Abschnitt 3 GefNRückMRdErl - 3. Fahndungsbearbeitung
Bibliographie
- Titel
- Maßnahmen bei Entweichung und Nichtrückkehr von Gefangenen und Sicherungsverwahrten aus den niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen sowie von nach den §§ 63, 64 StGB - ggf. i. V. m. den §§ 7, 93 a JGG -, §§ 81 oder 126 a StPO untergebrachten Personen aus den niedersächsischen Maßregelvollzugseinrichtungen
- Redaktionelle Abkürzung
- GefNRückMRdErl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 34510
Die Fahndungsbearbeitung durch die zuständigen Polizeidienststellen richtet sich nach PDV 384.1 Landesteil Niedersachsen Anlage 1 - VS-NfD.
Informationen zum aktuellen Stand der Fahndung können durch MJ und ggf. MS jederzeit von der Monitoringstelle des LKA als zentraler Ansprechpartnerin abgerufen werden.
3.1 Sofortmaßnahmen der fahndungsauslösenden Polizeidienststelle
Die fahndungsauslösende Polizeidienststelle trifft unverzüglich alle Sofortmaßnahmen zur Wiederergreifung der entwichenen oder nichtrückgekehrten Person. Sie erstellt einen Vorgang im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem nach den polizeiinternen Richtlinien des Haftbefehlsmonitorings und stellt die ermittelten sowie die von Seiten der Vollzugseinrichtung mitgeteilten Erkenntnisse dort ein.
Die für die Sofortmaßnahmen zuständige Polizeidienststelle informiert das LIZ auf der Grundlage des Bezugserlasses zu a. Über das LIZ wird sichergestellt, dass die nach den Vorgaben des Bezugserlasses zu a übermittelten Informationen unverzüglich an das MJ und - soweit zuständig - an das MS weitergeleitet werden.
3.2 Besondere Folgemaßnahmen
3.2.1 Zielfahndung
Zielfahndung ist die gezielte, intensive, operative Suche nach einzelnen, bereits identifizierten Personen, deren Festnahme oder Ingewahrsamnahme von besonderer Bedeutung ist. Von besonderer Bedeutung können im Einzelfall sein: die Schwere der Tat, eine hohe Sozialschädlichkeit, ein hoher volkswirtschaftlicher Schaden, eine hohe kriminelle Energie, überregional und/oder international agierende Straftäterinnen oder Straftäter, die Höhe der Reststrafe oder die Anordnung der Sicherungsverwahrung bei entwichenen oder nichtrückgekehrten Strafgefangenen, eine besondere Gefahr für die Allgemeinheit, oder Ereignisse, die die Öffentlichkeit in besonderem Maße beunruhigen.
Die Informationsbeschaffung kann aus allen der Polizei zugänglichen Informationsquellen, insbesondere durch Auswertung der Kriminal-, Gefangenen- und/oder Sicherungsverwahrtenakten sowie der Unterbringungsakten erfolgen (vgl. Nummer 2.1). Entsprechende Ersuchen sind von den Vollzugseinrichtungen als Sofortsachen zu behandeln.
Eine Zielfahndung ist grundsätzlich erst dann durchzuführen, wenn andere Fahndungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind oder keinen Erfolg versprechen.
Die Entscheidung, ob eine Zielfahndung einzuleiten ist, erfolgt nach Maßgabe der PDV 384.1 - VS-NfD sowie des zuständigen Haftgerichts oder der zuständigen Staatsanwaltschaft.
Sofern eine Zielfahndung erfolgen soll, informiert die hierfür zuständige Polizeidienststelle unverzüglich MI. Das zuständige Haftgericht oder die zuständige Staatsanwaltschaft informiert unverzüglich MJ sowie nachrichtlich die zuständige Generalstaatsanwaltschaft. Soweit es sich bei der entwichenen oder nichtrückgekehrten Person um eine Person des Maßregelvollzuges handelt, informiert MI das insofern zuständige MS.
3.2.2 Öffentlichkeitsfahndung
Eine Öffentlichkeitsfahndung ist die Suche nach Personen oder Sachen unter Inanspruchnahme der Bevölkerung. Die an einen unbestimmten Teil der Bevölkerung gerichtete Öffentlichkeitsfahndung erfolgt durch Veröffentlichung in Publikationsorganen mit lokalem, regionalem oder internationalem Verbreitungsgebiet, insbesondere der Presse, des Rundfunks, des Fernsehens, aber auch durch die Nutzung öffentlich zugänglicher Medien, insbesondere der sozialen Medien. Dabei dürfen personenbezogene Fahndungsdaten mit Rücksicht auf § 4 BDSG nicht an soziale Netzwerke übermittelt werden. Zulässig ist es jedoch, dass aus dem sozialen Netzwerk heraus auf den Fahndungsaufruf der Polizei zugegriffen werden kann. Dies kann dadurch erreicht werden, dass der Fahndungsaufruf ausschließlich auf polizeieigenen Servern veröffentlicht und auf der Startseite der Plattform nur ein Hinweis auf den Aufruf und dessen Internetadresse eingestellt wird (sog. Link-Lösung).
Eine Öffentlichkeitsfahndung nach § 131 Abs. 3 StPO kommt in Betracht bei einer schwerwiegenden Straftat, deretwegen ein Haft- oder Unterbringungsbefehl erlassen worden ist (§ 131 Abs. 1 StPO) oder für dessen Erlass die Voraussetzungen vorliegen (§ 131 Abs. 2 StPO), wenn andere Formen der Aufenthaltsermittlung erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wären. Anordnungsbefugt sind Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und in Fällen der Gefahr im Verzug auch die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG). In dem letztgenannten Fall ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Öffentlichkeitsfahndung unverzüglich herbeizuführen (§ 131 Abs. 3 Satz 3 StPO). Wenn die Bestätigung nicht binnen 24 Stunden erfolgt, tritt die Anordnung der Öffentlichkeitsfahndung durch Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft außer Kraft (§ 131 Abs. 3 Satz 4 StPO).
Voraussetzungen des § 44 NPOG sind gegeben, wenn dies für die Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben unerlässlich ist oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die gesuchte Person eine Straftat von erheblicher Bedeutung begehen wird und die Bekanntgabe zur Verhütung dieser Straftat unerlässlich ist.
Sofern eine Öffentlichkeitsfahndung erfolgen soll, informiert die hierfür zuständige Polizeidienststelle unverzüglich MI sowie die Monitoringstelle des LKA. Das zuständige Haftgericht oder die zuständige Staatsanwaltschaft informiert unverzüglich MJ sowie nachrichtlich die zuständige Generalstaatsanwaltschaft. Soweit es sich bei der entwichenen oder nichtrückgekehrten Person um eine Person des Maßregelvollzuges handelt, informiert MI das zuständige MS.
Die Durchführung der Öffentlichkeitsfahndung richtet sich nach den Bestimmungen der PDV 384.1 - VS-NfD.
3.3 Fahndungserledigung
Stellt sich die entwichene oder nichtrückgekehrte Person bei einer Vollzugseinrichtung, informiert diese unverzüglich die ggf. zuständige Vollzugseinrichtung. Zudem informiert die Vollzugseinrichtung, die das Fahndungsersuchen gestellt hat, unverzüglich die fahndungsauslösende Polizeidienststelle sowie in den unter Nummer 2.1. genannten Fällen wiederum das LIZ.
Erledigt sich die Fahndung nach einer entwichenen oder nichtrückgekehrten Person anders als durch Selbststellung bei der Justizvollzugseinrichtung (beispielsweise durch Festnahme oder Selbststellung bei einer Polizeidienststelle), setzt die zu diesem Zeitpunkt zuständige Polizeidienststelle das LIZ in Kenntnis, welches neben der Monitoringstelle des LKA, MJ, MI sowie ggf. MS über diesen Umstand unverzüglich informiert.
Außer Kraft am 31. Dezember 2028 durch Nummer 5 des RdErl. vom 21. April 2023 (Nds. MBl. S. 408)