Amtsgericht Vechta
Beschl. v. 09.01.2007, Az.: 12 F 665/06 UEUK
Heranziehen des tatsächlichen oder des hypothetischen Einkommens der Mutter für die Feststellung eines Anspruches nach § 1615l BGB; Beurteilung des Bedarfs i.R.d. Prüfung eines Anspruchs nach § 1615l BGB einer Mutter mit Anspruch auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB; Verhältnis des Anspruches auf Familienunterhalt nach §§ 1360, 1360a BGB zum schwächer ausgestalteten Unterhaltsanspruch gem. § 1615l BGB
Bibliographie
- Gericht
- AG Vechta
- Datum
- 09.01.2007
- Aktenzeichen
- 12 F 665/06 UEUK
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 49603
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGVECHT:2007:0109.12F665.06UEUK.0A
Rechtsgrundlagen
- § 1360 BGB
- § 1360a BGB
- § 1615l BGB
Fundstelle
- FamRZ 2007, 1840-1841 (Volltext mit red. LS)
In der Familiensache
...
hat das Amtsgericht Vechta - Familiengericht -
durch
den Richter ...
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Parteien sind Eltern des am ... geborenen Kindes M. Die Vaterschaft des Antragsgegners wurde durch Urteil des Amtsgerichts Vechta vom . festgestellt. Die Antragstellerin war bereits vor der Schwangerschaft mit M. verheiratet mit Herrn .. Aus dieser Ehe ist das Kind T., geboren am ... hervorgegangen. Die Antragstellerin und Herr ... leben nach wie vor zusammen.
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner Unterhalt nach § 1615l BGB mit der Begründung, ohne die Geburt des Kindes M. hätte sie nach Ablauf der dreijährigen Elternzeit für das Kind T. wieder vollschichtig gearbeitet und bei Steuerklasse 5 ein Nettoeinkommen von 670,86 Euro erzielt. Demgegenüber erhalte sie jetzt nur Erziehungsgeld in Höhe von 120,00 Euro, weshalb ihr ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 550,00 Euro zustehe.
Der Antragsgegner hält die Antragstellerin demgegenüber nicht für bedürftig.
Der Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin war zurückzuweisen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine Aussicht auf Erfolg. Ein ungedeckter Bedarf der Antragstellerin kann nicht festgestellt werden.
Nach einhelliger Auffassung kommt es für die Feststellung eines Anspruchs nach § 1615l BGB nicht darauf an, welches Einkommen die Kindesmutter ohne die Geburt des Kindes erzielt hätte. Maßgeblich ist vielmehr, welches Einkommen die Kindesmutter vor der Geburt tatsächlich erzielt hat (vgl. nur Palandt/Diederichsen § 1615l Rn. 15). Schon von daher kann der Berechnung der Antragstellerin nicht gefolgt werden.
Ein Bedarf der Antragstellerin kann im übrigen bereits deshalb nicht festgestellt werden, weil sie gegen ihren Ehemann einen Anspruch auf Familienunterhalt gemäß §§ 1360, 1360a BGB hat. Durch einen solchen Anspruch wird der Bedarf in vollem Umfang gedeckt (zutreffend OLG München, OLG-Report 2002, 144; a.A. OLG Schleswig FamRZ 2002, 637, 638). Das folgt nach Auffassung des Gerichts auch aus der Entscheidung des BGH vom 17.11.2004 (FamRZ 2005, 347 - 353). Der BGH befasst sich zwar dort mit der etwas anders gelagerten Frage, ob bei Wiederheirat der Mutter deren Unterhaltsanspruch gemäß § 1615l BGB in entsprechender Anwendung von § 1586 BGB erlischt, macht in diesem Zusammenhang aber auch grundsätzliche Ausführungen zum Verhältnis zwischen dem Anspruch aus § 1615l BGB und dem Anspruch auf Familienunterhalt. Der Unterhaltsanspruch nach § 1516l BGB sei nicht einem Anspruch auf Verwandtenunterhalt, sondern eher einem Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB vergleichbar. Dafür spreche auch der Schutzzweck dieser Vorschrift, nämlich die Kindesmutter während der ersten 3 Lebensjahre des Kindes von ihre Erwerbspflicht zu befreien, um sich in vollem Umfang der Pflege und Erziehung des Kindes widmen zu können. Dem gemäß habe der Gesetzgeber auch den Unterhaltsanspruch nach § 1516l dem Anspruch nach § 1570 BGB weitgehend angeglichen. Nach der ausdrücklichen Wertung in § 1586 Abs. 1 BGB gehe ein Unterhaltsanspruch nach § 1360, 1360a BGB sogar einem Anspruch auf nachehelichem Unterhalt gemäß § 1570 BGB vor. Der starke Anspruch auf Familienunterhalt verdränge deswegen auch den nach Wortlaut und inhaltlicher Ausgestattung mit § 1570 BGB weitgehend vergleichbaren, nach dem Schutzweck aber sogar noch schwächer ausgestalteten Unterhaltsanspruch gemäß § 1615l BGB. Nach Auffassung des Gerichts kann es dabei - im Gegensatz zu der von Schilling (FamRZ 2006, 1, 5), geäußerten Auffassung - nicht auf die Reihenfolge der Entstehung der Unterhaltsansprüche ankommen. Gleichgültig, ob die Kindesmutter nach der Geburt des Kindes heiratet oder ob sie bereits vor der Geburt verheiratet ist und weiterhin mit ihrem Ehemann zusammenlebt, geht in jedem Fall der Anspruch gemäß §§ 1360, 1360 a BGB dem Anspruch nach § 1615l BGB vor. Eine Bedürftigkeit der Antragstellerin kann deshalb nicht angenommen werden.