Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 15.02.2000, Az.: 4 AR 7/00
Verfahrensverweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts; Verkehrsunfallklage gegen Unfallgegner und Haftpflichtversicherer; Bindung des angegangenen Gerichts an die Abgabe; Entfallen der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses; Beruhen der Abgabe auf einem Irrtum ; Nicht zumutbare Unzuträglichkeiten bei Verfahrenstrennung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 15.02.2000
- Aktenzeichen
- 4 AR 7/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 19871
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2000:0215.4AR7.00.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover 550 C 13115/99
- AG Peine 5 C 522/99
Rechtsgrundlage
- § 281 ZPO
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2000, 224
Amtlicher Leitsatz
Verweist in einem Verkehrsunfallprozess das abgebende Gericht das Verfahren sowohl gegen den Unfallgegner als auch gegen die Haftpflichtversicherung auf Antrag des Klägers wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts bezüglich des Unfallgegners an das Gericht des Unfallortes, ist das angegangene Gericht auch dann insgesamt an die Abgabe gebunden, wenn das abgebende Gericht für die Klage gegen die Versicherung örtlich ebenfalls zuständig war und die Abgabe diesbezüglich auf einem Irrtum beruhte.
Tenor:
Das Amtsgericht Peine wird als das zuständige Gericht bestimmt.
Dieser Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
Am 31. Juli 1999 kam es in Peine zu einem Verkehrsunfall zwischen den von dem Kläger und der Beklagten zu 2 gesteuerten Kraftfahrzeugen.
Mit an das Amtsgericht Hannover gerichtete Klage vom 15. September 1999 hat der Kläger, wohnhaft in ##############, die ############## mit Sitz in ############## und die Beklagte zu 2, wohnhaft in #######, auf Schadensersatz in Anspruch genommen.
Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 1999 haben die Beklagten hinsichtlich der Beklagten zu 2 die Unzuständigkeit des Amtsgerichts Hannover rügen lassen.
Auf den Hinweis des Amtsgerichts Hannover vom 10. November 1999 hat der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16. November 1999 die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht Peine verweisen lassen. Das Amtsgericht Hannover hat den Beklagten hinsichtlich dieses Verweisungsantrages durch Verfügung vom 23. November 1999 rechtliches Gehör gewährt und mit Beschluss vom 16. Dezember 1999 den Rechtsstreit an das Amtsgericht Peine verwiesen.
Mit Beschluss vom 26. Januar 2000 hat das Amtsgericht Peine den Rechtsstreit hinsichtlich der ############## gemäß § 145 ZPO abgetrennt, sich hinsichtlich dieser Beklagten für örtlich unzuständig erklärt und insoweit den Rechtsstreit an das Amtsgericht Hannover zurückverwiesen. Das Amtsgericht Hannover hat durch Verfügung vom 28. Januar 2000 eine Rücknahme abgelehnt und darauf hingewiesen, die Verweisung auch hinsichtlich der ############## sei irrtümlich erfolgt.
Mit Verfügung vom 1. Februar 2000 hat das Amtsgericht Peine das Verfahren dem Senat zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.
Nach der Kompetenzleugnung beider beteiligten Gerichte war das Amtsgericht Peine gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO als zuständige Gericht zu bestimmen.
Das Amtsgericht Peine ist gemäß § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO an die Verweisung durch das Amtsgericht Hannover gebunden. Dessen Verweisungsbeschluss vom 16. Dezember 1999 entfaltet eine auch im Rahmen des Verfahrens nach § 36 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu beachtende Bindungswirkung. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Peine ist der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Hannover, soweit er die Beklagte zu 1, die ##################### betrifft, nicht willkürlich und beruht auch nicht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs.
Zwar entfällt die Bindungswirkung ausnahmsweise dann, wenn die Verweisung willkürlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Zöller-Greger, ZPO, 21. Aufl. , § 281 Rdn. 17), was nach ständiger Rechtsprechung des Senats dann der Fall ist, wenn der Kläger im Mahnbescheid oder in der Klageschrift bereits ein ihm zustehendes Wahlrecht ausgeübt hat. Auch im vorliegenden Fall stand dem Kläger hinsichtlich der Beklagten zu 1, der ##############, das Wahlrecht zu, diese entweder bei dem Gericht ihres Sitzes oder aber bei dem Gericht des Unfallortes in Anspruch zu nehmen, sodass für die Entscheidung über die vorliegend geltend gemachten Ansprüche zunächst sowohl das Amtsgericht Hannover als auch das Amtsgericht Peine zuständig gewesen sind. Dieses Wahlrecht hat der Kläger hinsichtlich der Beklagten zu 1, ############## dadurch ausgeübt, dass sie die Klage an das Amtsgericht Hannover als das für den Sitz der Beklagten zu 1 zuständige Gericht gerichtet hat. Mit Zustellung der Klageschrift ist die einmal getroffene Wahl für den Kläger verbindlich und unwiderruflich geworden - vorbehaltlich eines hier nicht gegebenen übereinstimmenden abweichenden Verlangens beider Parteien.
Gleichwohl ist der Senat der Ansicht, dass diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall zu den Parteien nicht zumutbaren Unzuträglichkeiten führt, nachdem das Amtsgericht Peine das Verfahren hinsichtlich der Beklagten zu 1, ############## abgetrennt und nur hinsichtlich dieser Beklagten das Verfahren an das Amtsgericht Hannover zurückverwiesen hat. Die von dem Amtsgericht Peine beabsichtigte Verfahrenstrennung hat für die Parteien nicht nur erhebliche kostenmäßige Nachteile, sie führt auch zu der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen und erweist sich für die Parteien als nicht mehr zumutbar. Da das Amtsgericht Peine auch für die Beklagte zu 1, ############## Gericht des Unfallortes zuständig wäre, ist es im Ergebnis interessengerecht, wenn der Rechtsstreit insgesamt beim Amtsgericht Peine als Gericht des Unfallortes verhandelt wird.