Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 09.03.2010, Az.: 5 B 49/10

Inhalt und Reichweite der versammlungsrechtlichen Konzentrationswirkung; Nutzung einer Fläche wie eine öffentliche Sache im Gemeingebrauch als Widmung für versammlungsfremde Zwecke

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
09.03.2010
Aktenzeichen
5 B 49/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 14290
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2010:0309.5B49.10.0A

Verfahrensgegenstand

Versammlungsrecht
hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 5. Kammer -
am 9. März 2010
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. März 2010 wiederherzustellen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Verfügung der Antragsgegnerin, mit der diese unter Anordnung der sofortigen Vollziehung Auflagen für die Durchführung einer von der Antragstellerin für den 10. März 2010 beabsichtigten Versammlung erteilt hat.

2

Unter dem 14. Februar 2010 zeigte die Antragstellerin der Antragsgegnerin an, dass sie beabsichtige, am 10. März 2010 ab 15 Uhr eine versammlungsrechtliche Veranstaltung (Kundgebung und Umzug) mit ca. 50 bis 100 Teilnehmern zu dem Thema "gegen riskante Genversuchsfelder und ihre Betreiber/Genehmiger" durchzuführen. Zum Veranstaltungsort machte sie die Angaben, dass der Demonstrationszug nach einer Auftaktkundgebung am B.) in Braunschweig entlang der Bundesallee bis zum Eingang des C. - (Zwischenkundgebung) verlaufen solle, anschließend weiter über das Institutsgelände bis zum Gebäude des Bundesministeriums für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit -BVL- (Zwischenkundgebung), von dort bis zum ehemals (25. bis 27.04.2009) besetzten Genmaisfeld (Zwischenkundgebung) und schließlich wieder zurück zum Eingang des D. (Abschlusskundgebung auf der Verkehrsinsel vor dem Eingangsbereich).

3

Bei dem E. handelt es sich um eines von vier Bundesforschungsinstituten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Flächen auf dem Gelände des D. stehen soweit ersichtlich im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Inhaber des Hausrechts auf dem Gelände ist das D..

4

Vom 24. bis 27. April 2009 waren die Antragstellerin sowie acht weitere Personen auf das umzäunte Gelände des D. eingedrungen und hatten ein Versuchsfeld, auf dem innerhalb der nächsten vier Wochen gentechnisch veränderter Mais ausgesät werden sollte, "besetzt". Die "Besetzer" hielten sich drei Tage lang auf dem Feld auf, während derer das D. und die Antragsgegnerin nicht hiergegen einschritten. Am 27. April 2009 wurde das Feld von der Polizei geräumt, nachdem die Antragsgegnerin zwei versammlungsrechtliche Verfügungen, u.a. die Auflösung der Versammlung, erlassen hatte. Diese Verfügungen waren Gegenstand gerichtlicher Verfahren beim Verwaltungsgericht Braunschweig (Aktenzeichen 5 A 75/09 und 5 A 76/09), die durch einen Vergleich beendet wurden, in dem unter anderem folgende Vereinbarungen getroffen wurden:

1.
Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Äußerungen des Vertreters der Beigeladenen [des D.] und das Verhalten der beteiligten Personen sowie die Tatsache, dass polizeilich nicht eingegriffen worden war, vom Kläger als jedenfalls vorübergehende, aber nicht befristete Duldung der Versammlung angesehen werden konnte.

2.
Die Beteiligten sind sich einig, dass Art. 8 GG nicht ohne Weiteres den Zugang zu nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Grundstücken eröffnet, sondern bei einer Interessenabwägung im Sinne einer praktischen Konkordanz auch die betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Grundstückseigentümers zu berücksichtigen sind.

3.
Die Beteiligten sind sich einig, dass angesichts der unter 1. und 2. getroffenen Annahmen eine faktische Räumungsfrist von einer Stunde zu kurz bemessen war, wenn eine plötzliche Eskalation der Situation vor Erlass der ersten der streitgegenständlichen Verfügungen nicht nachgewiesen werden kann.

5

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig stellte Strafverfahren, die gegen die "Besetzer" u.a. wegen des Verdachts des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und weiterer Delikte geführt wurden, nach § 153 Abs. 1 StPO ein.

6

In Reaktion auf die Anmeldung der Versammlung vom 14. Februar 2010 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin per E-Mail mit, dass es sich bei den für den Umzug vorgesehen Flächen des D. um nicht für jedermann zugängliche Flächen handele und deswegen eine vorherige Zustimmung des Eigentümers einzuholen sei. Die Antragsgegnerin informierte unter anderem das D. über die von der Antragstellerin beabsichtigte Veranstaltung.

7

Mit Schreiben vom 17. Februar 2010 teilte das D. der Antragsgegnerin mit, dass kein Einverständnis mit dem Betreten ihres Geländes durch die Versammlungsteilnehmer bestehe. Bei dem Gelände handele es sich um das Betriebsgelände mehrerer Bundesdienststellen. Das Hausrecht sei insgesamt dem D. übertragen. Die beabsichtigte Veranstaltung würde den Dienstbetrieb erheblich stören, da die Gebäude und Versuchsanlagen innerhalb des Geländes völlig frei zugänglich seien und die Sicherung des Geländes durch eine Abschirmung nach außen durch eine Umzäunung und einen Pförtner- und Wachdienst gewährleistet werde. Bei einer Versammlung auf dem Gelände wäre die erforderliche Sicherheit deswegen nicht hinreichend gewährleistet.

8

Mit Schreiben vom 25. Februar 2010 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie beabsichtige, das Betreten des Geländes des D. und der weiteren Bundesdienststellen zu untersagen, weil das D. dies ausdrücklich untersagt habe. Sie forderte die Antragstellerin auf, bis zum 3. März mitzuteilen, in welcher geänderten Form (Wegstrecke des Aufzuges) sie die Versammlung durchführen wolle. Eine Reaktion der Antragstellerin hierauf erfolgte nicht.

9

Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 5. März 2010 erteilte die Antragsgegnerin unter Anordnung des Sofortvollzuges "zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes (VersG)" Auflagen für die Durchführung der Veranstaltung. Insbesondere beschränkte sie gemäß der Auflage Nr. 2 das Recht der freien Ortswahl dahingehend, dass ein Betreten des Bundesgeländes, auf dem sich das D. und andere Bundeseinrichtungen befinden, nicht gestattet wurde. Als Veranstaltungsort gab die Antragsgegnerin im Bescheid vom 5. März dementsprechend an: "F., von dort entlang der Bundesallee bis zur Verkehrsinsel vor dem Eingang des G. -, hier Kundgebung". Die Antragsgegnerin begründete diese Auflage im Wesentlichen wie folgt: Das D. habe als Inhaberin des Hausrechts der Nutzung des Bundesgeländes für die Versammlung nicht zugestimmt, sondern die Inanspruchnahme ausdrücklich abgelehnt. Durch die Versammlung auf dem Gelände des D. würde der Dienstbetrieb erheblich gestört. Die Sicherheit vor Beeinträchtigungen des Betriebes sei bei Durchführung der Veranstaltung nicht hinreichend gewährleistet, weil auf dem Gelände keine Schutzvorrichtungen der Gebäude und Messeinrichtungen bestünden. Der Schutz des Geländes werde dadurch bewirkt, dass durch die Umzäunung und den Wachdienst ein unbefugtes Eindringen auf das Gelände verhindert werde. Insofern sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin und weitere Personen in der Vergangenheit ein Versuchsfeld besetzt hätten und deswegen strafrechtliche Ermittlungen gegen sie geführt wurden. Die von der Antragsstellerin für die Versammlung vorgesehenen Flächen auf dem Gelände des D. seien nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet. Die Inanspruchnahme der öffentlichen Straße vor dem Gelände des D. trage unter Berücksichitung des gewählten Versammlungsthemas einem etwaigen Anspruch auf Nähe zu einem "symbolhaften" Ort hinreichend Rechnung. Angesichts dieser Umstände überwiege das Interesse des D. an der vorgenommenen Beschränkung des Versammlungsortes gegenüber dem Interesse der Antragstellerin auf Meinungskundgabe auf dem Bundesgelände. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begründete die Antragsgegnerin im Wesentlichen damit, dass das öffentliche Interesse hieran das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung einer Klage überwiege, weil bei einer Durchführung der Veranstaltung in dem beabsichtigten Umfang erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstünden.

10

Am 9. März 2010 hat die Antragstellerin den vorliegenden Eilantrag gestellt, mit dem sie sich gegen die sofortige Vollziehung der Auflage Nr. 2 im Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. März 2010 wendet. Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, der Bescheid nenne keine plausiblen Gründe, weswegen die Versammlung nicht über das Gelände des D. geführt werden dürfe. Die Beklagte habe keine Alternativrouten auf dem Gelände des D. oder andere Maßnahmen vorgeschlagen, um eine Störung des dortigen Betriebsablaufs zu vermeiden. Die Strafverfahren anlässlich der Besetzung des Versuchsfeldes im Jahr 2009 seien von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden.

11

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. März 2010 wiederherzustellen.

12

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen,

und verweist zur Begründung auf den Bescheid vom 5. März 2010.

13

II.

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag ist nicht begründet.

14

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Die Antragsgegner hat in noch ausreichender Weise schriftlich begründet, warum sie das besondere Interesse an dem Sofortvollzug als gegeben erachtet (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Sie hat nicht lediglich auf die Rechtmäßigkeit ihres Bescheides verwiesen, sondern ausgeführt, dass die aufschiebende Wirkung einer Klage die Durchsetzung der Auflagen vollends verhindern würde und dies wegen der hierdurch zu befürchtenden erheblichen Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit im überwiegenden öffentlichen Interesse nicht hinnehmbar sei.

15

Auch aus materiell-rechtlichen Gründen besteht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Nach§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines gegen den Verwaltungsakt gerichteten Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das private Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs Vorrang vor dem besonderen öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes hat. Dabei überwiegt grundsätzlich das private Interesse des Antragstellers, wenn sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung ergibt, dass die angefochtene Verfügung voraussichtlich rechtswidrig ist. Das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt hingegen regelmäßig, wenn die Verfügung sich als voraussichtlich rechtmäßig erweist. Hierbei ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufs vorwegnimmt. Andererseits ist angesichts der Eilbedürftigkeit der Entscheidung nur eine summarische Überprüfung der Rechtmäßigkeit erforderlich und geboten.

16

Es überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse, denn die Antragsgegnerin hat in der Auflage Nr. 2 ihres Bescheides vom 5. März 2010 aller Voraussicht nach zu Recht angeordnet, dass der Demonstrationszug nicht auf das Gelände des D. und weiterer Bundeseinrichtungen (Bundesgelände) geführt werden darf.

17

Rechtsgrundlage der Auflage ist § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes (VersG). Gemäß § 15 Abs. 1 VersG kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Die öffentliche Sicherheit umfasst hierbei den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen. Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt voraus, dass der Schadenseintritt bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Erforderlich ist jeweils eine auf die konkrete Versammlung bezogene Gefahrenprognose, die auf erkennbaren Umständen beruhen muss, also auf Tatsachen, Sachverhalten und sonstigen Einzelheiten (vgl. OVG Brandenburg, B. v. 14.11.2003 - 4 B 365/03 -, [...] Rn. 7 m.w.N.).

18

Die Auflage Nr. 2 ist aller Voraussicht nach bereits deswegen rechtmäßig, weil keine für die Durchführung der Versammlung auf dem Bundesgelände erforderliche Gestattung seitens des Berechtigten - hier des D. - vorliegt und die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf eine Gestattung hat.

19

Eine Gestattung des D. für die Inanspruchnahme des Bundesgeländes ist vorliegend trotz der sogenannten versammlungsrechtlichen Konzentrationswirkung erforderlich. Nach diesem Grundsatz obliegt die Prüfung aller versammlungsimmanten Gefahren der Versammlungsbehörde unter Befreiung des Anmelders von sonstigen Erlaubnis- oder Genehmigungserfordernissen. Zwar hat die Versammlungsbehörde hiernach bei der Entscheidung u.a. über eine Auflagenerteilung gemäß § 15 Abs. 1 VersG auch die Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die die ansonsten zuständige Erlaubnisbehörde zu berücksichtigen hätte. Dem Anmelder der Versammlung obliegt es hiernach aber nicht mehr, die erforderlichen Erlaubnisse gesondert bei den jeweiligen Behörden einzuholen (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 15. Aufl., § 15 Rn. 7; OVG Brandenburg, a.a.O., [...] Rn. 7). Die Konzentrationswirkung bezieht sich jedoch nur auf - versammlungsspezifische - Erlaubnisvorbehalte, die unmittelbar versammlungsbezogene Betätigungen betreffen. Suspendiert sind deswegen insbesondere straßen- und straßenverkehrsrechtliche Erlaubnisvorbehalte, weil Versammlungen - bereits mangels anderer geeigneter Flächen - typischerweise auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen durchzuführen sind (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 15 Rn. 7 f.; Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier, Versammlungsrecht, § 15 Rn. 202 f.). Sie umfasst jedoch nicht solche Erlaubnisverfahren, durch die der Zugang zu einer Fläche ermöglicht werden soll, welche nicht dem öffentlichen Gemeingebrauch, sondern nur bestimmten, versammlungsfremden Zwecken gewidmet ist. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit begründet insoweit kein Benutzungsrecht, das nicht schon - wie etwa bei öffentlichem Straßenraum - nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen besteht. In diesem Fall ist eine Gestattung des Berechtigten erforderlich (vgl. OVG Brandenburg, a.a.O., [...] Rn. 10 m.w.N.; Dietel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 15 Rn. 8; Ridder/Breitbach/Rühl/Steinmeier, a.a.O., § 15 Rn. 60 und Rn. 207 f.).

20

Hinsichtlich der vorliegend betroffenen Flächen des Bundesgeländes ist hiernach aller Voraussicht nach eine Gestattung ihrer Inanspruchnahme durch das D. erforderlich, weil sie nicht dem öffentlichen Verkehr, sondern anderen, versammlungsfremden Zwecken gewidmet sind. Aller Voraussicht nach handelt es sich bei den betroffenen Flächen um öffentliche Sachen im Verwaltungsgebrauch, da davon auszugehen ist, dass sie dem jeweiligen Sachherrn zum verwaltungsinternen Gebrauch zugewiesen sind. Dass sie hierbei durchaus auch von Publikumsverkehr in Anspruch genommen werden, steht dieser Bewertung nicht entgegen, da dieser Verkehr stets auf die Erfüllung der Verwaltungsaufgabe bezogen ist und - anders als bei dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Wegen und Plätzen - nicht auf einer originären Nutzungsberechtigung m Rahmen des Gemeingebrauchs beruht (vgl. insoweit Burgi, Art. 8 GG und die Gewährleistung des Versammlungsrechts, DÖV 1993, 633, 640; Papier, Recht der öffentlichen Sachen, § 2 II (S. 46). Eine Vergleichbarkeit dieser Flächen beispielsweise mit einem Rathausvorplatz ist - entgegen der Einschätzung der Antragstellerin - somit nicht gegeben. Auch ist aller Voraussicht nach nicht davon auszugehen, dass es sich bei den betroffenen Flächen um eine öffentliche Einrichtung handelt. Denn eine solche wird gerade für die Benutzung durch die Öffentlichkeit bereitgestellt. Hiervon ist hinsichtlich der betroffenen Flächen des Bundesgeländes nicht auszugehen. Unabhängig hiervon dürfte eine Gestattung des jeweiligen Trägers auch bei der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung für eine Versammlung erforderlich sein (vgl.BVerwG, U. v. 29.10.1992 - 7 C 34/91 -, [...] Rn. 14 f.; VG Braunschweig, B. v. 27.09.2007 - 5 B 238/07 -).

21

Das D. hat die Inanspruchnahme des Bundesgeländes nicht gestattet. Vielmehr hat es dieser mit dem Schreiben vom 17. Februar 2010 ausdrücklich widersprochen.

22

Es bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, ob eine Inanspruchnahme der Bundesflächen generell ausgeschlossen ist, solange nicht die Antragstellerin eine Gestattung gegenüber dem D. - gegebenenfalls mittels Rechtsbehelfen - erstritten hat. Hierfür spräche allerdings, dass die Antragsgegnerin nicht Berechtigte hinsichtlich der betroffenen Flächen ist - eine Gestattung deswegen nicht erteilen dürfte - und sie die Antragstellerin zudem bereits E-Mail vom 15. Februar 2010 darauf hingewiesen hat, dass die Zustimmung des Eigentümers einzuholen sei. Denn die Erwägungen, mit denen das D. die Inanspruchnahme der Flächen für die von der Antragstellerin beabsichtigte Veranstaltung abgelehnt hat und die die Antragsgegnerin zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogen hat, sind aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden. Ein Anspruch auf Gestattung der Inanspruchnahme ist aller Voraussicht nach nicht gegeben.

23

Aus diesem Grund hätte der Eilantrag auch dann keinen Erfolg, wenn die Antragsgegnerin als Versammlungsbehörde - entgegen vorstehenden Ausführungen - im Sinne einer versammlungsrechtlichen Konzentrationswirkung die ablehnende Entscheidung des D. im Schreiben vom 17. Februar 2010 inzident auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen und dies im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nach§ 15 Abs. 1 VersG zu berücksichtigen hätte.

24

Bei der Entscheidung über eine Gestattung sind der Widmungszweck der Flächen sowie die Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen, wobei zulasten einer Inanspruchnahme jedenfalls auch die betrieblichen und wirtschaftlichen Interessen des Grundstückseigentümers berücksichtigt werden dürfen. Nach diesem Maßstab stellen das D. und die Beklagte aller Voraussicht nach zu Recht auf Beeinträchtigungen des Betriebsablaufes der D. ab, die bei einer Durchführung der Veranstaltung auf deren Gelände zu befürchten sind. Hierbei wirkt sich aus, dass eine Abschirmung des Geländes grundsätzlich nach außen durch die Umzäunung und einen Pförtner- und Wachdienst erfolgt und die Gebäude und Versuchsanlagen deswegen im Inneren des Bundesgeländes grundsätzlich frei zugänglich sind. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit bereits durch eine eigenmächtige "Besetzung" eines Versuchsfeldes des D. aufgefallen ist, weswegen strafrechtliche Ermittlungen gegen sie geführt wurden. Bei der Prognose, ob aus dem Umfeld der von ihr angemeldeten Versammlung Störungen des Betriebsablaufes des D. zu befürchten sind, weil bestehende Sicherheitslücken ausgenützt würden, wirkt sich dies zu ihren Lasten aus. Beeinträchtigungen des Betriebsablaufes des D. sind zudem bereits auch durch die Veranstaltung als solche (bspw. die Kundgebungen und das Abspielen von Musik) zu besorgen. Die Antragsgegnerin führt aller Voraussicht nach zutreffend aus, dass diese Gesichtspunkte gegen eine Inanspruchnahme der Bundesflächen das Interesse der Antragstellerin an einer Inanspruchnahme überwiegen, zumal sich nicht feststellen lässt, dass die Flächen eine besonders "symbolhafte Bedeutung" für die Versammlung aufweisen, was für ihre Inanspruchnahme sprechen könnte.

25

Die Antragstellerin kann sich für die Inanspruchnahme der Flächen schließlich nicht auch auf den Grundsatz der Gleichbehandlung berufen. Es ist nicht ersichtlich, dass das D. in der Vergangenheit ihr Gelände in vergleichbaren Konstellationen für Versammlungen zur Verfügung gestellt hat. Insbesondere lag der dreitägigen "Besetzung" des Versuchsfeldes im April 2009 keine vergleichbare Konstellation zugrunde. Das D. ist ihren im Verfahren 5 A 75/09 (nur) deswegen drei Tage lang nicht gegen die "Besetzung" eingeschritten, um zu einer Deeskalation der seitens der "Besetzer" eigenmächtig herbeigeführten Situation beizutragen.

26

Gegen die weiteren Auflagen im Bescheid vom 5. März 2010 hat die Antragstellerin keine Einwände vorgetragen.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

28

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG. In Verfahren gegen versammlungsrechtliche Auflagen ist auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wegen der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung kein im Vergleich zum Hauptsacheverfahren reduzierter Streitwert anzunehmen (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327 ff., hier: II. Nr. 1.5 Satz 1 und Satz 2).

29

Rechtsmittelbelehrung:

30

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.

31

...

Schlingmann-Wendenburg RiVG Düfer, die an der Brölsch Beschlussfassung mitgewirkt hat, ist durch Abwesenheit an der Unterschrift gehindert