Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 18.11.2020, Az.: 14 U 84/20
Haftung des Fahrzeughalters für Verletzungen eines Monteurs bei Bergungsarbeiten eines bei einem Verkehsunfall beschädigten Laternenmastes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 18.11.2020
- Aktenzeichen
- 14 U 84/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 46088
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2020:1118.14U84.20.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 27.03.2020 - AZ: 16 O 175/18
Rechtsgrundlage
- StVG § 7
Fundstellen
- VK 2021, 20
- r+s 2021, 53-54
Amtlicher Leitsatz
Verletzt sich ein Monteur bei den Bergungsarbeiten eines bei einem Unfall beschädigen Laternenmastes, nachdem die unfallbeteiligten Pkw bereits von der Unfallstelle entfernt waren, resultiert der dabei entstandene (Personen-) Schaden nicht aus einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung eines der unfallbeteiligten Pkw, die sich im Bergungsvorgang "aktivierte", realisierte, fortwirkte oder nur mitursächlich war. Er unterfällt auch nicht dem Gebrauch eines Pkw.
Der Schaden kann daher nicht dem Haftpflichtversicherer eines der an dem vorangehenden Unfall beteiligten Pkw zugewiesen werden.
Zur Auslegung eines Teilungsabkommens.
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 16. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 27. März 2020 - 16 O 175/18 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 35.080,97 €
Gründe
I.
Die Parteien streiten um eine Forderung aus einem zwischen ihnen geschlossenen Teilungsabkommen vom 8. Januar 1985. Die Klägerin ist eine Berufsgenossenschaft, die Beklagte ein Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer.
Der für den Rechtsstreit maßgebliche und streitbefangene Abschnitt dieser Vereinbarung enthält in seinem § 1 folgende Regelung (Anlage K 7, Bl. 31 d.A.):
(1) Werden von der BG [Klägerin] aufgrund der Vorschrift des § 116 ff. SGB X Schadenersatzansprüche gegen eine natürliche oder juristische Person erhoben, die gegen die gesetzliche Haftpflicht aus dem der Regreßforderung zugrunde liegenden Schadenereignis bei der ... [Beklagten] versichert ist, so verzichtet diese auf die Prüfung der Haftpflichtfrage und beteiligt sich nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen an den Aufwendungen der BG auch in den Fällen, in denen der Schaden nachweislich durch das eigene Verschulden - jedoch Vorsatz ausgenommen - der Verletzten bzw. Getöteten entstanden ist. Die BG verzichtet auf weitergehende Forderungen auch dann, wenn der Schaden nachweisbar in vollem Umfang durch das Verschulden des Versicherten entstanden ist.
Für die Anwendung des Teilungsabkommens gelten die folgenden Voraussetzungen:
a) Im Bereich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (KH) muß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schadenereignis und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs im Sinne der Rechtsprechung des BGH bestehen.
(...)
Wegen des weiteren Inhalts des Teilungsabkommens wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage K 7, Bl. 31 f. d.A.) Bezug genommen.
Mit weiterer Vereinbarung vom 7. Februar 2001 (Anlage K 8, Bl. 35 d.A.) hat die Beklagte eine Haftungsquote von 55 % für den Kraftfahrthaftpflichtbereich bestätigt.
Dem Streit zugrunde liegt ein Verkehrsunfall vom 21. September 2014. Dabei kollidierten zunächst zwei Pkw, wobei im Zuge der Kollision ein Laternenmast beschädigt wurde. Die Fahrzeuge wurden abgeschleppt. Zur Unfallstelle wurde auch der "Serviceteammonteur" C. P. gerufen, dessen anschließendes Handeln den vorliegenden Rechtsstreit ausgelöst hat. Die ursprünglich unfallbeteiligten Pkw waren währenddessen nicht mehr vor Ort. Der Serviceteammonteur P. sollte den bei dem Unfall beschädigten Laternenmast vom Netz nehmen. Hierbei half die Feuerwehr E., die den Mast an einem Kran befestigte und abtrennte. Der Monteur wollte den Mast beim Fortheben (durch den Kran) mittels seiner Hände führen und stützen, damit er nicht umherschwenkt und gegebenenfalls Dritte gefährden könnte. Bei diesem Manöver sackte jedoch der Mast plötzlich 30 - 40 cm nach unten und riss die Hand des Monteurs mit, der sich dadurch erheblich verletzte (Ruptur der distalen Bizepssehne rechts). Infolgedessen wurde er teilweise erwerbsunfähig. Dies löste wiederum Rentenzahlungen aus. Die eigentlichen Unfallbeteiligten führten einen Prozess vor dem Amtsgericht W. Dabei wurde die Klage des einen unfallbeteiligten Pkw-Halters gegen den andern unfallbeteiligten Halter und die Beklagte dieses Rechtsstreits abgewiesen (vgl. die Kopie des Urteils des Amtsgerichts W. auf Bl. 74 f. d.A.).
Im Anschluss versuchte die Klägerin dieses Rechtsstreits Regressansprüche nach § 116 SGB X auf der Grundlage des erwähnten Teilungsabkommens gegenüber der Beklagten durchzusetzen. Zur Zusammenstellung der Kosten wird auf die Anlagen K 10 bis 12 verwiesen. Die Beklagte zahlte darauf nicht.
Die Klägerin ist der Ansicht, das Teilungsabkommen sei anwendbar, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs im Sinn der Rechtsprechung des BGH bestünde. Die Beklagte sieht das anders.
Die Klage hatte vor dem Landgericht keinen Erfolg und wurde insgesamt abgewiesen. Denn es habe sich bei dem in Rede stehenden Unfall um einen sogenannten "Groteskfall" gehandelt. Dieser Vorfall stünde mit dem Gefahrenbereich, für den der Versicherer, d.h. die Beklagte, deckungspflichtig sei, in keinem haftungsrechtlich relevanten Zusammenhang. Der schadensbringende Vorfall selbst sei das Absacken des Laternenmastes bei dessen Bergung gewesen. Der innere Zusammenhang mit dem vorangehenden Unfallgeschehen sei da bereits unterbrochen gewesen. Die ursprünglich den Verkehrsunfall auslösenden Pkw seien an diesem Geschehen nicht mehr beteiligt gewesen. Es fehle damit an einer örtlichen und räumlichen Beziehung zu dem versicherten Wagnis. Für solche "Groteskfälle" sei das Teilungsabkommen nicht anzuwenden. Das sei der Fall, weil ein vernünftig denkender Mensch unter den gegebenen Umständen nicht auf den Gedanken gekommen wäre, deshalb den Haftpflichtversicherten oder seine Versicherung auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Der Verletzte P. sei zum Unfallort gerufen worden, um eine bloße Unfallfolge zu beseitigen, ohne dass dieser Vorgang zu dem Unfallereignis in einem inneren Zusammenhang gestanden habe. Im Zeitpunkt des Schadenseintrittes hätten sich die Unfallfahrzeuge unstreitig nicht mehr vor Ort befunden. Wollte man die Einstandspflicht des Pkw-Haftpflichtversicherers auch auf die Beseitigung von unfallbedingten Folgeschäden z. B. an Brücken, Gebäuden oder Laternenmasten ausdehnen, führte dies letztlich dazu, dass die mit der Beseitigung beauftragten Firmen im Fall der Verletzung eines Mitarbeiters bei der Bergung die Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers in Anspruch nehmen könnten. Das sei aber nicht der Bereich, für den die Haftpflicht eingreife.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Klägerin. Sie verfolgt ihren erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch fort. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Erstunfall und dem Geschehen bei der Bergung des Laternenmastes. Es sei auch kein Groteskfall gewesen. Es habe sich vielmehr noch um den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs gehandelt, der Schadensfall stehe in adäquatem ursächlichen Zusammenhang mit dem eigentlichen Kollisionsgeschehen, eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch die Bergungsarbeiten könne nicht angenommen werden. Der Haftungszusammenhang wirke fort. Die Bergungsarbeiten, bei denen der Versicherte P. verletzt wurde, stellten offenkundig keinen Eingriff in den Geschehensablauf dar. Ein Groteskfall sei dagegen nur in extremen Ausnahmefällen anzunehmen, deren Voraussetzungen hier nicht erfüllt seien.Es habe sich um die Beseitigung eines Schadens gehandelt, der bei Gebrauch eines Kfz entstanden sei, und derjenige, der bei Gebrauch eines Kfz einen Sachschaden verursache, sei verpflichtet, den Zustand wiederherzustellen, der vor dem Schadensereignis bestanden habe. Dabei handele es sich um eine typische Fahrerhandlung. Die Beseitigung des bei Gebrauch eines Kfz eingetretenen Schadens sei Teil der Naturalrestitution des Schädigers, mithin des Kfz-Führers. Für diesen Bereich sei die Haftpflichtversicherung deckungspflichtig. Das sei vergleichbar mit dem Fall, in dem sich ein abgeschlepptes Fahrzeug von einem schleppenden Fahrzeug löse und auf einem Bahnübergang stehen bleibe. Die typische Fortführung der Betriebsgefahr des Schleppzuges höre nicht dadurch auf, dass sich die Verbindung zwischen dem schleppenden und geschleppten Fahrzeug gelöst habe. Der Betrieb des Kfz habe sich auf das spätere Schadensereignis ausgewirkt, und zwar unabhängig davon, ob das Kfz noch in Betrieb gewesen sei und sich vor Ort befunden habe oder nicht.
Die Klägerin beantragt,
1. die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 31.080,97 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung [7. September 2018, Bl. 53 d.A.] zu zahlen;
2. die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin über Ziffer 1 hinaus nach Maßgabe der Bestimmungen des Teilungsabkommens 55 % der übergangsfähigen Aufwendungen bis zu dem Limit in Höhe von 500.000 € zu erstatten, die diese anlässlich des Unfalls vom 21.09.2014 des Versicherten C. P., geboren ...1964, in der F. Straße ... in ... H. getragen hat oder noch tragen wird.
Hilfsweise beantragt die Klägerin die Zulassung der Revision.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Hinweisverfügung des Senats vom 24.06.2020 (Bl. 190 f. d.A.) sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 (Bl. 207 f. d.A.).
II.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend.
1. Es fehlt bereits an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem Gebrauch des Kfz im Sinne der Rechtsprechung des BGH. Es trifft zwar zu, dass sich der im Streit stehende Vorfall in einem - rein naturwissenschaftlich betrachtet - kausalen Zusammenhang mit dem vorangehenden Verkehrsunfall befand. Das allein genügt aber nicht, um einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Schadenereignis und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs im Sinne der Rechtsprechung des BGH zu begründen, was nach dem Teilungsabkommen aber für eine Inanspruchnahme der Beklagten vorauszusetzen wäre.
a) Für die haftungsrechtliche Würdigung derartiger Fallgestaltungen hat die Rechtsprechung des BGH Beurteilungsgrundsätze entwickelt. Danach kann, wenn ein Schaden zwar bei rein naturwissenschaftlicher Betrachtung mit der Handlung des Schädigers in einem kausalen Zusammenhang steht, dieser Schaden jedoch entscheidend durch ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten einer anderen Person ausgelöst worden ist, die Grenze überschritten sein, bis zu der dem Erstschädiger der Zweiteingriff und dessen Auswirkungen als haftungsausfüllender Folgeschaden seines Verhaltens zugerechnet werden können. Insoweit ist eine wertende Betrachtung geboten. Hat sich aus dieser Sicht im Zweiteingriff nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht, war dieses Risiko vielmehr schon gänzlich abgeklungen und besteht deshalb zwischen beiden Eingriffen bei wertender Betrachtung nur ein "äußerlicher", gleichsam "zufälliger" Zusammenhang, dann kann vom Erstschädiger billigerweise nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen des Zweiteingriffs einstehen zu müssen. Allein ein - auch grob fahrlässiger - Sorgfaltspflichtverstoß des hinzutretenden Dritten reicht hierfür jedoch in der Regel nicht. Insbesondere werden dem Schädiger auch Fehler der Person zugerechnet, die der Geschädigte zur Abwicklung oder Beseitigung des Schadens hinzuzieht. Der Schädiger kann sich daher regelmäßig nicht mit dem Vorbringen entlasten, ein anderer habe die von ihm geschaffene Gefahrenlage pflichtwidrig nicht beseitigt (BGH, Urt. v. 26.03.2019 - VI ZR 236/18, Rn. 12 mwN). In jenem Fall (BGH - VI ZR 236/18) entzündete sich aber der beschädigte Pkw selbst, auch weil ein Werkstattmitarbeiter es unterlassen hatte, die Batterie abzuklemmen. Der Schaden ging also weiterhin von dem Pkw aus. Insofern unterschied sich die Schadensgenese in jenem Fall wesentlich von der im vorliegenden Unfall zu beurteilenden Konstellation.
Entscheidend kommt es darauf an, wo die Grenze des Gebrauchs eines Pkw zu ziehen ist. Im streitigen Sachverhalt hat kein Zusammenhang mit dem Gebrauch eines der zuvor unfallbeteiligten Kfz vorgelegen. Der BGH zieht diese Grenze zwar weit (vgl. nur BGH, Urt. v. 08.12.2015 - VI ZR 139/15). Der damit korrespondierende Begriff der "Benutzung eines Fahrzeugs" wird vom EuGH ebenfalls weit gefasst (EuGH, Urt. v. 15.11.2018 - C-648/17).
Wenn jedoch im Schadensfall kein Zusammenhang mit der Eigenschaft des Fahrzeugs als Transportmittel besteht (was bei Entzündungen aus Betriebseinrichtungen des Pkw allerdings zu bejahen ist, EuGH, Urt. v. 20.06.2019 - C-100/18; BGH, Urt. v. 26.03.2019 - VI ZR 236/18; BGH, Urt. v. 21.01.2014 - VI ZR 253/13; OLG Naumburg, Urt. v. 24.11.2015 - 12 U 110/15, BGH, Beschl. v. 02.05.2017 - VI ZR 30/16), ist nicht mehr von einer Benutzung bzw. dem Gebrauch eines Kfz auszugehen (EuGH, Urt. v. 28.11.2017 - C-514/16). Die Rechtsprechung des BGH deckt sich hiermit (BGH, Urt. v. 24.03.2015 - VI ZR 265/14).
b) Entsprechend verhält es sich hier. Die Bergungsarbeiten des bei dem Unfall beschädigen Laternenmastes, bei denen sich der Versicherte C. P. verletzte, hatten mit dem Gebrauch oder der Benutzung des Kfz selbst nichts zu tun. Der Schaden resultierte auch nicht aus einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung eines der unfallbeteiligten Pkw, die sich im Bergungsvorgang "aktivierte", realisierte, fortwirkte oder nur mitursächlich war. Die Betriebseinrichtungen der Unfallfahrzeuge hatten überhaupt keine Auswirkung auf den Unfall beim Bergen des Mastes. Die Fahrzeuge waren daran in keiner Weise beteiligt und von der Unfallstelle entfernt. Der dabei eingetretene Schaden ist daher nicht von der im Streit stehenden Regelung im Teilungsabkommen erfasst. Es verwirklichte sich stattdessen ein eigenes Risiko aus dem Bereich der Schadensbeseitigung, für das die Beklagte nicht einstandspflichtig ist. Die Bergung des bei dem Unfall beschädigten Laternenmastes war somit nicht dem Gebrauch oder Betrieb der an dem vorangehenden Unfallgeschehen beteiligten Pkw zuzuordnen.
Es handelt sich um ein eigenständiges Geschehen, das sich in einem eigenen Gefahrenkreis nach dem Unfall entwickelt hat. Die Klägerin versucht eine allein naturwissenschaftliche Kausalität in das Versicherungsverhältnis und damit den Geltungsbereich des Teilungsabkommens hineinzuziehen. Dafür ist es aber seinem Wortlaut nach nicht gedacht. Denn dort wird schon Bezug genommen auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Schadensereignis und dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs (nicht eines Laternenmastes oder Bergungskrans) und weiter ergänzt "im Sinne der Rechtsprechung des BGH". Es geht also um eine juristische Zuordnung und nicht um eine extensive Ausdehnung von Haftungsrisiken.
Das entspricht auch dem Sinn und Zweck eines Teilungsabkommens. Zu Recht hat bereits das Landgericht (LGU 7) darauf hingewiesen, dass sonst sämtliche Bergungsarbeiten nach einem Verkehrsunfall, die z. B. auf den Autobahnen ständig stattfinden, manchmal noch Tage nach dem Unfallgeschehen, dem KH-Versicherer zuzuweisen wären. Das würde das gesamte Haftungsverhältnis verschieben und letztlich ins Ungefähre auflösen. Kein Kfz-Haftpflichtversicherer könnte die Risiken überschauen, für die er ggf. einstandspflichtig wäre, was sowohl dem Sinn und Zweck der Teilungsabkommen als auch der jeweiligen Haftungslage zuwiderliefe. Es wäre danach unmöglich, eine Grenze zu ziehen, ab der ein (irgendwann) in rein äquivalent oder noch adäquat kausaler Weise mit dem ersten Unfall verbundenes Geschehen nicht mehr haftungsrechtlich von dem Teilungsabkommen erfasst wäre. So könnte beispielsweise auch die Rückfahrt (oder schon die Hinfahrt) eines Bergungsteams im Zusammenhang mit der Beseitigung von Unfallschäden dem ursprünglichen Unfallgeschehen zuzuordnen ist. Es entstünden dann unübersehbare und nicht eingrenzbare "Haftungskettenverhältnisse".
Zudem fällt der Unfall bei der Bergung des Laternenmastes im Hergang selbst - offensichtlich - aus dem Rahmen des versicherten Risikos und des versicherten Objekts. Das sind der Pkw selbst sowie seine Insassen und die typischerweise mit der Benutzung des Pkw verbundenen Risiken. Aufräum- und Bergungsarbeiten durch Dritte nach einem Unfall gehören ebensowenig zum Gebrauch oder zur Benutzung eines Pkw wie der Bau der Straße zuvor oder die Absicherung einer Gefahrenstelle durch Dritte. Diese Tätigkeiten und die damit verbundenen Risiken sind anderweitig versichert. Der Verletzte könnte evtl. - was hier allerdings keiner Entscheidung bedarf - einen Anspruch gegenüber dem Kranführer oder dem Haftpflichtversicherer des Krans haben. Bei dem Schadensgeschehen, das die Verletzung des Serviceteammitarbeiters P. verursacht hat, ist aber keines der Fahrzeuge aus dem Unfall zuvor noch materiell beteiligt gewesen. Es wirkte - wie erwähnt - allein ein naturwissenschaftlicher, sozusagen immaterieller Ursachenzusammenhang fort, der jedoch nicht Gegenstand des Teilungsabkommens ist, das ausdrücklich auf die juristische Zuordnung abstellt.
2. Ob die Voraussetzungen eines sog. "Groteskunfalls" vorliegen, bedarf demnach keiner Entscheidung, wenngleich die Ausführungen im LGU dazu (LGU 6/7) zutreffend erscheinen.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Revisionszulassungsgründe gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.Die Auslegung eines Teilungsabkommens ist - wie bei allen Auslegungen - eine Frage des jeweiligen Falls und wirft keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Der Senat setzt sich nicht in Widerspruch zu einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs, sondern wendet die ergangene Rechtsprechung auf den im Streit stehenden Sachverhalt an. Derartige Divergenzen zeigt auch die Klägerin nicht auf.
Bei der Bemessung des Streitwerts wurde über den Zahlungsantrag hinaus der Feststellungsantrag mit 4.000,00 € berücksichtigt (entsprechend der Wertfestsetzung erster Instanz, Bl. 2, 47, 151 d.A.).