Abschnitt 2 GefNRückMRdErl - 2. Ersuchen um Fahndung
Bibliographie
- Titel
- Maßnahmen bei Entweichung und Nichtrückkehr von Gefangenen und Sicherungsverwahrten aus den niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen sowie von nach den §§ 63, 64 StGB - ggf. i. V. m. den §§ 7, 93 a JGG -, §§ 81 oder 126 a StPO untergebrachten Personen aus den niedersächsischen Maßregelvollzugseinrichtungen
- Redaktionelle Abkürzung
- GefNRückMRdErl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 34510
Die zur Sicherstellung der im Folgenden beschriebenen Prozesse notwendigen Kontaktdaten sind in einem gesonderten, nicht öffentlichen Dokument erfasst, das durch MJ regelmäßig aktualisiert wird.
2.1 Informationspflichten der Vollzugseinrichtungen
Im Fall einer Entweichung oder Nichtrückkehr von Gefangenen und Sicherungsverwahrten sowie nach den §§ 63, 64 StGB - ggf. i. V. m. den §§ 7, 93 a JGG - , §§ 81 oder 126 a StPO untergebrachten Personen außerhalb sowie innerhalb Niedersachsens ersucht die zuständige Vollzugseinrichtung unverzüglich telefonisch sowie anschließend unverzüglich per E-Mail die für den Entweichungsort oder den Ort der Aufenthaltsadresse der Vollzugslockerung oder vollzugsöffnenden Maßnahme zuständige Polizeidienststelle um Fahndungsauslösung. Die für den Entweichungsort zuständige Polizeidienststelle ist stets die über den unmittelbar am Entweichungsort angewählten polizeilichen Notruf kontaktierte Dienststelle. Eigene Maßnahmen (z. B. Kontaktaufnahme[versuche] zu einer hinterlegten Mobilfunknummer, Aufsuchen an der Aufenthaltsadresse) sind mit der entsprechend zuständigen Polizeidienststelle abzustimmen.
Bereits telefonisch werden alle der Vollzugseinrichtung vorliegenden Erkenntnisse zur Beurteilung einer etwaigen aktuellen Eigen- oder Fremdgefährdung der entwichenen oder nichtrückgekehrten Person übermittelt.
Das schriftliche Fahndungsersuchen erfolgt unter Verwendung landeseinheitlicher Meldevordrucke, die von MJ beziehungsweise MS gesondert bekannt gemacht werden.
Die Vollzugseinrichtung hat zudem in jedem Fall unverzüglich vorab telefonisch sowie anschließend per E-Mail das zum Zeitpunkt der Entweichung oder Nichtrückkehr zuständige Haftgericht und/oder die zuständige Staatsanwaltschaft zu informieren. Die schriftliche Information erfolgt zugleich nachrichtlich an die ggf. für weitere notierte Vollstreckungen von Freiheitsstrafen und Maßregeln sowie Vollziehungen von Untersuchungshaft zuständigen Staatsanwaltschaften und/oder Haftgerichte (sog. Überhaftnotierung).
Die Vollzugseinrichtung hat das schriftliche Fahndungsersuchen zugleich per E-Mail dem Lage- und Informationszentrum des LKA (LIZ) in den Fällen zuzuleiten, in denen es sich bei den entwichenen oder nichtrückgekehrten Personen um Gefangene, die im geschlossenen Vollzug untergebracht sind, Sicherungsverwahrte oder um nach den §§ 63, 64 StGB - ggf. i. V. m. den §§ 7, 93 a JGG -, §§ 81 oder 126 a StPO im geschlossenen Maßregelvollzug untergebrachte Personen handelt.
Sämtliche weitere Mitteilungspflichten, wie beispielsweise nach Abschnitt 44 der Bezugs-AV zu b bzgl. einer Entweichung, Nichtrückkehr, Selbststellung, Rückkehr und Widerergreifung, bleiben unberührt.
Für die Übermittlung personenbezogener Daten gilt im Bereich des Justizvollzuges Folgendes:
Neben den bereits zwingend über das Fahndungsersuchen zu übermittelnden Daten sind der fahndungsleitenden Polizeidienstelle nach Maßgabe von § 195 Abs. 1 Satz 1 NJVollzG (auch i. V. m. § 124 Nds. SVVollzG) auf der Grundlage von § 78 Abs. 1 NJVollzG oder § 82 Abs. 1 Nds. SVVollzG erhobene Lichtbilder, Stimmaufzeichnungen, Messungen des Körpers und Feststellungen äußerlicher körperlicher Merkmale zu übermitteln. Dieselben Maßgaben gelten für die Übermittlung personenbezogener Daten über Personen, die nicht Gefangene oder Sicherungsverwahrte sind.
Besondere Kategorien personenbezogener Daten über entwichene oder nichtrückgekehrte Gefangene und Sicherungsverwahrte dürfen gemäß § 195 Abs. 1 Satz 2 NJVollzG an Polizeidienststellen nur übermittelt werden, soweit dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben der oder des Gefangenen oder Sicherungsverwahrten oder Dritter erforderlich ist. Der Begriff "besondere Kategorien personenbezogener Daten“ bezeichnet gemäß § 191 Abs. 3 Nr. 1 NJVollzG
- a)
Daten, aus denen die ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen,
- b)
genetische Daten,
- c)
biometrische Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person,
- d)
Gesundheitsdaten und
- e)
Daten zum Sexualleben und zur sexuellen Orientierung.
Für die Übermittlung biometrischer Daten der Finger, der Hände und des Gesichtes gelten zudem § 78 Abs. 2 NJVollzG und § 82 Abs. 2 Nds. SVVollzG.
Im Übrigen richtet sich die Verantwortlichkeit für die Zulässigkeit der Übermittlung und die Gewährleistung des Datenschutzes bei Übermittlungen und sonstiger Bereitstellung nach § 195 Abs. 3 und 4 NJVollzG (auch i. V. m. § 124 Nds. SVVollzG).
Im Bereich des Maßregelvollzuges richtet sich die Übermittlung personenbezogener Daten nach den §§ 21a, 21b Nds. MVollzG.
Entsprechende Ersuchen sind von den Vollzugseinrichtungen als Sofortsachen zu behandeln.
Für Gefangene und Sicherungsverwahrte sowie nach den §§ 63, 64 StGB - ggf. i. V. m. den §§ 7, 93 a JGG -, §§ 81 oder 126 a StPO untergebrachte Personen, deren Entweichung oder Nichtrückkehr hohe mediale Aufmerksamkeit, verbunden mit einem hohen Potential an Eigen- oder Fremdgefährdung befürchten lässt, wird den Vollzugseinrichtungen empfohlen, in Abstimmung mit der Monitoringstelle des LKA präventiv den Inhalten eines Fahndungsersuchens entsprechend Datensätze vorzuhalten, die regelmäßig zu aktualisieren sind.
2.2 Informationspflichten auf Ressortebene
Ist im Fall einer Entweichung oder Nichtrückkehr von Gefangenen, Sicherungsverwahrten und Personen, gegen die eine Untersuchungshaft, Strafhaft, Sicherungsverwahrung oder Maßregel nach den §§ 63, 64 StGB - ggf. i. V. m. den §§ 7, 93 a JGG -, §§ 81 oder 126 a StPO in einer Vollzugseinrichtung außerhalb von Niedersachsen vollzogen oder vollstreckt wird, ein niedersächsisches Haftgericht oder eine niedersächsische Staatsanwaltschaft zuständig, unterrichten sich die Ressorts unverzüglich gegenseitig und stimmen weitere Maßnahmen ab.
Polizeiliche Ansprechpartnerin für die Ressorts ist in diesem Fall die Monitoringstelle des LKA.
Außer Kraft am 31. Dezember 2028 durch Nummer 5 des RdErl. vom 21. April 2023 (Nds. MBl. S. 408)