Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 05.10.2000, Az.: 5 W 145/00

Einordnung eines Anteils an einer ungeteilten Erbengemeinschaft als Einkommen; Betreuung von psychisch erkrankten Menschen als Aufgabe des Staates; Verwertbarkeit von Gütern mit der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeit des Einsatzes bei Überprüfung der Mittellosigkeit eines Hilfebedürftigen; Verwertbarkeit eines Grundstückswertes als frei verfügbares Vermögen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
05.10.2000
Aktenzeichen
5 W 145/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 28884
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2000:1005.5W145.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Oldenburg - 14.07.2000 - AZ: 51 XVII (St) 1290

Sonstige Beteiligte

1. Frau D... B...

2. Herr Rechtsanwalt D... B...

3. B... bei dem ... - ... -

Amtlicher Leitsatz

Der Anteil an einer ungeteilten Erbengemeinschaft gehört regelmäßig nicht zu dem vom Mündel einzusetzenden Einkommen.

In dem betreuungsrechtlichen Verfahren
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 5. Oktober 2000
durch
die unterzeichneten Richter
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 14. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

1

Wegen des Sachverhalts wird auf die Beschlüsse der Vorinstanzen Bezug genommen.

2

Die nach Zulassung durch das Landgericht statthafte sofortige weitere Beschwerde (§§ 56 g Abs. 5 Satz 2, 27 und 29 FGG) ist sachlich nicht gerechtfertigt.

3

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Beteiligten zu 1) als Berufsbetreuerin ein Anspruch auf Erstattung ihrer Vergütung aus der Staatskasse zusteht (§§ 1836 Abs. 1 Satz 2; 1836 a BGB), weil die Betroffene mittellos ist und ihr Vermögen nach Maßgabe der §§ 84, 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) nicht einzusetzen braucht (§§ 1836 c, 1836 d BGB). Der Umstand, dass die Betroffene in ungeteilter Erbengemeinschaft zu 7/8 Miteigentümerin eines Hausgrundstücks ist, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen.

4

Wie das Landgericht zu Recht hervorgehoben hat, ist die Betreuung psychisch erkrankter Menschen eine öffentliche Aufgabe, die durch die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts in private Hände gegeben wird, wobei der vom Vormundschaftsgericht Ausgewählte grundsätzlich verpflichtet ist, die Betreuung zu übernehmen (§ 1898 BGB). Dieser Aufgabenstellung entspricht die Verpflichtung des Staates, bei berufsmäßiger Führung der Betreuung für eine angemessene Vergütung Sorge zu tragen, die im Regelfall aus dem Vermögen des Betroffenen zu leisten ist (§ 1836 Abs. 1 und 2 BGB), der sein Vermögen nach Maßgabe des § 1836 c BGB einzusetzen hat.

5

Zu dem verwertbaren Vermögen i.S.d. §§ 1836 c Nr. 2 BGB, 88 BSHG gehört der Anteil der Betroffenen an der ungeteilten Erbengemeinschaft jedoch nicht. Als verwertbar sind nur solche Güter anzusehen, deren Einsatz aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen möglich ist, wobei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angezeigt ist. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gesamtsituation des Betroffenen der Anspruch des Betreuers wenn nicht notwendig sofort, so doch in angemessener Zeit erfüllt werden kann, um der öffentlichen Verpflichtung und der Interessenlage des Berufsbetreuers Rechnung zu tragen (BayObLG, FamRZ 1999, 1234 m.w.N.).

6

Nach den Feststellungen des Landgerichts, die von der sofortigen weiteren Beschwerde nicht angegriffen werden, ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit einer Verwertung des Hausgrundstücks in angemessener Zeit nicht zu rechnen; es fehlt gegenwärtig somit an frei verfügbarem Vermögen der Betroffenen. Daher ist es im Hinblick auf die öffentliche Verpflichtung zur angemessenen Vergütung der Tätigkeit des Berufsbetreuers und unter Berücksichtigung seiner Interessenlage aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Betroffene als mittellos angesehen und der Beteiligten zu 1) einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zugebilligt hat (§ 1836 a BGB).

7

Der Staatskasse steht gem. § 1836 e BGB die Möglichkeit offen, zu gegebener Zeit bei der Betroffenen Regress zu nehmen.

8

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 11 KostO, 13 a FGG.