Landgericht Aurich
Urt. v. 17.02.2012, Az.: 1 S 206/11

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
17.02.2012
Aktenzeichen
1 S 206/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44394
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - 02.09.2011 - AZ: 5 C 661/10

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Norden vom 02.09.2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Berufungsstreitwert: 1.990,00 €.

Gründe

Die Parteien streiten über restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, bei welchem der Pkw des Klägers beschädigt wurde. Die Beklagte haftet für den Schaden dem Grunde nach in Höhe von 100 %. Der Wiederbeschaffungswert beträgt 5.200,00 €, der Restwert 690,00 €. Die Reparaturkosten betrugen nach einem von der Beklagten vorgerichtlich eingeholten D.-Gutachten 8.532,70 €. Die Beklagte rechnete daher den Sachschaden am Pkw des Klägers auf Totalschadensbasis ab und zahlte 4.510,00 €. Der Kläger ließ seinen Pkw reparieren, wodurch ihm Kosten in Höhe von 6.500,00 € entstanden.

Mit der Klage hat er die Differenz in Höhe von 1.990,00 € geltend gemacht, welche ihm das Amtsgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens in voller Höhe zugesprochen hat.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und beantragt,

das amtsgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, das Amtsgericht sei rechtfehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei den durchgeführten Reparaturarbeiten um eine fachgerechte Reparatur im Sinne der Rechtsprechung handele. Aus dem eingeholten Gutachten ergebe sich weder, dass alle im Gutachten der D. aufgeführten Arbeiten fachgerecht durchgeführt worden seien, noch sei daraus zu entnehmen, dass der abgerechnete Arbeitslohn der Kostenschätzung der D. entspreche. Entgegen des D.-Gutachtens seien Kotflügen und Scheinwerferaufnahme vorne links lediglich instand gesetzt und nicht ausgetauscht worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen. Die Berufungskammer hat den Sachverständigen B. sein in der ersten Instanz erstattetes Gutachten im Verhandlungstermin am 20.01.2012 mündlich erläutern lassen. Insoweit wird auf das Protokoll vom 20.01.2012 verwiesen.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht einen Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von 1.990,00 € ausgeurteilt.

Die durchgeführte Reparatur war fachgerecht im Sinne der Rechtsprechung, so dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der ihm tatsächlich entstandenen Reparaturkosten in Höhe von 6.500,00 € hat, auf welchen die Beklagte bereits 4.510,00 € gezahlt hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geschädigte, der nach einem Unfall sein Kraftfahrzeug reparieren lässt und damit sein Interesse an dessen Erhalt bekundet, gemäß § 249 S. 2 BGB vom Schädiger den zur Instandsetzung erforderlichen Geldbetrag verlangen, sofern sich die Reparaturkosten auf nicht mehr als 130 % des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs belaufen (BGH NJW 99, 500 [BGH 08.12.1998 - VI ZR 66/98]). Maßgeblich ist dabei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Geschädigte den Zustand des ihm vertrauten Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt. Nur zu diesem Zweck wird die sogenannte Opfergrenze des Schädigers erhöht und der Geschädigte hat einen Anspruch auf Ersatz von Reparaturkosten in Höhe von bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes (vgl. BGH NJW 2005, 1108 - 1110 [BGH 15.02.2005 - VI ZR 70/04]).

Vorliegend handelt es sich um eine fachgerechte Reparatur. Der Sachverständige B. hat dies im Verhandlungstermin am 20.01.2012 mündlich ausführlich und überzeugend dargelegt. Nach seinen Ausführungen ist das Fahrzeug fachgerecht und tolerabel repariert worden. Soweit die Lackschicht an einzelnen Stellen etwa einen Millimeter betrage, sei dieser Wert noch als fachgerecht zu bezeichnen. Die Reparatur sei angesichts des Alters des Fahrzeuges insgesamt zu akzeptieren. Bei Unfallreparaturen im Karosseriebereich sei es in der Regel besser, das Ursprungsteil instand zu setzen, als ein neues Ersatzteil zu verwenden. Neuteile wiesen oftmals nicht die Qualität des Ursprungsteiles auf und zeigten bereits nach drei bis vier Jahren Rostansätze. Auch sei ein Originalkotflügel meist besser versiegelt, als dies im nach hinein bei einem Austauschteil möglich sei. Ein Austausch sollte daher in der Regel vermieden werden. Soweit er in seinem schriftlichen Gutachten einen geringfügen Mangel am Kotflügel links festgestellt habe, handele es sich dabei allein um die aufgebrachte Schichtstärke, die lokal überhöht gewesen sei. Die überhöhte Schichtstärke habe weder eine funktionelle noch eine optische Beeinträchtigung am Fahrzeug zufolge. Sofern er in seinem schriftlichen Gutachten auch ausgeführt habe, am vorderen Abschnitt des Rahmenlängsträgers seien entsprechende Restbearbeitungsspuren der Reparatur noch erkennbar, seien diese aus technischer Sicht zu akzeptieren.

Die Berufung kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Gutachten des Sachverständigen „kranke“ bereits daran, dass die Reparatur ausführende Firma ihre Stundenverrechnungssätze nicht offen gelegt habe. Zwar weicht der Arbeitslohn von der Kostenkalkulation der D. ab, es handelt sich jedoch erkennbar um einen Pauschalpreis. Solange die Reparatur - wie vorliegend - dabei fachgerecht ausgeführt wird, darf es nicht zum Nachteil des Geschädigten gehen, wenn er einen für ihn günstigen Pauschalpreis aushandelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.