Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 29.05.2008, Az.: 2 B 90/08

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
29.05.2008
Aktenzeichen
2 B 90/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 45054
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2008:0529.2B90.08.0A

Fundstelle

  • ZUR 2008, 543-547

In der Verwaltungsrechtssache

...

Streitgegenstand: Gentechnik;

hier: Inverkehrbringensgenehmigung

- hier: Antrag nach § 123 VwGO -

hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 2. Kammer - am 29. Mai 2008 beschlossen:

Tenor:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.

  2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden.

  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Antragsteller begehren die Feststellung des Fortbestehens einer Ruhensanordnung nach § 20 Abs. 2 GenTG wegen unvollständiger Erfüllung der dazu ergangenen Nebenbestimmungen oder andere Maßnahmen zum Schutz ihrer Honigbienen.

2

Die Beigeladene handelt mit gentechnisch verändertem Saatgut, u.a. mit Inzuchtlinien und Hybriden der Maislinie MON 810. Diese enthalten das Gen cry1A (b) des Bacillus thuringiensis (Bt), durch das der Mais Abwehrstoffe u.a. gegen den sog. Maiszünsler, eine Schädlingsart, erhält. Auf ihren beim französischen Landwirtschaftsminister gestellten Antrag zur Genehmigung des Inverkehrbringens dieser Maislinie hat die EU-Kommission die zuständige Behörde Frankreichs durch Entscheidung Nr. 98/294/EG vom 22.04.1998 (ABl. L 131 S. 32) verpflichtet, dem Antrag stattzugeben. Die Genehmigung wurde sodann am 03.08.1998 auf der Grundlage der Richtlinie 90/220/EG unbefristet erteilt. Durch Änderungen des Gemeinschaftsrechts wurden die Inhaber bestehender Genehmigungen verpflichtet, innerhalb von neun Jahren nach dem ersten Inverkehrbringen der Erzeugnisse die Erneuerung der Genehmigung zu beantragen. Dies tat die Beigeladene am 04.05.2007 mit einem Antrag auf Erneuerung der Zulassung von MON 810 als Lebens- und Futtermittel einschließlich des Saatgutes zum zwecke des Anbaus in Europa und legte der EU-Kommission dazu (u.a.) einen Überwachungsplan i.S. des Anhangs VII der Richtlinie 2001/18/EG vor. Über den Erneuerungsantrag ist bisher - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden. Die ursprünglich erteilte Genehmigung gilt bis dahin fort.

3

Nachdem neuere Untersuchungen gezeigt hatten, dass von den Maispflanzen Gefahren für Nichtzielorganismen wie Prädatoren und Parasitoiden (Insekten, Schmetterlingslarven) ausgehen können und zudem die Möglichkeit bestand, dass das Bt-Toxin durch Wurzelausscheidungen und Pflanzenzersetzungsprozesse in den Boden gelangt und dort nachteilig wirkt, ordnete das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit durch Bescheid vom 27.04.2007 das Ruhen der am 03.08.1998 erteilten Genehmigung unter der auflösenden Bedingung an, dass eine Abgabe von Saatgut zum Anbau erst erfolgen darf, nachdem der Genehmigungsinhaber einen Plan zur Beobachtung der Umweltauswirkungen i.S. von Anhang VII der Richtlinie 2001/18/EG vorgelegt hat. Dazu enthielt der Bescheid nähere Angaben zu den Prüfpunkten, die bei dem Monitoring berücksichtigt werden sollten. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Am 16.05.2007 legte die Beigeladene daraufhin der Antragsgegnerin den Überwachungsplan vor, den sie auch ihrem Genehmigungserneuerungsantrag beigefügt hatte. Die Antragsgegnerin holte sodann fachliche Stellungnahmen hierzu ein. Das in diesem Zusammenhang angehörte Bundesamt für Naturschutz (BfN) hielt den Beobachtungsplan in seiner Stellungnahme vom 14.11.2007 nicht für ausreichend und empfahl Nachbesserungen. Andere Gutachter hielten in ihren Stellungnahmen bereits die Ruhensanordnung für überzogen. Die Antragsgegnerin befand den vorgelegten Überwachungsplan nach Auswertung der Stellungnahmen für ausreichend und teilte der Beigeladenen mit Schreiben vom 06.12.2007 mit, dass sie die in der Ruhensanordnung genannte Bedingung erfüllt habe. Da der Bescheid damit gegenstandslos geworden sei, stehe dem Verkauf des Saatguts nicht mehr entgegen.

4

Am 02.05.2008 haben die Antragsteller, die die mit der Ruhensanordnung verbundene Bedingung nicht als erfüllt ansehen, um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Sie sind Imker und befürchten nachteilige Wirkungen des Maises auf ihre Honigbienen, wenn diese Maispollen aufnehmen. Die Bienenvölker sind in der Nähe von Agrarflächen aufgestellt, auf denen Mais der Linie MON 810 angebaut wird.

5

Zur Begründung tragen sie vor: Der Anbau dieser Maislinie sei wegen ungeklärter Risiken aus Gründen der Vorsorge in einer Reihe europäischer Staaten verboten oder erheblich eingeschränkt worden. Näherer Aufklärung bedürften vor allem die Auswirkungen auf Nichtzielorganismen und mögliche Nebeneffekte auf die Fauna und Flora. Diese Erkenntnisse hätten auch der in die Ruhensanordnung aufgenommenen Bedingung zugrunde gelegen. Das von der Beigeladenen beabsichtigte Monitoring beschränke sich auf einen allgemeinen Beobachtungsplan, der sich auf die Auswertung von Fragebogen stütze, welche die Landwirte ausfüllen sollen, die den Mais anbauen und auf die Heranziehung von Ergebnissen, die im Zuge anderer bundesweiter Beobachtungsprogramme gewonnen würden. Einzelne Träger dieser Beobachtungsprogramme, wie z.B. das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), welches das Tagfalter-Monitoring koordiniere, hätten erklärt, dass ihre Nennung als Quelle in dem Beobachtungsplan der Beigeladenen ohne ihre Zustimmung erfolgt sei. Zu Unrecht halte die Beigeladene eine fallspezifische Überwachung nicht für erforderlich, weil sie meine, die beobachteten Risiken seien zu vernachlässigen. Das BfN habe in seiner Stellungnahme vom 14.11.2007 ausführlich dargelegt, warum der von der Beigeladenen vorgeschlagene Beobachtungsplan unzureichend sei. Hierüber habe sich die Antragsgegnerin rechtsfehlerhaft hinweggesetzt.

6

Die zulässige Anwendung von Bt-Toxinen als Spritzmittel sei mit dem Anbau gentechnisch veränderten Maises nicht vergleichbar, weil die Einwirkzeit geringer sei und der Bazillus in anderer Form vorliege, was bei verschiedenen Nichtzielorganismen zu unterschiedlichen Wirkungen führen könne. Soweit es Bienen betreffe, würden sich Hinweise darauf häufen, dass es - vermutlich in Abhängigkeit von Ko-Faktoren - zu einer Schädigung kommen könne. Hierzu beziehen sich die Antragsteller auf eine Untersuchung, die vorzeitig abgebrochen wurde, weil die beobachteten Bienenvölker von Parasiten befallen waren, was zu einer Verfälschung der Untersuchungsergebnisse geführt hätte, und verweisen auf eine Stellungnahme von Greenpeace, wonach Laborstudien generell nur bedingt geeignet seien, weil sie isoliert von äußeren Einflüssen durchgeführt würden, was zur Folge haben könne, dass unbekannte Faktoren, die nur im natürlichen Umfeld aufträten, unberücksichtigt blieben. Es gebe somit keine klaren Hinweise darauf, dass Bt-Mais keine Auswirkungen auf Honigbienen habe.

7

Die Anträge seien statthaft, weil sie auf die Feststellung der Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes gerichtet seien und den Antragstellerin im Hinblick auf die mögliche Beeinträchtigung ihres Eigentumsrechts an den Bienen ein Feststellungsinteresse zur Seite stünde. Die Antragsgegnerin sei nach § 19 Satz 2 GenTG berechtigt, nachträgliche Maßnahmen zur Vorsorge und Gefahrenabwehr zu ergreifen und habe ihr diesbezügliches Ermessen fehlerhaft ausgeübt, indem sie auf weitergehende Anordnungen verzichtet habe.

8

Die Antragsteller beantragen,

  1. 1.

    im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die in der Ruhensanordnung vom 27.04.2007 enthaltene Bedingung nicht erfüllt ist und das Ruhen daher angeordnet bleibt,

  2. 2.

    die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Inverkehrbringensgenehmigung nachträglich zum Schutze der Honigbienen mit Auflagen zu versehen, bspw. eine fallspezifisches Monitoring nach Anhang VII der Richtlinie 2001/18/EG anzuordnen,

  3. 3.

    hilfsweise:

    die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für das Anbaujahr 2008 zum Schutz im Eigentum der Antragsteller stehenden Honigbienen anzuordnen, dass auf näher bezeichneten Grundstücken der Mais der Linie MON 810 entweder umgebrochen oder vor der Blüte geerntet wird, oder die Pollenfahnen kurz vor und während der Blütezeit mehrfach so abgeschnitten werden, dass kein Maispollen von den Bienen aufgenommen werden kann.

9

Die Antragsgegnerin beantragt,

  1. den Antrag abzulehnen

10

und erwidert: Der Anbau von Mais der Linie MON 810 sei nicht mit Risiken für Honigbienen verbunden. Die Ruhensanordnung vom 27.04.2007 sei ausdrücklich im Hinblick auf mögliche Risiken für Nichtzielorganismen in Gestalt von Schmetterlingen, Prädatoren und Parasitoiden ergangen. Dazu seien im Bescheid auch räuberische Fliegen, Wespen, Kurzflügelkäfer, Ameisen, oder Spinnen und Schmetterlingslarven genannt worden, nicht aber Honigbienen. Mögliche negative Auswirkungen auf sie seien in einer Reihe von Studien untersucht und verneint worden. Auch die in der Stellungnahme des Bundesamtes für Naturschutz vom 14.11.2007 vorgebrachten Bedenken bezögen sich nicht auf Honigbienen.

11

Die Zulässigkeit der Anträge sei bereits deshalb fraglich, weil die Vertretung der Antragsteller durch Greenpeace nicht näher erläutert worden sei. Eine Prozessstandschaft sei jedenfalls unzulässig. Der erste Hauptantrag sei wegen Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig. Zudem fehle es an einem berechtigten Feststellungsinteresse, weil dieses wegen der beschränkten Wirkung der Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht befriedigt werden könne. Ein Antrag, der darauf gerichtet sei, durch einstweilige Anordnung eine (vorläufige) Feststellung zu treffen, sei grundsätzlich unstatthaft. Zudem setzte ein Feststellungsinteresse auch voraus, dass die begehrte Feststellung geeignet sei, die Rechtsposition des Antragstellers zu verbessern. Das sei hier nicht der Fall, weil selbst dann, wenn die Ruhensanordnung weiterhin bestand hätte, der Anbau des Maises im Einzugsgebiet von Honigbienen zulässig bleibe, weil von ihm für die Tiere keine Gefahr ausgehe. Zudem sei sie für eine evtl. Anordnung, bereits angebauten Mais unterzupflügen, nicht zuständig. Auch aus diesem Grund sei ein berechtigtes Feststellungsinteresse zu verneinen, weil die Antragssteller effektiven Rechtsschutz dadurch hätten erlangen können, dass sie ihren Antrag gegen die für nachträgliche Anordnungen nach § 26 GenTG zuständige Landesbehörde richten. In einem solchen Verfahren wäre dann ggf. auch die Rechtmäßigkeit und Fortgeltung der Ruhensanordnung inzident zu überprüfen gewesen. § 20 Abs. 2 GenTG, auf den sich die Ruhensanordnung gestützt habe, schütze die Rechtsgüter der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, nicht aber das Eigentum und vermittle den Antragsteller deshalb auch keine hierauf bezogenen subjektiven Rechte. Dies gelte auch für den zweiten Hauptantrag, der zudem deshalb unzulässig sei, weil die Antragsgegnerin nicht berechtigt sei, der noch geltenden und nicht von ihr ausgesprochenen Inverkehrbringensgenehmigung nachträglich Auflagen beizufügen. Der Hilfsantrag schließlich sei unzulässig, weil § 26 GenTG, der die rechtliche Grundlage für die begehrte Anordnung beinhalte, nur die zuständigen Landesbehörden zum Tätigwerden ermächtige.

12

Die Anträge seien zudem unbegründet. Die in der Ruhensanordnung genannten Bedingungen seien erfüllt worden. Dem Wortlaut der Ruhensanordnung lasse sich entnehmen, dass sie lediglich ein allgemeines Monitoring gefordert habe. Selbst wenn im Rahmen des Erneuerungsverfahrens auf EU-Ebene zusätzlich ein fallspezifisches Monitoring gefordert würde, habe die Beigeladene jedenfalls die in dem Bescheid genannte Bedingung erfüllt, weil der vorgelegte Beobachtungsplan ihr entspreche. Die Auffassung des BfN, welches ein fallspezifisches Monitoring für notwendig halte, teile sie nicht. Sie selbst habe die Beigeladene aufgefordert, bei ihrer Überwachung die veröffentlichten Ergebnisse aus bestehenden nationalen Beobachtungsprogrammen zu berücksichtigen. Dazu gehörten u.a. ein Bienen-Monitoring, ein Brutvogel-Monitoring und ein Tagfalter-Monitoring. Diese Ergebnisse zusammen mit der Auswertung von Informationen aus der wissenschaftlichen Literatur, den von Landwirten ausgefüllten Fragebögen und Berichten zu Maßnahmen nach den Produktinformationen seien für eine allgemeine Beobachtung ausreichend. Den Antragstellern stehe auch kein Anordnungsgrund zur Seite, da im Falle eines Obsiegens nur das Inverkehrbringen des Saatguts untersagt bliebe, was auf den Aufwuchs des bereits angebauten Maises keinen Einfluss habe.

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Auch der zweite Hauptantrag sei unbegründet, weil das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit nicht befugt sei, die begehrte Anordnung zu treffen. Da die vorhandene und noch gültige Inverkehrbringensgenehmigung nicht von ihm erteilt worden sei, könne es lediglich Maßnahmen nach § 20 Abs. 2 GenTG i.V.m. Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2001/18/EG ergreifen. Diese Normen seien jedoch in Bezug auf das Eigentum der Antragsteller nicht drittschützend, so dass sie hieraus keinen Anordnungsanspruch herleiten könnten. Zudem sei auch nichts für eine Ermessensreduzierung im Hinblick auf das geforderte fallspezifische Monitoring ersichtlich. Ein Anordnungsgrund fehle ebenfalls, weil selbst die Anordnung eines weitergehenden Monitorings und dessen Umsetzung durch die Beigeladene nicht dazu führen würde, dass der Mais umgebrochen würde, weil zunächst die Ergebnisse eines solchen Monitorings abzuwarten wären. Zudem bestehe ein Anordnungsgrund auch deshalb nicht, weil eine Vielzahl von bienenspezifischen Untersuchungen belege, dass von dem Mais der Linie MON 810 keine Gefahr für Honigbienen ausgehe.

14

Der Hilfsantrag scheitere ebenfalls an der fehlenden Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die begehrte Entscheidung.

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Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

  1. den Antrag abzulehnen.

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und stützt sich mit vertiefenden Argumenten auf Erwägungen, die denen der Antragsgegnerin entsprechen. Dabei hebt sie hervor, dass gentechnisch veränderter Mais im Jahr 2007 in den USA auf 73 % der gesamten Maisanbaufläche angebaut worden sei, wovon 21 % auf Bt-Mais entfielen. Auch in acht Ländern der EU würde dieser Mais angebaut, ohne dass Beeinträchtigungen der Gesundheit oder der Umwelt bekannt geworden seien.

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II.

1. Die Kammer zweifelt nicht an einer ordnungsgemäßen Vertretung der Antragsteller. Soweit sie angeben, durch den Greenpeace e.V. vertreten zu werden, soll der Verein ersichtlich als Bevollmächtigter nach § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO tätig werden. Allerdings liegen dem Gericht entsprechende Vollmachten bisher nicht vor. Dies ist jedoch unschädlich, da der Verein bisher keine Rechtshandlungen vorgenommen hat, sondern die Vertretung der Antragsteller ausschließlich durch Rechtsanwälte erfolgt ist. Ihre Bevollmächtigung, die dem Gericht ebenfalls noch nachzuweisen ist (§ 67 Abs. 3 VwGO), wird von den übrigen Beteiligten nicht in Zweifel gezogen.

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Die Anträge sind unzulässig.

19

2. Gemäß § 123 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierzu sind nach § 123 VwGO i.V.m. §§ 935, 936, 920 ZPO die Dringlichkeit einer gerichtlichen Eilentscheidung (Anordnungsgrund) und das Bestehen des gefährdeten Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen. Zudem müssen die Sachentscheidungsvoraussetzungen, wie Antragsbefugnis, allgemeines Rechtsschutzinteresse und ggf. ein besonderes Feststellungsinteresse, ebenfalls vorliegen.

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Da die Antragsteller im Ergebnis erreichen wollen, dass der bereits angebaute Mais nicht zur Blüte gelangt, ist ihr Rechtsschutzbegehren auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, die hier unzulässig ist. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, der die Regelung eines nur vorläufigen Zustands vorsieht, lässt eine Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung nur dann ausnahmsweise zu, wenn allein auf diesem Wege der durch Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte wirksame Rechtsschutz gewährt werden kann (h.M., vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 02.04.1981 - 10 B 1572/80 -, NVwZ 1983, 106 [OVG Niedersachsen 02.04.1981 - 10 B 1572/80]; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 123 Rn 141 m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass dem Antragsteller ohne die begehrte Regelung schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile drohen, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG, Beschl. vom 25.10.1988 - 2 BvR 745/88 -, NJW 1989, 827 [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88]) und zugleich für die Hauptsache hohe Erfolgsaussichten prognostiziert werden können (vgl. VGH Mannheim, Beschl. vom 27.02.1992 - 9 S 505/92-, NVwZ-RR 1992, 419). Beides ist hier aus noch darzulegenden Gründen nicht der Fall.

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3. Die für die Entscheidung maßgebliche Rechtslage stellt sich folgendermaßen dar:

22

Die der Beigeladenen erteilte Inverkehrbringensgenehmigung vom 03.08.1998 beruht auf der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23.04.1990 (ABl. L 117 S. 15) über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt. Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.03.2001 (ABl. L 106 S. 1) aufgehoben und ersetzt. Bereits die Artikel 5 und 6 der Richtlinie 90/220/EG bestimmten, dass vor Erteilung einer Inverkehrbringensgenehmigung eine Risikobewertung vorzunehmen war. Durch die Richtlinie 2001/18/EG wurden die diesbezüglichen Anforderungen erhöht. Sie ergeben sich für die Umweltverträglichkeitsprüfung, wie die Risikobewertung hier heißt, aus Art. 13 Abs. 2 lit b) i.V.m. Anhang II Abschnitt D der Richtlinie. Nach Erteilung der Genehmigung auf der Grundlage der vorgenommen Risikobewertung ist derjenige, der gentechnisch veränderte Produkte in den Verkehr bringt, nach § 16c Absatz 1 des Gentechnikgesetzes - GenTG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 16.12.1993 (BGBl. I S. 2066), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 01.04.2008 (BGBl. I S. 499) verpflichtet, mögliche Auswirkung der Produkte durch Beobachtung zu ermitteln, wobei § 16c Abs. 2 GenTG zwischen einer allgemeinen Beobachtung, mit der ggf. unvorhergesehene Auswirkungen festgestellt werden sollen, und einer fallspezifischen Beobachtung, mit der bereits bei der Risikobewertung für möglich gehaltene Auswirkungen festgestellt werden sollen, unterscheidet.

23

Die Genehmigung der Beigeladenen wurde auf der Grundlage der Richtlinie 90/220/EG unbefristet erteilt und gilt nach Art. 13 Abs. 5 dieser Richtlinie im gesamten Gemeinschaftsgebiet. Neue Inverkehrbringensgenehmigungen, die Lebens- und Futtermittel betreffen, wozu auch das Saatgut für die Erzeugung von Lebensmitteln gehört, gelten nach Art. 7 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.09.2003 (ABl. L 268 S. 1) über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel ebenfalls in der gesamten Gemeinschaft sind aber nun auf 10 Jahre befristet. Sie können auf Antrag jedoch nach Art. 11 der Verordnung für weitere 10 Jahre erneuert werden. Die nach altem Recht erteilten Genehmigungen gelten gemäß Art. 8 Abs. 1 VO 1829/2003 zunächst fort. Nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung muss der Genehmigungsinhaber allerdings innerhalb von 9 Jahren nach dem Datum, an dem die gentechnisch veränderten Erzeugnisse erstmals in Verkehr gebracht wurden, ebenfalls einen Erneuerungsantrag nach Art. 11 der Verordnung stellen, was die Beigeladene getan hat. Solange über diesen Erneuerungsantrag nicht entscheiden wurde, gilt die bestehende Genehmigung EU-weit fort. Die Richtlinie 2001/18/EG, die Regelungen für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) enthält, ist ergänzend heranzuziehen.

24

Die der Beigeladenen erteilte Inverkehrbringensgenehmigung, welche ihr die Abgabe von Produkten, die GVO enthalten, an Dritte erlaubt (vgl. § 3 Nr. 6 GenTG), bewirkt, dass die Käufer des Saatgutes ihrerseits für den Maisanbau keine Freisetzungsgenehmigung benötigen, weil das gezielte Ausbringen von GVO in die Umwelt nur dann eine Freisetzung im Sinne des Gesetzes darstellt, soweit für das Produkt keine Inverkehrbringensgenehmigung vorliegt (vgl. § 3 Nr. 5 GenTG). Ist das Inverkehrbringen dagegen erlaubt, ergeben sich die beim Anbau zu beachtenden Vorschriften aus § 16b GenTG.

25

Nach § 14 Abs. 1 GenTG bedarf einer Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde, (u.a.) wer gentechnisch veränderte Organismen (GVO) freisetzt oder Produkte die GVO enthalten, in den Verkehr bringt. Der Genehmigung des Inverkehrbringens durch die zuständige Bundesoberbehörde stehen nach § 14 Abs. 5 GenTG Genehmigungen gleich, die von Behörden anderer EU-Mitgliedstaaten nach deren Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2001/18/EG erteilt wurden. Hierzu zählt auch die der Beigeladenen vom französischen Landwirtschaftsminister erteilte Inverkehrbringensgenehmigung vom 03.08.1998. Sofern eine Genehmigung in Deutschland erteilt wird, entscheidet die Behörde nach § 16d Abs. 1 Nr. 5 GenTG auch über die Anforderungen an die Einzelheiten der Beobachtung auf der Grundlage der Risikobewertung. Soweit dies zur Abwehr unvertretbar schädlicher Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 GenTG bezeichneten Rechtsgüter (Mensch, Fauna, Flora, Sachgüter) erforderlich ist, kann sie die nach Absatz 1 Nr. 5 getroffene Entscheidung gemäß § 16d Abs. 3 GenTG auch nachträglich ändern. Dies gilt jedoch nur für solche Entscheidungen, die die Behörde selbst getroffen hat, nicht aber für die nach § 14 Abs. 5 GenTG gleichgestellten Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten der EU. Dasselbe gilt für die in § 19 Satz 3 GenTG vorgesehen Möglichkeit, von einer deutschen Genehmigungsbehörde getroffene Entscheidungen nachträglich mit Nebenbestimmungen oder Auflagen zu versehen.

26

Besteht aufgrund neuer oder zusätzlicher Informationen, die Auswirkungen auf die Risikobewertung haben, nach Erteilung einer Inverkehrbringensgenehmigung, auch einer nach § 14 Abs. 5 GenTG gleichgestellten, Grund zu der Annahme, dass der gentechnisch veränderte Organismus eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellt, so kann die zuständige Bundesoberbehörde gemäß § 20 Abs. 2 GenTG bis zur Entscheidung der Kommission oder des Rates der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 23 der Richtlinie 2001/18/EG das Ruhen der Genehmigung ganz oder teilweise anordnen. Von dieser Möglichkeit hat die Antragsgegnerin durch die Ruhensanordnung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 27.04.2007 Gebrauch gemacht.

27

Nach § 26 Abs. 1 GenTG kann die zuständige (Landes-)Behörde im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße gegen dieses Gesetz notwendig sind. Dazu kann sie insbesondere nach Absatz 4 eine Freisetzung untersagen, wenn keine Genehmigung hierfür vorliegt.

28

4. Unter Beachtung dieses gesetzlichen Rahmens fehlt den Antragstellern für den Antrag zu 1. die notwendige Antragsbefugnis. Auch ein Feststellungs- oder Rechtsschutzinteresse ist nicht ersichtlich. Letzteres gilt ebenfalls für den Antrag zu 2. Die Anträge zu 2. und 3. bleiben darüber hinaus ohne Erfolg, weil die Antragsgegnerin insoweit nicht passivlegitimiert ist. Für alle Anträge haben die Antragsteller schließlich auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Im Einzelnen:

29

a) Der Antrag zu 1. ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil er auf die Feststellung des Fortbestandes eines Bescheides gerichtet ist. Auch im Verfahren nach § 123 VwGO sind Feststellungsanträge zulässig (vgl. Eyermann/Happ, VwGO, 11. Aufl. 2000, Rn. 40 zu § 123), soweit der Antragsteller seine Rechte nicht durch einen Leistungsantrag verfolgen kann (vgl. VGH München, Beschl. vom 26.06.2002 - 12 C 02 372 -, juris). Der Antrag zu 2. stellt im Verhältnis zum Antrag zu 1. keinen Leistungsantrag dar, weil beide Anträge auf unterschiedliche Ziele gerichtet sind, nämlich auf eine Ruhensanordnung nach § 20 Abs. 2 GenTG einerseits und auf eine Bescheidergänzung nach § 19 GenTG andererseits. Unter Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung ist es den Antragstellern im Hinblick auf den Antrag zu 1. auch nicht möglich, einen auf den Erlass einer Ruhensanordnung gerichteten Leistungsantrag zu stellen, weil die Antragsgegnerin eine solche Anordnung bereits getroffen hatte.

30

Für den Antrag zu 1. fehlt es aber an der auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Antragsbefugnis (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Komm. zur VwGO § 123 Rn 107 m.w.N.). Da die Antragsteller nicht die Adressaten der Ruhensanordnung sind, deren Fortgeltung sie festgestellt wissen wollen, wären sie nur dann antragsbefugt, wenn die Vorschrift, auf der die streitgegenständliche Entscheidung beruht, in Bezug auf die von ihnen befürchteten Rechtsbeeinträchtigungen drittschützend wäre. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Nach § 20 Abs. 2 GenTG ist die Antragsgegnerin ermächtigt, das Ruhen einer von einem anderen EU-Mitgliedstaat erteilten Inverkehrbringensgenehmigung anzuordnen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der gentechnisch veränderte Organismus eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellt. Dabei liegt der Schutz der Umwelt allein im öffentlichen Interesse. Eine Gefährdung der Gesundheit machen die Antragsteller jedoch nicht geltend. Sie befürchten vielmehr einen Eingriff in ihr Eigentumsrecht, dessen Schutz § 20 GenTG nicht bezweckt. Insoweit ist ihnen auch ein Rückgriff auf Art. 14 GG als drittschützende Norm versagt, weil hinsichtlich der notwendigen Antrags- und Klagebefugnis i.S. des § 42 Abs. 2 VwGO ein einfachgesetzlicher Normvorrang gilt. Ist eine Klage- oder Antragsbefugnis danach nicht gegeben, so ist ein unmittelbarer Rückgriff auf die Grundrechte nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn der Gesetzgeber seinem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag nicht in dem durch die Grundrechte gebotenen Maß Rechnung getragen hat (vgl. Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. § 42 Rn 57 ff.m.w.N.). Für eine solche qualifizierte Grundrechtsbeeinträchtigung ist hier nichts ersichtlich.

31

Der Antrag zu 1. scheitert zudem daran, dass die Antragsteller mit ihrem Feststellungsbegehren selbst im Falle einer stattgebenden Entscheidung der Kammer nicht das erreichen können, woran ihnen im Kern gelegen ist, nämlich zum Schutz ihres Eigentums zu verhindern, dass Mais der Linie MON 810 auf den im Hilfsantrag bezeichneten Flächen bis zur Blüte reift und von ihren Bienen angeflogen wird. Ob im Hinblick auf diese "Zweckverfehlung" das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen ist, es an dem für den Feststellungsantrag notwendigen Feststellungsinteresse fehlt oder ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht wurde, kann bei ergebnisbezogener Betrachtung dahingestellt bleiben. Ihr Ziel können die Antragsteller mit dem Antrag zu 1. jedenfalls deshalb nicht erreichen, weil selbst bei einer Feststellung des Fortbestehens der Ruhensanordnung der Maisaufwuchs hiervon unbeeinträchtigt bliebe. Denn durch die Ruhensanordnung wird der Beigeladenen lediglich der Handel mit entsprechendem Saatgut untersagt, was auf das bereits verkaufte und ausgebrachte Saatgut keinen Einfluss hat.

32

Hinzu kommt, dass die von den Antragstellern begehrte Feststellung, dass die in der Ruhensanordnung enthaltene Bedingung nicht erfüllt sei, auch nicht zu einem Fortbestehen der Ruhensanordnung führen würde. Denn die Antragsgegnerin hat der Beigeladenen mit Schreiben vom 06.12.2007 mitgeteilt, dass der von ihr vorgelegte Beobachtungsplan ausreiche und sie berechtigt sei, den Handel wieder aufzunehmen. Obwohl dieses Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, handelt es sich der Sache nach um einen feststellenden Verwaltungsakt i.S. des § 35 VwVfG mit entsprechender Außenwirkung. Die Antragsgegnerin wollte nach der Überzeugung der Kammer hier eine verbindliche Regelung treffen. Das ergibt sich aus dem besonderen Interesse, welches sowohl die Beigeladene als auch die Antragsgegnerin an der getroffenen Feststellung hatten. Da die Berechtigung, von der Inverkehrbringensgenehmigung wieder Gebrauch zu machen, davon abhing, ob die Antragsgegnerin den vorgelegten Beobachtungsplan für ausreichend erachtet, und insoweit nur durch eine positive Feststellung die notwendige Rechtssicherheit geschaffen werden konnte, ist dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 06.12.2007 Regelungswirkung beizumessen. Die damit verbundenen Rechtsfolgen - nämlich die Feststellung der Erfüllung der in der Ruhensanordnung enthaltenen Bedingung und die damit eingetreten Erledigung dieser Anordnung - sind deshalb ungeachtet der Frage eingetreten, ob die in der Ruhensanordnung vom 27.04.2007 aufgestellten Bedingungen tatsächlich erfüllt waren. Selbst wenn das nicht der Fall gewesen sein sollte, war die Beigeladene aufgrund der Mitteilung berechtigt, von der Inverkehrbringensgenehmigung wieder Gebrauch zu machen.

33

Auch wenn man der Mitteilung vom 06.12.2007 keine Verwaltungsaktsqualität beimisst, so dass die Feststellung der Nichterfüllung der Bedingung zum Fortbestand der Ruhensanordnung führen würde, wäre der Antrag zu 1. ungeeignet, das von den Antragstellern verfolgte Ziel, den Maisaufwuchs zu verhindern, zu erreichen. Da die Ruhensanordnung nicht an sie gerichtet ist und auch in ihr Eigentum nicht unmittelbar eingreift, könnte ein Fortbestand der Anordnung für sie allenfalls mittelbar günstige Wirkungen entfalten, nämlich dann, wenn man - was fraglich erscheint - aus der Feststellung des Fortwirkens der Ruhensanordnung ableiten würde, dass das Saatgut deshalb ohne (wirksame) Inverkehrbringensgenehmigung veräußert wurde und für seine Ausbringung aus diesem Grund eine Freisetzungsgenehmigung erforderlich gewesen wäre, die ebenfalls nicht vorlag. Bei einem solchen Rechtsverständnis läge dann ein Verstoß gegen Bestimmungen des Gentechnikgesetzes vor, der die zuständige Landesbehörde nach § 26 Abs. 1 GenTG zum Einschreiten ermächtigten würde. Allerdings können die Antragsteller nicht ohne weiteres erwarten, dass die Landesbehörden aus einer gerichtlichen Feststellung des Fortbestehens der Ruhensanordnung den dargestellten Schluss ziehen würden. Dagegen spricht zunächst einmal, dass das Saatgut u.U. zu einem Zeitpunkt erworben wurde, als die Ruhensanordnung noch nicht ergangen war und folglich unzweifelhaft eine wirksame Inverkehrbringensgenehmigung vorlag. Sodann müsste sich die Landesbehörde mit den ungeklärten Rechtsfragen der Reichweite und der Rückwirkung der mit dem Hauptantrag zu 1. begehrten Entscheidung befassen. Gelangt sie aufgrund ihrer eigenen rechtlichen Beurteilung zu der Überzeugung, wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht einschreiten zu dürfen oder macht sie von ihrem Ermessen dahin Gebrauch, nicht einzuschreiten, müssten die Antragsteller zur Erreichung ihres eigentlichen Ziels ein weiteres verwaltungsgerichtliches Eilverfahren gegen die Landesbehörde einleiten, für das das erkennende Gericht örtlich nicht zuständig wäre. Selbst wenn man also die vorstehend beschriebene Rechtskonstruktion zugrunde legen würde, könnten die Antragsteller ihr Ziel einfacher und vermutlich allein dadurch erreichen, dass sie zunächst bei der zuständigen Landesbehörde einen entsprechenden Antrag auf Einschreiten stellen und im Falle der Ablehnung das örtlich zuständige Verwaltungsgericht anrufen, welches dann inzident auch die hier aufgeworfenen Rechtfragen zu klären hätte.

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Schließlich ist der Antrag zu 1. auch deshalb ungeeignet, in der Anbausaison 2008 zu dem in der Sache begehrten Schutz der Honigbienen zu führen, weil die Antragsteller mit ihm nur die Verpflichtung der Beigeladenen erreichen können, weitergehende fallspezifische Beobachtungen vorzusehen, um die in der Ruhensanordnung enthaltene auflösende Bedingung zu erfüllen. Selbst dann, wenn die Beigeladene daraufhin einen Beobachtungsplan vorlegen würde, der den Vorstellungen der Antragsteller vollumfänglich entspricht, würde sich an ihrer Situation und an der ihrer Bienenvölker im Jahr 2008 nichts ändern. Denn eine fallspezifische Überwachung müsste nach Anhang VII Nr. C. 3.1 der Richtlinie 2001/189/EG über einen ausreichend langen Zeitraum hinweg erfolgen und stünde einem vorzeitigen Umbruch des Maises entgegen, weil damit der Beobachtung ihre Grundlage entzogen würde.

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b) Für den Antrag zu 2., mit dem die Antragsteller die nachträgliche Aufnahme von Nebenbestimmungen in die vom französischen Landwirtschaftsminister erteilten Inverkehrbringensgenehmigung auf der Grundlage des § 19 GenTG erreichen wollen, kann ihnen eine Antragsbefugnis nicht abgesprochen werden. Denn solche Nebenbestimmungen können nach § 19 Satz 1 und 3 GenTG von der zuständigen Behörde nachträglich aufgenommen werden, soweit dies erforderlich ist, um die Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Voraussetzung für die Erteilung einer Inverkehrbringensgenehmigung ist nach § 16 Abs. 2 GenTG u.a., dass unvertretbare schädliche Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind. Zu diesen gehören auch Sachgüter, wie die Bienenvölker der Antragsteller. Ein durch § 19 GenTG vermittelter Drittschutz in Bezug auf das Eigentum der Antragsteller ist daher nicht ausgeschlossen. Es fehlt jedoch auch hier an dem notwendigen Rechtsschutzinteresse, weil sich eine nachträgliche Anordnung von Auflagen zur Inverkehrbringensgenehmigung ebenso wie die Nebenbestimmungen zur Ruhensanordnung nicht auf den weiteren Aufwuchs des bereits angebauten Maises auswirken würde. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

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Daneben bleibt der Antrag zu 2. auch deshalb ohne Erfolg, weil der Antragsgegnerin die notwendige Passivlegitimation fehlt. Gemäß § 19 Satz 3 GenTG ist die nachträgliche Aufnahme von Nebenbestimmungen oder Auflagen unter den Voraussetzungen des Satz 1 dieser Vorschrift zulässig, wenn neue Erkenntnisse das notwendig erscheinen lassen. Satz 1 bestimmt, dass die zuständige Behörde ihre Entscheidung mit Nebenbestimmungen versehen kann. Die Antragsteller begehren jedoch nicht die Änderung der Entscheidung einer bundesdeutschen Behörde, sondern einer vom französischen Landwirtschaftsminister getroffenen Entscheidung. Hierzu ermächtigt § 19 GenTG die Antragsgegnerin nicht (vgl. Eberbach, Lange, Ronellenfitsch, Kommentar zum GenTG § 19 Rn 15; § 20 Rn 45). Sie ist vielmehr hinsichtlich der nach § 14 Abs. 5 GenTG "gleichgestellten" Genehmigungen anderer EU-Mitgliedstaaten auf die in § 20 Abs. 2 GenTG vorgesehene Möglichkeit beschränkt, das Ruhen der Inverkehrbringensgenehmigung ganz oder teilweise anzuordnen.

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c) Auch für den Hilfsantrag ist die Antragsgegnerin nicht passivlegitimiert. Das mit dem Antrag begehrte Einschreiten ist eine Exekutivmaßnahme zur Durchführung des Gentechnikgesetzes nach § 26 GenTG, für deren Anordnung und Überwachung der Umsetzung die jeweiligen Landesbehörden zuständig sind (vgl. Beschluss der Kammer vom 16.07.2007 - 2 B 193/07 -; OVG Berlin-Brandenburg , Beschl. vom 27.06.2007 - OVG 11 S 54.07 -, juris; BayVGH, Beschl. vom 21.06.2007 - 22 CE 07.1294 -, BayVBl 2007, 487).

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d) Ohne dass es rechtlich hierauf noch ankäme, haben die Antragsteller für alle drei Anträge nicht glaubhaft gemacht, dass mit dem Anbau von Mais der Linie MON 810 Gefahren für ihre Honigbienen verbunden sind. Die Ruhensanordnung war seinerzeit ergangen, weil Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass von dem gentechnisch veränderten Mais Gefahren für Nichtzielorganismen wie Prädatoren und Parasitoiden ausgehen könnte, die das Bt-Toxin aufnehmen. Zudem wurde eine Bodengefährdung durch Wurzelausscheidungen und Zersetzungsprozesse nicht ausgeschlossen. Mögliche Gefahren für Honigbienen

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- nur diese machen die Antragsteller auf der Grundlage ihres Eigentumsrechts geltend - lagen der Ruhensanordnung dagegen nicht zugrunde, weil bereits mehrere wissenschaftliche Untersuchungen zu der Erkenntnis geführt hatten, dass von dem Bt-Mais solche Gefahren nicht ausgehen. So zeigte eine in den Jahren 2001 bis 2004 durchgeführte Studie der Universität Jena zu den Auswirkungen von Bt-Maispollen auf Honigbienen, bei der die Bienen vier Tage lang mit Bt-Maispollen bzw. zusätzlich mit Bt-Toxin gefüttert wurden, dass der spezifische Abwehrstoff selbst bei 100-fach höherer Dosis, als sie in der Natur zu erwarten ist, nicht akut toxisch wirkte. Auch wurden weder die Futteraufnahme noch die Mortalität bei verschiedenen Altersstufen der Bienen negativ beeinflusst. Gleiches gilt hinsichtlich der Zahl der überlebenden Larven, bei der es keine Unterschiede zu Bienen gab, die kein Bt-Toxin aufgenommen hatten. Eine im Januar 2008 veröffentlichten Untersuchung von Duan, Marvier, Huesing, Dively und Huang, mit einem vergleichbaren Untersuchungsansatz, ergab: "When all studies were combined, no statistically siginficant effects of Bt Cry protein treatments on survival of honey bees was detected." Auch Professor Dr. Jany fasst in seinem Aufsatz "Gentechnisch veränderte Pflanzen und Bienen" zusammen: "Bisher existieren in der wissenschaftlichen Fachliteratur keine Hinweise auf mögliche direkte oder indirekte Schädigungen von Bienen durch gegenwärtig zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen." Und Louise A Malone stellt in ihrer Untersuchung über "Potential effects of GM crops on honey bee health" fest: "Evidence available so far shows that none of the GM plants currently commercially available have significant impacts on honey bee health." Zum gleichen Ergebnis gelangten auch Badendreier, Kalberer, Romeis, Fluri, Mulligan und Bigler in ihrer Studie "Influence of Bt-transgenic pollen, Bt-Toxin and protease inhibitor ingestion on development of hypopharyngeal gland in honeybees" aus dem Jahr 2005, Rose, Dively und Pettis in ihrer im Jahr 2007 veröffentlichten Untersuchung zu den "Effects of Bt- corn pollen on honeybees: emphasis on protocol development" und Ramirez-Romero, Desneux, Decourtye, Chaffiol und Pham-Delègue in ihrer Veröffentlichung zum Thema "Does Cry 1 A b protein affect learning performances of the honey bee." aus dem Jahr 2007.

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Den durch fundierte wissenschaftliche Untersuchungen gefundenen Ergebnissen setzen die Antragsteller lediglich die unsubstantiierte Vermutung entgegen, dass beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in der freien Natur - anders als unter den Laborbedingungen, die den zitierten Studien zugrundelagen - unbekannte Faktoren und Wechselwirkungen auftreten könnten, die sich negativ auch auf ihre Honigbienen auswirken könnten. Abgesehen davon sie hierzu nichts Konkretes vorgetragen haben, zeigen auch die Erfahrungen, die durch den Anbau in den USA und in Europa bisher gewonnen wurden, dass solche im Laborversuch nicht beobachteten Wechselwirkungen auch beim Anbau in freier Natur nicht auftreten. Da bereits im Jahr 2007 erfolglos versucht wurde, zum Schutz von Honigbienen mit gerichtlicher Hilfe den Aufwuchs gentechnisch veränderter Maispflanzen der Linie MON 810 zu verhindern, geht die Kammer davon aus, dass die Kritiker eines solchen Anbaus - die Antragsteller werden vom Greenpeace e.V. vertreten - den Aufwuchs und seine Auswirkungen auf Honigbienen besonders sorgfältig beobachtet und / oder nachträglich Informationen bei betroffenen Imkern eingeholt haben. Wären von dem Anbau der Pflanzen in freier Natur Wirkungen ausgegangen, die unter Laborbedingungen nicht zu beobachten waren, aber dennoch zu einem erhöhten Bienensterben geführt haben, wäre zu erwarten gewesen, dass die Antragsteller dies im vorliegenden Verfahren auch substantiiert vorgetragen hätten. Das Ausbleiben solcher Darlegungen spricht deshalb dafür, dass die behaupteten möglichen Folgen trotz des Anbaus von Mais der Linie MON 810 im Jahr 2007 nicht festgestellt werden konnten. Es ist nichts dafür ersichtlich, warum dies im Jahr 2008 anders sein sollte.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwertbeschluss:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG, wobei die Kammer für jeden Antragsteller einen Betrag i.H.v. 5 000,00 EUR in Ansatz gebracht und diesen wegen der Vorgreiflichkeit der Entscheidung nicht gekürzt hat.

Schwarz
Dr. Nagler
Dr. Struß