Landgericht Hildesheim
Urt. v. 15.06.2023, Az.: 22 KLs 22 Js 1900/22

Subventionsbetrug; Mittäterschaft eines Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe; Umfang der Berufspflichten eines Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe bei Subventionsanträgen; besonders schwerer Fall bei Mitverschulden des Subventionsgebers

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
15.06.2023
Aktenzeichen
22 KLs 22 Js 1900/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 48223
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BGH - 30.11.2023

Fundstellen

  • ZAP EN-Nr. 133/2024
  • ZAP 2024, 161-162

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die allgemeinen Berufspflichten eines Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe erfordern, erkennbar fragwürdigen Angaben und Informationen eines Antragsstellers nicht mit der Erklärung, sie auf Plausibilität geprüft zu haben, an die für die Bewilligung der Subvention (hier: Corona-Überbrückungshilfe III/III Plus) zuständigen Stelle weiter zu leiten.

  2. 2.

    Jedenfalls wenn ein erhebliches finanzielles Eigeninteresse eines Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe an der unberechtigten Bewilligung von Subventionen erkennbar ist, ist bei erkennbar fragwürdigen Angaben des Antragsstellers auch ohne ausdrückliche (feststellbare) konkrete Absprache mit dem Antragssteller von mittäterschaftlichem Subventionsbetrug des Berufsträgers auszugehen. Dies indiziert ferner das Vorliegen das Regelbeispiels des Handelns aus grobem Eigennutz.

  3. 3.

    Bewilligt der Subventionsgeber eine weitere Subvention (hier Corona-Überbrückungshilfe III Plus), obschon ihm mitgeteilt wurde, dass gegen den Antragssteller ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes des Subventionsbetruges hinsichtlich einer zuvor bewilligten Subvention (hier Corona-Überbrückungshilfe III) eingeleitet worden ist, kann dies die Indizwirkung des Regelbeispiels des Subventionsbetruges aus grobem Eigennutz erschüttern.

In der Strafsache
gegen P.
zurzeit: Justizvollzugsanstalt ...
wegen Subventionsbetruges
hat die Strafkammer 11 - 3. große Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Hildesheim aufgrund der Hauptverhandlung vom 23. und 25. Mai 2023 sowie 15. Juni 2023, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht Martin
als Vorsitzender,
Richter Weidinger
als beisitzender Richter,
Z.
K.
als Schöffinnen,
Oberstaatsanwalt Bölter,
als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt ...,
als Verteidiger
Justizamtsinspektorin Seller
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
am 15. Juni 2023 für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte wird wegen Subventionsbetruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.

Die Einziehung des Wertes des Erlangten wird in Höhe von 72.255,50 € angeordnet.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

A. Feststellungen

I. Persönliche Verhältnisse des Angeklagten

1. Der Angeklagte .. studierte .. Rechtswissenschaften. Nebenbei arbeitete er in der Gastronomie. .. Seine Anwaltszulassung erhielt er im Jahr 2009. Seitdem ist der Angeklagte bis zu seiner Verhaftung als selbstständiger Einzelanwalt tätig gewesen, ... Der Tätigkeitsbereich des Angeklagten umfasste sowohl zivilrechtliche, als auch strafrechtliche Mandate. Dabei war er auch im Bereich des Wirtschafts- und Steuerstrafrecht tätig.

2006 lernte der Angeklagte .. den H. kennen. Dieser zog 2008 in die bestehende Wohnung des Angeklagten in Düsseldorf ein, die beiden heirateten. Im Jahr 2017 kam es zur Trennung und sodann zur Scheidung. Die Trennung ging mit einer Verschuldung des Angeklagten sowie einem sich anschließenden vermehrten Alkohol- und Betäubungsmittelkonsum einher. Seit 2018 konsumiert der Angeklagte auch Kokain, Ende 2020/Anfang 2021 phasenweise auch täglich. Zumindest für den (Tat-)Zeitraum Juni bis Dezember 2021 ist von einer Multisubstanzabhängigkeit (ICD-10: F 19.2) des Angeklagten auszugehen.

..

Trotzdem blieb der Angeklagte, selbst in den Phasen erheblichen Suchtmittelkonsums weitgehend in der Lage, seinen beruflichen Pflichten nachzukommen. Er führte seine Einzelkanzlei zunächst in... und bezog sodann neue Räume in der .. Straße in .., in denen er täglich von etwa neun Uhr morgens bis spätnachmittags arbeitete. Es gelang ihm ferner, seine Schuldenlast im Laufe der Jahre nach der Trennung von H. auf einen verbliebenen Restbetrag von ca. 12.000 € zu reduzieren.

2. Strafrechtlich ist der Angeklagte bisher nicht in Erscheinung getreten.

3. Im Anschluss an die polizeiliche Durchsuchung seiner Büroräumlichkeiten in diesem Verfahren am 07.04.2022 tauchte der Angeklagte Mitte des Jahres 2022 unter, verließ die von ihm angemietete Wohnung in einem verwahrlosten Zustand und konnte erst am 10. Oktober 2022 in .. aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Hildesheim vom .. verhaftet werden.

Seitdem befindet sich der Angeklagte in dieser Sache in Untersuchungshaft, ..

Die Hauptverhandlung hatte zunächst am 27. Februar 2023 begonnen und musste mit Kammerbeschluss vom 21. März 2023 ausgesetzt werden, nachdem sich der Angeklagte am Hauptverhandlungstermin vom 20. März 2023 erstmals zu seinem Suchtmittelkonsum geäußert und seine psychiatrische Begutachtung beantragt hatte.

Mit Beschluss vom 4. Mai 2023 hat das Oberlandesgericht Celle (..) die Erforderlichkeit der Fortdauer der Untersuchungshaft festgestellt.

II. Feststellungen zur Sache

Gegenstand des Verfahrens sind zwei - auch ausgezahlte - Anträge auf Corona-Hilfen erheblichen Umfangs mit unrichtiger Bestätigung des Angeklagten, eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt zu haben.

1. Vorgeschichte/Hintergrund der abgeurteilten Straftaten

In verschiedenen Phasen der Corona-Pandemie hatte die Bundesrepublik Deutschland für von Schließungen respektive erheblichen Umsatzrückgängen betroffene kleine und mittelständische Unternehmen verschiedene Überbrückungshilfeprogramme aufgelegt, Mitte 2021 die Überbrückungshilfe III und sodann die Überbrückungshilfe III Plus.

Nach vorangegangener Antragstellung, die nur digital über einen Angehörigen der rechts- oder steuerberatenden Berufe möglich war, erfolgte für in Niedersachsen ansässige Antragssteller die Bearbeitung, Bewilligung und Auszahlung der Gelder durch die Investitions- und Förderbank Niedersachsen (N-Bank) in Hannover.

Der Angehörige der rechts- oder steuerberatenden Berufe (auch als prüfender Dritter bezeichnet) musste sich bei der Antragsübermittlung - bei beiden Überbrückungshilfen wortgleich formuliert - nach dem Eingangssatz "Bei der Bearbeitung der Überbrückungshilfe haben die Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer und Rechtsanwälte ihre allgemeinen Berufungspflichten zu beachten. Eine darüber hinausgehende Haftung gegenüber dem die Überbrückungshilfe gewährenden Land ist ausgeschlossen." durch Abhaken eines entsprechenden Auswahlfeldes unter anderem dazu zu erklären, ob er die Angaben des Antragsstellers zu Fixkosten und Umsatzprognosen überprüft habe und deren Plausibilität bestätige, ferner ob er die Angaben zur Identität des Antragsstellers und zur Antragsberechtigung überprüft habe und deren Richtigkeit bestätige, sowie ob er die Angaben des Antragsstellers überprüft habe, mindestens einen Beschäftigten zum Stichtag 29. Februar 2020 gehabt zu haben und auch deren Richtigkeit bestätige.

Als subventionserhebliche, strafbewerte Tatsachen sind in beiden Antragsformularen ausdrücklich unter anderem die Angaben zum Antragssteller, zur Zahl seiner Beschäftigten, der Angaben zum Umsatz und dass die angegebenen Umsatzeinbrüche Corona-bedingt seien, sowie zu den Fixkosten bezeichnet worden. Die diesbezügliche Kenntnisnahme war vom Antragssteller im Rahmen der Antragsstellung zu unterzeichnen.

Die Antragsbearbeitung erfolgte dabei in der Weise, dass nach der digitalen Antragseinreichung (mit eingescannter Unterschrift des Antragstellers zur Antragstellung und zu der vorgenannten Kenntnisnahme) auf einer entsprechenden Plattform des Bundes zunächst innerhalb von vierundzwanzig Stunden ("Wartezustand") eine erste automatisierte Antragsprüfung anhand rein technischer Prüfindizes (Beschleunigungsindex und Prüfindex), sowie ein Abgleich mit den Daten der Finanzbehörden erfolgte.

Der Abgleich mit den Daten der Finanzbehörden fand dabei jedoch in rein formaler Hinsicht dahingehend statt, inwieweit die dem Finanzamt vorliegende Stammdaten wie Steuernummer, Steuer-ID, Umsatzsteuernummer sowie IBAN mit den Angaben des Antrags in Einklang gebracht werden können. Die Abfrage von hinterlegten Dokumenten der Finanzverwaltung erfolgte nicht. Soweit einer der Abgleichspunkte mit den eingereichten Antragsunterlagen auseinanderfiel, erfolgte die Kennzeichnung des betreffenden Antrags mit dem Marker "fehlgeschlagene Prüfung".

Durchlief ein Antrag die Vorprüfung hingegen beanstandungsfrei, endete diese mit der Einstufung der Eignung des Antrags für die Vornahme einer Abschlagszahlung. Soweit dies der Fall war, schloss sich eine weitere Vorprüfung des Antrags durch den zwischengeschalteten Dienstleister des Bundes, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft .. an. Dieser nahm einen rein technisch-digitalen Abgleich der Antragsdaten mit den öffentlichen Registern vor.

Soweit sich keine Auffälligkeiten zeigten, erfolgte anschließend die Bewilligungsfreigabe des Antrags gegenüber der N-Bank.

Die Prüfung der N-Bank erfolgte grundsätzlich als reine Plausibilitätsprüfung durch den jeweiligen Sachbearbeiter des Antrags und zielte auf die Feststellung von Auffälligkeiten, orientiert an den erlangten Erfahrungswerten der Sachbearbeiter, betreffend Unternehmensgrößen, Mitarbeiterzahlen und Antragssummen, ab.

Die von Seiten des Bundes vorgegebene Antragstellung über einen Angehörigen der rechts- oder steuerberatenden Berufe führte dabei in der Praxis zu einer geringeren Prüfungstiefe auf Seiten der N-Bank, als dies unter Berücksichtigung der gewährten hohen Auszahlungsbeträge sachgerecht gewesen wäre. Dies erfolgte auch aufgrund der bei der N-Bank vorhandenen beschränkten technischen Prüfungsmöglichkeiten und dem dortigen Bemühen, mit geringem Personal- und Sachaufwand zu entscheiden.

So zeigte zwar das genutzte Bearbeitungsprogramm der N-Bank im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf Überbrückungshilfe III Plus an, ob von dem Antragsteller auch bereits ein Antrag auf Überbrückungshilfe III eingereicht worden war. Ein weitergehender Abgleich mit den bereits im Rahmen des vorherigen Antrags eingereichten Unterlagen war jedoch aufgrund abweichender Sachbearbeiter und genutzter unterschiedlicher Programme für die jeweiligen Phasen der Überbrückungshilfe nicht ohne größeren Aufwand (Aufruf des "alten" Programms mit manuellem Abgleich) möglich und unterblieb daher fast immer. Anträge konnten zudem lediglich programmintern kommentiert, aber auch im Falle einer Auffälligkeit nicht mit einem zentralen, programmübergreifenden, Warnhinweis versehen werden.

Dies führte dazu, dass vormalige Anträge eines Antragstellers auf Überbrückungshilfe im Zuge der aktuellen Antragsbearbeitung auf Seiten der N-Bank als Indiz für eine redliche Antragstellung betrachtet worden sind, auch wenn gerade kein Abgleich mit den Angaben der früheren Antragstellung oder die Feststellung einer erfolgten früheren Antragsrücknahme erfolgte.

2. Mandatsverhältnis

a) Die genauen Umstände, wie und wann es erstmals zu einem Kontakt zwischen dem Angeklagten und dem bis heute flüchtigen, slowenischen Staatsangehörigen B. kam, konnte die Kammer nicht aufklären. Jedenfalls übermittelte B. am 18.03.2021 dem Angeklagten eine E-Mail mit diversen Unterlagen, unter anderem der Eintragung bei der Handwerkskammer .., die Erteilung einer Steuernummer und seiner Gewerbeanmeldung bei der Stadt L. Danach war B. als Einzelgewerbetreibender Inhaber des Unternehmens B.-Bau mit Sitz in der Bahnhofstraße .. in L. In diesem Mehrfamilienhaus hatte sich B. auch selbst bei der Stadt L. mit einer Wohnung im 3. Obergeschoss .. angemeldet. Auch die entsprechende Meldebescheinigung übermittelte er als Anhang mit der E-Mail vom 18.03.2021.

Dieser E-Mail schloss sich eine auf den 14.06.2021 datierte Honorarvereinbarung zwischen B. und dem Angeklagten an. Die Honorarvereinbarung über 72.255,50 € betrifft die Mandatierung des Angeklagten für die Beantragung der Gewährung von Corona-Überbrückungshilfe III des Bundes.

Das Unternehmen B.-Bau wird seit dem 04.11.2019 bei der Handwerkskammer in dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke und handwerksähnlichen Gewerke als Fliesen-Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terazzohersteller, Estrichleger, Parkettleger, Fuger im Hochbau, Rohr- und Kanalreiniger sowie für den Einbau genormter Betonfertigteile geführt. Die Steuernummer hatte das Finanzamt für die Tätigkeit als Fußboden, Fliesen- und Plattenleger erteilt und die Korrespondenz jedenfalls teilweise mit der Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzlei .. im nahe gelegenen H. geführt.

Im Rahmen der Gewerbeanmeldung erfolgte am 05.11.2019 auch die Eröffnung eines Firmenkontos bei der Volksbank in H. Eine Internetpräsenz errichtete B. nicht, bot aber auf der Handwerkerauktionsplattform "My Hammer" seine Dienste für "Abbruch, Demontagearbeiten, Entkernungen, Stemmarbeiten, Ladenrückbau und Trockenbau" an. Mitarbeiter hatte das Unternehmen nicht.

Die steuerpflichtigen Umsätze des Unternehmens in den Monaten November 2019 bis März 2020 lagen jeweils zwischen 29.000 € und 41.000 €. Im Einzelnen kam es am 23.06.2021 zu nachstehenden, zuvor angemahnten, Umsatzsteuer-Voranmeldungen der B.-Bau gegenüber dem Finanzamt:

Steuerpflichtige Umsätze
November 201940.168,00 €
Dezember 201936.554,00 €
Januar 202039.327,00 €
Februar 202038.067,00 €
März 202029.243,00 €

B.s Einkünfte aus Gewerbebetriebe schätzte das Finanzamt mangels Abgabe einer Erklärung mit Einkommenssteuerbescheid vom 03.02.2021 für das Jahr 2019 auf 0,00 €. Eine Bilanz (§§ 238, 241a HGB, § 4 Abs. 1 EStG) oder zumindest eine Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ist nie aufgestellt worden.

In dem Zeitraum von August 2021 bis November 2021 kam es zu nachfolgenden Finanzflüssen auf dem Unternehmenskonto bei der Volksbank H.:

MonatGutschriftenAbbuchungen
August 202145.903,00 €42.952,49 €
September 202128.333,54 €29.518,43 €
Oktober 202132.656,00 €39.497,02 €
November 202137.476,10 € zzgl. 777.448,64 € Überbrückungshilfe III43.903,90 € zzgl. 72.255,50 € an den Angeklagten

Bei einer Vielzahl der festgestellten Abbuchungen handelte es sich um Barabhebungen von Beträgen in Höhe von jeweils 1.000,00 € oder 2.000,00 €. Andere markante Ausgabenposten, etwa nennenswerte Mietzinszahlungen, gibt es nicht.

b) Im weiteren Verlauf erfolgte eine erneute Mandatierung des Angeklagten durch den B. zu Gewährung der Überbrückungshilfe III Plus. Die diesbezüglich gesondert geschlossene Vergütungsvereinbarung belief sich insoweit auf 64.858,81 €. Zu einer Zahlung des mit Schreiben vom 01.12.2021 gegenüber B. in Rechnung gestellten Betrages an den Angeklagten kam es jedoch nicht.

Auf einem anderen für B. geführten Konto bei dem Kreditinstitut O. ergaben sich in der Zeit von Dezember 2021 bis März 2022 nachstehende Abbuchungen und Gutschriften:

MonatGutschriftAbbuchung
Februar 202214.187,03 €12.135,06 €
März 20224.916,25 € zzgl. 632.708,32 € Überbrückungshilfe III Plus7.806,05 €

Der Angeklagte wandte sich Ende des Jahres 2021 unter Mitführung des Personalausweises des B. an eine Filiale der .. GmbH, um dort Gold im Wert von 555.837,00 € für B. zu erwerben.

Das Geschäft wurde letztlich durch die .. GmbH storniert, weil trotz Mahnungen eine Überweisung des Kaufpreises ausblieb. Zu einem Versand des Goldes kam es nicht.

3. Die Straftaten im Einzelnen

a) Antrag auf Überbrückungshilfe III (Tat zu Ziffer 1 der Anklageschrift)

Am 29.06.2021 beantragte der Angeklagte unter der Antragsnummer UBH3R-.. die Gewährung von Überbrückungshilfe III des Überbrückungshilfe-Programms des Bundes für kleine und mittlere Unternehmen für die B-Bau mit wahrheitswidrigen Angaben zu den Einnahmen des Unternehmens und den zu fördernden Fixkosten, um eine Förderung in einer Höhe zu erlangen, die dem Unternehmen tatsächlich nicht zustand.

So übermittelte der Angeklagte jedenfalls in Kenntnis darüber, dass die von ihm gemachten Angaben selbst bei nur oberflächlicher Betrachtung der in seiner Akte befindlichen Unterlagen mit den tatsächlichen Begebenheiten nicht in Einklang zu bringen waren, dass das Einzelunternehmen B.-Bau schon 2019 einen durchschnittlichen Umsatz von 87.658,35 € monatlich erwirtschaftet habe.

Darüber hinaus wurde in dem vom Angeklagten digital übermittelten und von ihm zu Fixkosten und Umsatzprognosen als überprüft und plausibel bezeichneten, mit B.s eingescannter Unterschrift versehenen, vollständig ausgefüllten Antrag ausgeführt, dass sich die Fixkosten des Unternehmens in dem Zeitraum von November 2020 bis Juni 2021 auf 777.448,64 € belaufen hätten, wobei er die monatlichen Ausgaben für Mieten und Pacht für Gebäude, Grundstücke und Räumlichkeiten mit 27.750,00 €, weitere monatliche Mietkosten mit 19.500,00 €, Ausgaben für notwendige Instandhaltung, Wartung oder Einlagerung mit 4.720,00 €, Ausgaben für Elektrizität, Wasser, Heizung und Reinigung mit 1.978,00 € und Versicherungen, Abonnements und andere feste Ausgaben mit 2.875,25 € bezifferte. Die durch den Angeklagten benannten monatlichen Fixkosten der B.-Bau addierten sich somit auf 56.823,25 €.

Nachdem der Angeklagte im Zusammenhang mit im Nachgang der Antragstellung durch ihn geführten E-Mail-Korrespondenz betriebswirtschaftliche Auswertungen für den Zeitraum November bis Dezember 2019 an die N-Bank übermittelt hatte, erfolgte mit Bescheid vom 11.11.2021 die Bewilligung eines Auszahlungsbetrages in Höhe von 777.448,64 € durch die N-Bank. Wie bereits dargestellt, erfolgte die Auszahlung in voller Höhe auf B.s bei der Volksbank H. geführtes Konto und von dort die Überweisung von 72.255,50 € gemäß der Honorarvereinbarung auf ein ausländisches Konto des Angeklagten.

b) Antrag auf Überbrückungshilfe III Plus (Tat zu Ziffer 2 der Anklageschrift)

Am 27.12.2021 beantragte der Angeklagte sodann unter Benennung einer von dem Antrag auf Überbrückungshilfe III abweichenden Bankverbindung B. bei dem Kreditinstitut O. unter der Antragsnummer UBH3XR-.. die Gewährung von Überbrückungshilfe III Plus des Überbrückungshilfe-Programms des Bundes für kleine und mittlere Unternehmen für das Unternehmen B.-Bau und übermittelte dabei erneut wahrheitswidrige Angaben zu den Einnahmen des Unternehmens und den zu fördernden Fixkosten, um eine Förderung in einer Höhe zu erhalten, die dem Unternehmen nicht zustand.

So übermittelte der Angeklagte jedenfalls in Kenntnis darüber, dass die von ihm gemachten Angaben selbst bei nur oberflächlicher Betrachtung der in seiner Akte befindlichen Unterlagen mit den tatsächlichen Begebenheiten nicht in Einklang zu bringen waren erneut, dass das Einzelunternehmen B.-Bau 2019 einen durchschnittlichen Umsatz von 87.658,35 € monatlich erwirtschaftet habe.

Darüber hinaus wurde in dem vom Angeklagten digital übermittelten und von ihm zu Fixkosten und Umsatzprognosen als überprüft und plausibel bezeichneten, mit B.s eingescannter Unterschrift versehenen, vollständig ausgefüllten Antrag ausgeführt, dass sich die Fixkosten des Unternehmens in dem Zeitraum von Juli 2021 bis Dezember 2021 auf 632.708,32 € belaufen hätten, wobei er die monatlichen Ausgaben im Einzelnen wie beim vorausgehenden Antrag (s. unter a) bezifferte.

Die Bewilligung erfolgte im März 2022 durch die N-Bank, obwohl die Staatsanwaltschaft H. bereits wegen der Tat zu a) Ermittlungen aufgenommen und dies unter Anforderung von Unterlagen der N-Bank im Januar 2022 per E-Mail mitgeteilt hatte. 462.228,16 € der auf den Antrag UBH3XR-.. hin ausgekehrten Gelder flossen auf Betreiben des Kreditinstituts an die N-Bank zurück. Die zweite Honorarvereinbarung B.s mit dem Angeklagten wurde nicht erfüllt.

c) Gemeinsamer Tatplan

Der Angeklagte hatte in den vorstehend unter 3. a) und b) ausgeführten Fällen bereits bei Durchsicht der ihm per E-Mail übersandten Unterlagen des B. erkannt, dass dieser beabsichtigte, seinen Anträgen auf Überbrückungshilfe jeweils unzutreffende Angaben hinsichtlich der Umsätze des Unternehmens B.-Bau zugrunde legen zu lassen, um auf diese Weise eine deutlich überhöhte Ausschüttung von Überbrückungshilfen an ihn zu bewirken. Dabei blieb zwar unklar, ob dieses Ziel auch ausdrücklich durch den B. gegenüber dem Angeklagten zum Ausdruck gebracht worden ist. Jedenfalls aber fand sich der Angeklagte mit der durch ihn erkannten geplanten Vorgehensweise des B. ab und beschloss, selber im Rahmen von an den Auszahlungssummen orientierten Vergütungsvereinbarung von diesem Vorgehen zu profitieren, auch um seine überdurchschnittlichen Lebenshaltungskosten (und den weiteren Schuldenabtrag) zu finanzieren.

Im Zuge des Abschlusses der weit über der für die jeweilige Antragstellung nach dem RVG anfallenden und auch deutlich über den maximal förderfähigen Vergütungen (5 % der Antragssumme) liegenden Vergütungsvereinbarungen erkannte auch der gesondert verfolgte B., dass dem Angeklagten seine schädigende Gesinnung nicht verborgen geblieben war. Insoweit kamen der B. sowie der Angeklagte im Zuge der Unterzeichnung der Vergütungsvereinbarungen jedenfalls stillschweigend dahingehend überein, den Tatplan des B. im Folgenden gemeinschaftlich in die Tat umsetzen zu wollen.

B. Grundlage der Feststellungen

I. Einlassung des Angeklagten

Der Angeklagte hat sich in der nunmehrigen Hauptverhandlung weder zur Sache noch zu seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen eingelassen

II. Feststellungen zu der Person (A.I)

1. Die Feststellungen zu den persönlichen Lebensverhältnissen des Angeklagten und seiner wirtschaftlichen Situation beruhen in erster Linie auf den entsprechenden, im Rahmen der mündlichen Gutachtenerstattung eingeführten Angaben des Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen Dr. .. während der erfolgten Explorationsgespräche.

Die Kammer hat keinen Anlass, diese vom Sachverständigen als Zeugen rezitierten Angaben in Zweifel zu ziehen. Sie lassen sich zwanglos mit den Aussagen der Zeugin S. zu dem privaten und beruflichen Werdegang des Angeklagten in Einklang bringen. ..

Die beruflichen Interessen und Mandate des Angeklagten ergeben sich auch aus dem im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Auszug des Internetauftritts der Kanzlei des Angeklagten.

2. ..

II. Feststellungen zur Sache (A.II)

1. Feststellungen zur Vorgeschichte/Hintergrund (A.II.1)

Der bei der N-Bank mit der Umsetzung der Bearbeitung der Anträge auf Überbrückungshilfe in leitender Funktion befasste Zeuge... hat den Ablauf der Antragsberatung so wie festgestellt geschildert. Die Wirtschaftsstrafkammer hat keinen Anlass, dieser offenen und (selbst-)kritischen Darstellung nicht zu folgen.

Die Feststellungen zu den als subventionserheblich bezeichneten Tatsachen und dem genauen Inhalt der vom prüfenden Dritten abzugebenden Erklärungen hat die Kammer anhand der im Selbstleseverfahren eingeführten Abdrucke der verfahrensgegenständlichen Anträge festgestellt.

2. Feststellungen zum Mandatsverhältnis (A.II.2)

Auch diese Feststellungen beruhen auf im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden (zur Mandatsakte gelangte E-Mail des B. an den Angeklagten mit umfangreichen Anhängen zu der rechtlichen Situation und Beschäftigtenzahl seines Unternehmens, Umsatzsteuervoranmeldungen, Einkommensteuerschätzbescheid des Finanzamts Burgdorf und dessen weitere Korrespondenz mit der Kanzlei .. in H, ferner Honorarvereinbarungen sowie Kontoauszüge von B.s Konten, ferner von Konten des Angeklagten selbst).

Zu dem versuchten Goldankauf ist auf Antrag der Verteidigung im allseitigen Einverständnis eine entsprechende, den Sachverhalt so wie festgestellt schildernde, E-Mail der .. GmbH verlesen worden.

3. Feststellungen zu den Straftaten (A.II.3)

a) Fehlende Plausibilität von Fixkosten und Umsatzprognose

Die fehlende Plausibilität der durch B. vorgelegten Unternehmenszahlen war dem Angeklagten schon zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung sehr wohl bewusst.

Insoweit war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit auch im Bereich des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts tätig war. Für Ihn stellte der Umgang mit Unternehmenskennzahlen mithin keine unbekannte Materie dar. Vielmehr ist zur Überzeugung der Kammer anzunehmen, dass aufgrund der beruflichen Erfahrung des Angeklagten diesem jedenfalls eine grobe Einordnung von plausiblen Unternehmensumsätzen orientiert an dem Tätigkeitsgebiet sowie der Unternehmensgröße ohne weiteres grundsätzlich möglich gewesen ist.

So drängt es sich jedenfalls nicht auf, dass ein Unternehmen des Baugewerbes Corona-bedingt erhebliche Umsatzrückgänge im in den Anträgen behaupteten Umfang von 78 % bis 90 % erleidet. Dies gilt für das Unternehmen B.-Bau umso mehr mit Blick auf die in der Mandatsakte des Angeklagten befindlichen Gewerbe- und Steuerunterlagen betreffend dieses Unternehmen:

Für den Angeklagten war bereits aus den im Rahmen des ersten festgestellten E-Mail-Kontakts vom 18.03.2021 mit B. übermittelten Unterlagen zur Gewerbeanmeldung ohne Weiteres ersichtlich, dass es sich bei dem Unternehmen B.-Bau um ein Einzelunternehmen ohne Angestellte handelte. Berücksichtigt man nun den für den Angeklagten jedenfalls aus der übermittelten Gewerbeanmeldung zu entnehmenden Umstand, dass das Unternehmen B.-Bau seine Tätigkeit erst im November 2019 begonnen hat, erscheint es jedenfalls äußerst bemerkenswert, wenn ein Einzelunternehmen der Baubranche, das noch nicht einmal über eine Internetpräsenz verfügt, bereits in den ersten Monaten nach seiner Gewerbeanmeldung einen durchschnittlichen Monatsumsatz von 87.658,35 € zu verzeichnen vermag. Dies insbesondere noch mehr, wenn man berücksichtigt, dass, wie aus der ebenfalls an den Angeklagten übermittelten Meldebestätigung des B ersichtlich, Unternehmensanschrift und Meldeadresse des Mandanten zusammenfallen, diese sich zudem ersichtlich in einem Mehrfamilienhaus ("3. OG ..") befindet, was für einen Unternehmenssitz eines Unternehmens mit einem Monatsumsatz von fast 90.000 € jedenfalls ungewöhnlich ist und dennoch die monatlichen Miet- und Pachtkosten des Unternehmens für Gebäude, Grundstücke und Räumlichkeiten im Rahmen der durch den Angeklagten gestellten Anträge jeweils mit 27.500,00 € beziffert worden sind. Ähnliches gilt für die in den Anträgen benannten Aufwendungen für weitere Mietkosten sowie für Personal.

Insoweit zeigt sich auch eine eklatante Diskrepanz zu den Angaben der dem Angeklagten bekannten ersten betriebswirtschaftlichen Auswertung (BWA) des Unternehmens B.-Bau für den Zeitraum November-Dezember 2019. Dort waren die Raumkosten in dem benannten Zeitraum noch auf insgesamt 5.903,44 € beziffert worden. Die im Zuge der Differenzbetrachtung zu verzeichnende Mieterhöhung innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren beläuft sich mithin auf das zehnfache des Ausgangsbetrages. Vor dem Hintergrund, dass mit der Veränderung der Miet- und Pachtkosten aber keine Veränderung der Unternehmensanschrift einherging, drängt sich in Kenntnis dieser Umstände der Rückschluss einer fehlenden Plausibilität der Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens B.-Bau zur Überzeugung der Kammer schon im Rahmen einer überschlägigen Prüfung schlichtweg auf.

Entsprechende zu erwartende Bedenken des Angeklagten hätten durch die in der Mandatsakte befindlichen Steuerunterlagen der B.-Bau noch weiter geschürt werden müssen, sodass im Ergebnis kein Raum mehr für eine gutgläubige Antragstellung durch den Angeklagten verbleibt.

Denn ungeachtet der Frage, ob der Angeklagte auch nähere Einblicke in die tatsächlichen (stets unter den in den Anträgen benannten Ausgaben und Einnahmen liegenden monatlichen Gesamt-) Umsätze des Unternehmens B.-Bau hatte, weist jedenfalls der Einkommenssteuerbescheid des B. vom 03.02.2021 für das Jahr 2019 kein zu versteuerndes Einkommen aus. Insoweit deuteten auch die im Rahmen des Selbstleseverfahrens eingeführten und ebenfalls in der Mandatsakte des Angeklagten befindlichen Umsatzsteuervoranmeldungen des B. für die Monate November 2019 bis März 2020 lediglich auf tatsächliche Unternehmensumsätze im Bereich von 29.000 € bis 41.000 € hin. Dies steht in erheblichem Widerspruch zu den in den Anträgen vom 29.06.2021 und 27.12.2021 benannten monatlichen Durchschnittsumsätzen von 87.658,35 €.

Dass auch dem Angeklagten die BWA November-Dezember 2019 im Rahmen der Antragstellung bekannt gewesen ist, folgt bereits daraus, dass diese auf Nachfrage durch die N-Bank zur Untermauerung der Plausibilität der im Antrag auf Überbrückungshilfe III befindlichen Angaben durch den Angeklagten an diese übersandt worden ist.

Dies hat zum einen der Zeuge W. bekundet. Zum anderen folgt die tatsächliche Übersendung der BWA auch aus den im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten E-Mail-Verkehrs mit der N-Bank. Auch dienten die in der BWA bezifferten Betriebseinnahmen von 175.316,70 € bei summarischer Betrachtung als Berechnungsgrundlage für die in den Anträgen auf Überbrückungshilfe III und III Plus benannten durchschnittlichen Monatsumsätze des Unternehmens. Die Unterlagen betreffend die Gewerbeanmeldung sind dem Angeklagten bereits mehr als drei Monate vor der tatsächlichen ersten Antragstellung am 29.06.2021 übermittelt worden. Ausreichende Zeit zur Kenntnisnahme für den Angeklagten war mithin gegeben.

b) Verletzung der Prüfungspflichten/Bewusste Falschangaben

aa) Im Übrigen hätte der mit dem Wirtschafts- und Steuerstrafrecht vertraute Angeklagte spätestens in Anbetracht der benannten monatlichen Unternehmensumsätze von 87.658,35 € jedenfalls die grundsätzliche gesetzliche Bilanzierungspflicht des Unternehmens nach §§ 239, 241a HGB erkennen und in der Folge die fehlende Plausibilität der Antragsdaten weiter hinterfragen müssen.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die dem Angeklagten aufzuerlegende Prüfungstiefe im Rahmen der Antragstellung auf Corona-Überbrückungshilfe des Bundes gerade auch wegen der durch den Gesetzgeber vorgesehenen verpflichtenden Zwischenschaltung eines prüfenden Dritten nicht überspannt werden darf. Denn zwangsläufig ging in Anbetracht der Vielzahl an verzeichneten Anträgen auf Überbrückungshilfe durch die gesetzgeberische Ausgestaltung der Antragstellung nur überprüfende Dritte für diese auch eine Vielzahl an neuen Mandaten gepaart mit dem Erfordernis einer beschleunigten Bearbeitung bedingt durch die finanzielle Notsituation der ersuchenden Unternehmen ohne tiefere Kenntnis über die wirtschaftlichen Begebenheiten der selbigen einher. Insoweit ist die dem Angeklagten aufzuerlegende Prüfungstiefe nach Auffassung der Kammer grundsätzlich anhand der allgemeinen anwaltlichen Berufspflichten und mithin an der Vornahme einer einfachen Plausibilitätsprüfung zu orientieren.

Diese greift dabei aber betreffend die Antragstellung jedenfalls zwingend soweit, wie der Angeklagte mit der Antragsübermittlung zusicherte, die Angaben des Antragstellers zu Fixkosten und Umsatzprognose betreffend deren Plausibilität geprüft zu haben. Plausibilität meint insoweit jedenfalls die oberflächliche Vereinbarkeit von Umsatz- und Prognosezahlen sowie Betriebsausgaben mit Unternehmensgröße, Unternehmenssitz, Tätigkeitsgebiet und Tätigkeitsdauer am Markt. Eine plausible Darstellung von Fixkosten und Umsatzprognose war jedoch in Anbetracht der vorstehend aufgezeigten Widersprüche betreffend die Unternehmenskennzahlen der B.-Bau auch bei lediglich oberflächlicher Prüfung zum Zeitpunkt der Antragstellungen durch den Angeklagten aber gerade erkennbar nicht gegeben. Sowohl die tatsächlichen Fixkosten, als auch der monatliche Durchschnittsumsatz der B.-Bau lagen weit unter den in den gegenständlichen Anträgen bezifferten Zahlen. Es ist auch nicht erklärlich, wie ohne Mitarbeiter die der N-Bank gegenüber behaupteten Umsatzszahlen hätten erreicht werden können, abgesehen von der Frage, ob die B.-Bau nach dem von ihr bei MyHammer beworbenen bzw. nach der Gewerbeanmeldung und Registrierung bei der Handwerkskammer angegebenen Tätigkeitsbereich überhaupt von der Corona-Pandemie betroffen war. Gleichwohl erfolgte die Zusicherung einer Plausibilität der Angaben durch den Angeklagten.

bb) Die tatsächliche subjektive Kenntnis des Angeklagten von der Übermittlung fehlerhafter Angaben im Rahmen der Antragstellungen tritt insoweit, abseits der sich bereits aufdrängenden fehlenden Plausibilität der Unternehmenszahlen, in Zusammenschau mit dem in den geschlossenen Vergütungsvereinbarungen zu Tage getretenen Eigeninteresse des Angeklagten an der Tatbegehung hervor.

Ein solches Eigeninteresse ergibt sich auch zwanglos aus dem vom Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen eingeräumten Bemühen um Schuldenabtrag und seinen schon wegen des Suchtmittelkonsums anzunehmenden erhöhten Lebenshaltungskosten.

Ferner hat die Zeugin S. ausgesagt, der Angeklagte habe ihr gegenüber in einem Telefonat weinend und schreiend angegeben, er habe einen Millionenbetrug begangen. Zwar war insoweit zu berücksichtigen, dass der Angeklagte sich nach den Schilderungen der Zeugin zum Zeitpunkt des Telefonats möglicherweise in einem durch vorangegangenen Alkoholkonsum enthemmten Zustand befunden haben könnte. Dies steht zur Überzeugung der Kammer aber gerade auch im Hinblick auf die erkennbar widersprüchlichen objektiven Anknüpfungspunkte betreffend die Unternehmenszahlen dem Wahrheitsgehalt der geschilderten Aussage des Angeklagten nicht entgegen. Hierfür spricht auch, dass der zu diesem Zeitpunkt bereits flüchtige Angeklagte die glaubwürdige Zeugin im Rahmen des Telefonats weitergehend aufgefordert haben soll, ihm zu helfen. Die Zeugin vermochte ihre Schilderungen mit Details zu dem Randgeschehen sowie mit Lichtbildern aus der verwaisten und verwahrlosten Wohnung des Angeklagten auszukleiden. Zeitliche Sprünge in der Darstellung waren ihr jederzeit möglich.

Auch steht es der Annahme eines Bezugs der Aussage des Angeklagten zu den hier gegenständlichen Taten nicht entgegen, dass durch die Staatsanwaltschaft D. unter dem Aktenzeichen .. ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges gegen den Angeklagten geführt wird und weitere 51 Antragstellungen auf Überbrückungshilfe durch diesen bekannt geworden sind. Das Antragsvolumen in dem Verfahren der Staatsanwaltschaft D. beläuft sich ausweislich der verlesenen dortigen Mitteilung vom 14.10.2022 auf lediglich 123.000 € und liegt insoweit deutlich unterhalb der durch den Angeklagten bezifferten Millionenhöhe. Betreffend die übrigen Antragstellungen liegen konkrete Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit selbiger nicht vor. Zudem ereignete sich das Telefonat ausweislich der Angaben der Zeugin S. Ende Juni 2022 und mithin in zeitlichem Zusammenhang mit der polizeilichen Durchsuchung der Kanzleiräumlichkeiten des Angeklagten in diesem Verfahren am 07.04.2022, dem Haftbefehl des Amtsgerichts Hildesheim vom 20.06.2022 sowie dem geschilderten Verschwinden des Angeklagte aus dessen Wohnung. Und auch selbst wenn der Angeklagte (auch) das in D. geführte Verfahren gemeint haben sollte, spräche die von der Zeugin S. bekundete Formulierung jedenfalls dafür, dass er nicht nur einmal unter Verletzung seiner beruflichen Pflichten auch zum eigenen finanziellen Vorteil falsche Anträge an für die Auszahlung von Überbrückungshilfen zuständige staatliche Stellen übermittelt hatte.

cc) Überdies knüpfte der Angeklagte die von ihm verlangte Vergütung für die mit zeitlich umreißbarem Aufwand verbundenen ersuchten Antragstellungen nicht an die Vergütungstabelle des RVG, sondern schloss vielmehr jeweils eine die RVG-Vergütung um etwa das zehnfache übersteigende Vergütungsvereinbarung nach § 3a RVG.

Dabei passte der Angeklagte die Vergütungsvereinbarungen betreffend der von ihm digital übermittelten Anträge UBH3R-. und UBH3XR-. jeweils derart an, dass die Höhe der Vergütungsvereinbarungen knapp zehn Prozent des jeweiligen Antragsvolumens entsprach. Die vereinbarten Vergütungsbeträge können sowohl den vorbenannten Rechnungen, als auch den gestellten Anträgen auf Überbrückungshilfe jeweils unter dem Punkt "Kosten für prüfende Dritte" entnommen werden. Insoweit lag eine gesteigerte Höhe der Bewilligungssumme auch im bereits dargestellten erheblichen Eigeninteresse des Angeklagten.

Mithin drängt sich jedenfalls in einer Gesamtschau, unabhängig von der nicht aufzuklärenden Frage, ob der gesondert verfolgte B. gegenüber dem Angeklagten auch offen ansprach, Überbrückungshilfen im Betrugswege erlangen zu wollen, die Annahme eines kollusiven schädigenden Zusammenwirkens des Angeklagten und des B. zur Überzeugung der Kammer zwingend auf. Es erscheint auch in Anbetracht der räumlichen Entfernung zwischen Unternehmens- und Kanzleisitz schlichtweg lebensfremd, dass ein nach den Gewerbeunterlagen in L. ansässiger, steuerlich jedenfalls teilweise durch ein Büro im nahe gelegenen H. vertretener, redlicher (Einzel-) Unternehmer im Rahmen der Antragstellung auf Überbrückungshilfe einen im weit entfernten D. tätigen Einzelanwalt ersucht, um über diesen eine Antragstellung zu weit über der RVG-Vergütung liegenden Konditionen erwirken zu wollen.

Dies auch umso mehr noch vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte ausweislich der verlesenen E-Mail-Auskunft der .. GmbH vom 29. September 2022 an die Staatsanwaltschaft H. 555.837,00 € des im Rahmen der Antragstellungen erlangten Auszahlungsbetrages für den gesondert verfolgten B. in Gold investieren und mithin einem Zweck zuführen sollte, der weit abseits des erkennbaren Geschäftsbereichs des Unternehmens B.-Bau lag.

Insoweit vermag allein der von der Verteidigung durch Beweisantrag angesprochene Umstand, dass der B. bereits im April 2020 von Amts wegen von der Zielanschrift der Goldbestellung in L. abgemeldet worden sei soll, die Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens nicht zu erschüttern.

Denn auch wenn dem Angeklagte die Abmeldung des B. von Amts wegen zum Zeitpunkt der Bestellung nicht bewusst gewesen sein sollte, kann nicht allein aus diesem Umstand auch gleichzeitig auf verborgen gebliebene unterschiedliche Interessen im Rahmen der Antragstellungen auf Überbrückungshilfe rückgeschlossen werden. Soweit eine Abmeldung lediglich von Amts wegen erfolgt, kann dem bereits kein Aussagegehalt dahingehend entnommen werden, dass die Abmeldung überhaupt der abgemeldeten Person selbst bekannt geworden ist.

C. Rechtliche Würdigung

Indem der Angeklagte die Anträge auf Überbrückungshilfe III und III Plus vom 29.06.2021 (UBH3R-..) und 27.12.2021 (UBH3XR-..) in dem Wissen über die fehlende Plausibilität der wirtschaftlichen Angaben und bei gleichzeitig bestehenden wirtschaftlichen Eigeninteressen aufgrund von hohen Vergütungsvereinbarungen an das digitale Antragsportal für Corona-Überbrückungshilfen weiterleitete, um die bearbeitenden Stellen unter Vorspiegelung von überhöhten Kosten und Umsätzen über die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisses des Unternehmens B.-Bau zu täuschen und die Bewilligung von dem Unternehmen eigentlich nicht zustehenden Förderbeträgen nebst Auszahlung an dieses zu erwirken, hat er sich wegen (gemeinschaftlichen) Subventionsbetruges in zwei Fällen (§§ 264 Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2, 53 StGB) schuldig gemacht.

Bei den beantragten Corona-Überbrückungshilfen in ihrer Ausgestaltung als direkte Leistungen aus öffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht ("Sonderunterstützung") ohne marktmäßige Gegenleistung zur Förderung der Wirtschaft handelt es sich um Subventionen im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 04. Mai 2021, 6 StR 137/21, zit. n. beck-online).

Die Unstimmigkeiten der angegebenen Unternehmenszahlen als subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 Abs. 9 StGB waren auch in ihrer Diversität und Vielzahl derart offensichtlich, dass der aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit kundige Angeklagte die Unrichtigkeit der Angaben des B. und mithin auch seiner als schlüssig bezeichneten Angaben im Rahmen der Antragstellungen zur Überzeugung der Kammer erkennen musste und auch erkannt hat. Auf die Subventionserheblichkeit der Angaben zum Umsatz, den Fixkosten und den coronabedingten Umsatzeinbrüchen ist im Rahmen der Antragstellungen ausdrücklich hingewiesen worden. Dies geht dabei auch über eine bloße formelhafte Bezeichnung hinaus (vgl. BGH, a. a. O.)

Die mittäterschaftliche Begehung mit dem gesondert verfolgten B. (§ 25 Abs. 2 StGB) folgt entsprechend der obigen Ausführungen aus den getroffenen hohen Vergütungsvereinbarungen als Ausdruck eines erheblichen Eigeninteresses des Angeklagten an der Tatbegehung in Zusammenschau mit seiner bedeutenden Rolle im Rahmen der Antragstellung. Da die Antragstellung auf Überbrückungshilfe in den Phasen III und III Plus lediglich durch Angehörige der steuerberatenden oder rechtsberatenden Berufe ("prüfende Dritte") erfolgen konnte, wäre dem B. selber eine Antragstellung ohne Mitwirkung des Angeklagten nicht möglich gewesen.

Erst durch das kollusive Zusammenwirken im Rahmen des zuvor gefassten gemeinsamen Tatplans war die Möglichkeit einer Antragstellung unter Verwendung unrichtiger Unternehmenszahlen eröffnet. Auch ein wesentlicher Tatbeitrag des Angeklagten liegt vor.

Das möglicherweise auch die N-Bank im Rahmen der dortigen Antragsprüfungen keine ausreichende Sorgfalt anwendete und bei eben solcher die fehelende Plausibilität der Angaben in den Anträgen betreffend das Unternehmen B.-Bau möglicherweise auch hätte erkennen können, wenn nicht sogar müssen, steht einer Strafbarkeit des Angeklagten nicht entgegen.

Der Straftatbestand des Subventionsbetruges knüpft den Strafvorwurf im Rahmen des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB bereits an die Antragstellung als solche und mithin einen der Prüfung der N-Bank vorgelagerten Zeitpunkt. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Vorwerfbarkeit des Handelns des Angeklagten ist insoweit allein die Antragstellung in eigener Kenntnis über die fehlende Plausibilität der Unternehmenszahlen und mit dem Ziel einer unberechtigten Ausschüttung von Unterstützungsleistungen (vgl. dazu Fischer, Strafgesetzbuch 69. Auflage, § 264, Rn. 4-5, 38a).

D. Rechtsfolgenentscheidungen

I. Strafrahmenwahl

Die für den Angeklagten tat- und schuldangemessenen Strafen hat die Kammer für den Fall A.II.3.a) dem Ausnahmestrafrahmen des § 264 Abs. 1, Abs. 2 StGB entnommen, der für besonders schwere Fälle des Subventionsbetruges Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

Hinsichtlich des Falls A.II.3.b) hat die Kammer hingegen die tat- und schuldangemessene Strafe im Ergebnis dem Regelstrafrahmen des § 264 Abs.1 StGB entnommen, der Geldstrafe oder Freiheitstrafe von bis zu fünf Jahren vorsieht.

1. Der Angeklagte hat in beiden Fällen das Regelbeispiel des § 264 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB (Erlangung nicht gerechtfertigter Subventionen großen Ausmaßes aus grobem Eigennutz) verwirklicht. Die durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Begriff des "großen Ausmaßes" anzusetzende Regel-Grenze von 50.000 € (vgl. BGHSt 48, 360) wurde in beiden Fällen weit übertroffen (Fall 1: 777.448,64 €; Fall 2: 632.708,32 €).

Der Angeklagte handelte auch aus groben Eigennutz, weil er sich jeweils ein Honorar in Höhe von knapp zehn Prozent der jeweiligen unberechtigten Subvention versprechen ließ und es im Fall A.II.3.a auch erhielt. Dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und durch die Verurteilung voraussichtlich seine Zulassung als Rechtsanwalt verlieren wird, reicht nicht aus, um die Indizwirkung des Regelbeispiels zu erschüttern, zumal er die Taten gerade unter Verletzung seiner allgemeinen Berufspflichten begangen hat. Zudem hat er im Zuge der Übermittlung der Anträge eine deutschlandweite Notlage in besonderer Weise ausgenutzt, sodass insoweit auch die Voraussetzungen eines unbenannten schweren Falles nach § 264 Abs. 2 StGB vorliegen dürften (vgl. BGH, a. a. O).

2. Hinsichtlich des Falls A.II.3.b) galt es jedoch zu berücksichtigen, dass eine Bewilligung und Auszahlung der beantragten Unterstützungsleistung durch die N-Bank keinesfalls mehr hätte erfolgen dürfen. Die N-Bank war mit - von deren Rechtsabteilung auch im Einzelnen mit Übersendung des Antrages aus dem Fall A.II.3.a) umfassend beantworteter - E-Mail der Staatsanwaltschaft H. vom 17.01.2022 bereits auf das zunächst nur gegen den nunmehr gesondert verfolgten B. geführtes Ermittlungsverfahren wegen Subventionsbetruges hingewiesen worden. Gleichwohl wurde dem Antrag mit Bewilligungsbescheid vom 03.03.2022 stattgegeben und die Unterstützungsleistung ausgekehrt. Ein erheblicher Teil der ausgekehrten Gelder (462.228,16 €) konnten im Anschluss jedoch an die N-Bank rücküberwiesen werden. Zudem hat der Angeklagte in diesem Fall sein vereinbartes Honorar nicht erhalten.

Daher sieht die Wirtschaftsstrafkammer in diesem Fall die Indizwirkung des Regelbeispiels als erschüttert an.

3. Konkrete Anhaltspunkte für eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 StGB in Folge des Suchtmittel- und Drogenkonsums des Angeklagten ergaben sich nicht. Wie bereits ausgeführt, führte der Suchtmittelkonsum gerade nicht zu einer Verformung dessen Persönlichkeit und mithin einer schweren seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB. Auch Anhaltspunkte für eine erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit liegen nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters, welche sich die Kammer im Rahmen ihrer Würdigung vollumfänglich zu eigen macht, nicht vor:

Bei den der Verurteilung zugrundeliegenden Taten handelt es sich um sich länger hinziehende Tatgeschehen. Dem im Rahmen des Selbstleseverfahrens eingeführten Schriftverkehr des Angeklagten im Zusammenhang mit den Antragstellungen können fachlich fundierte und ausführliche Begründungen und Rechtfertigungen entnommen werden. Es handelt sich bei den hier gegenständlichen Antragstellungen allein schon technisch nicht um plötzliche impulshafte Tatgeschehen. Vielmehr mussten Unterlagen angefordert und durchgesehen werden. Erst im Anschluss konnte das Ausfüllen der Anträge erfolgen. Eine akute finanzielle Notlage des Angeklagten war auch in Anbetracht seiner bestehenden Restverschuldung von 12.000 € nicht festzustellen. Diese befand sich bereits im Abbau. Auch kann aus dem verwahrlosten Zustand der Wohnung des Angeklagten kein für die Beurteilung relevanter Rückschluss gezogen werden. Es blieb in Ermangelung etwaiger Angaben des Angeklagten unklar, zu welchem Zeitpunkt sich der Zustand der Wohnung eingestellt hat.

II. Strafzumessung im engeren Sinne

Bei den in den vorgenannten Strafrahmen jeweils zu findenden tat- und schuldangemessenen Strafen hat die Kammer in jedem Einzelfall zunächst die unter I. 1 angeführten, für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände berücksichtigt. Auch wenn dies die Schwelle des § 21 StGB bei Weitem nicht erreicht, ist - was die Kammer weiter zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt - nicht auszuschließen, dass der erhebliche Suchtmittelkonsum des Angeklagten zu einer gewissen Herabsetzung der Hemmschwelle zur Begehung der abgeurteilten Taten geführt hat.

Hingegen kann aufgrund der Höhe der jeweils beantragten und auch (zunächst) ausgezahlten unberechtigten Subvention das in Wirtschaftsstrafsachen zentrale Strafzumessungskriterium der Schadenshöhe nicht unberücksichtigt bleiben.

1. Dies gilt auch im Fall A.II.3.a), obwohl dieses Kriterium bereits bei der Strafrahmenwahl berücksichtigt worden ist und die Auszahlung auch auf die fehlende Bearbeitungstiefe bei der N-Bank zurückzuführen ist. Die ausgezahlte Subvention übersteigt die Grenze zu einem Vermögensverlust großen Ausmaßes um mehr als das Fünfzehnfache.

Daher hat die Kammer in diesem Fall eine

Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten

für tat- und schuldangemessen erachtet.

2. Auch im Fall A.II.3.b) musste sich im Rahmen des Regelstrafrahmens auswirken, dass eine unberechtigte Subvention erheblichen Umfangs ausgezahlt und nur teilweise zurückgeführt worden ist. Die Kammer hat daher in diesem Fall eine

Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten

für tat- und schuldangemessen erachtet.

III. Gesamtstrafenbildung

Aus den vorgenannten Einzelstrafen war gemäß §§ 53, 54 StGB unter angemessener Erhöhung der höchsten Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für den Fall A.II.3.a) (Einsatzstrafe) eine Gesamtstrafe zu bilden.

Angesichts der relativ engen situativen, inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhänge hat die Kammer einen straffen Zusammenzug dieser Einzelstrafen für angemessen erachtet. Unter dieser Prämisse hat die Kammer unter nochmaliger Berücksichtigung insbesondere aller vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände auf eine

Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten

als tat- und schuldangemessen erkannt.

IV. Keine Unterbringung in der Entziehungsanstalt

Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt war nicht anzuordnen. Auch wenn der Angeklagte von den in der Unterbringung angebotenen Therapien möglicherweise profitieren könnte, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen der Maßregel nicht vor.

Zwar war betreffend den Angeklagte, den fundierten und nachvollziehbaren Ausführungen des Gutachters Dr. .. folgend, der nach § 64 StGB erforderliche Hang, alkoholische Getränke oder Rauschmittel wie Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen noch festzustellen. Es fehlt jedoch an dem erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem festgestellten Hang und der Begehung der hier gegenständlichen Straftaten.

1. Hang

Nach ständiger Rechtsprechung ist unter einem Hang eine eingewurzelte, intensive Neigung zu verstehen, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 11. Oktober 2017, 1 StR 410/17, zit. n. juris und v. 9. November 2011, 2 StR 42/11).

In Anbetracht des im Rahmen der Explorationsgespräche geschilderten langjährigen Alkohol- und Kokainkonsums des Angeklagten, welcher im Jahr 2021 ein Ausmaß erreicht haben soll, nach welchem es keine gänzlich konsumfreien Tage mehr gegeben habe, diagnostizierte Dr. .. eine Multisubstanzabhängigkeit (ICD-10: F 19.2) des Angeklagten zur Tatzeit. Diese Annahme fußt dabei auf dem Umstand, dass sich die Schilderungen des Angeklagten (abseits des behaupteten Kokainkonsums) jedenfalls auch mit den durch den Gutachter eingesehenen Behandlungsunterlagen des Angeklagten decken. Die Kammer hat keinen Anlass, diese Beurteilung des Sachverständigen in Frage zu ziehen. So deckt sich diese doch auch mit den Schilderungen der ehemaligen Kanzleipartnerin S., welche einen erheblichen Alkoholkonsum des Angeklagten sowie Gerüchte über einen Kokainkonsum desselbigen schilderte.

2. Kein symptomatischer Zusammenhang

Ein symptomatischer Zusammenhang liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn der Hang zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist. Die konkrete Anlasstat muss in dem Hang ihre Wurzel finden, also Symptomwert für diesen haben, indem sich in ihr die hangbedingte Gefährlichkeit des Täters äußert.

Für die Anordnung der - den Angeklagten beschwerenden - Maßregel gemäß § 64 StGB muss der symptomatische Zusammenhang ebenso wie die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift sicher feststehen. Für die Annahme der Voraussetzungen des § 64 StGB infolge der Anwendung des Zweifelssatzes ist insoweit - anders als etwa bei der Frage verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB - kein Raum. (vgl. BGH, Urteil v. 27. Juni 2019, 3 StR 443/18, Rn. 8-9, zit. n. juris).

Ein Zusammenhang zwischen dem Hang, Rauschmittel im Übermaß zu konsumieren und den dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten ist nach den Ausführungen des Gutachters, welche sich die Kammer zu eigen macht, nicht feststellbar.

Es ist bereits nicht darstellbar, inwieweit der Alkohol- oder Kokainkonsum des Angeklagten - trotz eines dadurch erhöhten Finanzierungsbedarfs - dazu führte, dass eine von dem Angeklagten möglicherweise gezeigte Delinquenz hierdurch determiniert wurde. Diesbezügliche Angaben des Angeklagten erfolgten nicht. Auch psychopathologisch bedingte Zusammenhänge, also Tatbegehungen im Zustand verminderter Steuerungsfähigkeit oder aufgehobener Einsichtsfähigkeit, zeigten sich nach den Ausführungen des Gutachters nicht.

V. Einziehung

Die Einziehungsentscheidungen richten sich nach den §§ 73 Abs. 1, 73c StGB.

Der Angeklagte selbst hat den ihm überwiesenen Betrag in Höhe von 72.255,50 € aus der (ersten) Honorarvereinbarung durch den von ihm mittäterschaftlich begangenen Subventionsbetrug, ersichtlich aus der an B. ausgezahlten Gesamtsumme, erlangt. Eine Rückführung ist zumindest bisher nicht erfolgt.

E. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO.

Martin
Weidinger