Staatsgerichtshof Niedersachsen
Beschl. v. 24.03.2020, Az.: StGH 7/19

Organstreitverfahren; parlamentarisches Auskunftsrecht; betäubungsloses Schächten

Bibliographie

Gericht
StGH Niedersachsen
Datum
24.03.2020
Aktenzeichen
StGH 7/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 72228
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei Art. 24 Abs. 3 Satz 1 NV handelt es sich um eine Bestimmung des Staatsorganisationsrechts; sie räumt der Landesregierung kein Ermessen im Sinne des § 40 VwVfG zur Wahl der Rechtsfolge ein. In der Regelung kommt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zum Ausdruck, das die Verweigerung der Antwort auf eine parlamentarische Frage zu einem begründungsbedürftigen Sonderfall macht.

2. Wird eine Antwort zum Schutz der Interessen Dritter verweigert, fordert Art. 24 Abs. 3 Satz 1 NV von der Landesregierung eine Prognose über die befürchteten Grundrechtsverletzungen. Die bloße Betroffenheit schutzwürdiger Interessen reicht nicht aus, um eine Antwortverweigerung zu rechtfertigen.

3. Das in Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 NV niedergelegte Entscheidungsprogramm verlangt, dass die Landesregierung alle für und gegen die Beantwortung der Anfrage sprechenden Belange vollständig ermittelt, zutreffend gewichtet und gegeneinander abwägt.

4. Bei der Abwägung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Da sich gleichermaßen verfassungsrechtlich geschützte Positionen - das Auskunftsrecht der Abgeordneten auf der einen und die grundrechtlich geschützten Rechtsgüter auf der anderen Seite - gegenüberstehen, gilt das Prinzip der praktischen Konkordanz, wonach kollidierende Verfassungsrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so in Ausgleich zu bringen sind, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden.

5. Der Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis sind in der gemäß Art. 24 Abs. 3 Satz 2 NV geforderten Begründung offenzulegen. Es bedarf der Bezeichnung der kollidierenden grundrechtlich geschützten Positionen, der nachvollziehbaren Gewichtung der wechselseitigen Interessen und der Begründung, warum dem Grundrechtsschutz im jeweiligen Einzelfall der Vorrang zukommen soll.



Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

Gegenstand des Organstreitverfahrens ist die Frage, ob die Antragsgegnerin ihrer Auskunftspflicht nach Art. 24 Abs. 1 NV nachgekommen ist.

Unter der Überschrift „Ausnahmegenehmigungen für betäubungsloses Schächten in 2019“ richtete die Antragstellerin zu 2. unter dem 14. August 2019 eine aus drei Fragen bestehende Kleine Anfrage an die Antragsgegnerin (LT-Drs. 18/4359). Frage 1 betraf die Erlasslage, und Frage 2 bezog sich auf das Verfahren der Erteilung der Ausnahmegenehmigung. Frage 3 lautete:

„Welchem Schlachtbetrieb wurde die Ausnahmegenehmigung erteilt?“

Mit ihrer am 29. August 2019 verteilten Antwort verweigerte die Antragsgegnerin die begehrte Auskunft und begründete dies wie folgt (LT-Drs. 18/4427):

„Der Name des Betriebs ist bislang nicht öffentlich bekannt. Er wird von der Landesregierung im Rahmen dieser Antwort nicht in der begehrten Form einer allgemeinöffentlich zugänglichen Drucksache veröffentlicht, da zu befürchten ist, dass durch Bekanntwerden des Namens des Genehmigungsempfängers schutzwürdige Interessen Dritter im Sinne des Artikels 24 Abs. 3 NV verletzt werden. Es ist zu befürchten, dass der Genehmigungsempfänger im negativen Sinn ins Zentrum der öffentlichen Auseinandersetzung geraten würde und dass ihn dieses im Wettbewerb benachteiligen würde. Nicht auszuschließen ist, dass Teile der Öffentlichkeit den Betrieb noch stärker anfeinden werden, nämlich indem sie Betriebsmittel oder im Betrieb tätige Personen angreifen. Die Landesregierung will nicht, dass sich diese Befürchtungen realisieren.

Dieses Interesse des Genehmigungsinhabers überwiegt vorliegend das Auskunftsinteresse nach Artikel 24 Abs. 1 NV, zumal tatsächliche Anhaltspunkte für ein rechtliches oder politisches Fehlverhalten der Landesregierung oder der ihr nachgeordneten Verwaltung, die dem Auskunftsinteresse an der Namensnennung ein zusätzliches Gewicht verleihen könnten, hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

In diesem Zusammenhang wird auf das beim Niedersächsischen Staatsgerichtshof anhängige Organstreitverfahren der A. und der Fragestellerin gegen die Niedersächsische Landesregierung, Az. StGH 2/18, hingewiesen. Dieses Verfahren hat entsprechende Fragen der Fragestellerin aus dem Jahre 2018 zum Gegenstand.“

II.

Den Vorlauf dieses Organstreitverfahrens bildete das nach Antragsrücknahme eingestellte Verfahren StGH 2/18 des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes. Es hatte Antworten der Antragsgegnerin auf Anfragen der Antragstellerin zu 2. zu „Ausnahmegenehmigungen zum betäubungslosen Schlachten“ in den Jahren 2013 bis 2017 sowie 2018 zum Gegenstand. Mit am 22. November 2019 eingegangenem Schriftsatz haben die Antragstellerinnen das damalige Verfahren auf die hier streitgegenständliche Anfrage zu Ausnahmegenehmigungen im Jahr 2019 erweitert. Diese Erweiterung hat der Niedersächsische Staatgerichtshof mit Beschluss vom 20. Dezember 2019 abgetrennt und als Verfahren StGH 7/19 fortgeführt.

III.

Antragstellerinnen in diesem Verfahren sind die F. (Antragstellerin zu 1.) sowie die Landtagsabgeordnete C. (Antragstellerin zu 2.). Beide Antragstellerinnen machen eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 24 Abs. 1 NV geltend.

Zur Zulässigkeit des Antrags gehen die Antragstellerinnen davon aus, dass die Antragstellerin zu 1. als Fraktion antragsberechtigt sei. Ihr stünden die gleichen parlamentarischen Mitwirkungsrechte wie dem einzelnen Abgeordneten zu. Die Antragsbefugnis ergebe sich daraus, dass beide Antragstellerinnen durch die Antragsgegnerin in ihrem Interpellationsrecht aus Art. 24 Abs. 1 NV verletzt seien.

Zur Begründetheit tragen die Antragstellerinnen unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen in dem Verfahren StGH 2/18 im Wesentlichen vor, dass die Antragsgegnerin den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 NV nicht entsprochen habe. Der Abgeordnete müsse überprüfen können, ob eine rechtmäßige Ausnahmegenehmigung zum betäubungslosen Schlachten erteilt worden sei. Ob ein Fehlverhalten vorliege, erschließe sich erst mit Kenntnis der Betriebe, die eine Ausnahmegenehmigung erhalten hätten. Für eine Auskunftsverweigerung bestehe keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Die von der Antragsgegnerin befürchtete Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen könne nicht eintreten. Wie der Schächtvorgang zu erfolgen habe, sei durch Erlass geregelt, der für alle Betriebe gelte. Ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis liege damit nicht vor. Es bedürfe auch keines Konkurrenzschutzes, da der Genehmigungsinhaber der einzige Betrieb sei, dem eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden sei. In einem Gespräch im Niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, bei dem auch der Genehmigungsinhaber anwesend gewesen sei, sei dessen Name bekannt geworden. Die Antragsgegnerin habe ihre Auskunftsverweigerung im Übrigen nicht auf tatsächliche Anhaltspunkte, sondern auf Allgemeinplätze, bloße Mutmaßungen und Vermutungen gestützt. Wenn sie davon ausgehe, dass Inhaber einer Ausnahmegenehmigung in einem negativen Sinne in das Zentrum der öffentlichen Auseinandersetzung geraten und im Wettbewerb benachteiligt werden könnten, sei das nicht nachvollziehbar. Schlachtbetriebe seien laufend Gegenstand der öffentlichen Auseinandersetzung, weil der Schlachtvorgang an sich in der Öffentlichkeit kontrovers gesehen werde. Dennoch komme es nicht zu Anfeindungen oder gar Angriffen gegen die dort beschäftigten Mitarbeiter. Ein halal schlachtender Betrieb in Niedersachsen habe zwar deswegen einen „Shitstorm“ erlebt. Weitere Übergriffe auf diesen Betrieb und seine Mitarbeiter, die namentlich in der Öffentlichkeit erwähnt worden seien, seien nicht bekannt geworden. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei im vorliegenden Fall nicht betroffen. Die Verweigerung der Antwort sei im Übrigen unverhältnismäßig. Die Anfrage sei darauf gerichtet, die Einhaltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen zu kontrollieren, was nur bei namentlicher Nennung des Schlachtbetriebs möglich sei. Gemäß Art. 20a GG sei der Tierschutz als verfassungsrechtlich verankerte Staatszielbestimmung zu berücksichtigen. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass der Tierschutz gegenüber den Interessen des Betriebsinhabers zurücktreten müsse. Im Übrigen ständen Tierschutzaktivisten in der Regel der Partei der Antragstellerinnen nicht nahe und würden sich deshalb nicht durch diese zu Aktionen animieren lassen. Die Unterstellung, die Antragstellerinnen wollten den Namen des Genehmigungsinhabers nur dazu benutzen, religiös motivierte Schächtungen unmöglich zu machen, sei zurückzuweisen.

Die Antragstellerinnen beantragen,

festzustellen, dass die Antragsgegnerin durch die Verweigerung ihrer Antwort (LT-Drs. 18/4427) auf die Frage 3 der Kleinen Anfrage vom 14. August 2019 (LT-Drs. 18/4359) die Antragstellerinnen in ihren Rechten aus Art. 24 Abs. 1 NV verletzt hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hält den Antrag teilweise für unzulässig, im Übrigen für unbegründet.

Der Antragstellerin zu 1. fehle die Antragsbefugnis, da die streitgegenständliche Anfrage allein von der Antragstellerin zu 2. gestellt worden sei.

Im Übrigen sei der Antrag unbegründet, da sie, die Antragsgegnerin, die Beantwortung der Frage nach der Identität des Inhabers der Ausnahmegenehmigung gemäß Art. 24 Abs. 3 NV nach pflichtgemäßem Ermessen habe ablehnen dürfen. Ihr stehe eine Einschätzungsprärogative zu, in welchem Umfang und in welcher Art und Weise sie parlamentarische Anfragen beantworte.

Als schutzwürdige Interessen Dritter im Sinne des Art. 24 Abs. 3 NV seien insbesondere die verfassungsrechtlichen Garantien des Eigentums, der Berufsfreiheit und des Lebens- und Gesundheitsschutzes der Vertreter und der Mitarbeiter des Genehmigungsinhabers anzusehen. Die Identität des Inhabers der Ausnahmegenehmigung stelle ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar. Auf Nachfrage habe der Inhaber der Ausnahmegenehmigung ausdrücklich erklärt, dass der Betriebsname nicht veröffentlicht werden solle. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse ergebe sich daraus, dass der Inhaber negative Auswirkungen auf seine Betriebsführung befürchte. Das Schlachten ohne Betäubung sei Gegenstand eines mitunter brisant geführten Diskurses, in dem der Genehmigungsinhaber Anfeindungen ausgesetzt sein könnte. Diese Prognose könne sich auf allgemeine Erfahrungswerte hinsichtlich dokumentierter Taten von Tierschutzaktivisten gegen Schlachtbetriebe sowie weltanschaulich motivierter Täter stützen. Insbesondere zu nennen seien das unbefugte Eindringen in Betriebe, Fertigen von Bild- und Tonaufnahmen öffentlich nicht zugänglicher Betriebsanlagen, Zerstören von Betriebsmitteln oder -anlagen und Befreien von Tieren als dokumentierte Handlungsformen radikalisierter Tierschutzaktivisten. Im Hinblick auf rechtsextrem motivierte Täter seien Straftaten in einem Spektrum von Rufschädigungen, Sachbeschädigungen über Körperverletzungen bis hin zu Tötungsdelikten dokumentiert. Vor dem Hintergrund der Aktualität der Diskussion über die Zulässigkeit des Schächtens, des teilweise aggressiven Diskursstils, der vereinzelten Verknüpfung der Frage des Schächtens mit der Ausübung des Islam in Deutschland und angesichts einer Zunahme von Straftaten gegen islamische Einrichtungen seien Anfeindungshandlungen wahrscheinlich. Die Antragstellerin zu 2. habe zudem auf einer Webseite Personen, die halal geschlachtetes Fleisch für ihre Religion bräuchten, dazu aufgefordert, Deutschland zu verlassen und „zurück in ihr Land zu gehen“. Es bewege sich im Rahmen zulässiger Gefahrenabwehr, die betroffenen Personen davor zu schützen, dass sich eine solche Aufforderung auf sie namentlich fokussiere. Neben der verbalen Ausgrenzung seien in die Betrachtung auch potentielle Gewalttäter einzubeziehen, die dem Aufruf Taten folgen lassen könnten. Dieses berechtigte Geheimhaltungsinteresse des Genehmigungsinhabers sei von der Landesregierung aufgrund der staatlichen Pflicht zum Schutz der verfassungsmäßigen Garantien des Eigentums, der Berufsfreiheit und des Lebens- und Gesundheitsschutzes zu beachten. Prognosen seien ausreichend, da Art. 24 Abs. 3 NV „Befürchtungen“ von Verletzungen schutzwürdiger Interessen Dritter genügen lasse. Der Schutz der berührten Verfassungsrechtsgüter durch die Verweigerung der begehrten Auskunft sei verhältnismäßig. Die Verweigerung der Antwort sei geeignet, die Rechte des Genehmigungsinhabers zu schonen. Sie sei auch erforderlich, da eine Mitteilung des Namens in einer vertraulichen Sitzung des Fachausschusses weder zulässig noch von der Antragstellerin zu 2. gewünscht worden sei. Die Verweigerung der Auskunft sei auch angemessen. Ihr, der Antragsgegnerin, sei bewusst, dass sie das Gewicht des Auskunftsinteresses nur sehr eingeschränkt beurteilen könne. Besondere Umstände, die diesem Interesse ein zusätzliches Gewicht verleihen könnten, seien jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich der konkrete Betrieb rechtswidrig verhalte. Eine parlamentarische Kontrolle der Verwaltungspraxis sei zudem auch ohne Kenntnis des Betriebsnamens möglich, weil allgemeine Fragen dazu gestellt werden könnten. Gleiches gelte für die allgemeine Diskussion über betäubungsloses Schlachten. Demgegenüber würde eine Auskunft die Rechte des Genehmigungsinhabers besonders schwerwiegend verletzen. Einzubeziehen sei auch das Ausmaß erwartbarer Rechtseinbußen und Nachteile, insbesondere im Hinblick auf potentielle Eingriffe in den Lebens- und Gesundheitsschutz der Betriebsangehörigen und deren Angehöriger.

IV.

Dem Niedersächsischen Landtag wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Er hat von einer Stellungnahme abgesehen.

B.

Der Antrag auf Durchführung des Organstreitverfahrens ist nach Art. 54 Nr. 1 der Niedersächsischen Verfassung - NV - vom 19. Mai 1993 (Nds. GVBl. S. 107), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Oktober 2019 (Nds. GVBl. S. 288), und § 8 Nr. 6 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - NStGHG - vom 1. Juli 1996 (Nds. GVBl. S. 342), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Oktober 2016 (Nds. GVBl. S. 238), statthaft.

Der Antrag beider Antragstellerinnen bleibt aber ohne Erfolg. Der Antrag der Antragstellerin zu 1. ist bereits unzulässig. Der zulässige Antrag der Antragstellerin zu 2. ist unbegründet.

I.

Der Antrag der Antragstellerin zu 1. ist unzulässig, weil ihr die Antragsbefugnis fehlt.

Nach § 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfGG ist antragsbefugt, wer geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Niedersächsische Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.

Diese Voraussetzungen erfüllt die A. als Antragstellerin zu 1. nicht. Die Möglichkeit einer Verletzung oder unmittelbaren Gefährdung des Fragerechts aus Art. 24 Abs. 1 NV besteht nur dann, wenn die Frage von dem Antragsteller des Organstreitverfahrens im parlamentarischen Raum selbst gestellt worden ist (vgl. NdsStGH, Urt. v. 8.8.2017 - StGH 2/16 -, Nds. StGHE 5, 264, juris Rn. 56). Die Antragstellerin zu 1., die grundsätzlich zum Kreis der möglichen Fragesteller gehört (vgl. NdsStGH, Urt. v. 22.10.2012 - StGH 1/12 -, Nds. StGHE 5, 123, juris Rn. 49), hat indes keine eigene Anfrage gestellt. In der maßgeblichen Landtagsdrucksache tritt allein die Antragstellerin zu 2. als Fragestellerin auf (vgl. LT-Drs. 18/4359 S. 1 „Anfrage der Abgeordneten C. (AfD)“). Dafür, dass sie zugleich „für die Fraktion“ (vgl. NdsStGH, Urt. v. 10.2.2017 - StGH 1/16 -, Nds. StGHE 5, 230, juris Rn. 77) handeln wollte, fehlen tatsächliche Anhaltspunkte. Daran ändert es nichts, dass es sich bei der Antragstellerin zu 2. um die Fraktionsvorsitzende der Antragstellerin zu 1. handelt. Ein allgemeiner Rechts- oder Erfahrungssatz dergestalt, dass eine Fraktionsvorsitzende nicht bloß in ihrer Funktion als Abgeordnete, sondern stets (auch) für die Fraktion handelt, besteht nicht. Die Antragstellerinnen zu 1. und 2. selbst unterscheiden genau zwischen Anträgen der einzelnen Abgeordneten und der Fraktion. Im thematischen Zusammenhang mit dem Auskunftsantrag wurden im Niedersächsischen Landtag Anträge nur von der „Fraktion der AfD“ gestellt (vgl. LT-Drs. 18/326 vom 12.2.2018 sowie LT-Drs. 18/3140 vom 6.3.2019). Unerheblich ist, dass die Anfrage für die Antragstellerinnen nach ihrem Bekunden in der mündlichen Verhandlung von besonderer politischer Bedeutung war.

II.

Der Antrag der Antragstellerin zu 2. ist zulässig.

Antragsberechtigung und Antragsbefugnis ergeben sich aus Art. 24 Abs. 1, Art. 54 Nr. 1 NV in Verbindung mit § 8 Nr. 6, § 30 NStGHG, § 64 Abs. 1 BVerfGG. Auch die Antragsfrist ist gewahrt. Der Antrag im Organstreitverfahren muss nach § 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 3 BVerfGG binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden. Die Antwort der Antragsgegnerin wurde mit LT-Drs. 18/4427 am 29. August 2019 verteilt. Die Antragsschrift ist am 22. November 2019 und damit rechtzeitig eingegangen.

C.

Der Antrag der Antragstellerin zu 2. ist unbegründet. Die Antragsgegnerin hat durch die Verweigerung ihrer Antwort (LT-Drs. 18/4427) auf die Frage 3 der Kleinen Anfrage vom 14. August 2019 (LT-Drs. 18/4359) die Antragstellerin zu 2. nicht in ihren Rechten aus Art. 24 Abs. 1 NV verletzt. Sie hat die Nennung des Namens des Inhabers der tierschutzrechtlichen Genehmigung zum betäubungslosen Schlachten zu Recht verweigert.

I.

Nach Art. 24 Abs. 1 NV hat die Landesregierung Anfragen von Mitgliedern des Landtages nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Sinn dieser Regelung ist, dem Abgeordneten die notwendigen Informationen zur Wahrnehmung seiner Aufgaben zu erteilen und dadurch die Entwicklung von Initiativen einerseits und eine wirksame Kontrolle der Regierungstätigkeit durch das Parlament andererseits zu ermöglichen (vgl. NdsStGH, Beschl. v. 25.11.1997 - StGH 1/97 -, Nds. StGHE 3, 322, juris Rn. 32; Urt. v. 29.1.2016 - StGH 1/15, 2/15, 3/15 -, Nds. StGHE 5, 210, juris Rn. 44). Dem parlamentarischen Fragerecht kommt daher nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs ein hoher Stellenwert zu (NdsStGH, Beschl. v. 17.1.2008 - StGH 1/07 -, StGHE 4, 19, juris Rn. 60). Mit der Frage 3 der Kleinen Anfrage aus der LT-Drs. 18/4359 hat die Antragstellerin zu 2. von ihrem Fragerecht zulässigerweise Gebrauch gemacht.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Antwort jedoch zu Recht verweigert.

Gemäß Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 NV braucht die Landesregierung dem Auskunftsverlangen nicht zu entsprechen, soweit zu befürchten ist, dass durch das Bekanntwerden von Tatsachen schutzwürdige Interessen Dritter verletzt werden. Die Entscheidung ist gemäß Art. 24 Abs. 3 Satz 2 NV zu begründen. Diese Voraussetzungen liegen bei Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Gesamtzusammenhangs vor.

Der Staatsgerichtshof geht bei der Prüfung von folgenden Grundsätzen aus:

1. Der Verweigerungsgrund nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 NV beruht darauf, dass sowohl die Landesregierung als Teil der Exekutive als auch der Landtag nach Art. 1 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 NV an die Grundrechte gebunden sind. Die schutzwürdigen Interessen Dritter im Sinne des Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 NV werden durch die Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte natürlicher und juristischer Personen konkretisiert (NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, juris Rn. 89).

2. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 NV sind die im Grundgesetz festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte Bestandteil der niedersächsischen Verfassung. Sie binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Landesrecht (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 NV) und setzen daher jedem staatlichen Handeln Grenzen.

Von Bedeutung ist hier zunächst der grundrechtliche Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, die gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen Anwendung findet, schützt das berufsbezogene Verhalten einzelner Personen oder Unternehmen am Markt. Erfolgt die unternehmerische Berufstätigkeit nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Behindert eine den Wettbewerb beeinflussende staatliche Maßnahme eine juristische Person in ihrer beruflichen Tätigkeit, so stellt dies eine Beschränkung ihres Freiheitsrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Das gilt auch dann, wenn Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch den Staat offengelegt werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 21.10.2014 - 2 BvE 5/11 -, BVerfGE 137, 185, juris Rn. 154 ff.). Durch die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen kann die Ausschließlichkeit der Nutzung des betroffenen Wissens für den eigenen Erwerb beeinträchtigt werden. Wird exklusives wettbewerbserhebliches Wissen den Konkurrenten zugänglich, mindert dies die Möglichkeit, die Berufsausübung unter Rückgriff auf dieses Wissen erfolgreich zu gestalten. So können unternehmerische Strategien durchkreuzt werden. Auch kann ein Anreiz zu innovativem unternehmerischen Handeln entfallen, weil die Investitionskosten nicht eingebracht werden können, während gleichzeitig Dritte unter Einsparung solcher Kosten das innovativ erzeugte Wissen zur Grundlage ihres eigenen beruflichen Erfolgs in Konkurrenz mit dem Geheimnisträger nutzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.3.2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 -, BVerfGE 115, 205, juris Rn. 85).

Zugleich ist das gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht, aus dem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung folgt (vgl. BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1, juris Rn. 146; BVerfG, Beschl. v. 18.12.2018 - 1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10 -, BVerfGE 150, 309, juris Rn. 54), zu beachten. Unter Umständen können betriebsbezogene Informationen eine Persönlichkeitsrelevanz aufweisen, wenn diese zugleich für den Betriebsinhaber oder seine Mitarbeiter eine auf ihre Person bezogene Bedeutung aufweisen.

Ebenfalls zu beachten ist Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Vorschrift gewährleistet das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Dieses Grundrecht gewährt nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in diese Rechtsgüter. Es stellt zugleich eine objektive Wertentscheidung der Verfassung dar, die staatliche Schutzpflichten begründet. Danach hat der Staat die Pflicht, sich schützend und fördernd vor das Leben des Einzelnen zu stellen, das heißt vor allem, es auch vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. Auch der Schutz vor Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Gesundheit werden von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG umfasst (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.7.2016 - 1 BvL 8/15 -, BVerfGE 142, 313, juris Rn. 69; Urt. v. 24.7.2018 - 2 BvR 309/15, 2 BvR 502/16 -, BVerfGE 149, 293, juris Rn. 74; VerfGH NRW, Urt. v. 28.1.2020 - VerfGH 5/18 -, UA S. 31).

Zu berücksichtigen ist schließlich die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Eigentum in diesem Sinne sind grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.12.2004 - 1 BvR 1804/03 -, BVerfGE 112, 93, juris Rn. 47; Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvL 8/07 -, BVerfGE 126, 331, juris Rn. 84). Dazu gehört insbesondere das Sacheigentum an den Betriebsmitteln. Auch Art. 14 Abs. 1 GG begründet staatliche Schutzpflichten zugunsten des Einzelnen (vgl. BVerfG, Urt. v. 26.7.2005 - 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96 -, BVerfGE 114, 1, juris Rn. 131 ff.).

3. Einschränkungen dürfen nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Das verfassungsmäßige Frage- und Informationsrecht des Parlaments und die damit verbundene Auskunftspflicht der Regierung stellen eine hinreichende Grundlage für einen in der Auskunftserteilung liegenden Grundrechtseingriff dar. Einer weitergehenden gesetzlichen Regelung bedarf es insoweit nicht (vgl. BVerfG, Urt. v. 7.11.2017 - 2 BvE 2/11 -, BVerfGE 147, 50, juris Rn. 244). Mit Art. 24 Abs. 1 NV liegt eine einschränkende landesverfassungsrechtliche Regelung vor.

4. Im Rahmen der Grundrechtsbindung ist vor allem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, juris Rn. 89). Da sich gleichermaßen verfassungsrechtlich geschützte Positionen - das Auskunftsrecht der Abgeordneten auf der einen und die grundrechtlich geschützten Rechtsgüter auf der anderen Seite - gegenüberstehen, gilt das Prinzip der praktischen Konkordanz, wonach kollidierende Verfassungsrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so in Ausgleich zu bringen sind, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden (vgl. BVerfG, Urt. v. 21.10.2014 - 2 BvE 5/11 -, BVerfGE 137, 185, juris Rn. 186).

5. Art. 24 Abs. 3 Satz 1 NV bringt das daraus folgende Erfordernis einer Abwägung mit den Worten zum Ausdruck, dass die Landesregierung dem Auskunftsverlangen in bestimmten Fällen nicht zu entsprechen braucht. Mit dieser Formulierung räumt die Verfassung der Antragsgegnerin kein Ermessen im rechtstechnischen Sinne ein (anders Bogan, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 24 Rn. 22). Bei Art. 24 Abs. 3 Satz 1 NV handelt es sich um eine Bestimmung des Staatsorganisationsrechts. Ihm ist eine dem § 40 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846), entsprechende Freiheit der Landesregierung zur Wahl der Rechtsfolge fremd (vgl. auch Wefelmeier, NdsVBl. 2019, 365, 372). Vielmehr kommt in Art. 24 Abs. 3 Satz 1 NV ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zum Ausdruck, das die Verweigerung der Antwort auf eine parlamentarische Frage zu einem begründungsbedürftigen Sonderfall macht. Ob die Verweigerung einer Antwort gerechtfertigt ist, ergibt sich erst im Wege einer Abwägung der kollidierenden Verfassungsrechtspositionen.

6. Dieses in Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3 NV niedergelegte Entscheidungsprogramm verlangt, dass die Antragsgegnerin alle für und gegen die Beantwortung der Anfrage sprechenden Belange vollständig ermittelt, zutreffend gewichtet und gegeneinander abwägt. Dabei ist einerseits die Bedeutung parlamentarischer Anfragen im System der Gewaltenteilung zu würdigen. Die Gewichtung der konkreten Frageinteressen der Abgeordneten im Rahmen der nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 NV erforderlichen Abwägung darf deshalb weder in den Bereich der politischen Bewertung der Beweggründe und Ziele des fragenden Abgeordneten hineinreichen noch darf sie auf eine eigene Einschätzung der entscheidenden Stelle zurückgreifen, inwieweit sie das Informations- bzw. Kontrollinteresse insgesamt oder bezogen auf einzelne Anfragegegenstände für sachgerecht, sinnvoll oder bedeutsam hält (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 14.7.2010 - 57/08 -, DÖV 2010, 863, juris Rn. 91). Beachten muss sie aber, dass dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zukommt, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße oder vergleichbarer Missstände innerhalb der Regierung geht. Umgekehrt darf sie auch in ihre Abwägung einstellen, inwieweit die begehrte Antwort unter Zugrundelegung des von den Abgeordneten dargelegten Informationsinteresses erforderlich ist, um dem Kontrollauftrag nachzukommen. Berücksichtigen darf sie schließlich, ob es sich um eine die Öffentlichkeit besonders berührende Fragestellung handelt.

Nach Art. 24 Abs. 3 Satz 1 NV muss zu befürchten sein, dass die schutzwürdigen Interessen Dritter verletzt werden. Diese Formulierung macht deutlich, dass die Landesregierung eine Prognose zu erstellen hat, bei der eine bloße Betroffenheit schutzwürdiger Interessen die Antwortverweigerung nicht rechtfertigt. Eine Antwortverweigerung kommt umso eher in Betracht, je intensiver die drohende Grundrechtsbeeinträchtigung ausfällt. Zu berücksichtigen sind insoweit das jeweilige Gewicht des betroffenen Grundrechts ebenso wie die Schwere der konkret drohenden Beeinträchtigung und das Verhalten des Dritten, also beispielsweise die Frage, inwieweit er mit seinem Handeln Anlass zu einer parlamentarischen Kontrolle gegeben hat.

Schließlich ist darzulegen, ob und wie weit („soweit“) das Gewicht der betroffenen Interessen zur Verweigerung einer Antwort berechtigt. Die jeweiligen Belange sind im Rahmen der Abwägung so gegenüberzustellen, dass die kollidierenden Positionen zu einem schonenden Ausgleich gebracht werden. Das schließt die Möglichkeiten ein, eine Frage in vertraulicher Sitzung zu beantworten (vgl. NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, juris Rn. 89; BVerfG, Urt. v. 7.11.2017 - 2 BvE 2/11 -, BVerfGE 147, 50, juris Rn. 206 ff.) oder eine Antwort nur teilweise zu verweigern.

7. Die Landesregierung hat ihre Entscheidung, die Antwort auf eine zulässigerweise gestellte Frage zu verweigern, nach Art. 24 Abs. 3 Satz 2 NV zu begründen. Die Begründung ist gegenüber dem Fragesteller im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Verweigerung der Antwort abzugeben. Die Nachholung einer fehlenden oder die Ergänzung einer unzureichenden Begründung in einem nachfolgenden verfassungsgerichtlichen Verfahren ist ausgeschlossen. Der Staatsgerichtshof beschränkt sich auf eine Überprüfung der von der Antragsgegnerin rechtzeitig geltend gemachten Verweigerungsgründe, ohne das Vorliegen weiterer, von dieser nicht geltend gemachter Verweigerungsgründe von Amts wegen zu erforschen (vgl. NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, juris Rn. 90 zur Verweigerung der Aktenvorlage; BerlVerfGH, Urt. v. 14.7.2010 - 57/08 -, DÖV 2010, 863, juris Rn. 102; VerfG Bbg, Urt. v. 9.12.2004 - VfGBbg 6/04 -, NVwZ-RR 2005, 299, 302).

Sinn und Zweck der Begründungspflicht ist zuallererst, die Abgeordneten durch die Begründung in die Lage zu versetzen, das Vorliegen von Verweigerungsgründen und damit die Berechtigung der Antwortverweigerung zu überprüfen und gegebenenfalls zu entscheiden, ob verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden soll. Deshalb ist die pauschale Berufung auf einen Verweigerungsgrund in keinem Fall ausreichend. Vielmehr ist die Verweigerung substantiiert, also nicht lediglich formelhaft, zu begründen. Bei Informationen, die zum Schutze Dritter zurückgehalten werden, sind Grund und Notwendigkeit der Vertraulichkeit detailliert und umfassend zu erläutern (vgl. NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, juris Rn. 91 f.).

Beruht die Antwortverweigerung auf einer Abwägung widerstreitender Interessen, sind der Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis offenzulegen. Es bedarf mithin der Bezeichnung der kollidierenden grundrechtlich geschützten Positionen, der nachvollziehbaren Gewichtung der wechselseitigen Interessen und der Begründung, warum dem Grundrechtsschutz im jeweiligen Einzelfall der Vorrang zukommen soll. Erst dann, wenn die Begründung eine Abwägung der für den Einzelfall wesentlichen Gesichtspunkte zum Ausdruck bringt, ist dem Ermittlungs-, Gewichtungs- und Begründungserfordernis aus Art. 24 Abs. 3 Satz 1 Alt. 3, Satz 2 NV Genüge getan (vgl. BerlVerfGH, Urt. v. 14.7.2010 - 57/08 -, DÖV 2010, 863, juris Rn. 91). Darauf verzichtet werden kann lediglich dann, wenn das Vorliegen eines Verweigerungsgrundes evident ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 13.6.2017 - 2 BvE 1/15 -, BVerfGE 146, 1, juris Rn. 107; Urt. v. 7.11.2017 - 2 BvE 2/11 -, BVerfGE 147, 50, juris Rn. 254).

III.

Bei Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze sind die Anforderungen an eine Verweigerung der Antwort erfüllt.

1. Die Antragsgegnerin hat das Fragerecht der Antragstellerin zu 2. als umfassendes Recht auf Informationsbeschaffung gewürdigt, mit dem die Aufgabe einer wirksamen Kontrolle der Exekutive durch das Parlament wahrgenommen wird. Dabei hat sie in ihrer Antwort weder politische Beweggründe und Ziele der Antragstellerin zu 2. bewertet noch auf eine eigene Einschätzung der Bedeutsamkeit des Informations- bzw. Kontrollinteresse abgestellt.

2. Die Antragsgegnerin hat auch die schutzwürdigen Interessen Dritter fehlerfrei ermittelt und zu Recht eine zu befürchtende Verletzung prognostiziert. Ob der Antragsgegnerin im Rahmen der Prognose ein Beurteilungsspielraum zusteht, oder ob die Entscheidung durch den Staatsgerichtshof voll überprüfbar ist, kann offenbleiben. Die Prognoseentscheidung der Antragsgegnerin erweist sich auch bei einer vollen Überprüfung als zutreffend.

Nach der Begründung der Antwortverweigerung befürchtet die Antragsgegnerin zum einen, dass der Genehmigungsempfänger im negativen Sinn in das Zentrum der öffentlichen Auseinandersetzung geraten und dadurch im Wettbewerb benachteiligt würde. Gemeint sind damit wirtschaftliche Nachteile für den Betriebsinhaber im Falle eines Bekanntwerdens seines Namens in der Öffentlichkeit. Das betrifft in erster Linie das Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Anspruch auf Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimisse vor staatlichem Zugriff. Zum anderen bezieht sich die Antragsgegnerin auf mögliche Anfeindungen und Angriffe, die der Betrieb, sein(e) Inhaber und die dort beschäftigten Mitarbeiter durch Dritte erleiden könnten. Damit beruft sie sich auf ihre Schutzpflicht für das Leben und die körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sowie für das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG).

a) Bei dem Namen des Inhabers der Ausnahmegenehmigung handelt es sich um ein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Betriebs- und Geschäftsgeheimnis. Unter Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge zu verstehen, die nicht offenkundig sind und an deren Nichtverbreitung der Grundrechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.3.2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 -, BVerfGE 115, 205, juris Rn. 87; Urt. v. 24.11.2010 - 1 BvF 2/05 -, BVerfGE 128, 1, juris Rn. 204).

Der Name des Genehmigungsinhabers ist keine offenkundige Tatsache. Zwar gibt es im Verfahren bestimmter bedeutender Zulassungen eine Pflicht zur öffentlichen Bekanntmachung des Antragstellers und zur Veröffentlichung des Zulassungsbescheids, etwa im Immissionsschutz- und Umweltinformationsrecht. Auch können sich Gesetze über den freien Zugang zu behördlichen Informationen auf alle behördlichen Zulassungen erstrecken. Die Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG kennt keine verfahrensrechtlichen Offenbarungspflichten, und ein Landesgesetz über den freien Zugang zu behördlichen Informationen existiert nicht. Das Gespräch im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, an dem der Genehmigungsinhaber teilnahm, hatte nach dem Vortrag der Antragsgegnerin lediglich wenige Teilnehmer und vertraulichen Charakter, so dass der Name des Genehmigungsinhabers nicht für einen größeren oder gar unbegrenzten Teilnehmerkreis offenkundig geworden ist.

Der Genehmigungsinhaber hat an der Nichtverbreitung seines Namens ein berechtigtes Interesse. Er trägt den Umstand, dass Produkte aus Schlachtungen mit einer Ausnahmegenehmigung stammen, nicht in die allgemeine Öffentlichkeit. Im vorliegenden Fall tritt der Genehmigungsinhaber nicht nach außen werbend mit seiner Ware auf (vgl. anders für die Namensnennung eines Vermarkters von Bio-Produkten BGH, Urt. v. 10.4.2018 - VI ZR 396/16 -, NJW 2018, 2877, juris Rn. 27). Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung gewinnt er seine Kunden dadurch, dass seine Mitarbeiter in Moscheen bekannt sind und dort angesprochen werden. Darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass seine Produktion gegen Rechtsvorschriften verstoßen könnte. Insbesondere sind keine Verstöße des Schlachtvorgangs gegen die Ausnahmegenehmigung bekannt geworden.

Vielmehr besteht ein öffentlich geführter Diskurs über das betäubungslose Schächten an sich, der über ein negatives Image hinaus konkrete Nachteile für den Genehmigungsinhaber befürchten lässt. Anders als in früheren Zeiten ist der Schlachtvorgang an sich kein individuell erlebter Vorgang des Alltagslebens mehr, sondern er wird heute meist medial vermittelt und als problematisch angesehen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um eine Tötung vorher betäubter Tiere durch Schächten handelt. Eine weitere Entfernung von heutiger gesellschaftlicher Normalität tritt auf, wenn das Schächten zugunsten der Bedürfnisse von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften ohne Betäubung durchgeführt wird. Diese im Falle einer Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG legale Schlachtweise ist heutzutage Gegenstand eines kontrovers geführten öffentlichen Diskurses. An ihm beteiligen sich entschiedene Gegner des Schächtens, die über die Schlachtprodukte hinaus auch den Schlachtbetrieb und seine Mitarbeitenden in der Internetöffentlichkeit teils in einer massiv abqualifizierenden und unsachlichen Weise darstellen. An der Vermeidung derartiger Darstellungen hat der Inhaber einer Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG ein berechtigtes Interesse. Das Interesse ist auch wirtschaftlich berechtigt, da der Inhaber der konkreten Ausnahmegenehmigung nach Auskunft der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zwar nur zu einem bestimmten Zeitpunkt und nur wenige Tiere schächtet, aber mit seiner übrigen Produktion im überregionalen Wettbewerb steht.

Ob und inwieweit damit zugleich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen ist, kann offenbleiben, da aus diesem Recht jedenfalls kein gegenüber dem Schutz der betrieblichen Interessen weitergehender Schutz folgen würde.

b) Mit der Veröffentlichung des Namens des Genehmigungsinhabers wird auch der Schutzbereich des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie des Eigentumsrechts berührt. Mit der Namensnennung würden aller Voraussicht nach auch entschiedene Gegner des Schächtens und Personen mit rechtsextremistischer Gesinnung erfahren, welcher Betrieb von der Ausnahmegenehmigung Gebrauch macht. Insofern hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar dargelegt, dass nicht nur in Einzelfällen aus beiden Personenkreisen heraus Anschläge und Übergriffe auf Andersdenkende erfolgen, die als Gegner angesehen werden bzw. deren Verhalten missbilligt wird. Gleiches gilt für Übergriffe auf das Sacheigentum bis hin zu dessen vollständiger Zerstörung. Angesichts der in Teilen aggressiv geführten Diskussion durfte die Antragsgegnerin eine Gefährdung grundrechtlich geschützter Positionen auch für wahrscheinlich halten.

3. Die Antragsgegnerin hat die berührten Interessen richtig gewichtet.

Die Antragsgegnerin hat einerseits erkannt, dass dem Auskunftsrecht der Abgeordneten aus Art. 24 Abs. 1 NV ein hohes verfassungsrechtliches Gewicht zukommt und die ausnahmsweise Verweigerung der Auskunft daher auf besondere Gründe zu stützen ist. Zutreffend hat sie zudem erwogen, ob besondere Gründe für eine Veröffentlichung des Namens sprechen. Dies hat sie auch unter Berufung darauf, dass tatsächliche Anhaltspunkte für ein rechtliches oder politisches Fehlverhalten der Landesregierung oder der ihr nachgeordneten Verwaltung nicht vorliegen, in fehlerfreier Weise verneint. Eine Fehlgewichtung folgt insbesondere nicht daraus, dass die Anfrage (auch) auf einen verstärkten Tierschutz abzielt, der seinerseits Verfassungsrang genießt (Art. 6b NV, Art. 20a GG). Offen kann bleiben, ob die Berufung auf eine Staatszielbestimmung schon an sich zu einem verstärkten Informationsinteresse führt. Dass der konkrete Betrieb in tierschutzrechtlicher Hinsicht Defizite aufweist, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Rechtsgrundlage der Ausnahmegenehmigung in § 4a Abs. 2 Nr.2 TierSchG oder ihr allgemeiner Vollzug waren nicht Gegenstand der Anfrage und sind daher auch nicht Gegenstand des Organstreitverfahrens.

4. Die so ermittelten und gewichteten Rechte hat die Antragsgegnerin richtig eingeschätzt. Ihre Entscheidung, den grundrechtlich geschützten Interessen des Betriebs, seines Inhabers und seiner Mitarbeiter den Vorrang einzuräumen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Verweigerung der Namensnennung war geeignet, erforderlich und angemessen, die schutzwürdigen Interessen Dritter zu schützen. Insbesondere stand ein milderes Mittel nicht zur Verfügung. Der Betriebsinhaber hatte auf Nachfrage seine Einwilligung in die Nennung seines Namens verweigert, sodass die Antragsgegnerin den Konflikt nicht ausräumen konnte. Sie war auch nicht gehalten, die Anfrage in vertraulicher Sitzung zu beantworten. Ungeachtet dessen, dass eine solche Beantwortung in vertraulicher Sitzung (vgl. dazu NdsStGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, Nds. StGHE 5, 181, juris Rn. 89) nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt (vgl. BVerfG, Urt. v. 7.11.2017 - 2 BvE 2/11 -, BVerfGE 147, 50, juris Rn. 206 ff.), hatte die Antragstellerin zu 2. - wie sie in der mündlichen Verhandlung erneut bekräftigt hat - kein Interesse an einer derartigen vertraulichen Beantwortung; daran durfte sich die Antragsgegnerin orientieren.

Die Antwortverweigerung war auch angemessen. Das Auskunftsinteresse kann sich zwar auf die zentrale Aufgabe des Landtags stützen, die vollziehende Gewalt zu überwachen (Art. 7 NV). Die Auskunftsverweigerung führt dazu, dass der Antragstellerin zu 2. die Wahrnehmung dieser verfassungsrechtlichen Aufgabe - wie sie in der mündlichen Verhandlung vertiefend dargelegt hat - merklich erschwert wird.

Andererseits ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht deutlich geworden, dass die Antragstellerin zu 2. zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolle auf die Namensnennung zwingend angewiesen war. Soweit es ihr darum ging, die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Anforderungen im Schlachtbetrieb zu überprüfen, hätten ihr alternative Möglichkeiten wie beispielsweise darauf gerichtete Fragen zur Verfügung gestanden. In diese Richtung zielten jedoch weder die schriftlichen Anfragen (vgl. LT-Drs. 18/233, 18/543, 18/920, 18/1008, 18/1268, 18/4359), noch fand, wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt wurde, eine Erörterung im Fachausschuss des Landtags statt. Die Kenntnis des Namens ist mit Blick auf die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Anforderungen möglicherweise nützlich, aber nicht unentbehrlich, sodass die parlamentarische Kontrolle durch die Antwortverweigerung zwar erschwert, nicht aber vereitelt wird.

Hinzu kommt, dass kein Rechtsverstoß bei der Erteilung oder beim Handeln innerhalb der Ausnahmegenehmigung im Raum steht, der dem Kontrollinteresse ein stärkeres Gewicht verleihen könnte.

Dem parlamentarischen Kontrollrecht und dem daraus abgeleiteten Auskunftsverlangen stellt die Antragsgegnerin zu Recht gegenüber, dass die Zulässigkeit des Schächtens in Teilen der Gesellschaft Gegenstand eines mitunter aggressiv geführten Diskurses ist. Dabei führen Tierschutzfragen regelmäßig zu einer starken Polarisierung, die einzelne Personen zu Hassreden und Übergriffen veranlassen kann. Im vorliegenden Fall ist der Diskurs zudem dadurch gekennzeichnet, dass Tierschutzerwägungen mit Fragen der Religionsfreiheit und der Immigration verknüpft werden.

Eine solche Verknüpfung stellt die Antragstellerin zu 2. selbst her. Auf einer von ihr bis Oktober 2019 aktualisierten, im Internet noch verfügbaren Internetseite weist sie auf das islamische Opferfest im August 2019 hin und bringt wörtlich zum Ausdruck „Wer Halal-geschlachtetes Fleisch für seine Religion braucht, sollte zurück in sein Land gehen, wo kein Tierschutz besteht. In Niedersachsen halten wir nichts von Tierquälerei.“ Dies spricht die in § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG enthaltene Voraussetzung an, dass die Ausnahmegenehmigung für Bedürfnisse von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften erforderlich sein muss. Der Ausdruck „Halal-geschlachtetes Fleisch“ verengt die Anforderung auf Mitglieder der islamischen Religionsgemeinschaft, die mit tierquälerischem Handeln in Verbindung gebracht und deren Aufenthaltsrecht in Deutschland in Frage gestellt wird. Der Ausdruck „zurück in sein Land gehen“ grenzt zudem die in Deutschland geborenen und/oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzenden Angehörigen der islamischen Religionsgemeinschaft aus der deutschen Gesellschaft aus und impliziert, dass diese Personen „ihr Land“ weiterhin in einem anderen Staat finden.

Die Internetseite ist als Äußerung einer politischen Partei in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung vom Staatsgerichtshof nicht rechtlich zu überprüfen. Sie bringt jedoch, worauf die Antragsgegnerin begründend hingewiesen hat, mit dem Auskunftsbegehren, den Inhaber der Ausnahmegenehmigung zu benennen, drei Fragen in einen Zusammenhang: Die Einwanderung von Ausländern nach Deutschland, die islamische Religionsausübung und den Tierschutz. Diese Verknüpfung ist geeignet, islamfeindliche Einstellungen zu fördern, die ihrerseits geeignet sein können, rechtsextreme Kreise zu Beleidigungen und Verleumdungen sowie zur Anwendung von Gewalt gegen Personen und Sachen zu veranlassen. Alle drei Themen sind im Zentrum der gesellschaftlichen Diskussion angesiedelt und langjährig umstritten. Sie sprechen dabei nicht nur die sachliche Auseinandersetzung an, sondern sind gesellschaftlich stark emotional aufgeladen. Die emotionale Komponente kann sich damit verbinden, dass insbesondere in sozialen Netzwerken die Hemmschwellen, eine Diskussion rein sachlich zu führen und sich nicht zu unsachlichen, teils hasserfüllten Äußerungen hinreißen zu lassen, absinken. Bei einem anderen niedersächsischen Betrieb, der nach islamischen Vorschriften, aber mit Betäubung schlachtet, kam es im Internet zu Anfeindungen. Weitergehende Angriffe sind zwar nicht bekannt. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen indes, dass es bei allen drei Einzelthemen Einwanderung von Ausländern, Religionsfreiheit für Menschen muslimischen Glaubens und Tierschutz nicht bei unsachlichen Diskussionen geblieben ist. Es kam zu Bedrohungen und Gewalttaten gegen Andersdenkende. Wenn der Name des Genehmigungsinhabers bekannt würde, ist über die drei Themenfelder, verstärkt durch die enthemmende Wirkung von Internetbeiträgen, der Schluss auf drohende massive Beeinträchtigungen gerechtfertigt, die über Anfeindungen im Internet weit hinausgehen und neben den geschäftlichen Interessen des Betriebsinhabers Leben und körperliche Unversehrtheit der dem Betrieb zugehörigen Personen ernstlich gefährden können. Die Inhaberschaft einer Ausnahmegenehmigung kann deshalb auch als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis besonderen Schutz beanspruchen, weil bei Offenbarung Aktivitäten gewaltbereiter Tierschützer und weltanschaulich motivierte Boykottaufrufe, Demonstrationen, Einwirkungen auf das Betriebsgelände und Störungen im Raum stehen. Die Antragsgegnerin war nicht gehalten, diese reale Gefahr in Kauf zu nehmen.

5. Auch die Begründung entspricht noch den Anforderungen des Art. 24 Abs. 3 Satz 2 NV. Sie beschränkt sich nicht auf formelhafte und schematische Ausführungen, sondern bezeichnet die aus Sicht der Antragsgegnerin eine Antwort hindernden Rechte Dritter und beschreibt den konkreten Konflikt. Zugleich gewichtet sie das Auskunftsinteresse der Antragstellerin zu 2. Damit wird für die Antragstellerin zu 2. nachvollziehbar, welche Rechte aus Sicht der Antragsgegnerin berührt und mit welchem Gewicht diese in die Abwägung einzustellen sind.

Die Ausführungen zur Abwägung selbst fallen demgegenüber sehr knapp aus. Weitergehende Erwägungen waren in diesem Fall jedoch deshalb entbehrlich, weil zum Zeitpunkt der Antwortverweigerung bereits ein ausführlicher Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 23. April 2019 in dem in der Antwort in Bezug genommenen Organstreitverfahren StGH 2/18 vorlag, der die maßgeblichen Abwägungsgesichtspunkte bezeichnet. Mit den dortigen ausführlichen Äußerungen zur Art, Grund, Notwendigkeit, Gewichtung und Abwägung der betroffenen Interessen sind in diesem Einzelfall die Anforderungen an die nach Art. 24 Abs. 3 Satz 2 NV erforderliche Begründung erfüllt. Der Antragstellerin zu 2. bereits bekannte Überlegungen musste die Antragsgegnerin nicht im Einzelnen wiederholen. Die Antwort hat die Antragstellerin zu 2. deshalb in der Lage versetzt, die Berechtigung der Antwortverweigerung und die Inanspruchnahme verfassungsrechtlichen Rechtsschutzes zu prüfen. Dem Zweck der Begründungspflicht ist damit genügt.