Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 26.09.2000, Az.: 14 UFH 4/00

Anspruch eines volljährigen Kindes auf Barunterhaltsleistungen wegen Unzumutbarkeit der Rückkehr in den elterlichen Haushalt; Voraussetzungen der Unwirksamkeit einer seitens der Eltern erklärten Unterhaltsbestimmung; Statthaftes Rechtsmittel gegen eine Barunterhaltsbestimmung des Familiengerichts

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.09.2000
Aktenzeichen
14 UFH 4/00
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 32042
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2000:0926.14UFH4.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wilhelmshaven - 19.07.2000 - AZ: 16 F 439/00

Fundstellen

  • FamRZ 2001, 363-364 (Volltext mit amtl. LS)
  • Rpfleger 2001, 77
  • ZfJ 2001, 466-467

In der Familiensache
... hat der 14. Zivilsenat - 5. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
am 26. September 2000
durch
die unterzeichneten Richter
beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Wilhelmshaven vom 19. Juli 2000 geändert.

Die mit Schriftsatz vom 8.12.1999 getroffene Unterhaltsbestimmung der Antragsgegner wird geändert. Die Antragsgegner sind verpflichtet, der Antragstellerin Barunterhalt zu leisten.

Die Antragsgegner tragen die in der Beschwerdeinstanz entstandenen gerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

Der Beschwerdewert wird auf 5.000,- DM festgesetzt.

Gründe

1

Mit seinem hiermit in Bezug genommenen Beschluss vom 19.7.2000 hat das Amtsgericht die Unterhaltsbestimmung der Antragsgegner vom 8.12.1999 aufgehoben und bestimmt, dass die Antragsgegner der Antragstellerin ab sofort Barunterhalt zu zahlen haben.

2

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie die rückwirkende Aufhebung der Unterhaltsbestimmung erreichen möchte.

3

Das Rechtsmittel ist als Beschwerde zulässig (§ 19 Abs. 1 FGG). Allerdings handelt es sich bei der vom Rechtspfleger getroffenen Entscheidung um eine Endentscheidung über eine Familiensache. Nach der Neufassung des § 11 Abs. 1 RechtspflG ist gegen Entscheidungen des Rechtspflegers auch grundsätzlich das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist, weshalb gegen den Beschluss die befristete Beschwerde nach § 621 e Abs. 1 ZPO gegeben sein könnte ( so offenbar: Zöller / Philippi, ZPO, 21 Aufl., § 621 e Rn. 5, 6). Dafür spricht auch die Erwägung, dass der Gesetzgeber offensichtlich bemüht war, das Rechtsmittelsystem in Familiensachen aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit demjenigen in zivilprozessualen Familiensachen anzugleichen.

4

Die befristete Beschwerde findet nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 621 e Abs. 1 ZPO jedoch gegen im ersten Rechtszug ergangene Endentscheidungen über Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, also Entscheidungen über die durch Verwandtschaft begründete Unterhaltspflicht, nicht statt. Hierzu rechnen auch die Unterhaltsbestimmungen nach § 1612 Abs. 2 BGB. Denn es handelt sich dabei um eine Norm, die die Art der Unterhaltsgewährung regelt, weshalb die Unterhaltsbestimmung insbesondere nicht dem Recht der elterlichen Sorge (§ 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) zuzuordnen ist, zumal es sich um den Unterhalt volljähriger Kinder handelt. Aus diesem Grunde findet § 621 e ZPO auf die im Rahmen dieses Verfahrens getroffene Endentscheidung keine Anwendung.

5

In der Sache erweist sich die Beschwerde als begründet.

6

Angesichts des Umstandes, dass die Antragstellerin ihren Lebensmittelpunkt mit Zustimmung der Antragsgegner nach Wilhelmshaven verlegt hat und unter Berücksichtigung der erkennbaren erheblichen Spannungen zwischen ihr und ihren Eltern ist der Antragstellerin eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt, die auch noch mit einem Schulwechsel verbunden wäre, nicht zuzumuten.

7

Bei dem Recht auf Unterhaltsbestimmung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das gegenüber dem volljährigen Kind durch rechtsgeschäftliche empfangsbedürftige Willenserklärung auszuüben ist (Wendl / Staudigl / Scholz, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 2 Rn. 26). Es bewirkt, dass das volljährige Kind keinen Barunterhalt beanspruchen kann. Mit der vom Familiengericht zu treffenden Entscheidung nach § 1612 Abs. 2 BGB wird festgestellt, dass die Ausübung des Gestaltungsrechts unwirksam ist, weshalb im vorliegenden Fall die Unterhaltsbestimmung im anwaltlichen Schreiben vom 8.12.1999 nicht daran hindert, Barunterhalt zu beanspruchen. Weil die getroffene Bestimmung mithin von Anfang unwirksam war, bestand auch keine Veranlassung zu der vom Rechtspfleger getroffenen Feststellung, dass die Antragsgegner erst ab sofort, also ab Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung verpflichtet sind, Barunterhalt zu leisten. Sofern die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Barunterhaltsanspruchs auch für die Vergangenheit vorliegen, insbesondere Verzug begründet worden ist (§ 1613 BGB), hindert jedenfalls die Unterhaltsbestimmung der Antragsgegner nicht an der Geltendmachung eines Barunterhaltsanspruchs auch für die Vergangenheit, weshalb der angefochtene Beschluss zu ändern war.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG, die Festsetzung des Beschwerdewertes auf § 30 Abs. 2 KostO.