Landessozialgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.05.2000, Az.: L 4 KR 23/98
Aufnahme als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung; Behindertenhilfe und Mietbeihilfe in Frankreich; Anspruch auf Leistungen der französischen Sozialversicherung nach dem Tod des Lebensgefährten beendet; Anschließend Bezug von Sozialhilfe in Deutschland; Grad der Behinderung (GdB) von 70 festgestellt; Kein Zusammenhang zwischen Ausscheiden aus der französischen Versicherung und der Aufgabe einer Beschäftigung; Kein Ausscheiden als Mitglied aus einer Krankenkasse im Geltungsbereich des Gesetzbuches; Keine Anzeige innerhalb der 3-Monats-Frist; Weder Familenversicherung bestanden noch Anspruch darauf; Überschreiten der Altersgrenze; Keine Beendigung der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung im Inland wegen der Aufnahme einer Beschäftigung im Ausland; Keine Wiederaufnahme einer Beschäftigung innerhalb der 2-Monats-Frist; Keine Diskriminierung aufgrund der Behinderung; Keine Anerkennung von Versicherungszeiten aufgrund einer Lebensgemeinschaft in Frankreich als Vorversicherungszeiten, da keine Versicherungszeit aufgrund Beschäftigung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen
- Datum
- 31.05.2000
- Aktenzeichen
- L 4 KR 23/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2000, 15437
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2000:0531.L4KR23.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 25.11.1997 - AZ: S 9 KR 134/95
Rechtsgrundlagen
- § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V
- § 9 Abs 2 Nr 1 SGB
- § 9 Abs 1 Nr 2 SGB V
- § 9 Abs 1 Nr 4 SGB V
- § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V
- Art 3 Abs 3 Satz 2 GG
- Art 2 Abs 1 EWG-VO Nr 1408/71
- Art 9 Abs 2 EWG-VO Nr 1408/71
Prozessführer
XXX
Prozessgegner
Die Gesundheitskasse für Niedersachsen– Regionaldirektion Lüneburg -, Am Weißen Turm 3, 21339 Lüneburg,
hat der 4. Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2000
durch
die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht Schimmelpfeng-Schütte,
den Richter am Landessozialgericht Wolff,
die Richterin am Sozialgericht Böhmer-Behr sowie
die ehrenamtliche Richterin Weppner und
den ehrenamtlichen Richter Stiegen
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufnahme als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung.
Die am 27. November 1942 geborene Klägerin war vom 01. Juli 1961 bis zum 04. Oktober 1961 bei der Barmer-Ersatzkasse (BEK) pflichtversichert und entrichtete Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (Bescheinigung der BEK vom 3. Juli 1961). Vom 01. Januar 1962 bis 31. Dezember 1962 war sie als Büroangestellte in D. beschäftigt. Anschließend ging sie nach Großbritannien, wo sie zunächst verschiedene (Aushilfs-) tätigkeiten ausübte und dann von 1965 bis 1972 bei der Firma E., London, arbeitete. Von 1973 bis April 1977 war sie bei F., beschäftigt. Danach lebte sie in Frankreich. Dort erhielt sie zuletzt Behindertenhilfe (Allocation Adulte Handicapé, Aide à l’Autonomie des Handicapés) und seit Juli 1994 Mietbeihilfe (Allocation logement). Am 12. November 1994 wurde sie in Frankreich in eine psychiatrische Klinik G. aufgenommen und von dort am 14. März 1995 in das niedersächsische Landeskrankenhaus (LKH) H. verlegt.
Als Lebensgefährtin des am 14. Juni 1909 geborenen und am 26. Juni 1994 verstorbenen I. hatte sie Anspruch auf Leistungen der französischen Sozialversicherung bis zum 25. Juni 1995 (Bescheinigung der J. vom 28. August 1996). Bis zu diesem Zeitpunkt übernahm die Beklagte die Kosten der stationären Behandlung im LKH auf Grund der Anspruchsbescheinigung E 112 des französischen Versicherungsträgers als Auftragsleistung.
Seit Juni 1995 bezieht die Klägerin Sozialhilfe. Das Versorgungsamt K. hat bei der Klägerin mit Bescheid vom 21. August 1995 wegen einer seelischen Behinderung einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 festgestellt.
Mit Schreiben vom 16. Januar 1995 beantragte sie die Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung ab 01. Juli 1995.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08. Juni 1995 ab und wies den Widerspruch der Klägerin vom 15. Juni 1995 mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 1995 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass die Voraussetzungen des § 9 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V für das Zustandekommen einer freiwilligen Krankenversicherung nicht vorlägen. Diese komme für Personen, die aus der Krankenversicherung eines anderen Mitgliedsstaates ausgeschieden seien, nur dann in Betracht, wenn sie zu einem früheren Zeitpunkt in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung versichert gewesen seien. Soweit die freiwillige Mitgliedschaft wegen Ausscheidens aus der Versicherung eines anderen Mitgliedsstaates geltend gemacht werde, müsse dieses Ausscheiden mit der Aufgabe einer Beschäftigung im anderen Mitgliedsstaat im Zusammenhang stehen. Das Ausscheiden aus der Versicherung, die ausschließlich auf Grund des Wohnens bestanden habe, erfülle diese Voraussetzungen nicht. Zwar habe die Klägerin im Inland 1961 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung entrichtet, ihr Ausscheiden aus der französischen Versicherung stehe jedoch nicht mit der Aufgabe einer Beschäftigung im Zusammenhang. An der Beurteilung ändere sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin auf Grund ihrer psychischen Erkrankung seit ca 10 Jahren nicht in der Lage gewesen sei, einer Beschäftigung nachzugehen. Die letzte Beschäftigung sei 1977 in Großbritannien ausgeübt worden, so dass bis zum Beginn der psychiatrischen Behandlung ein Zeitraum vom mehreren Jahren ohne jegliches Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Ein Beitrittsrecht nach § 9 Abs 1 Nr 4 SGB V entfalle, da die satzungsmäßige Altersgrenze von 40 Jahren überschritten sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 20. November 1995 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben und vorgetragen, dass die Beklagte nach § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V iVm Art 9 Abs 2 EWG-VO 1408/71 iVm Art 3 Abs 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) verpflichtet sei, die Klägerin als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen. Auf Grund von Art 9 Abs 2 der EWG-VO 1408/71 würden im Ausland zurückgelegte Versicherungszeiten auf inländische Versicherungs- oder Wohnortzeiten angerechnet, als wären sie im Inland erlangt. Zwar resultiere aus diesem Artikel kein Anspruch auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung, doch EU-Bürger, die von der Grundfreiheit der Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätten, sollten denjenigen gleichgestellt werden, die ihr gesamtes Arbeitsleben – dazu zählten auch Zeiten, in denen krankheitsbedingt oder aus anderen vom Gesetz respektierten Gründen kein Arbeitsverhältnis bestanden habe -, in einem Mitgliedsstaat verbracht hätten und deshalb sozial abgesichert seien. Wäre die Klägerin nie in einem anderen Mitgliedsstaat gewesen, so wäre sie während ihres Berufslebens und in der Zeit ihrer Berufsunfähigkeit gesetzlich versichert gewesen. Nach dem Sinn und Zweck der EWG-VO 1408/71 dürfe ihr aus ihrem Auslandsaufenthalt kein Nachteil erwachsen. Die Klägerin sei wegen ihrer Behinderung nicht in der Lage, eine Beschäftigung aufzunehmen und die Voraussetzung des § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V zu erfüllen. Es bestehe mithin ein Verstoß gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG in Form einer Diskriminierung.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25. November 1997 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien nicht rechtswidrig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Durchführung einer freiwilligen Versicherung. Die Voraussetzungen des § 9 SGB V lägen auch unter Berücksichtigung der EWG-VO 1408/71 nicht vor. § 9 Abs 1 Ziff 1 SGB V sei nicht erfüllt. Es könne dahingestellt sein, ob die Klägerin die zeitlichen Voraussetzungen während ihrer Beschäftigung 1961 in Deutschland und dann später in Großbritannien erfüllt habe, denn sie habe den Beitritt der Krankenkasse nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft angezeigt. Sie habe zuletzt 1977 gearbeitet, so dass ein Antrag nicht rechtzeitig gestellt worden sei. Eine besondere Regelung für Fälle, in denen die betreffende Person auf Grund der gesundheitlichen Verhältnisse an der Ausübung einer Beschäftigung gehindert worden sei, sei nicht vorhanden. Die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Nr 4 SGB V seien nicht gegeben. Die Beklagte habe in ihrer Satzung das Beitrittsrecht von einer Altersgrenze abhängig gemacht. Die Klägerin habe die satzungsmäßig Altersgrenze von 40 Jahren aber überschritten. Die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Nr 3 SGB V seien deshalb nicht gegeben, weil nach deutschem Recht die Lebensgefährten der Versicherten nicht familienversichert seien. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V scheitere daran, dass die Klägerin nicht innerhalb von zwei Monaten nach Rückkehr in Deutschland eine Beschäftigung aufgenommen habe. Auch die Anwendung der europarechtlichen Vorschriften führe zu keinem anderen Ergebnis. Zwar sei es Sinn des EWG-Vertrages, dass Arbeitnehmer bei dem Wechsel in ein anderes Mitgliedsland keinen sozialen Nachteilen im Verhältnis zur dort arbeitenden Bevölkerung ausgesetzt würden. Aus der Regelung des Art 51 EWG-Vertrages ergebe sich, dass Regelungen getroffen werden könnten, die aus- und einwandernden Arbeitnehmern und deren anspruchsberechtigten Angehörigen die Zusammenrechnung von Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung von Leistungsansprüchen sowie die Berechnung der Leistung sicherten und die Zahlungen der Leistungen an Personen, die in dem Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten wohnten, gewährleisteten. Auch unter Beachtung der Zusammenrechnungsregelung des Art 9 Abs 2 EWG-VO 1408/71 sei eine freiwillige Versicherung entsprechend § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V nicht gegeben. Die Klägerin habe keine Versicherungszeiten in Frankreich zurückgelegt, da sie dort nicht beschäftigt gewesen sei. Ein Antrag auf Zusammenrechnung von Versicherungszeiten in England sei nach der Beendigung der Beschäftigung und damit nicht rechtzeitig gestellt worden. Die Klägerin sei nicht wegen ihres Wohnsitzes in Frankreich versichert gewesen, sondern weil sie als Lebensgefährtin mitversichert gewesen sei. Würde die Versicherung der Klägerin auf Grund ihrer Lebensgemeinschaft als Vorversicherungszeit anerkannt werden, würden zurückkehrende Arbeitnehmer gegenüber Inländern privilegiert und diese diskriminiert. Die französische Sozialversicherung gewähre dem Versicherten weitergehende Ansprüche als die deutsche Sozialversicherung. Müssten jeweils die großzügigsten Regelungen angewandt werden, so würde das im Rahmen der EWG-Staaten dazu führen, dass letztendlich alle "meistbegünstigenden" Regelungen anzuwenden wären, ohne Rücksicht auf die jeweiligen Nationalversicherungssysteme und ihren Aufbau. Es sei jedoch Sache eines jeden Mitgliedsstaates, durch den Erlass von Rechtsvorschriften die Voraussetzungen festzulegen, unter denen eine Person einem System der sozialen Sicherheit oder einem bestimmten Zweig eines solchen Systems beitreten könne oder müsse, solange es dabei nicht zu einer Diskriminierung zwischen Inländern und Angehörigen der übrigen Mitgliedsstaaten komme.
Gegen das ihr am 19. Dezember 1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Januar 1998 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass sie nach § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V iVm Art 9 Abs 2 EWG-VO 1408/71 iVm Art 3 Abs 3 Satz 2 GG als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen sei und hat ergänzend vorgetragen, dass sie bei ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik nicht dadurch diskriminiert werden dürfe, dass Frankreich die Absicherung innerhalb der Krankenversicherung anders regele als die Bundesrepublik. Das Gemeinschaftsrecht stehe einer Inländerdiskriminierung grundsätzlich nicht entgegen. Es sei deshalb möglich, dass ein zurückkehrender Arbeitnehmer besser gestellt werde als ein Inländer. Sie regt die Zulassung der Revision an.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 25. November 1997 und den Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 1995 aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte des ersten und zweiten Rechtszuges und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 ff SGG statthafte Berufung ist zulässig.
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 1995 ist nicht rechtswidrig. Das SG hat zurecht entschieden, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Klägerin als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen. Die Voraussetzungen des§ 9 SGB V sind nicht erfüllt.
Gem § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V können der Versicherung Personen beitreten, die als Mitglieder aus der Versicherungspflicht ausgeschieden sind und in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate versichert waren; Zeiten der Mitgliedschaft nach § 189 werden nicht berücksichtigt. Der Beitritt ist der Krankenkasse innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft anzuzeigen (§ 9 Abs 2 Nr 1 SGB V). Die durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2266) eingeführte Verlängerung der Vorversicherungszeiten schränkt die ohnehin schon begrenzten Möglichkeiten, der gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten, weiter ein, um das Solidaritätsprinzip zu stärken und die Versichertengemeinschaft vor unzumutbaren Belastungen zu schützen (vgl Begründung des Entwurfs eines Gesundheits-Strukturgesetzes zu Art 1 § 9 - BT-Drucksache 12/3608 S 76). Voraussetzung des § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V ist neben der Erfüllung der Vorversicherungszeit ein Ausscheiden als Mitglied aus einer Krankenkasse im Geltungsbereich des Gesetzbuches. Das Ausscheiden aus einem ausländischen Versicherungsträger begründet keine Beitrittsberechtigung (vgl Begründung des Entwurfs eines Gesundheitsreformgesetzes – GRG – zu Art 1 § 9 - BT-Drucksache 11/2237 S 160).
Die Klägerin, die 1961 als Mitglied aus der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland ausgeschieden ist, war vor ihrem Ausscheiden weder innerhalb der letzten fünf Jahre 24 Monate noch unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate versichert. Nach ihrem eigenen Vorbringen war sie vom 01. Juli 1961 bis zum 04. Oktober 1961 bei der BEK pflichtversichert. Weitere Versicherungszeiten in Deutschland sind nicht nachgewiesen. Dies bestätigt auch das von der Klägerin vorgelegte Schreiben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), wonach Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 01. Juli 1961 bis 04. Oktober 1961 und 01. Januar 1962 bis 31. Dezember 1962 nicht nachgewiesen werden konnten. Die Nichterweislichkeit der anspruchsbegründenden Versicherungszeiten geht jedoch zu Lasten der Klägerin. Darüber hinaus hat die Klägerin ihren Beitritt nicht gem§ 9 Abs 2 Nr 1 SGB V innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft angezeigt. 1995 ist die Klägerin nicht aus einer Krankenkasse im Geltungsgereich des SGB V ausgeschieden, sondern sie war als Lebensgefährtin eines Franzosen in der französischen Sozialversicherung versichert.
Gem § 9 Abs 1 Nr 2 SGB V können Personen, deren Versicherung nach § 10 erlischt oder nur deshalb nicht besteht, weil die Voraussetzungen des § 10 Abs 3 vorliegen, beitreten. Eine Familienversicherung nach § 10 SGB V hat für die Klägerin nicht bestanden. Als Partnerin einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft hat die Klägerin nach den Vorschriften des SGB V keinen Anspruch auf Familienversicherung (BSGE 67, 46 = SozR 3-2200 § 205 Nr 1; Baier, in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, 3. Aufl, Stand: Juli 1999 § 10 RdNr 17).
Nach § 9 Abs 1 Nr 4 SGB V können der Versicherung ua beitreten Schwerbehinderte iSd § 1 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG), wenn sie in den letzten drei Jahren vor dem Beitritt mindestens drei Jahre versichert waren, es sei denn, sie konnten wegen ihrer Behinderung diese Voraussetzungen nicht erfüllen; die Satzung kann das Recht zum Beitritt von einer Altersgrenze abhängig machen. Das Recht besteht innerhalb von drei Monaten nach Feststellung der Behinderung nach § 4 des SchwbG (§ 9 Abs 2 Nr 4 SGB V). Zwar hat das Versorgungsamt (VA) K. mit Bescheid vom 21. August 1995 bei der Klägerin einen GdB von 70 festgestellt, gleichwohl scheidet ihre Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung nach § 9 Abs 1 Nr 4 SGB V aus. § 9 Abs 1 Nr 4 letzter Halbsatz SGB V ermächtigt die Beklagte ausdrücklich, eine Altersgrenze in ihrer Satzung festzulegen. Die Regelung des § 9 Abs 1 Nr 4 SGB V beruht auf einem Ausgleich divergierender Ziele. Einerseits soll Schwerbehinderten der Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung eröffnet werden, weil es dieser Personenkreis schwer hat, anderweitig über einen ausreichenden und finanziell tragbaren Versicherungsschutz insbesondere durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu sorgen. Andererseits soll der gesetzlichen Krankenversicherung und ihren Mitgliedern nicht ohne Weiteres die Versicherung aller Schwerbehinderten zugemutet werden, die in der Regel bei niedrigen Beiträgen und oft hohen Leistungsaufwendungen versicherungsmäßig schlechte Risiken bilden. Deshalb hat der Gesetzgeber einschränkende Voraussetzungen aufgestellt und den Krankenkassen die Möglichkeit gegeben, das Beitrittsrecht von einer Altersgrenze abhängig zu machen (vgl dazu Peters, in Kasseler Kommentar zur Sozialversicherung, Stand: 01. Oktober 1999, § 9 RdNr 27; zur Verfassungsmäßigkeit der Vorläufervorschrift § 176 c RVO: BSGE 61, 169 = SozR 2200 § 176 c Nr 7). Die Beklagte hat von der gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch gemacht und in § 3 Abs 2 ihrer Satzung in der ab 1. April 1995 geltenden Fassung eine Altersgrenze von 40 Jahren festgesetzt, die die 1942 geborene Klägerin bei ihrer Antragstellung im Januar 1995 überschritten hatte.
Schließlich können der Versicherung gem § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V Arbeitnehmer beitreten, deren Mitgliedschaft durch Beschäftigung im Ausland endete, wenn sie innerhalb von zwei Monaten nach Rückkehr in das Inland wieder eine Beschäftigung aufnehmen. Die Mitgliedschaft vor dem Auslandsaufenthalt muss gerade wegen einer Beschäftigung im Ausland enden. Eine Beendigung der Mitgliedschaft aus anderen Gründen des Auslandsaufenthaltes (Urlaub, Auswanderung ohne Beschäftigung) genügt dabei nicht ( Peters, aaO, § 9 RdNr 34; Baier, Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, 3. Aufl, Stand: Juli 1999, § 9 RdNr 12). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Die Klägerin hat auch auf die Nachfrage des Senats nicht dargelegt, dass sie ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung im Inland gerade wegen der Aufnahme einer Beschäftigung im Ausland beendet hat. Die Klägerin, die nach ihrem Vorbringen jedenfalls bis Oktober 1961 Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung war, ist in den 60er Jahren nach England gegangen, wo sie nach ihren Angaben zunächst bei ihrer Schwester in London gewohnt und dann auch "kleine" Aushilfsarbeiten angenommen hat. Nach ihren Ausführungen hat sie aber erst 1965 ihre erste "offizielle" Arbeit aufgenommen. Eine Beschäftigung in England ist auch erst von 1965 bis 1972 bei der Fa. E. belegt.
Auch die zweite Voraussetzung des § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V liegt nicht vor. Die Klägerin hat nicht innerhalb von zwei Monaten nach Rückkehr ins Inland und auch nicht später eine Beschäftigung wieder aufgenommen. § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V sollte den Arbeitnehmern die Fortsetzung bzw Wiederbegründung der Versicherung ermöglichen, deren Versicherung wegen einer Beschäftigung im Ausland endete und die nach Rückkehr ins Inland auf Grund der dann ausgeübten Beschäftigung nicht versicherungspflichtig waren. Dabei war in erster Linie an den Personenkreis gedacht, dessen Arbeitsentgelt von vornherein die Versicherungspflichtgrenze übersteigt und bei dem die Voraussetzungen nach § 9 Abs 1 Nr 1 und 3 SGB V nicht vorliegen. Zum Schutz der Solidargemeinschaft ist dabei das Beitrittsrecht auf die Fälle begrenzt, in denen innerhalb der Zweimonatsfrist tatsächlich wieder eine Beschäftigung ausgeübt wird (vgl Begründung des Entwurfs eines Gesundheitsreformgesetzes – GRG - zu Art 1 § 9 – BT-Drucksache 11/2237 S 161; Peters, aaO, § 9 RdNrn 33, 35; Gerlach in Hauck/Haines Sozialgesetzbuch– Gesetzliche Krankenversicherung -, Stand: 01. Januar 2000, § 9 RdNrn 43, 44).
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt ein Verstoß gegen Art 3 Abs 3 Satz 2 GG, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, nicht vor. Diese Vorschrift soll den Schutz des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art 3 Abs 1 GG für bestimmte Personengruppen verstärken und der staatlichen Gewalt insoweit Grenzen vorgeben, als die Behinderung nicht als Anknüpfungspunkt für eine benachteiligende Ungleichbehandlung dienen darf. Nur an die Behinderung anknüpfende Benachteiligungen sind mithin verboten (BVerfGE 96, 288, 302 [BVerfG 08.10.1997 - 1 BvR 9/97]). Die Klägerin wird nicht gerade auf Grund ihrer seelischen Behinderung gegenüber anderen Arbeitnehmern, die aus dem Ausland zurückkehren, benachteiligt. Die Versicherungsberechtigung nach § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V ist nach der Gesetzesbegründung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift auch dann ausgeschlossen, wenn ein Arbeitnehmer aus anderen Gründen wie Arbeitslosigkeit, familiären Verpflichtungen oder Krankheit nicht innerhalb von zwei Monaten nach Rückkehr in das Inland eine Beschäftigung aufnehmen kann (GK– SGB V § 9 Rdnr 55, Peters, aaO, § 9 Rdnr 35).
Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich auch nicht aus dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG. Bedenken könnten nur dann bestehen, wenn die Personen, denen der Beitritt nunmehr verschlossen bleibt, unzureichend gesichert wären. Personen, die weder selbst noch über die Unterhaltspflichtigen in der Lage sind, Krankheitskosten zu tragen, haben jedoch nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Leistungsansprüche und sind dadurch abgesichert.
Ein Anspruch der Klägerin auf freiwillige Versicherung bei der Beklagten ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorschriften. Nach Art 42 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) vom 25. März 1957 idF des Vertragesüber die Europäische Union vom 7. Februar 1992 (BGBl II, S 1253/1256), geändert durch Amsterdamer Vertrag vom 2. Oktober 1997 (BGBl 1998 II, S 387) (bis 30. April 1999: Art 51) können Regelungen getroffen werden, die aus- und einwandernden Arbeitnehmern und deren anspruchsberechtigten Angehörigen die Zusammenrechnung von Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung von Leistungsansprüchen sowie die Berechnung der Leistung sichern und die Zahlung der Leistungen an Personen, die in dem Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten wohnen, gewährleisten.
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin unter den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern vom 14. Juli 1971 (EWG-VO Nr 1408/71) fällt. Nach Art 2 Abs 1 gilt diese für Arbeitnehmer und Selbstständige sowie für Studierende, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitglieder gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates sind oder als Staatenlose oder Flüchtlinge im Gebiet eines Mitgliedsstaates wohnen sowie für deren Familienangehörige und Hinterbliebene. Die Klägerin ist weder Arbeitnehmerin, Selbstständige oder Studierende noch Hinterbliebene iSd Art 1g) EWG – V0 1408/71 eines Arbeitnehmers oder Selbstständigen.
Jedenfalls liegen die Voraussetzungen des Art 9 Abs 2 der Verordnung nicht vor. Darin heißt es: Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates die freiwillige Versicherung oder freiwillige Weiterversicherung von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig, so werden die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaates zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten, soweit erforderlich, wie Versicherungszeiten berücksichtigt, die nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates zurückgelegt worden sind.
Die Zurücklegung von Versicherungszeiten zur Begründung der freiwilligen Versicherung ist lediglich in § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V Voraussetzung und betrifft ausschließlich Zeiten, die vor dem Ausscheiden als Mitglied aus der Versicherungspflicht zurückgelegt worden sind. Vor ihrem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht im Inland hat die Klägerin jedoch keine Versicherungszeiten in einem europäischen Mitgliedsstaat zurückgelegt.
Die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Nr 1 SGB V sind auch nicht deshalb erfüllt, weil die Klägerin aus der französischen Sozialversicherung ausgeschieden und ihre Anspruchsberechtigung in Frankreich auf Grund ihrer Lebensgemeinschaft als Vorversicherungszeit anzuerkennen wäre. Die Klägerin ist nämlich nicht als Mitglied (aufgrund einer Beschäftigung) aus der Versicherungspflicht ausgeschieden, denn sie war in Frankreich nach Auskunft der L. vom 28. August 1996 lediglich als Lebensgefährtin ihres französischen Lebenspartners versichert. Nach französischem Recht besteht eine Anspruchsberechtigung für Leistungen der Krankenversicherung auch für die Person, die seit einer gewissen Dauer mit dem Versicherten zusammenlebt. Art 9 Abs 2 der VO-Nr 1408/71 soll die Gleichstellung der in verschiedenen Mitgliedsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten gewährleisten, damit die Betroffenen die Voraussetzung einer Mindestversicherungszeit erfüllen können, wenn eine nationale Regelung den Zugang zur freiwilligen Versicherung davon abhängig macht. Diese Bestimmung regelt jedoch nicht sonstige Voraussetzungen, von deren Erfüllung die Rechtsvorschriften eines jeden Mitgliedsstaates die Begründung eines Rechts abhängig machen können (EuGH SozR 6050 Art 9 Nr 5 S 8). Sie betrifft also nicht die Frage, wie nationales Recht die Mitgliedschaft beurteilt. Es ist vielmehr Sache eines jeden Mitgliedsstaats, durch den Erlass von Rechtsvorschriften die Voraussetzungen festzulegen, unter denen eine Person einem System der sozialen Sicherheit oder einem Zweig eines solchen Systems beitreten kann oder muss, solange es dabei nicht zu einer Diskriminierung zwischen Inländern und Angehörigen der übrigen Mitgliedsstaaten kommt (EuGH SozR 6050 Art 1 Nr 11 S 20; EuGH SozR 6050 Art 9 Nr 5 S 10). Die Regelung des § 9 Abs 1 Nr 1 bewirkt jedoch keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, denn sie knüpft an das Tatbestandsmerkmal der eigenen Mitgliedschaft in der Regel aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Versicherungssystem an. Ein Anspruch auf Priviligierung des zurückkehrenden Arbeitnehmers gegenüber Inländern, zu dem die von der Klägerin begehrte Auslegung führen würde, lässt sich aus Art 9 Abs 2 der VO-Nr 1408/71 nicht herleiten.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich ein Anspruch auf freiwillige Versicherung auch nicht aus § 9 Abs 1 Nr 5 SGB V iVm Art 9 Abs 2 VO-Nr 1408/71. § 9 Abs 1 Nr 5 SGG V setzt nicht die Zurücklegung von Versicherungszeiten im Sinne des § 9 Abs 2 VO-Nr 1408/71 voraus, sondern die Aufnahme einer Beschäftigung innerhalb von zwei Monaten nach Rückkehr aus dem Ausland.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.