Landgericht Osnabrück
Urt. v. 05.10.1998, Az.: 9 T 169/98

Entschädigungsanspruch eines Sachverständigen bei schuldhaftem Verzug mit der Erstattung des Gutachtens; Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf das Verhältnis zwischen Sachverständigem und Gericht

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
05.10.1998
Aktenzeichen
9 T 169/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 31449
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:1998:1005.9T169.98.0A

Entscheidungsgründe

1

Der Richter der Erstinstanz hat die vom Sachverständigen beantragte Festsetzung mit dem angefochtenen Beschluß abgelehnt, so daß gem. § 16 Abs. II ZSEG die Beschwerde zulässig ist.

2

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

3

Der Sachverständige hat gem. § 3 ZSEG lediglich Anspruch auf die Vergütung von 3 Arbeitsstunden sowie gem. § 8 ZSEG auf weitere 10.- DM Portoauslagen.

4

Im übrigen ist ein Vergütungsanspruch des Sachverständigen entsprechend § 326 BGB ausgeschlossen.

5

Allerdings ist das Rechtsverhältnis zwischen dem Gericht und dem von ihm beauftragten Sachverständigen nicht nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. Der Sachverständige tritt zum Gericht lediglich in eine verfahrensrechtliche, das heißt also eine öffentlich-rechtliche Beziehung. Er vermittelt dem Richter die zur Entscheidung des Rechtsstreits erforderlichen Fachkenntnisse; er hat deshalb einerseits die Funktion eines Beweismittels, hierin dem Zeugen vergleichbar, andererseits aber auch die Stellung eines zur Objektivität verpflichteten Gehilfen des Richters. Der Sachverständige wird im Interesse der Rechtspflege, also im öffentlichen Interesse, tätig. Seine Rechte und Pflichten sind deshalb folgerichtig in öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, nämlich in den Prozeßordnungen und im ZSEG, niedergelegt. Soweit, wie dies bezüglich des Einflusses von "Leistungsstörungen" auf den Entschädigungsanspruch der Fall ist, gesetzliche Bestimmungen fehlen, ist die unmittelbare Anwendung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften ausgeschlossen.

6

Die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts (§§ 323 ff. BGB) über Leistungsstörungen entsprechen jedoch einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, der deshalb auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art entsprechend anzuwenden ist (vgl. OLG Köln MDR 70, 855 m.w.N..).

7

Diese Regelungen führen hier entsprechend § 324 BGB einerseits dazu, daß der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch behält, soweit seitens des Gerichts mit Schreiben vom 10.9.1997 nachträglich auf das Gutachten verzichtet wurde, weil die erforderlichen Unterlagen für den Sachverständige nicht verfügbar waren. Dies betraf ausweislich des Schreibens des Sachverständigen vom 26.11.1997 das Jahr 1994.

8

Soweit der Gutachtensauftrag danach fortbestand - nämlich bezüglich des Jahres 1993 - entfällt eine Entschädigung des Sachverständigen entsprechend § 326 BGB. Der Sachverständige war mehrfach zuletzt mit Fristsetzung zum 23.1.1998 zur Erstattung des Gutachtens gemahnt worden. Damit befand sich der Sachverständige schuldhaft im Verzug. Denn nach seinen eigenen Angaben war ihm die Erstattung des Gutachtens jedenfalls bezogen auf 1993 möglich und nicht von der weiteren Mitwirkung der Parteien abhängig.

9

Nachdem der Sachverständige die gesetzte Frist nicht eingehalten hatte, war das Gericht befugt, ihm -entsprechend der mit der Fristsetzung ausgesprochenen Ablehnungsandrohung i.S.d.. § 326 BGB - berechtigt, ihm den Gutachtensauftrag zu entziehen. Ein Vergütungsanspruch scheidet in einem solchen Fall entsprechend § 326 BGB aus.

10

Das Gericht schätzt den Arbeitsaufwand hinsichtlich des entsprechend § 324 BGB zu vergütenden Teils der Sachverständigentätigkeit auf 2,5 Stunden, so daß gem. § 3 Abs. I ZSEG aufgerundet 3 Stunden zu vergüten sind. Die Höhe der Vergütung beträgt gem. § 7 ZSEG 150.- DM je Stunde. Demgemäß war die Vergütung unter Berücksichtigung der Auslagen in Höhe von 10.- DM und der gem. § 8 Abs. I Nr. 3 ZSEG zu erstattenden Mehrwertsteuer auf 359,60 DM festzusetzen.

11

Das Verfahren ist gem. § 16 Abs. V ZSEG gebührenfrei.