Abschnitt 1 AufenthG/EMRKARdErl - Vorbemerkung
Bibliographie
- Titel
- Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)
- Redaktionelle Abkürzung
- AufenthG/EMRKARdErl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 26101
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann Ausländerinnen und Ausländern, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ihre Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
Aus Artikel 8 EMRK kann ein rechtliches Ausreisehindernis i. S. des § 25 Abs. 5 AufenthG folgen. Jede Person hat nach Artikel 8 Abs. 1 EMRK das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer (Artikel 8 Abs. 2 EMRK).
Unter Berücksichtigung der teilweise widersprüchlichen, sich aber weiterentwickelnden Rechtsprechung, dienen die nachfolgenden rechtlichen Hinweise der einheitlichen Anwendung und Auslegung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Artikel 8 EMRK.
Die EMRK und ihre Zusatzprotokolle sind völkerrechtliche Verträge. Die EMRK nimmt in der deutschen Rechtsordnung den Rang eines Bundesgesetzes ein. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die EMRK bei der Interpretation des nationalen Rechts - auch der Grundrechte und rechtsstaatlichen Garantien - zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. 10. 2004, 2 BvR 1481/04).
Andere humanitäre Regelungen schließen die Anwendung von § 25 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Artikel 8 EMRK nicht aus (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. 2. 2010, Beschluss vom 4. 3. 2019, 11 S 459/19; OVG Bremen, Urteil vom 28. 6. 2011, 1 A 141/11 unter Verweis auf das BVerwG, Urteil vom 27. 1. 2009, 1 C 40/07; a. A. jedoch: OVG Lüneburg in ständiger Rechtsprechung, etwa Urteil vom 8. 2. 2018, 13 LB 43/17, Beschluss vom 12. 3. 2013, 8 LA 13/13). Unter Beachtung der Berücksichtigungspflicht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist eine Auslegung, welche die Anwendung des Artikels 8 EMRK aufgrund anderer Bleiberechtsregelungen nicht ausschließt, sondern nebeneinanderstehen lässt, möglich und vorzuziehen.
Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 6 des RdErl. vom 1. Januar 2023 (Nds. MBl. S. 2)