Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 28.10.2009, Az.: L 2 R 321/08
Anrechnung einer krankheitsbedingten Umschulungszeit als Beitragszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung; Verfassungsmäßigkeit des § 247 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 28.10.2009
- Aktenzeichen
- L 2 R 321/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 31704
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2009:1028.L2R321.08.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Stade - 28.03.2008 - AZ: S 23 R 205/05
Rechtsgrundlagen
- § 247 Abs. 1 SGB VI
- Art. 3 Abs. 1 GG
- Art. 14 GG
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der am 22.10.1954 geborene Kläger war zunächst Tierarzt von Beruf. Infolge einer Kontaktallergie, die als Berufskrankheit anerkannt wurde, musste er diesen Beruf aufgeben und erhielt von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) mit Bescheid vom 05.06.1985 als Rehabilitationsleistung eine berufsfördernde Maßnahme, nämlich die Umschulung zum Zahnarzt bewilligt.
Aufgrund dieses Bescheides wurde ihm u.a. ab dem 18.05.1985 von der insoweit namens und im Auftrag der BGW handelnden Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) für die Dauer der Ausbildung Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 144,76 DM gezahlt, ferner übernahm die BGW die Verpflichtung, sämtliche Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten. Im Bescheid vom 05.06.1985 wies die BGW den Kläger darauf hin, dass bei Bezug von Übergangsgeld für den Rehabilitanden in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1385 b der Reichsversicherungsordnung (RVO) beitragspflichtige Ausfallzeiten entsprechend § 1259 RVO n.F. zu berücksichtigen sein würden.
Wie sich aus einem Schreiben der DAK vom 13.09.1999 an die Beklagte ergibt, wurde dem Kläger zunächst für den Zeitraum vom 01.04.1984 bis zum 02.09.1984 Verletztengeld in Höhe von 28.372,32 DM gezahlt, wobei der vom Kläger getragene Beitragsanteil zur Sozialversicherung 2.437,08 DM betrug. Sodann erhielt der Kläger von der DAK vom 03.09.1984 bis zum 11.04.1990 durchgehend Übergangsgeld, wobei kein Abzug in Höhe des Arbeitnehmeranteils an den Rentenversicherungsbeiträgen vorgenommen wurde. Vielmehr wurde die BGW als Versicherungsträger für den gesamten Beitrag zur Rentenversicherung als Zahlungspflichtige aufgeführt. Aus einem weiteren Schreiben der DAK an die Beklagte vom 24.05.2005 ergibt sich, dass die DAK von der BGW während des Bezugszeitraumes des Übergangsgeldes allerdings lediglich die Beiträge zur Krankenversicherung des Klägers, nicht aber die Rentenversicherungsbeiträge erstattet erhalten hatte. Auch in eigener Person hatte der Kläger während des Bezuges von Übergangsgeld keine Sozialversicherungsbeiträge geleistet.
Im Jahr 2000 stellte der Kläger einen Kontoklärungsantrag bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 08.06.2000 berücksichtigte die Beklagte die im vorliegenden Verfahren streitigen Zeiten lediglich als Anrechnungszeiten. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit - bestandskräftigem - Widerspruchsbescheid vom 08.02.2001 zurück.
Am 27.04.2005 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Kontenklärung, den die Beklagte unter dem 06.06.2005 beschied. Dabei wurde erneut die Berücksichtigung des Zeitraumes zwischen dem 03.09.1984 und dem 11.04.1990 als Beitragszeit abgelehnt und (lediglich) die Berücksichtigung als Anrechnungszeit vorgenommen.
Den hiergegen mit am 21.06.2005 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben eingelegten Widerspruch begründete der Kläger maßgeblich damit, dass es ihm während der Umschulungszeit gar nicht möglich gewesen sei, selbst Beitragsanteile zu übernehmen, um damit gem. § 247 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) die Anrechnungszeiten in Pflichtbeitragszeiten umwandeln zu können. Das stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.
Mit Bescheid vom 13.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die Regelung in § 247 SGB VI zurück, da die BGW die Beiträge zur Sozialversicherung alleine getragen habe.
Am 05.10.2005 hat der Kläger Klage erhoben. Die BGW habe als Unfallversicherungsträger die Verpflichtung gehabt, ihn so zu stellen, als hätte er die Berufskrankheit nicht erlitten. Da sie für ihn Beiträge zur Rentenversicherung hätte abführen müssen, sei ihm der streitige Zeitraum als Beitragszeit anzuerkennen.
Das Sozialgericht Stade hat die Klage mit Urteil vom 28.03.2008 abgewiesen. Hinsichtlich des Zeitraumes vom 03.09.1984 bis zum 17.05.1985 sei die Klage unzulässig, weil die Beklagte diesen Zeitraum bereits als Beitragszeit anerkannt habe und dem Kläger insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Hinsichtlich der übrigen Zeit vom 18.05.1985 bis zum 11.04.1990, in der er seine Hochschulausbildung absolviert hätte, sei die Klage unbegründet, weil der Kläger selbst keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt habe und deshalb die Tatbestandsvoraussetzungen des § 247 SGB VI für eine Anerkennung als Beitragszeit nicht vorlägen. Diese Norm verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Art. 14 des Grundgesetzes (GG) sei weder unmittelbar noch mittelbar verletzt, da in eine eigentumsrechtlich geschützte Position schon deshalb nicht eingegriffen worden sei, weil der Kläger selbst keine Beiträge gezahlt hätte und daher mangels nachteiliger Wirkung sein Vermögen nicht geschmälert sein könne. Aus der gesetzlichen Neuregelung ab dem 01.01.1992, wonach gemäߧ 55 Abs. 1 SGB VI nunmehr alle Zeiten, für die - von wem auch immer - Beiträge gezahlt worden seien, als Beitragszeiten gelten würden, könne der Kläger nicht profitieren, da er keinen Anspruch darauf habe, rückwirkend gleich behandelt zu werden. Eine Verpflichtung für die Schaffung von Übergangsregelungen habe für den Gesetzgeber nämlich mangels Eingriffs in die Rechte der Versicherten durch die frühere Regelung nicht bestanden.
Der Kläger hat gegen das ihm am 03.06.2008 zugestellte Urteil am 24.06.2008 Berufung eingelegt.
Er akzeptiert das Urteil, soweit die Klage als unzulässig abgewiesen wurde und trägt im Übrigen zur Begründung vor: Die Anerkennung der Zeiten nach dem 17.05.1985 rechtfertige sich bereits deshalb, weil die Zeit davor als Beitragszeit anerkannt worden sei, ohne dass es irgendwelche Unterschiede zwischen beiden Zeiträumen gäbe. Im Übrigen habe die Beklagte zwar § 247 SGB VI dem Gesetzeswortlaut entsprechend angewandt, jedoch sei diese Vorschrift verfassungswidrig. Sie verstoße nämlich gegen Art. 14 und Art. 3 GG. Das Sozialgericht habe im angefochtenen Urteil die Eigentumsgarantie des Art. 14 unzulässig verkürzt, indem es allein auf fehlende Eigenleistungen des Versicherten abstelle. Hinsichtlich des Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung, und nichts anderes stellten die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge der BGW für den Kläger insoweit dar, sei ihm eine eigentümerähnliche Stellung zugewachsen, die ihm bei Anwendung von § 247 SGB VI verfassungswidrigerweise entzogen werde. Denn die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Berufsgenossenschaften bei Berufskrankheiten hätte den gleichen Schutzzweck wie herkömmliche Beitragszahlungen des Arbeitgebers, nämlich Alterssicherung des Arbeitnehmers zu betreiben. Soweit das Sozialgericht insoweit mit der Sozialbindung des Eigentums argumentiere, passe das mangels Sozialpflichtigkeit von Rentenanwartschaften nicht für den hier zu entscheidenden Fall. Für die Begründung von Rentenanwartschaften sei es völlig unbedeutend, wer die Beitragszahlungen vornehmen würde, von jedweder Zahlung solle der Versicherte profitieren. Deshalb hätte es die dem Versicherten aus Art. 14 GG zustehende Rechtsposition geboten, bei der Neugestaltung des § 55 Abs. 1 SGB VI auch "Altfälle" einzubeziehen. Schließlich verstoße die Regelung des § 247 SGB VI auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Wenn vom Unfallversicherungsträger an die Beklagte gezahlte Beiträge nicht - wie bei "üblichen" Zahlungen - den Versicherten als Beitragszeit zu Gute kämen, sondern ausschließlich in den allgemeinen Haushalt der Beklagten flössen, sei dies willkürlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 28.03.2008 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.09.2005 insoweit zu ändern, dass der Zeitraum vom 18.05.1985 bis zum 11.04.1990 als Beitragszeit bewertet wird.
Des Weiteren beantragt der Kläger,
die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege beizuladen, zum Beweis der Tatsache, dass die im Schreiben der DAK vom 13.09.1999 für die Jahre 1985 bis 1989 aufgeführten Beitragsanteile (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 09.11.2005) nicht ausschließlich Beiträge zur Krankenversicherung, sondern in Teilen auch Beiträge zur Rentenversicherung beinhaltet hätten, den Mitarbeiter Rümcker der DAK, zu laden über DAK Zeven, zu hören,
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide und hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 06.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 13.09.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Zeiten vom 18.05.1985 bis zum 11.04.1990 als Beitragszeiten gem. § 55 SGB VI. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht in Anwendung von § 247 Abs. 1 SGB VI diese Zeiten (lediglich) als Anrechnungszeiten gem. § 58 SGB VI bewertet.
Das Sozialgericht Stade hat die Sach- und Rechtslage im Urteil vom 28.03.2008, auf dessen Gründe der Senat gemäߧ 153 Abs. 2 SGG zunächst Bezug nimmt, zutreffend gewürdigt. Auch das Berufungsvorbringen gibt keinen Anlass zu einer anderen rechtlichen Bewertung des Falles. Dabei kann der Senat im Ergebnis offen lassen, ob von Seiten der Berufsgenossenschaft für den Kläger für den noch streitigen Zeitraum vom 18. Mai 1985 bis zum 11. April 1990 Rentenversicherungsbeiträge nach Maßgabe der damaligen Regelung des § 1385b Reichsversicherungsordnung (RVO) tatsächlich gezahlt worden sind.
Soweit solche Beitragszahlungen tatsächlich nicht erbracht worden sein sollten, kommt eine Berücksichtigung des streitigen Zeitraums als Beitragszeit von vornherein nicht in Betracht (vgl. § 55 SGB VI).
Soweit die Berufsgenossenschaft entsprechend dem Vortrag des Klägers entsprechende Beitragszahlungen aufgrund des seinerzeit gewährten Übergangsgeldes tatsächlich in Anwendung des § 1385b RVO erbracht hat, handelt es sich nach § 252 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI um Anrechnungszeiten. Nach der insoweit die allgemeine Regelung des § 55 SGB VI verdrängenden Spezialvorschrift des § 247 Abs. 1 SGB VI begründet die Entrichtung von Beiträgen für im Zeitraum vom 1. Januar 1984 bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegte Anrechnungszeiten nicht generell ihre Einordnung als Beitragszeiten. Vielmehr sind solche Anrechnungszeiten nach den klaren gesetzlichen Vorgaben nur ausnahmsweise dann auch zugleich als Beitragszeiten zu qualifizieren, wenn der Versicherte persönlich die Beiträge ganz oder jedenfalls teilweise getragen hat. Im vorliegenden Fall räumt auch der Kläger zutreffend ein, dass er seinerseits keine Rentenversicherungsbeiträge für den noch streitigen Zeitraum erbracht hat.
Die erläuterte gesetzliche Regelung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das nach Maßgabe desArt. 14 GG geschützte Eigentumsrecht des Klägers an seiner Rentenanwartschaft wird durch die vorstehend dargelegten Regelung schon deshalb nicht tangiert, weil die - unter Zugrundelegung des Vortrages des Klägers - von der Berufsgenossenschaft aufgebrachten Beitragszahlungen nach den gesetzlichen Vorgaben zu keinem Zeitpunkt zur Anerkennung von Beitragszeiten im rentenrechtlichen Sinne zugunsten des Klägers geführt haben. Vielmehr sah die Regelung des § 1385b RVO die Erbringung von Beitragszahlungen des Sozialleistungsträgers für Anrechnung- (bzw. in der damaligen Terminologie: Ausfall-)Zeiten vor, wobei es auch nach der damaligen Rechtslage ungeachtet entsprechender Beitragszahlungen bei der Einordnung dieser Zeiten als Anrechnungs-(bzw. Ausfall-)Zeiten verbleiben sollte.
Diese gesetzgeberische Wertung missachtet auch nicht das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Jedenfalls vor dem Hintergrund, dass die geltend gemachten Beitragszahlungen nicht auf eigenen Leistungen des Klägers beruhten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG, B.v. 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - E 117, 272), hat der Gesetzgeber den ihm zukommenden weiten Regelungsspielraum nicht dadurch überschritten, dass er Zeiten der vorliegenden Art weiterhin nur als Anrechnungs- und nicht auch als Beitragszeiten berücksichtigen lässt.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist von der Rechtsprechung nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (BVerfG, B.v. 11. November 2008 - 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 - E 122, 151).
Die Berücksichtigung des streitigen Zeitraums als Anrechnungszeit und damit als beitragsfreie Zeiten gemäß § 54 Abs. 4 SGB VI hat nach § 71 Abs. 1 SGB VI zur Folge, dass bei Eintritt des Rentenleistungsfalls für diese Zeiträume Entgeltpunkte im Rahmen einer Gesamtleistungsbewertung und damit letztlich nach Durchschnittswerten zu berücksichtigen sind (vgl. wegen der Einzelheiten §§ 71 bis 73 SGB VI). Dementsprechend kommt es für die Berücksichtigung solcher Zeiten im Rahmen der Rentenberechnung nicht darauf an, ob und ggfs. in welcher Höhe Beiträge entrichtet worden sind, maßgeblich ist vielmehr im Grundsatz die Höhe der im sonstigen Erwerbsleben für den Versicherten entrichteten Beiträge. Dementsprechend kann im Einzelfall sich eine solche Bewertung von Anrechnungszeiten nach Durchschnittswerten für den Versicherten besser darstellen, als wenn auf die Höhe konkreter Beitragszahlungen abzustellen wäre; sie kann sich naturgemäß allerdings auch im Vergleich zu einer Heranziehung tatsächlich erbrachter Beiträge als nachteilig darstellen. Die Auswirkungen der Bewertungsmethode im Einzelfall werden zum einen durch die Höhe eventueller Beitragszahlungen für die maßgebliche Anrechnungszeit und zum anderen insbesondere durch die Höhe von Beitragszahlungen im sonstigen Erwerbsleben bestimmt.
Bei dieser Ausgangslage ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen jedenfalls nicht verwehrt, Anrechnungszeiten auch dann im Rahmen einer Gesamtleistungsbewertung nach Durchschnittswerten rentenrechtlich zu gewichten, wenn von einem Sozialleistungsträger im Einzelfall Beiträge zu erbringen waren. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen einer typisierenden Betrachtung in Wahrnehmung seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums davon ausgehen, dass eine solche Gesamtleistungsbewertung den Nachteil angemessen auszugleichen vermag, der für den Versicherten mit der durch den Anrechnungszeittatbestand bedingten Nichtteilnahme am Erwerbsleben verbunden war.
Eine Überschreitung des dem Gesetzgeber zukommenden Regelungsspielraums ist in diesem Zusammenhang um so weniger anzunehmen, als eine rentenrechtliche Berücksichtigung von Anrechnungszeiten ohne eigene Beitragsleistung ohnehin auf staatlicher Gewährung beruht und damit Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge ist (vgl. Beschluss des BVerfG vom 01.07.1981 - 1 BvR 874/77 u.a. -, BVerfGE 58, 81 = SozR 2200 § 1255a Nr. 7). Dem Gesetzgeber ist bezüglich der Regelungen über Anrechnungszeiten ein besonders weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt (BSG, Urteil vom 18.04.1996 - 4 RA 36/94 -, SozR 3-2600 § 71 Nr. 1).
Auch die Regelung des § 247 Abs. 1 SGB VI, wonach (im Zeitraum 1. Januar 1984 bis 31. Dezember 1991) Anrechnungszeiten als Beitragszeiten zu qualifizieren sind, sofern - anders als im vorliegenden Fall - der Versicherte Rentenbeitragszahlungen ganz oder teilweise selbst erbracht hat, missachtet nicht das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen nicht gehalten, den Anwendungsbereich dieser Regelung auch auf Sachverhalte zu erstrecken, in denen es an entsprechenden eigenen Rentenbeitragszahlungen des Versicherten fehlte.
Mit § 247 Abs. 1 SGB VI sollte vielmehr gerade einem Mangel des "früheren" Rechts (§ 112b Angestelltenversicherungsgesetz - AVG -; s. Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22.12.1983 - BGBl. I S. 1532 -) abgeholfen werden, welches auch Versicherten auferlegte, für Anrechnungszeiten (damals sog. Ausfallzeiten) Beiträge zahlen zu müssen, ohne damit Beitragszeiten zu erwerben: § 112b AVG legte dem Versicherten unter den dort geregelten Voraussetzungen die Beteiligung an Beiträgen für beitragslose Zeiten auf, und zwar insbesondere für Zeiten des Bezuges von Kranken- oder Verletztengeld. Dieses erschien verfassungsrechtlich problematisch, weil nach der damaligen Rechtslage mit diesen Beiträgen kein gleichwertiger Anspruch korrespondierte; es wurde keine Beitragszeit erworben und die Beitragszahlung hatte auch dann zu erfolgen, wenn die damaligen Voraussetzungen für die Anrechnung beitragsloser Zeiten nicht erfüllt waren (vgl. Beschluss desBSG vom 24.06.1987 - 12 RK 57/85 -). Um eine Fortschreibung solcher Nachteile zu vermeiden, hat der Gesetzgeber für Fälle eigener Beitragszahlungen nunmehr in § 247 Abs. 1 SGB VI entsprechende Anwartschaftszeiten auch als Beitragszeiten anerkannt.
Bei diesem sachgerechten Ansatz bestand kein Anlass, die Regelung des § 247 Abs. 1 SGB VI auch auf Fallgestaltungen zu erstrecken, in denen es - wie im vorliegenden Fall - an eigenen Beitragszahlungen des Versicherten und damit zwangsläufig auch dann Nachteilen der erläuterten Art für den Versicherten fehlte.
Ein Anlass für eine Beiladung der Berufsgenossenschaft nach § 75 Abs. 1 oder 2 SGG ist nicht ersichtlich. Ebenso wenig war eine Vernehmung des vom Kläger benannten Zeugen geboten. Abgesehen davon, dass die Beweisanregung offen lässt, welche konkreten persönlichen Wahrnehmungen der Zeuge bekunden soll, ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen bereits die mangelnde Relevanz der unter Beweis gestellten Tatsache.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.