rinder betreut, erfüllte angesichts ihrer Unüberprüfbarkeit offensichtlich nicht die Anforderungen an einen Sachkundenachweis. Daher hat der Beklagte insofern zurecht im Bescheid vom 11. September 2012 ein Zwangsgeld von 200 EUR festgesetzt und ein erhöhtes Zwangsgeld von 400 EUR angedroht, das er dann mit Bescheid vom 1. November 2012 auch zurecht festsetzte, nach dem der Sachkundenachweis auch innerhalb der neuen Frist nicht erbracht worden war. Dem Bescheid vom 1. November 2012 kann insofern auch unproblematisch entnommen werden, welche Rechtsfolge (nämlich: Zwangsgeldfestsetzung i.H.v. 400 EUR) aufgrund welchen Sachverhalts (nämlich: Nichtvorlage irgendeines Sachkundenachweises für Frau O.) angeordnet wird.

Gegen die übrigen – insbesondere tierseuchenrechtlichen – Bestimmungen der angefochtenen Bescheide wurden von der Klägerin keine Einwände erhoben; solche sind auch für das Gericht nicht ersichtlich.